Meisterzwang Brauer könnte wieder eingeführt werden...

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Gasflasche
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Re: Meisterzwang Brauer könnte wieder eingeführt werden...

#51

Beitrag von Gasflasche »

Wie sieht das dann jetzt zum Beispiel bei Bäckereien aus (zulassugnspflichtiges Handwerk): dürfen die einfach einen nicht ausgebildeten Helfer (also einen Laien) anstellen zum mit Backen in der Bäckerei, ohne dass es sich dabei gleich um eine Ausbildung oder so handelt? :Grübel
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Re: Meisterzwang Brauer könnte wieder eingeführt werden...

#52

Beitrag von nettermann90 »

Natürlich darfst du das. Es muss ja nur ein Meister im Betrieb angestellt sein der die Arbeiten überwacht. Genauso kannst du einen Hilfsarbeiter als Elektriker zum Schlitze kloppen und Leitungen legen anstellen.
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Re: Meisterzwang Brauer könnte wieder eingeführt werden...

#53

Beitrag von reib »

Ich habe mal in einer Filiale eines Meisterbetriebes gearbeitet. Der zuständige Meister war in einer Filiale 200 km entfernt und hat zwei mal pro Jahr vorbeigeschaut.
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Ladeberger
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Re: Meisterzwang Brauer könnte wieder eingeführt werden...

#54

Beitrag von Ladeberger »

Gasflasche hat geschrieben: Samstag 28. September 2019, 13:50 Jetzt mal eine hypothetisch Frage:
wenn der Meisterzwang wieder eingeführt werden würde und ich hätte aber inzwischen eine Brauerei gegründet die den Bestandschutz genießt, bin ich ja erst mal aus dem Schneider. Aber, wenn der Laden gut läuft und ich würde irgendwann Hilfe brauchen und will jemanden einstellen: muss es dann jemanden sein, der wenigstens schon mal Geselle ist bzw. schon eine Ausbildung genossen hat? Weil in dem Moment wäre das Brauerhandwerk wieder "geschützt" und es würde ja bedeuten, dass ein ungelernter Brauer einen Laien einstellt, was den "Bestand" ändert.
Um das zu beantworten, müsste das endgültige Gesetz vorliegen, wie schon von Malzwein geschrieben. Der aktuelle Entwurf des Ministeriums sieht jedenfalls vor, dass nur der aktuelle Inhaber (als natürliche Person) bzw. die aktuelle Gesellschafterstruktur (bei Firmen) den Bestandsschutz genießt. Wechselt der Inhaber oder kommen neue Gesellschafter hinzu, beginnt eine Frist zu laufen, innerhalb der der Meistertitel nachgewiesen werden muss. Das soll verhindern, dass nun Briefkastenfirmen gegründet werden, die später meistbietend verkauft werden.

Der Entwurf sieht im Übrigen auch vor, dass die Zuordnung zu zulassungspflichtigen und zulassungsfreien Gewerken fünf Jahre nach Inkrafttreten des Gesetzes durch das Ministerium für Wirtschaft evaluiert wird. Ich vermute, dass es dann erneut zu Anhörungen und Debatten kommt. Vor 2026 wird die Meisterpflicht fürs Brauen also sicher nicht kommen, alle gründungswilligen Hobbybrauer können also aufatmen :Wink

Gruß
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Re: Meisterzwang Brauer könnte wieder eingeführt werden...

#55

Beitrag von Gasflasche »

Danke Andy, sehr informativer Post :thumbsup
Ladeberger hat geschrieben: Sonntag 29. September 2019, 10:24 ...
Vor 2026 wird die Meisterpflicht fürs Brauen also sicher nicht kommen, alle gründungswilligen Hobbybrauer können also aufatmen :Wink

Gruß
Andy
Im Moment ist das Thema "Gründung" noch nicht aktuell, dafür "sitzt" mein Brauprozess bei weitem noch nicht gut genug.. Aber es wäre gelogen zu sagen, dass es mir nicht öfters durch den Kopf geht wie ich manche Sachen machen oder einrichten könnte/müsste, wenn es irgendwie doch mal so weit kommen würde.. :redhead Also ja, eine sichere Erleichterung ist beim Lesen doch kurz durchs Brauerherz geweht :Angel
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Re: Meisterzwang Brauer könnte wieder eingeführt werden...

#56

Beitrag von Scheibelhund »

Mann kann nur hoffen, daß das Vorhaben von der EU gestoppt wird.
Im Winter trink' ich und singe Lieder
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und kommt der Frühling, trink' ich wieder,
aus Freude, daß er endlich da ist.
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Re: Meisterzwang Brauer könnte wieder eingeführt werden...

#57

Beitrag von Gasflasche »

Ich befürchte, dass die EU, auch wenn sie es noch so gern wollte, da nichts ausrichten kann..
scne59
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Re: Meisterzwang Brauer könnte wieder eingeführt werden...

#58

Beitrag von scne59 »

Die EU hat da schon mehr für getan, als manche wahrhaben wollen.
Sie hat z.B. durch die Dienstleistungfreiheit und die EU/EWR-Handwerk-Verordnung dafür gesorgt, dass die Einschränkung der Berufsfreiheit, die der sog. Meisterzwang für die inländischen (potentiellen) Marktteilnehmer bedeutet, unter diesen Umständen nicht mehr gerechtfertigt und angemessen ist.
Das hat das Bundesverfassungsgericht schon 2005 dargelegt, die konkrete Verfassungsbeschwerde gegen einen Bußgeldbescheid wegen unzulässiger selbständiger Handwerksausübung aber elegant unter Verweis auf eine unterlassene großzügige Auslegung der Ausnahmeregelungen entschieden, ohne die gesetzliche Regelung zu kippen.
https://www.bundesverfassungsgericht.de ... 73002.html
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Re: Meisterzwang Brauer könnte wieder eingeführt werden...

