Flüssigkeitsverlust durch Verdampfung

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Cobo
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Flüssigkeitsverlust durch Verdampfung

#1

Beitrag von Cobo »

Hallo,
ich habe jetzt erst meinen dritten Sud hinter mir, aber bei allen dreien festgestellt das ich teilweise doch deutlich von der angepeilten Ausschlagmenge / Stammwürze entfernt war. Da mir hier noch einiges an Basiswissen fehlt, möchte ich mal kurz fragen wie, was und warum.

Beim brauen meines Oatmeal Stout vorgestern, hatte ich eine geplante Ausbeute von 22 Litern mit 10,5 Plato. Nach dem Hopfenkochen hatte ich um einiges weniger an Würze, nämlich nur 18 Liter, dafür aber mit 14,5 Plato Stammwürze. Ich habe dann mit vier Litern Wasser gestreckt und bin dann eben auf die 22 Liter mit einer Stammwürze von ca. 11,5 Plato gekommen. Trotzdem waren ja ursprünglich 10,5°geplant.

Ich gehe jetzt also davon aus, daß bei mir etliches an Flüssigkeit durch verdampfen verloren geht. Natürlich beim Maischen, aber vor allem auch beim Hopfenkochen. Deckel führt bei mir zumindest bei Hopfenkochen aber zum überschäumen der Würze. Wie wäre da die optimale Vorgehensweise? Mit oder ohne Deckel maischen bzw. kochen?

Wenn ich also Hausnummer 4 Liter durch Verdampfung verliere, steigt natürlich die Stammwürze entsprechend an oder? Wenn ich die Menge vor dem Anstellen aber wieder ergänze, warum ist dann mein Stammwürzegehalt trotzdem noch etwas zu hoch? Habe ich mehr verzuckert als geplant?

Wenn ich jetzt auf meine angepeilte Stammwürze verdünne (in diesem Fall wären es fast 7 Liter gewesen), passt dann noch Bitterkeit und EBC? Ich hätte Angst das mir mein Stout dann zu hell wird.

Und zum Schluß natürlich - wie schaffe ich es von Beginn weg näher an meinen geplanten Werten zu sein? :Grübel

Danke schonmal für eure Hilfe, ich möchte einfach die Vorgänge etwas besser verstehen lernen.
Cobo
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philipp
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Re: Flüssigkeitsverlust durch Verdampfung

#2

Beitrag von philipp »

Cobo hat geschrieben: Deckel führt bei mir zumindest bei Hopfenkochen aber zum überschäumen der Würze.
Auf keinen Fall mit Deckel! Es muss genug verdampfen, um unerwünschte, flüchtige Aromen mit wegzutragen.
Und zum Schluß natürlich - wie schaffe ich es von Beginn weg näher an meinen geplanten Werten zu sein? :Grübel
Mehr Erfahrung. Bis ca 45 Minuten vor Kochende könntest du noch etwas Glattwasser vom Läutern dazu geben, um wieder aufzufüllen.

Und am Ende kannst du verdünnen, bis du auf Zielstammwürze bist. Du Glücklicher hast ja sogar mehr Bier als geplant.

Anders herum (weniger Ausschlagmenge oder noch schlimmer: weniger Stammwürze als geplant) trifft die Brauer durchaus härter ;-)
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Archie
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Re: Flüssigkeitsverlust durch Verdampfung

#3

Beitrag von Archie »

Ich klinke mich mal mit ein,

auch meine Anlage verdampft sehr viel Wasser beim Hopfenkochen. Ich habe schon versucht die Menge dadurch zu verringern, dass ich den Topf nicht völlig geöffnet benutze, sondern einen Deckel angekippt auflege. Die Verdampfungsmenge hat sich nicht spürbar verringert.

Meine Frage lautete : Welche Fläche des offenen Topfes kann problemblos bedeckt werden, damit noch genug "unerwünschte" Stoffe entweichen?

Gruß
Archie
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philipp
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Re: Flüssigkeitsverlust durch Verdampfung

#4

Beitrag von philipp »

Keine. Lasst eure Töpfe offen.

Wenn ihr mehr als 15% verdampft, könntet ihr einfach die Heizleistung verringern. Behaltet aber ca. 10-15% Verdampfung bei.
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Re: Flüssigkeitsverlust durch Verdampfung

#5

Beitrag von Brauknecht96 »

Moin,

Der absolute Extrakt bleibt gleich. Du verdampfst Wasser, keinen Extrakt. Wenn du also vorher
14,5 °P * 18 Liter = 261 ("Extrakteinheiten", korrigiert mich)
hast, dann bekommst du nach dem Verdünnen mit 4 Liter Wasser (18 + 4 = 22 Liter)
261 / 22 Liter = 11,86 °P.
Die Abweichung zu deinen gemessenen 11,5 °P kannst du als Messfehler verbuchen. Sind in dem Fall ausreichend genug.



