Brauverfahren Maischegärung

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Bojtar
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Brauverfahren Maischegärung

#1

Beitrag von Bojtar »

Liebe Braukollegen!

Mein erstes Jahr als Hobbybrauer ist um. Viele Gute Biere aber ebensoviele Misserfolge waren dabei. Die Anlage wurde Schritt für Schritt erweitert und auch mein Umgang mit ihr wurde routinierter.

Vor ein paar Wochen kam mir der Gedanke den Brauprozess grundsätzlich dahingehend zu verändern, die Maische nicht zuerst zu Läutern, zu Kochen und dann den Hopfen zu seihen und die Gärung durchzuführen, sondern das Läutern erst nach der HG durchzuführen. Gekocht wird mittels Rührwerk (damit nix anbrennt).

Probiert hab ichs noch nicht, ich hab aber auch nichts dazu gefunden. Was haltet ihr davon? Gibt es das schon?
Bitte nicht gleich steinigen für die Idee, ich experimentiere halt gern und hätte gerne Eure objektive und fachliche Meinung.
Was ich mir davon erwarte: höhere SHA oder einen neuen Bierstil.

Schöne Grüße, Christian
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Re: Brauverfahren Maischegärung

#2

Beitrag von Flothe »

Maischegärung gibt es auf jeden Fall. Wird soweit ich weiß vor allem zur Whiskeyherstellung gemacht.

LG Florian

Jeder Tag ohne Bier ist ein Gesundheitsrisiko.
- Zitat: Hildegard von Bingen in ihrem Buch über Heilverfahren "Causae et Curae"
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Boludo
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Re: Brauverfahren Maischegärung

#3

Beitrag von Boludo »

Ungekochte Maische wimmelt vor Keimen. Lass mal den Treber ein paar Tage stehen und riech vorsichtig dran. Mehr muss man zu der Idee glaub nicht sagen.

Stefan
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Re: Brauverfahren Maischegärung

#4

Beitrag von Flothe »

Boludo hat geschrieben: Dienstag 14. August 2018, 14:52 Ungekochte Maische wimmelt vor Keimen. Lass mal den Treber ein paar Tage stehen und riech vorsichtig dran. Mehr muss man zu der Idee glaub nicht sagen.

Stefan
Er hat ja schon vor die Maische zu Kochen vor dem Anstellen. Einen Blausud gibt's allemal, aber mikrobiologisch sollte das schon safe sein. Mit ner Saison Hefe, die das Blausudproblem löst, könnte das schon was werden. Man muss es natürlich schaffen keimarm zu Läutern nach der Gärung.

LG Florian
Zuletzt geändert von Flothe am Dienstag 14. August 2018, 14:55, insgesamt 1-mal geändert.

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Re: Brauverfahren Maischegärung

#5

Beitrag von Bojtar »

Von der Whiskeyherstellung bzw. Vom Schnapsbrennen her kommt ja die Idee. Das mit dem sauberen Seihen ist ein wichtiger Punkt der zu Beachten ist.
Das mit dem Blausud verstehe ich aber noch nicht. Ich teste ja die Maische vorher schon (wie im Standardverfahren) mittels Jod ob die Stärke umgewandelt wurde.
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Re: Brauverfahren Maischegärung

#6

Beitrag von Boludo »

Und dann das fertige vergorene Bier kochen, so dass das DMS zusammen mit dem Alkohol abdampft, während der Hopfen isomerisiert?
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Re: Brauverfahren Maischegärung

#7

Beitrag von Flothe »

Boludo hat geschrieben: Dienstag 14. August 2018, 15:05 Und dann das fertige vergorene Bier kochen, so dass das DMS zusammen mit dem Alkohol abdampft, während der Hopfen isomerisiert?
Warum denn so negativ? Diskutieren kann man doch. Hopfen kann man auch mit der Maische kochen. DMS kann ein Problem werden, weiß ich jetzt aber nicht genug drüber.