#59

Beitrag von Gasflasche »

Es hat zwischen die EU und die Deutschen Interessenverbänden der inländischen Bierlandschaft schon öfters geknallt. Es wundert mich daher immer wieder, dass dieser Protektionismus (oder ich sehe es doch mal als unverfälschten Protektionismus) bis Heute so stand hält. Dabei hat sich die Angsthaltung doch schon reichlich als unnötig erwiesen.

Als alt-Belgier wundere ich mich über die Haltung im Brauereiwesen schon länger: in Belgien gab und gibts es kein RHG und keinen Meisterzwang. Trotzdem kann ich - glaube ich zumindest - doch recht entspannt behaupten, dass der Biermarkt in Belgien sich trotzdem recht erfolgreich etabliert hat, sowohl im In- als im Ausland. Und das mal sanft ausgedrückt.
Nicht selten habe ich bei Diskussionen schon die Frage gekriegt (und das waren nicht selten stolze Biertrinker aus Bayern die "wenigstens wissen" was Bier ist): wenn Belgisches Bier dann so überlegen sei, warum man davon so wenig sieht? Meistens folgt dann blankes entsetzen, wenn sich rausstellt, wieviel Marken schon (zeitweise - z.B. Schwabenbräu) in die Händen von AB-Inbev (damals noch Interbrew) gelandet sind, worunter sogar: das heilige Franziskaner! :Shocked
Aber auch in Belgien herrscht nicht das wilde Westen: Hygienevorschriften gibt es da genauso, man darf nicht egal was ins Bier kippen und man kommt nicht einfach damit weg, wenn die ganze Besucher eines Fests nachher auf dem Kloschüssel sitzt..
Es gibt da stark ausgeprägte autodidaktische Brauer, die haben es sich selber mühsam beigebracht und waren dann irgendwann (erfolgreich) selbständig. Es gibt auch welche die Kurse besuchen usw. und es sich damit teilweise auch selber einfacher machen und auch mal Sachen mitkriegen, die sie sonst nie mitgekriegt hätten.

Ich will den Meistertitel nicht "entwerten", aber man sollte sich schon die Frage stellen, ob der Meisterzwang der Weg zu "Vielfalt, Kreativität und Qualität" ist, womit doch so gern geworben wird. Ich glaube: ja, es kann ein Weg sein, aber es zeitweise mal und mal nicht als Schranke im einzigen Weg zu benutzen, sehe ich als eine fragwürdige Praxis. Diese Fragwürdigkeit sehe ich nicht damit gelöst zu behaupten "sie hätten es gar nicht erst vom Meisterzwang befreien dürfen".
Es hängt, wie so oft, vom Menschen ab. Es gibt auch genug KfZ-Meister, die Sch**ß treiben. Nicht weil sie es nicht besser können, aber einfach, weil sie es so wollen oder meinen, dass die Kunden es so wollen. Daher sehe ich nur eine sehr bedingte Korrelation, zwischen Meisterzwang und Qualitätssicherung.
In de HwO werden zwar "alternative" Angeboten, um ein zulassungspflichtiges Handwerk selbständig aus zu üben, aber wie das Verfassungsgericht schon in dem Urteil argumentiert: es wird schon sehr sehr sparsam eingesetzt oder "durchgelassen".
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Re: Meisterzwang Brauer könnte wieder eingeführt werden...

#60

Beitrag von Seb »

Kann mir wer einen Link dazu schicken?
Das einzige was ich finden konnte,war dass folgende berufe 2020 Der Meisterpflicht unterliegen werden:

-Fliesen-, Platten- und Mosaikleger
-Betonstein- und Terrazzohersteller
-Estrichleger
-Behälter- und Apparatebauer
-Parkettleger
-Rollladen- und Sonnenschutztechniker
-Drechsler und Holzspielzeugmacher
-Böttcher
-Glasveredler
-Schilder- und Lichtreklamehersteller
-Raumausstatter
-Orgel- und Harmoniumbauer
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Re: Meisterzwang Brauer könnte wieder eingeführt werden...

#61

Beitrag von hiasl »

Meisterzwang Brauer könnte wieder eingeführt werden...
Gruß
Matthias
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Re: Meisterzwang Brauer könnte wieder eingeführt werden...

#62

Beitrag von daleipi »

ich denk mal, bei der ganzen Geschichte geht es NULL um das Bier selber.

da ist ein riesiger Interessenverband mit entsprechend aufgeblähter Verwaltung und weiß nicht was dahinter.
die wollen nicht nur den 'Macht'-erhalt sichern, sonden auch auf keinen Fall kleiner werden.
das ganze Konstrukt und die Leute wollen ja bezahlt werden. dazu braucht es eine Legitimation und dann noch die Leute die da einzahlen.

und wann ist in Deutschland schon mal eine Verwaltung kleiner geworden oder verschwunden?
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Re: Meisterzwang Brauer könnte wieder eingeführt werden...

