Das ist so ziemlich das beste, was ich hier seit langem gelesen hab.Ladeberger hat geschrieben: ↑Sonntag 1. Dezember 2019, 12:57Dazu findest du nichts, weil es eine Betrachtung des Einzelfalles erfordert. Das Bierbrauen folgt keinem binären Entscheidungsbaum. Auf die Gefahr hin wie ein Leierkasten zu klingen: Ein Maischverfahren richtet sich immer spezifisch nach Rohstoffen, Sudanlage und Biersorte.Butterbrot hat geschrieben: ↑Sonntag 1. Dezember 2019, 11:01 Wenn ich also "das Verfahren ans Bier anpasse", dann erfordert das, dass ich die folgenden Fragen beantworten kann:
[*] Welche Würzezusammensetzung begünstigt das von mir erwünschte Ergebnis?
[*] Welches Verfahren erzeugt diese Würzezusammensetzung?
... und dazu konnte ich leider in diesem Thema bisher nichts finden.
Du stellst schon zwei wichtige Fragen, aber es fehlt gänzlich der Kontext:Rund um diese Fragen dreht sich in einer Brauerei die Gestaltung eines Maischverfahrens. Hieraus destilliert sich ein Rezept. Nichts davon ist trivial und erfordert neben dem fachlichen Know-how viel Erfahrung im jeweiligen Anlagenkontext. Und nichts davon funktioniert 1:1 in einem anderen Kontext.
- Kennst du deine Rohstoffe? Zum Beispiel die Eigenschaften deiner Malze? Wenn ja, welche Schlussfolgerungen ziehst du daraus? Welche Anpassung im Maischverfahren hast du vorgenommen, um
- eine gewünschte Würzezusammensetzung zu erzielen?
- diese Würzezusammensetzung chargenübergreifend von Rohstoffschwankungen zu isolieren?
- Kennst du deine Sudanlage? Was grenzt sie verfahrenstechnisch von anderen Anlagen ab? Welche Limitationen hat sie, welche Möglichkeiten?
- Was sind die Besonderheiten der gewählten Biersorte? Welche verfahrenstechnischen Anpassungen begünstigen die Ausprägung des gewünschten bzw. stiltypischen Charakters?
- Wie können durch Auswahl von Rohstoffen (Rezeptur) in diesem Anlagenkontext bereits Weichen für die Biersorte gestellt werden?
- Wie erkenne ich überhaupt Abweichungen vom Soll und wie kann ich auf sie reagieren (jetzt / nächstes Mal)?
Was hier im Forum als "Maischverfahren" behandelt wird, ist letzlich nicht mehr als eine vorgegebene Temperaturfolge mit Zeitkomponente, die meist noch von Dritten stammt, die sich ja toll auskennen weil ihre Rezepte bei MMUM fünf "Daumen hoch" haben. Ein Bezug zum konkreten Rohstoff im Sinne von "Lagerbestand" wird nicht hergestellt. Ein Bezug zur Anlage besteht auch nicht. Ist auch kaum möglich.
Das ganze spielt sich daher in einer Black-Box ab. Oben Malz rein, unten Würze raus. Wir wissen am Ende verbindlich: Irgendwas ist passiert. Details: Unbekannt. Wichtig vor allem, dass CraftbeerPi die erreichten Temperaturstufen mit Zeitstempel an die Ubidots-IoT-Cloud telefoniert hat.
Wir dürfen uns in diesem Umfeld nicht einbilden, mit einer Entscheidung 67 °C vs. 63 °C + 70 °C irgendwas zielgerichtet oder reproduzierbar im Ergebnis zu bewirken.
Das ist ein gutes Beispiel, warum ein Maischverfahren nicht aus seinem Anlagenkontext gerissen werden sollte. Das Maltaseverfahren ist kein An/Aus Schalter für Banane, schon deshalb nicht weil die "Banane" einen eher qualitativen als quantitativen Aspekt hat, der von einer fragilen Balance und "sweet spot" an Estergehalten lebt. Von Hermann selbst wurde das Maltaseverfahren für offene Gärung sowieso nicht empfohlen.Beispielsweise gibt es das Herrmann-Verfahren, das die Glukosekonzentration in der Würze erhöhen und damit zu mehr Isoamylacetat (Banane) im Weißbier führen soll. Vorausgesetzt es funktioniert, könnte man hier also tatsächlich sagen "Ich möchte ein bananiges Weibier brauen, deshalb verwende ich das Herrmann-Verfahren, um den Glukoseanteil zu erhöhen, weil das zu mehr Isoamylacetat im Endprodukt führt."
Gruß
Andy
So macht das Forum wieder Spaß.
Vielen Dank!