LG Florian

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Re: Brauverfahren Maischegärung

#8

Beitrag von Flothe »

Bojtar hat geschrieben: Dienstag 14. August 2018, 15:03Das mit dem Blausud verstehe ich aber noch nicht. Ich teste ja die Maische vorher schon (wie im Standardverfahren) mittels Jod ob die Stärke umgewandelt wurde.
Sobald du die Maische kochst, wird neue Stärke aus dem Malz gelöst. Deine Enzyme gehen aber hops dabei, sodass du danach einen Blausud erhälst. Das ließe sich durch den Einsatz technischer Glukoamylase lösen, oder aber durch eine Hefe (z.B. Saison-Hefe) die von selbst Glukoamylasen freisetzt und die unverzuckertr Stärke umsetzt (sog. S. cerevisiae diastaticus)

LG Florian

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Re: Brauverfahren Maischegärung

#9

Beitrag von DerDerDasBierBraut »

Ich hätte bei dem Versuch Befürchtungen, dass die Hefe überhaupt nicht durch den Treberkuchen kommt und nur den flüssigen Teil vergärt. Alles darunter wird in wenigen Tagen zum Eldorado für alle möglichen Bierschädlinge. Kein Alkohol, kein Säuresturz ... Da freuen sich die Biester drüber.

Man kann Läutern und sich das Kochen sparen, wenn man mal ein abenteuerliches Bier herstellen will.
Ein Hamburger Hobbybrauer hatte so ein Bier vor einiger Zeit zu einem Treffen mit. Soll in Dänemark eine Art "Frischbier-Spezialität" sein, die gewünschter Weise beim Lagern zum Sauerbier wird. Das war gewöhnungsbedürftig aber trinkbar.
Im Grunde war es eine dunkle mastige Würze, 18°P oder mehr, die nach dem Läutern mit Backhefe aus dem Discounter angestellt und vergoren wurde. Hopfen brauchte das Bier nicht.
Zuletzt geändert von DerDerDasBierBraut am Dienstag 14. August 2018, 15:22, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Brauverfahren Maischegärung

#10

Beitrag von gulp »

Läutern nach der Hauptgärung? Abgesehen von den oben erwähnten Bedenken wird das eine Sauerstofforgie.

Gruß
Peter
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Re: Brauverfahren Maischegärung

#11

Beitrag von Flothe »

DerDerDasBierBraut hat geschrieben: Dienstag 14. August 2018, 15:17 Ich hätte bei dem Versuch Befürchtungen, dass die Hefe überhaupt nicht durch den Treberkuchen kommt und nur den flüssigen Teil vergärt. Alles darunter wird in wenigen Tagen zum Eldorado für alle möglichen Bierschädlinge. Kein Alkohol, kein Säuresturz ... Da freuen sich die Biester drüber.

Man kann Läutern und sich das Kochen sparen, wenn man mal ein abenteuerliches Bier herstellen will.
Ein Hamburger Hobbybrauer hatte so ein Bier vor einiger Zeit zu einem Treffen mit. Soll in Dänemark eine Art "Frischbier-Spezialität" sein, die gewünschter Weise beim Lagern zum Sauerbier wird. Das war gewöhnungsbedürftig aber trinkbar.
Im Grunde war es eine dunkle mastige Würze, 18°P oder mehr, die nach dem Läutern mit Backhefe aus dem Discounter angestellt und vergoren wurde. Hopfen brauchte das Bier nicht.
Ich würde mir keine Sorgen machen, dass die Hefe da nicht durchkommt, sofern beim Anstellen gut durchmischt wurde. Im Gegenteil sorgt der Treberkuchen dafür, dass die Hefe nicht vorzeitig absinkt. Man muss sich vorstellen, dass wilde Hefe in der freien Wildbahn vornehmlich auf festen Substraten Zuhause sind. Natürlich ist eine Reinzuchthefe weit weg von einem wilden Organismus, aber die Saisonhefen sind vermutlich noch ein gutes Stück näher dran.

Ansonsten bewegen wir uns bei deinem Vorschlag in den Bereich der Raw Ales, die vor allem im Baltikum und Skandinavien urtypisch sind und gerade wieder ein Revival erleben. Ist hier im Forum kein großes Thema (alle zu Konservativ :P inkl. mir) aber bei Facebook geht's gerade richtig ab in dem Bereich.

LG Florian

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Re: Brauverfahren Maischegärung

#12

Beitrag von docpsycho »

Bojtar hat geschrieben: Dienstag 14. August 2018, 14:47 Liebe Braukollegen!

Mein erstes Jahr als Hobbybrauer ist um. Viele Gute Biere aber ebensoviele Misserfolge waren dabei. Die Anlage wurde Schritt für Schritt erweitert und auch mein Umgang mit ihr wurde routinierter.

Vor ein paar Wochen kam mir der Gedanke den Brauprozess grundsätzlich dahingehend zu verändern, die Maische nicht zuerst zu Läutern, zu Kochen und dann den Hopfen zu seihen und die Gärung durchzuführen, sondern das Läutern erst nach der HG durchzuführen. Gekocht wird mittels Rührwerk (damit nix anbrennt).