#63

Beitrag von tinoquell »

Hallo,

in der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift "Brauindustrie" schreibt Ralf Hohmann vom Bürgerlichen Brauhaus in Saalfeld (Thüringen) auf die Frage nach der "wichtigsten Aufgabe, die die (Brau-)Branche in den nächsten Jahren erwartet":
".. Dass wir es wieder schaffen, die Meisterpflicht einzuführen ..."

Wisst ihr, ob es entsprechende Bestrebungen im Brauerbund oder an anderer Stelle direkt aus der Branche gibt?
Bei den o.g. Gewerken kommt das ja eher von der Regierung.

Nur interessehalber und völlig wertfrei, ich bleibe HOBBYbrauer.

Danke!
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Re: Meisterzwang Brauer könnte wieder eingeführt werden...

#64

Beitrag von Commander8x »

tinoquell hat geschrieben: Freitag 20. Dezember 2019, 09:12 in der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift "Brauindustrie"
Mich würde interessieren, in welcher Ausgabe?
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Re: Meisterzwang Brauer könnte wieder eingeführt werden...

#65

Beitrag von §11 »

tinoquell hat geschrieben: Freitag 20. Dezember 2019, 09:12 Hallo,

in der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift "Brauindustrie" schreibt Ralf Hohmann vom Bürgerlichen Brauhaus in Saalfeld (Thüringen) auf die Frage nach der "wichtigsten Aufgabe, die die (Brau-)Branche in den nächsten Jahren erwartet":
".. Dass wir es wieder schaffen, die Meisterpflicht einzuführen ..."

Wisst ihr, ob es entsprechende Bestrebungen im Brauerbund oder an anderer Stelle direkt aus der Branche gibt?
Bei den o.g. Gewerken kommt das ja eher von der Regierung.

Nur interessehalber und völlig wertfrei, ich bleibe HOBBYbrauer.

Danke!
Damit ist er nicht alleine. Auch Georg Rittmayer, vom Verband Privater Brauereien sagt:
Rittmayer: Leider fehlen in unserer Branche immer mehr Brauer-Gesellen. Den Meisterzwang für das Braugewerbe finde ich unterstützenswert. Wichtig für mich ist nur, dass die jungen, gut ausgebildeten Gesellen nicht gleich weiter auf die Meisterschule gehen. Viele Absolventen der Meisterschule sind theoretisch top ausgebildet, ihnen fehlt aber die praktische und auch zwischenmenschliche Erfahrung in der Brauerei.
Unser Vorschlag ist daher, eine Haltefrist der Gesellen für ein paar Jahre oder ein ähnliches Modell einzuführen. Damit helfen wir einerseits den Betrieben und andererseits unseren jungen Meistern, die dann nach der Meisterprüfung sowohl theoretisch als auch praktisch auf einem sehr hohen Niveau sind.
Quelle: https://fzarchiv.sachon.de/index.php?re ... #all_thumb
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Re: Meisterzwang Brauer könnte wieder eingeführt werden...

#66

Beitrag von Commander8x »

Habs gefunden. War in der Ausgabe 12/2019, die noch nicht online ist.

Fest steht, es gibt einen deutlichen Mangel an qualifiziertem Nachwuchs. Mehr oder weniger auf allen Ebenen.
Die Frage ist nur, ob sich dem mit einem Meisterzwang begegnen lässt.

Viele von den guten Gesellen zieht es tatsächlich gleich zum Studium. Wahrscheinlich, um der Fron am Füller zu entgehen.... :thumbsup
War zumindest in meinem Jahrgang so.
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Re: Meisterzwang Brauer könnte wieder eingeführt werden...

#67

Beitrag von §11 »

Commander8x hat geschrieben: Freitag 20. Dezember 2019, 15:15 Habs gefunden. War in der Ausgabe 12/2019, die noch nicht online ist.

Fest steht, es gibt einen deutlichen Mangel an qualifiziertem Nachwuchs. Mehr oder weniger auf allen Ebenen.
Die Frage ist nur, ob sich dem mit einem Meisterzwang begegnen lässt.
Ist schon nicht ganz von der Hand zu weisen das natürlich Quereinsteiger oder Gesellen die sich selbständig machen, zwar qualifizierte Arbeitnehmer brauchen, aber selbst nicht ausbilden. Nur reichen halt nur Ausbildungplätze nicht unbedingt aus, wenn es an Azubis fehlt. Und wenn man ehrlich ist, ist halt die Perspektive in vielen Betrieben und Bereichen nicht die Beste oder wie Commander8x sagt "die Fron am Füller". Das ist sicherlich nicht was ein bierbegeisterter Azubi, später Geselle, im Kopf hat wenn er Brauer wird.
Viele von den guten Gesellen zieht es tatsächlich gleich zum Studium.
Das hängt sicherlich auch mit der Eigenart im Brauwesen zusammen, das man hier eine akademische Laufbahn einschlagen konnte (Weiss nicht ob das immer noch geht), ohne Abitur zu haben.
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Re: Meisterzwang Brauer könnte wieder eingeführt werden...

#68

Beitrag von tinoquell »

Danke für Eure Antworten.

Ja, das Thema Lehrausbildung hatte ich noch nicht auf dem Schirm, aber das ist möglicherweise eins der wichtigeren Argumente bei dieser Diskussion.

Im Übrigen finde ich persönlich es gar nicht so verkehrt, einen gewissen Sachkundenachweis zu haben bevor man mit Gewinnabsicht am Markt agieren darf.
Problematisch wird es sicher für die vielen Gemeinde- und Vereinsbrauer, die semiprofessionell ein paar Sude im Jahr an den Mann bringen möchten. Da kann es dann tatsächlich wieder Bedarf an reisenden Braumeistern geben wie §11 sich hier anbietet :Smile (gabs hier nicht auch mal den @brauknecht der u.a. sowas gemacht hat?)