Wenn es ok ist, dann klinke ich mich auch mit einer Frage zu deinem Thema ein.

Genau anders herum ging es mir beim Wochenendsud. Ich habe einen schönen alten 25 Liter Emaille-Topf mit Deckel bekommen, was mich zu einem "10 Liter"-Sud hingerissen hat. Gekocht habe ich auf dem Gasherd. Ich habe bei der Rezeptkalkulation meine sonst übliche Verdampfung von 3,3 Liter pro Stunde (bei 90 min = 5 Liter) angesetzt.

Der Sud hat trotz 3 kW Gasherd bei anfänglich 18 Litern OHNE Deckel nur so vor sich hingesimmert. Ich hatte eine Verdampfung von knapp 1,7 Litern pro Stunde ermittelt (entsricht etwa 9 % Verdampfungsrate bezogen auf das ursprüngliche Volumen). Ich habe testweise den Deckel mal aufgelegt. Was nach kurzer Zeit zu einem richtig wallenden Kochen geführt hat. Mittig im Deckel ist das Loch für das Thermometer (ca. 3 cm Durchmesser). Bei aufgelegtem Deckel kam ordentlich Dampf aus dem Loch raus. Ich gehe mal davon aus, dass ich durch das wallende Kochen bei aufgelegtem Deckel (Dampf aus dem Loch) eine höhere Verdampfungsrate erziele, als bei weggelassenem Deckel und simmerndem Sud.

Jetzt die Fachfrage an die Experten:

Ist es beim Verdampfen egal, wie und wo der Dampf entweicht, so lange er nur angeführt wird? Wäre also der aufgelegte Deckel in Ordnung, so lange genug Dampf aus dem Loch im Deckel entweicht? Oder hat der aufgelegte Deckel trotz höherer Verdampfungsrate einen negativen Einfluss, weil z.B. Wasser am Deckel kondensiert und wieder zurück in den Sud fließt?

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Re: Flüssigkeitsverlust durch Verdampfung

#6

Beitrag von philipp »

Brauknecht96 hat geschrieben: Ich gehe mal davon aus, dass ich durch das wallende Kochen bei aufgelegtem Deckel (Dampf aus dem Loch) eine höhere Verdampfungsrate erziele, als bei weggelassenem Deckel und simmerndem Sud.
Das ist eine falsche Annahme.
Was mehr Energie kostet als das Aufheizen um einen °C ist das Überführen des Wassers vom flüssigen in den gasförmigen Zustand.

Weil bei dir eine Menge Wasserdampf nicht entweicht, sondern innerhalb des Topfes wieder kondensiert, geht die Energie auch nicht flöten, sondern bleibt im Topf: Also fängt es wallender an zu kochen.

Aber gut, der Wasserdampf, der im Top kondensiert, ist halt eben nicht verdampft.


Wenn ihr nur zu Beginn gehopft habt, könnt ihr auch einfach statt 90 Minuten dann 120 Minuten kochen, wenn ihr merkt, dass es zu wenig kocht. Die weiteren Hopfengaben würde ich dann auch jeweils 30 Minuten nach hinten versetzen.
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Re: Flüssigkeitsverlust durch Verdampfung

#7

Beitrag von gulp »

Deckel runter, hat ja Philipp schon gesagt. Wenns dann nicht richtig kocht, kann man mit einem Tauchsieder anschieben. Wie man die Stammwürze richtig einstellt habe ich hier mal festgehalten.

Gruß
Peter
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Re: Flüssigkeitsverlust durch Verdampfung

#8

Beitrag von Brauknecht96 »

Hi, danke erst einmal für deine Antwort!
philipp hat geschrieben:
Brauknecht96 hat geschrieben: Ich gehe mal davon aus, dass ich durch das wallende Kochen bei aufgelegtem Deckel (Dampf aus dem Loch) eine höhere Verdampfungsrate erziele, als bei weggelassenem Deckel und simmerndem Sud.
Das ist eine falsche Annahme.
Was mehr Energie kostet als das Aufheizen um einen °C ist das Überführen des Wassers vom flüssigen in den gasförmigen Zustand.
Darauf zielt meine Frage eigentlich ab. Beim Kochen ergeben sich größten Wärmeverluste durch die offene Oberfläche (wenn kein Deckel drauf liegt). Liegt der Deckel drauf (ganz oder teilweise) entsteht oben ein "Wärmepolster", das quasi wie eine Dämmung wirkt, so dass mehr Leistung zum Kochen der Würze tatsächlich verbleibt. Daher entsteht das wallende Kochen beim Auflegen des Deckels. Durch mehr "tatsächliche" Leistung zum Kochen, entsteht quasi auch eine höhere Verdampfung. Der Dampf muss jetzt nur noch raus.
philipp hat geschrieben: Weil bei dir eine Menge Wasserdampf nicht entweicht, sondern innerhalb des Topfes wieder kondensiert, geht die Energie auch nicht flöten, sondern bleibt im Topf: Also fängt es wallender an zu kochen.