Probiert hab ichs noch nicht, ich hab aber auch nichts dazu gefunden. Was haltet ihr davon? Gibt es das schon?
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Schöne Grüße, Christian

Hör dir dazu mal von Basic Brewing Radio die Episode "Sour Mash Berliner Weiss" vom 26.07.2012 an. (Warum weiß ich das so genau? Weil ich einige Folgen von denen auf dem Handy habe. Sind alle kostenlos auf deren Webseite downloadbar) Eins will ich verraten: Es ist nichts für leute mit einer empfindlichen Nase.

Grüße, Felix
Setup: 3,5kw Caso-Induktionsplatte, 36l Brewferm-Topf, 38l Schengler-Thermoport mit Läuterhexe, Kühlspirale, Themperaturgesteuerte Gärkammer.

Die Brausportgruppe e.V. Rhein-Main

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Re: Brauverfahren Maischegärung

#13

Beitrag von Odin »

Hi, das gab es schonmal. Peter hat das mal versucht.

https://hobbybrauer.de/forum/viewtopic. ... chnapsidee
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Re: Brauverfahren Maischegärung

#14

Beitrag von DerDerDasBierBraut »

Flothe hat geschrieben: Dienstag 14. August 2018, 15:34 Ansonsten bewegen wir uns bei deinem Vorschlag in den Bereich der Raw Ales, die vor allem im Baltikum und Skandinavien urtypisch sind und gerade wieder ein Revival erleben.
Danke :thumbup
Ich hatte von dem Abend nicht mehr alle Details im Kopf :redhead
Sahti hat er es genannt. Ein Raw Ale >>> http://blogs.faz.net/bierblog/2017/10/1 ... welt-2682/
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Viele Grüße
Jens
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Re: Brauverfahren Maischegärung

#15

Beitrag von flying »

Sahti ist ein Urbier. Millionen Hundejahre an Bierevolution von heutigen Bieren entfernt. Hier wird versucht beides miteinander zu verschmischen aber die Prämissen stimmen nicht.
Urbiere sind meißtens ungekocht, das spielt DMS weniger eine Rolle. Ganz wichtig sind die vielen wilden Mikroorganismen die die Aufgaben der Maischearbeit übernehmen können. Da gibt es Hefen die eigene Diastasen mitbringen, Laktos die säurestabile Proteasen haben usw.. Das solche Urbiere keine tödlichen Bakteriencocktails wurden, verdanken den guten Freunden der Menschheit, ohne die wir schon lange ausgestorben wären.

Sahti wurde m. W. ursprünglich in ausgehöhlten Baumstämmen über Wacholderzweigen gemaischt. Über ein gebohrtes Zapfloch unter den Zweigen konnte das Frischbier noch während der Gärung (ähnlich wie Federweißer) abgezapft und getrunken werden.
Stelle ich mir wirklich toll vor und die alten Meister dieser Urbier- Braumethode hatten sicher tolle Tricks drauf das es echt lecker war..nur, das war ein völlig anderes Getränk!
Held im Schaumgelock

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Re: Brauverfahren Maischegärung

#16

Beitrag von Flothe »

flying hat geschrieben: Dienstag 14. August 2018, 17:16 Das solche Urbiere keine tödlichen Bakteriencocktails wurden, verdanken den guten Freunden der Menschheit, ohne die wir schon lange ausgestorben wären.
Täusche ich mich, oder fehlt hier das Hauptwort? Wem haben wir unser Überleben zu verdanken?

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Re: Brauverfahren Maischegärung

#17

Beitrag von flying »

Na gut.." den Lactobacillaceae"! Dachte das ergibt sich aus dem Kontext. Den guten Gesellen die wir schon mit der Muttermilch einsaugen, die in uns leben und die unsere traditionellen Lebensmittel vor den Heerscharen an pathogenen Keimen schützen.

Den deutschen Brauerbund habe ich jetzt nicht gemeint... :P :Wink
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Re: Brauverfahren Maischegärung

#18

Beitrag von Bojtar »

Ha! Wusste ich doch, dass es das schon mal gegeben haben muss :) Hätte mich gewundert, wenn ich durch diese simple Idee das Brauverfahren revolutioniert hätte ;)
Vielen Dank an alle für den wertvollen Input!
Schöne Grüße, Christian
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