Es bleibt spannend.
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Re: Meisterzwang Brauer könnte wieder eingeführt werden...

#69

Beitrag von §11 »

tinoquell hat geschrieben: Freitag 20. Dezember 2019, 17:31 Danke für Eure Antworten.

Ja, das Thema Lehrausbildung hatte ich noch nicht auf dem Schirm, aber das ist möglicherweise eins der wichtigeren Argumente bei dieser Diskussion.

Im Übrigen finde ich persönlich es gar nicht so verkehrt, einen gewissen Sachkundenachweis zu haben bevor man mit Gewinnabsicht am Markt agieren darf.
Problematisch wird es sicher für die vielen Gemeinde- und Vereinsbrauer, die semiprofessionell ein paar Sude im Jahr an den Mann bringen möchten. Da kann es dann tatsächlich wieder Bedarf an reisenden Braumeistern geben wie §11 sich hier anbietet :Smile (gabs hier nicht auch mal den @brauknecht der u.a. sowas gemacht hat?)

Es bleibt spannend.
Die "reisenden" Meister gibt es in vielen Sparten. Schreiner brauchen zum Beispiel nachwie vor einen Meister um sich selbständig zu machen. Hier springen zum Beispiel Meister in Renten ein, die entsprechend "nach dem Rechten schauen"
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Re: Meisterzwang Brauer könnte wieder eingeführt werden...

#70

Beitrag von Ladeberger »

§11 hat geschrieben: Freitag 20. Dezember 2019, 16:22
Commander8x hat geschrieben: Freitag 20. Dezember 2019, 15:15 Habs gefunden. War in der Ausgabe 12/2019, die noch nicht online ist.

Fest steht, es gibt einen deutlichen Mangel an qualifiziertem Nachwuchs. Mehr oder weniger auf allen Ebenen.
Die Frage ist nur, ob sich dem mit einem Meisterzwang begegnen lässt.
Ist schon nicht ganz von der Hand zu weisen das natürlich Quereinsteiger oder Gesellen die sich selbständig machen, zwar qualifizierte Arbeitnehmer brauchen, aber selbst nicht ausbilden.
Aber sind das denn wirklich Betriebe, die ansonsten ausbilden würden? Ich kenne gleich drei Klein- bzw. Gasthausbrauereien, die dank (Dipl.-)Braumeister ausbilden könnten, das aber nicht tun, weil sie einem Azubi den vielfältigen Brauerberuf mit zehn Suden à 20 hl im Jahr nicht in der benötigten Tiefe und Breite beibringen können. Der Absolvent hätte, so die Aussage eines der vorgenannten Braumeister, "später in einer größeren Brauerei von Tuten und Blasen keine Ahnung".

Wenn eine von Quereinsteigern gegründete Brauerei dann wächst und in derartige Größenklassen vorstößt, bietet sich dann ohnehin ein Braumeister als Betriebsleiter an, womit man wieder ausbilden darf.
Nur reichen halt nur Ausbildungplätze nicht unbedingt aus, wenn es an Azubis fehlt. Und wenn man ehrlich ist, ist halt die Perspektive in vielen Betrieben und Bereichen nicht die Beste oder wie Commander8x sagt "die Fron am Füller". Das ist sicherlich nicht was ein bierbegeisterter Azubi, später Geselle, im Kopf hat wenn er Brauer wird.
Das ist doch der Punkt. Die Praxis als Brauer stellt sich dann dar als: Früh aufstehen, hart arbeiten, wenig Lohn. Und an der Stelle kommt dann ein Georg Rittmayer noch mit der Forderung einer "Haltefrist" für Gesellen daher. Eine Bombenidee! Das wird die Attraktivität dieser Berufswahl ganz sicher steigern.

Vielleicht sollte man den Brauern mehr zahlen? Die Bierpreise dürfen meinetwegen gerne steigen.
in der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift "Brauindustrie" schreibt Ralf Hohmann vom Bürgerlichen Brauhaus in Saalfeld (Thüringen) auf die Frage nach der "wichtigsten Aufgabe, die die (Brau-)Branche in den nächsten Jahren erwartet":
".. Dass wir es wieder schaffen, die Meisterpflicht einzuführen ..."
Ja, ganz klar: Das größte Problem der Braubranche ist die handvoll Craftbrauer ohne Meisterbrief. :puzz

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Re: Meisterzwang Brauer könnte wieder eingeführt werden...

#71

Beitrag von Ladeberger »

tinoquell hat geschrieben: Freitag 20. Dezember 2019, 17:31 Im Übrigen finde ich persönlich es gar nicht so verkehrt, einen gewissen Sachkundenachweis zu haben bevor man mit Gewinnabsicht am Markt agieren darf.
Dem steht erstmal die grundgesetzlich garantierte Berufsfreiheit entgegen. In der Abwägung kollidierender Interessen muss man schon konkrete und wichtige Gründe benennen, warum die Berufsfreiheit für gewisse Tätigkeiten eingeschränkt wird.

Die Argumentation ist dem Brauerbund nicht gelungen, sonst wäre der Meister 2004 geblieben oder zumindest 2020 wieder gekommen. Ist aber beides nicht der Fall.

Gruß
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Re: Meisterzwang Brauer könnte wieder eingeführt werden...

