Blausud und klare Würze

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marsabba
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Blausud und klare Würze

#1

Beitrag von marsabba »

Moin moin,

Immer, wenn man denkt, man weiss schon alles, kommt sowas...
Ich habe gestern gebraut. Eingemaischt wurde 95%Pilsner, 5%Münchner, beides Weyermann Barke.
Beim Läutern wurde der Sud auf zwei Pötte geteilt. Der eine wurde brav auf 25 IBU gehopft für ein Pale Ale, der andere soll für Sauerbierproduktion verwendet werden (5 IBU). Um eine Turbid Mash zu simulieren, habe ich zum Kochen etwa 5% Weizen geschrotet in einem Säckchen zugegeben, damit sich ordentlich Stärke in der Würze findet. Erwartet hätte ich auch eine ordentliche Trübung.
Aber was ist passiert ?
Normaler Sud: Heftiger Würzebruch
Blausud: Schwacher Würzebruch
Kochende:
Normaler Sud: Trübe, milchige Brühe
Blausud: Klare würze, dicke Eiweisflocken
Nach Abkühlen:
Normaler Sud: Eher wenig Kühltrub, noch leicht trüb
Blausud: Ordentlich Kühltrub, klare Würze

In Summe: Der Blausud mit Rohweizen ergab eine klarere Würze als der normale Sud. Das hätt ich so nicht erwartet.
Kann das jemand erklären ?

Martin
Harri
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Re: Blausud und klare Würze

#2

Beitrag von Harri »

Ich würde vermuten, dass es ähnlich wie bei Gelatine oder Irish Moss dazu kam, dass sich die Proteine zu großen Flocken geformt haben nachdem sie durchs kochen denaturiert sind.
Große Proteinflocken dienen als guter Nukleationskeim für das restliche Eiweiß in der Suppe => noch größere Flocken und weniger ganz kleine die sich als Trub äußern.
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olibaer
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Re: Blausud und klare Würze

#3

Beitrag von olibaer »

marsabba hat geschrieben: Mittwoch 17. April 2019, 10:39 In Summe: Der Blausud mit Rohweizen ergab eine klarere Würze als der normale Sud. Das hätt ich so nicht erwartet.
Kann das jemand erklären ?
Harri hat geschrieben: Dienstag 23. April 2019, 08:29 Ich würde vermuten, dass es ähnlich wie bei Gelatine oder Irish Moss dazu kam, dass sich die Proteine zu großen Flocken geformt haben nachdem sie durchs kochen denaturiert sind. Große Proteinflocken dienen als guter Nukleationskeim für das restliche Eiweiß in der Suppe => noch größere Flocken und weniger ganz kleine die sich als Trub äußern.
@Harri: :thumbup

@marsabba:
Geschrotetes Weizenmalz ist A keine reine Stärke und B, muss eine Blaufärbung nicht gleich "Kleistertrübung" bedeuten.
Weiter sind im geschilderten Prozess drei wesentliche Vorgänge zum Stärkeabbau bereits inkludiert:
  • das saure Millieu
  • das Quellen der Stärke
  • das Erhitzen, der thermische Aufschluß
... nur der enzymatische Abbau bis zur Jodnormalität fehlt und flankierend ist die Eintragsmenge gering(5%).


Dein Sonderfall in der Anwendung von "Malz" lohnt ohnehin einen Blick hinter die Kulissen des oft gemeisamen Sprachgebrauchs von "Blausud", "Jodfärbung" und "Kleistertrübung":

Bekanntermaßen besteht Stärke aus 20-30% Amylose mit einer eher linearen Struktur von Glucoseketten, wohingegen Amylopektin mit einem Anteil von 70-80%, aus einer eher verzweigten Struktur von Glukoseketten besteht.
Die uns aus Bildern und aus eigener Erfahrung bekannte "lichte Blaufärbung" einer Jodprobe, stammt in der Anwendung von einer Lugolschen Lösung rein aus Helixresten, die beim Abbau der Amylose übrig geblieben sind, wohingegen "Kleistertrübung" auf das Konto von weit verzweigtem Amylopektin geht( siehe z.B. Klebreis).

Im gewöhnlichen Hergang einer Würzebereitung mag das keine Rolle spielen, in Betrachtung deines Sonderfalles aber schon.
Überdies sind auch hier im Forum Vorgänge bekannt, die in eine ganz ähnliche Kerbe hauen.
Gerne wird von trüben Würzen beim Abläutern berichtet, die nach dem Kochen und auch im Bier, trotzdem wie gewünscht ausklaren.
Sicherlich ein Effekt aus den von mir und von @Harri benannten Vorgängen, aber sicher nichts, was wir zuverlässig unter Kontrolle hätten.
Gruss
Oli
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marsabba
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Re: Blausud und klare Würze

#4

Beitrag von marsabba »

Nochmal für die ganz Dummen (==mich):
* Beim Kochen von Malz (ohne Enzymeinwirkung) gehen erst mal die 70% Amylopektin und 30% Amylose in Lösung bzw Suspension.
* Das Amylopektin fördert die Würzeklärung durch Bereitstellen von Nukleationskeimen die dann ausgefällt werden.
* Nur die Amylose verbleibt in der Würze und dient meinem Ziel, möglichst viel unvergärbaren Zucker für das "Ungeziefer" bereitzustellen.

Meine simulierte Turbid Mash ist dann also nicht so erfolgreich wie erhofft. Besser wäre es vermutlich gewesen, die Würze (und speziell das Amylopektin) noch eine gewisse Zeit im Enzymaktiven Temperaturbereich zu lassen bevor aufgeheizt wird.

Naja, verhungern werden die Bretts deswegen wohl nicht gleich :-)

Danke für die Info
Martin
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olibaer
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Re: Blausud und klare Würze

#5

Beitrag von olibaer »

Hallo Martin,
marsabba hat geschrieben: Dienstag 23. April 2019, 21:18 Nochmal für die ganz Dummen (==mich):
* Beim Kochen von Malz (ohne Enzymeinwirkung) gehen erst mal die 70% Amylopektin und 30% Amylose in Lösung bzw Suspension.
* Das Amylopektin fördert die Würzeklärung durch Bereitstellen von Nukleationskeimen die dann ausgefällt werden.
* Nur die Amylose verbleibt in der Würze und dient meinem Ziel, möglichst viel unvergärbaren Zucker für das "Ungeziefer" bereitzustellen.

Meine simulierte Turbid Mash ist dann also nicht so erfolgreich wie erhofft. ...
Nein, nicht doch.
Deine Aktion mit dem Malzeintrag beim Kochen hat doch Wirkung erzielt, nur steht sie nicht in direkter Verbindung mit deiner Erwartungshaltung:
mehr Trub, mehr Trübung ... im Vergleich zur klassisch hergestellten Würze.

Obiges im Verbund mit den Aussagen von Harri erklärt doch nur oder versucht zu erklären, warum sich die gewählte Einsatzvariante von Malz auch Gegenteilig zur Erwartung verhalten kann.
Gruss
Oli
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marsabba
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Re: Blausud und klare Würze

#6

Beitrag von marsabba »

ok, habs begriffen :thumbup

Martin
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