#72

Beitrag von §11 »

Das ist doch der Punkt. Die Praxis als Brauer stellt sich dann dar als: Früh aufstehen, hart arbeiten, wenig Lohn. Und an der Stelle kommt dann ein Georg Rittmayer noch mit der Forderung einer "Haltefrist" für Gesellen daher. Eine Bombenidee! Das wird die Attraktivität dieser Ausbildungswahl ganz sicher verbessern.

Vielleicht sollte man den Brauern mehr zahlen? Die Bierpreise dürfen meinetwegen gerne steigen.
Das ist natürlich vollkommen an der Praxis vorbei und wird zu noch weniger Azubis führen. Es gibt ja genug Leute die von vornherein wissen das sie danach an die Uni gehen. Der Dipl. Braumeister braucht 12 Monate Praktikum. Als Abiturient kann ich die Lehre sowieso auf 24 Monate verkürzen. Urlaub abgezogen, ist die Ausbildung nicht um so viel länger als das Praktikum und eine Lehre wird voll auf das Praktikum angerechnet. Das hat zudem den Vorteil das man bereits Berufserfahrung nachweisen kann.
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Re: Meisterzwang Brauer könnte wieder eingeführt werden...

#73

Beitrag von §11 »

Ladeberger hat geschrieben: Freitag 20. Dezember 2019, 18:52
tinoquell hat geschrieben: Freitag 20. Dezember 2019, 17:31 Im Übrigen finde ich persönlich es gar nicht so verkehrt, einen gewissen Sachkundenachweis zu haben bevor man mit Gewinnabsicht am Markt agieren darf.
Dem steht erstmal die grundgesetzlich garantierte Berufsfreiheit entgegen. In der Abwägung kollidierender Interessen muss man schon konkrete und wichtige Gründe benennen, warum die Berufsfreiheit für gewisse Tätigkeiten eingeschränkt wird.

Die Argumentation ist dem Brauerbund nicht gelungen, sonst wäre der Meister 2004 geblieben oder zumindest 2020 wieder gekommen. Ist aber beides nicht der Fall.

Gruß
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Ja und nein. Die Berufsfreiheit ist damit ja nicht eingeschränkt. Jeder kann die Ausbildung wählen die zum gewünschten Beruf führt. WIe die Ausbildung auszusehen hat wird durch Gesetzte geregelt. Genau das sieht das GG vor:


Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland
Art 12




(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.

(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.

(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.
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Re: Meisterzwang Brauer könnte wieder eingeführt werden...

#74

Beitrag von §11 »

Hier zum Beispiel f. Brauer und Mälzer

https://www.gesetze-im-internet.de/brau ... V_2007.pdf
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Re: Meisterzwang Brauer könnte wieder eingeführt werden...

#75

Beitrag von Ladeberger »

Dass eine mehrjährige und mitunter teure Ausbildung durchlaufen werden muss stellt juristisch eben gerade eine Einschränkung der Berufsfreiheit dar. Stell dir doch einfach mal einen Familienvater im fortgeschrittenen Alter vor, der (aus welchen Gründen auch immer) einen anderen Beruf ergreifen möchte. Eine erneute Ausbildung in dem Alter ist finanziell, zeitlich und evtl. auch logistisch/organisatorisch schwer vorstellbar.

Wenn der Staat seinen Bürgern derartige Beschränkungen vorgibt, müssen dem wichtige Gründe entgegenstehen. Das tun sie auch bei vielen Berufswahlbeschränkungen. Ich halte es z.B. für ausgesprochen sinnvoll, dass niemand als Chirurg oder Richter praktizieren kann, der die entsprechenden Studien nicht durchlaufen und seine Qualifikation bewiesen hat. Beispiele für derartige Berufsbeschränkungen gibt es weltweit.

Apropos: Ich finde da auch immer den Vergleich mit anderen, zivilisierten Ländern hilfreich. Wenn z.B. in den USA ein Jim Koch als MBA eine Brauerei gründen kann, die das ganze Thema Craftbier maßgeblich vorwärts gebracht hat und heute 1.900 Menschen beschäftigt, frage ich mich, warum man so jemanden hier (in Zukunft) sagen will: Nö, mach erstmal hübsch deinen Meister und komm dann in 10 Jahren wieder.

Gruß
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Re: Meisterzwang Brauer könnte wieder eingeführt werden...

#76

Beitrag von hopfenbär »

Ladeberger hat geschrieben: Freitag 20. Dezember 2019, 21:41 Dass eine mehrjährige und mitunter teure Ausbildung durchlaufen werden muss stellt juristisch eben gerade eine Einschränkung der Berufsfreiheit dar. Stell dir doch einfach mal einen Familienvater im fortgeschrittenen Alter und mit knapper Kasse vor, der (aus welchen Gründen auch immer) einen anderen Beruf ergreifen möchte. Eine erneute Ausbildung in dem Alter ist finanziell und evtl. auch logistisch/organisatorisch schwer vorstellbar.

Wenn der Staat seinen Bürgern derartige Beschränkungen vorgibt, müssen dem wichtige Gründe entgegenstehen. Das tun sie auch bei vielen Berufswahlbeschränkungen. Ich halte es z.B. für ausgesprochen sinnvoll, dass niemand als Chirurg oder Richter praktizieren kann, der die entsprechenden Studien nicht durchlaufen und seine Qualifikation bewiesen hat. Beispiele für derartige Berufsbeschränkungen gibt es weltweit.

Apropos: Ich finde da auch immer den Vergleich mit anderen, zivilisierten Ländern hilfreich. Wenn z.B. in den USA ein Jim Koch als MBA eine Brauerei gründen kann, die das ganze Thema Craftbier maßgeblich vorwärts gebracht hat und heute 1.900 Menschen beschäftigt, frage ich mich, warum man so jemanden hier (in Zukunft) sagen will: Nö, mach erstmal hübsch deinen Meister und komm dann in 10 Jahren wieder.

Gruß
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Vorstellung im alten Forum http://tinyurl.com/gob2p5g
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Re: Meisterzwang Brauer könnte wieder eingeführt werden...

#77

Beitrag von §11 »

Ja, bei Chirurgen und Richtern sind wir uns einig. Mit erschließt sich aber zum Beispiel nicht warum ein Frisör Meister sein muss um einen Salon zu eröffnen während ein Brauer, der ja immerhin Lebensmittel herstellt, keinerlei Fachkunde nachweisen muss.
Apropos: Ich finde da auch immer den Vergleich mit anderen, zivilisierten Ländern hilfreich. Wenn z.B. in den USA ein Jim Koch als MBA eine Brauerei gründen kann, die das ganze Thema Craftbier maßgeblich vorwärts gebracht hat und heute 1.900 Menschen beschäftigt, frage ich mich, warum man so jemanden hier (in Zukunft) sagen will: Nö, mach erstmal hübsch deinen Meister und komm dann in 10 Jahren wieder.
Ist ein schöner Vergleich, hinkt aber etwas. Gerade in USA muss alles, aber wirklich alles per „Code“ definiert werden, weil halt wirklich jeder von heute auf Morgen Bauunternehmer werden kann.

Ich bin ja hier mit relativ vielen Brauern im Gespräch und Lustigerweise haben alle, aber wirklich durch die Bank alle ein Problem mit der nicht vorhandenen Ausbildung i. USA, weil es einfach keine wirklichen Fachkräfte gibt, bzw. keinen Standard auf den man sich verlassen kann was ein „Brauer” überhaupt kann. Mit dem Ergebnis das amerikanische Brauer Ihre Leute nach Deutschland zur Ausbildung schicken oder deutsche Brauer anwerben ä.
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Re: Meisterzwang Brauer könnte wieder eingeführt werden...

#78

Beitrag von Johnny H »

Ich habe selbst keine klare Meinung zum Thema Meisterpflicht bei Brauern und lese das hier interessiert.

Die Qualität und der Ruf der deutschen Ausbildung verdanken sich meines Erachtens auch dem dualen System, also der Kopplung von schulischer und betrieblicher Ausbildung. Ich glaube, das wollten zumindest auch einige südeuropäische Länder nachahmen, weiß aber nicht (mehr), wie sich das weiterentwickelt hat. Ich habe keinen guten Einblick ins amerikanische Bildungswesen, kann aber die geschilderten Schwierigkeiten nachvollziehen, geeignetes Brauereipersonal zu finden.

Letztendlich ist das auch ein Unterschied in den Unternehmenskulturen von Deutschland und den USA. Erstere sind traditions- und sicher auch qualitätsbewusst, aber mit Sicherheit eher nicht unternehmer- bzw. vor allem gründerfreundlich. Letztere legen mehr Wert auf unternehmerische und wirtschaftliche Freiheit, haben aber andererseits nicht das über Jahrhunderte gebildete Bildungswesen wie wir. Von daher schaut man vermutlich in verschiedenen Aspekten von beiden Seiten des großen Teichs ein wenig neidisch über denselben.

Direkte Einblicke zumindest ins Handwerkertum habe ich in Großbritannien gewinnen können. Da ist das Qualitätsniveau in meiner Erfahrung sehr, sehr schlecht. Das betrifft die handwerkliche Qualität beim Hausbau, Renovierung, Schreinerei, Gas/Wasser, Elektrik etc. - da weiß ich auch von juristischen Scharmützeln über Pfusch bei Freunden (Fließenleger), legendären Geschichten über polnische Handwerker, die ganze Straßenzüge renoviert haben und Schreinereiarbeiten von deutschen Eltern bei Freunden. Auch in GB kann offenbar jeder ein Handwerksunternehmen gründen und dann unterirdische Qualität abliefern.
Jubel erscholl, als sich die Trinker von dem schneidigen, köstlichen, bei dem früher in Pilsen erzeugten nie wahrgenommenen Geschmack überzeugten. Die Geburt des Pilsner Bieres!
(E. Jalowetz, Pilsner Bier im Lichte von Praxis und Wissenschaft, 1930)
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flying
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Re: Meisterzwang Brauer könnte wieder eingeführt werden...

#79

Beitrag von flying »

Eine "Haltefrist" für Gesellen ist natürlich schöne alte "mittelalterliche" Handwerkstradition. Man musste mindestens 6 Gesellenjahre vorweisen bevor man einen Meistertitel erwerben konnte.
Schon damals wurde allerdings viel Schindluder und Ausbeutung der Gesellen durch ihre Meister betrieben, so dass sich diese sich in Gesellenzünften- und Bruderschaften organisierten. Die Vorläufer der Gewerkschaften sozusagen. So etwas wieder zu fordern zeigt natürlich wie "fortschrittlich" die Brauerverbandsjungs sind..?

Das manche schnöselige "Jungmeister" die quasi nur auf der Schulbank gessenen haben erstmal lernen wie man mit den Händen arbeitet...da hätte ich gar nix dagegen.
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Re: Meisterzwang Brauer könnte wieder eingeführt werden...

#80

Beitrag von §11 »

flying hat geschrieben: Samstag 21. Dezember 2019, 11:35 Eine "Haltefrist" für Gesellen ist natürlich schöne alte "mittelalterliche" Handwerkstradition. Man musste mindestens 6 Gesellenjahre vorweisen bevor man einen Meistertitel erwerben konnte.
Schon damals wurde allerdings viel Schindluder und Ausbeutung der Gesellen durch ihre Meister betrieben, so dass sich diese sich in Gesellenzünften- und Bruderschaften organisierten. Die Vorläufer der Gewerkschaften sozusagen. So etwas wieder zu fordern zeigt natürlich wie "fortschrittlich" die Brauerverbandsjungs sind..?

Das manche schnöselige "Jungmeister" die quasi nur auf der Schulbank gessenen haben erstmal lernen wie man mit den Händen arbeitet...da hätte ich gar nix dagegen.
Die Gesellenzünfte nennen sich Schacht.

Mein Wissensstand ist nicht mehr der neueste, weil ich 1994 als Schreiner frei gesprochen wurde. Aber damals war Voraussetzungen für die Meisterschule 3 Jahre Berufserfahrung als Geselle oder 2 Jahre und einen Tag auf Walz. Man muss also nicht mal bis ins Mittelalter zurück in der Zeit.

Es gibt dabei viel Brauchtum und Traditionen die heute überholt aussehen, aber lange Zeit eben unerlässlich waren. Dazu gehören Dinge wie das Ohrlochstechen durch das sogenannte „Annageln“, wo das Ohrläppchen mit einem Nagel an der Hobelbank angenagelt wird und der neue Geselle von seinem Mentor mit der Zange befreit wird. Die Ohrringe gehören zum Gesellen. Wird er des Diebstahls überführt, reißt Ihm der Meister den Ohrring aus. Er wird zum Schlitzohr.
„porro bibitur!“
Die Seite zum Buch "Bier brauen" https://www.jan-bruecklmeier.com/
Die Seite zur HBCon https://heimbrauconvention.de/
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Re: Meisterzwang Brauer könnte wieder eingeführt werden...

#81

Beitrag von tinoquell »

Ladeberger hat geschrieben: Freitag 20. Dezember 2019, 18:52 Die Argumentation ist dem Brauerbund nicht gelungen, sonst wäre der Meister 2004 geblieben oder zumindest 2020 wieder gekommen. Ist aber beides nicht der Fall.

Gruß
Andy
Also wurde der Brauerbund dazu befragt? Oder hätte sich an das 2020er Gesetz "ranhängen" können und war dabei nicht "erfolgreich"?
Wie steht der Brauerbund heute eigentlich zum Thema? Im alten Forum steht, dass man sich 2004 gegen die Abschaffung des Zwanges gewehrt hat.
Als ich letztens Gelegenheit hatte, Holger Eichele in Berlin zu hören, hat er die Craft Bewegung mit ihren kleinen Braustätten und deren Einfluss auf die "Großen" positiv herausgestellt, aber zum Meisterthema nichts gesagt.
Vielleicht weiß da jemand mehr?
Was mich bewegt ist die Frage, ob der Gesetzgeber sagt "och, da könnten wir wieder mal was machen" oder ob hier die Branchenverbände die treibende Kraft sind.
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Re: Meisterzwang Brauer könnte wieder eingeführt werden...

#82

Beitrag von JokerPs »

Der politischen Entscheidung ging natürlich - wie immer in Deutschland - eine Einflussnahme der entsprechenden Lobbies vorraus. Vor allem bei den 12 jetzt wieder meisterpflichtigen Berufen gibt es durch die Dienstleistungsfreizügigkeit einen teils erheblichen Wettbewerb mit Handwerkern aus dem Ausland, der durch den darauf folgenden Preiskampf massive Auswirkkungen auf deutsche Bertriebe hat. Vor allem in grenznahen Regionen kann das Betriebe trotz großer Nachfrage in Bedrängnis bringt. Diese Kombination führt ja z.B. dazu, dass eben nicht der ausgebildete osteuropäische Fliesenleger auf deutschen Baustellen aktiv werden kann, sondern eben Jedermann. In einem Land, wo Geiz geil ist, kommt halt dann der zum Zug, der am günstigsten ist. Natürlich fordern Fachverbände die höchstmögliche Hürde für den Zugang zum Markt ihrer Mitglieder.

Ich denke bei den Brauern & Mälzern ist der Druck nicht so hoch, weil allein der finanzielle und organisiatorisch / rechtliche Aufwand, kommerziell Bier anzubieten so hoch ist, dass halt mal nicht eben jeder tun kann. Zumal muss es dann auch dem Kunden noch schmecken. Die großen Braukonzerne werden auch 1000 erfolgreiche Craftbrauer nicht gefährden - nicht mit und nicht ohne Meisterbrief.
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Re: Meisterzwang Brauer könnte wieder eingeführt werden...

#83

Beitrag von Malzwein »

Ich denke, der Markt regelt das von alleine?.....

Das wird doch gerne von bestimmten Lagern behauptet, wenn es um soziale Standards in der Arbeitswelt oder um Konsumenten geht. Gibt es bei den Forderern vielleicht Überschneidungen? :Grübel

Klar, ein Chirurg sollte ausgebildet sein, aber wo ist die Grenze? Wenn Fliesenleger keinen Meister haben, geschehen mehr Unfälle in Altenheimen? Ernsthaft? (Habe ich so im Radio als Begründung gehört).

Ich verstehe nicht, wie ein "Zwang" eines der in diesem Zusammenhang immer wieder angeführten Probleme lösen kann, ohne zumindest neue zu produzieren.
Gruß Matthias

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Re: Meisterzwang Brauer könnte wieder eingeführt werden...

#84

Beitrag von flying »

Damit die Malocher sich nicht so minderwertig fühlen plant unsere Regierung neue Berufsbezeichnungen. Da wird aus dem Gesellen ein "Professional Expert" oder "geprüfter Berufsspezialist". Immerhin wurde erkannt, dass man in der Vergangenheit den Fokus viel zu stark auf eine akademische Ausbildung gelegt hat...

https://www.deutsche-handwerks-zeitung. ... 094/386965
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Re: Meisterzwang Brauer könnte wieder eingeführt werden...

#85

Beitrag von Gasflasche »

Wenn die Braubranche mehr ausgebildete, oder besser gesagt, gebildete Arbeitskräfte will, sollte man sich vielleicht doch mal über die (Aus)bildungsmöglichkeiten Gedanken machen. Ich übersehe vielleicht noch die eine oder andere Möglichkeit, aber im Grunde genommen kommt es mir so vor, dass es eigentlich nur zwei Wege gibt: die "klassische" Ausbildung, erst mal Geselle werden und irgendwann mal den Meister "machen". Oder das Studium, nicht selten mit der Ausbildung als Geselle als "Vorlauf". Beide Wege scheinen mir für Leute, die gerade das Studentenalter überschritten haben und halt bestimmte Verantwortungen haben, teilweise schwer bis schier unmöglich. Es sind wahrscheinlich nicht gerade viele die den finanziellen Einschnitt einer Ausbildung erst mal verkraften können (wenn man einen Platz bekommt) und schon gar nicht viele, die "mal eben" für ein paar Jahre zum Beispiel Richtung München ziehen um, da bei der TU das Studium zu absolvieren. Ich sage jetzt nicht, dass das an sich nicht verständlich oder gar ungerecht ist, aber dann darf man sich dann wohl kaum wundern, dass da Engpässe entstehen.

Schauen wir mal ins belgische Bierland, wo Sachen wie Abendschule Gang und Gebe und für ein durschnittlicher Erwachsene sowohl praktisch alsauch finanziell gut zu stemmen sind. Das "Problem" wie hier scheinen die in der Brauereilandschaft einfach nicht zu kennen und hier scheinen sie es wieder lösen zu wollen mit einer alten Methode, die das ganze wohl nicht verhindert hat. Leute anziehen wollen, indem man mehr Schranken einführt, ist wie Geld rausschmeißen, damit das Sparkonto gefüllt wird.

Betriebe brauchen sich in der jetzigen Situation dann nicht wundern, dass Leute die Ausbildung nur machen, damit sie sich später als Konkurrent etablieren können.
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Re: Meisterzwang Brauer könnte wieder eingeführt werden...

#86

Beitrag von Malzwein »

Die vermeintliche Lösung, mit Schranken mangelndes Ausbildungsinteresse zu kompensieren scheint ja typisch Deutsch zu sein. Keiner der Lobbyisten fragt nach Arbeitsbedingungen und -entlohnung, sondern sie rufen nach Beschränkung und Artenschutz und die Politik kommt dem nach. Das gibt es ja auch in anderen Berufsgruppen.
Gruß Matthias

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Re: Meisterzwang Brauer könnte wieder eingeführt werden...

#87

Beitrag von flying »

Der Gesellen-oder Facharbeiterbrief entscheidet nullkommanix ob sich jemand in einem Betrieb zu einem wertvollen Mitarbeiter, Leistungsträger oder gar zur Führungskraft entwickelt. Leute die Klimatechniker, Klempner oder Chemikant gelernt haben, finden sich in einer halbwegs modernen Brauerei blind zurecht. In den Betrieben sind viele Stellen mit "Ungelernten" besetzt und diese arbeiten zu 54% auf Positionen die eigentlich Facharbeiterstellen oder sogar höher sind.

https://www.hensche.de/facharbeiter-ode ... -9.29.html

Dagegen ist überhaupt nichts einzuwenden. Wer was drauf hat wird sich bewähren und durchsetzen. Leider existiert in der Wirtschaft und allgemein in der deutschen Mentalität eine gewisse "Zertifikatsgeilheit". Das macht sich dann bei Bewerbungen und in der Bezahlung bemerkbar.
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Re: Meisterzwang Brauer könnte wieder eingeführt werden...

#88

Beitrag von Sura »

flying hat geschrieben: Donnerstag 2. Januar 2020, 19:38 ...... Leider existiert in der Wirtschaft und allgemein in der deutschen Mentalität eine gewisse "Zertifikatsgeilheit". Das macht sich dann bei Bewerbungen und in der Bezahlung bemerkbar.
Oh ja!
Und richtig schlimm ist es, wenn die Zertifikatsinhaber es den weiteren Bewerbern unnötig immer schwerer machen, oder einen neuen, internen "Club" ins leben rufen, der nichts ausser ein weiteres Zertifikat bringt, und soviel Geld und Zeit kostet, das es nur in universitären Umgebungen machbar ist.

Ich hoffe nur, das irgendwann irgendjemand mal merkt, das Arroganz weder Häuser baut, noch Biere braut, oder sonst was produktives leistet wofür man in Deutschland und Europa(!) zuviele(!) Zertifikate braucht.
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