Aber gut, der Wasserdampf, der im Top kondensiert, ist halt eben nicht verdampft.
Wie geschrieben, hat der Deckel mittig ein 3 cm Loch. Wenn ich den Deckel auflege, dauert es noch ca. 30 sec und die Würze kocht RICHTIG wallend. Aus dem Loch im Deckel kommt ein richtiger "Dampfstrahl". Da ist richtig Druck dahinter. Ich würde schon sagen, dass da ordentlich was rauskommt an Dampf.

Wo ich gedanklich etwas hadere ist die Überlegung, ist was besser ist:

a) Kein Deckel drauf / simmernde Kochung / geringe Verdampfungsrate ca. 1,7 L/h

oder

b) Deckel (mit Loch) drauf / wallende Kochung / wahrscheinlich höhere Verdampfungsrate (noch nicht gemessen) / Dampf tritt aber nur aus geringem Querschnitt aus (3 cm Loch), dafür mit Power / Kondensat entsteht am Rest des Deckels und läuft zurück in die Würze (Deckel mit Loch ist ja praktisch wie eine Brüdenhaube)

Gemessen habe ich die Verdampfungsrate im Fall b) noch nicht, ich gehe aber mal davon aus, dass diese auf Grund der höheren zur Verfügung stehenden Leistung zum Kochen trotz des nur kleinen "Dampfaustrittslochs" höher ist. Aber was ist mit dem zurücklaufenden Kondensat? Egal, hauptsache viel Verdampfen oder gefährlich?
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Re: Flüssigkeitsverlust durch Verdampfung

#9

Beitrag von Brauknecht96 »

gulp hat geschrieben:Deckel runter, hat ja Philipp schon gesagt. Wenns dann nicht richtig kocht, kann man mit einem Tauchsieder anschieben. Wie man die Stammwürze richtig einstellt habe ich hier mal festgehalten.

Gruß
Peter
Hi,

Tauchsieder wäre eine (Not-)Lösung. Richtig.

Was mich aber beschäftigt, ist die Frage, ob mit Deckel (mit gewissem Öffnungsgrad) eine höhere Verdampfung erreicht wird, dabei aber das zurücklaufende Kondensat praktisch unschädlich ist, weil es durch eine höhere Verdampfung kompensiert wird.
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gulp
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Re: Flüssigkeitsverlust durch Verdampfung

#10

Beitrag von gulp »

Was mich aber beschäftigt, ist die Frage, ob mit Deckel (mit gewissem Öffnungsgrad) eine höhere Verdampfung erreicht wird, dabei aber das zurücklaufende Kondensat praktisch unschädlich ist, weil es durch eine höhere Verdampfung kompensiert wird.
Keine Ahnung, muss ich als alter Pragmatiker aber auch nicht wissen. Da koche ich eben ohne Deckel. Mein Gaskocher packt das locker bis 80l. :Greets
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Re: Flüssigkeitsverlust durch Verdampfung

#11

Beitrag von Ladeberger »

Der alleinige Blick auf die Verdampfungsrate ist riskant, weil der Kondensationspunkt der Verbindungen in den Brüden unterschiedlich ist. So könnten m.E. bei teilgeschlossener Kochung einige schwerflüchtige Verbindungen auch früher wieder kondensieren und zurücktropfen statt mit dem Wasserdampf ausgetrieben zu werden. Die hohe Verdampfung täuscht dann. Andererseits kann man sich natürlich den gleichen Zusammenhang zunutze machen, um anteilig mehr Substanzen mit niedrigem Siedepunkt (wie DMS) auszutreiben, ohne allzu viel Wasser zu verdampfen. Schließlich kommt die Industrie zusammen mit anderen technologischen Tricks auch auf unter 3% Gesamtverdampfung ohne dass es nach Gemüse schmeckt. Aber wie will man das zuhause steuern so ganz ohne Verteilschirm, SchoKo & Co.? Ich votiere daher auch für die komplett offene Kochung.

Gruß
Andy
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Re: Flüssigkeitsverlust durch Verdampfung

#12

Beitrag von Brauknecht96 »

gulp hat geschrieben:
Was mich aber beschäftigt, ist die Frage, ob mit Deckel (mit gewissem Öffnungsgrad) eine höhere Verdampfung erreicht wird, dabei aber das zurücklaufende Kondensat praktisch unschädlich ist, weil es durch eine höhere Verdampfung kompensiert wird.
Keine Ahnung, muss ich als alter Pragmatiker aber auch nicht wissen. Da koche ich eben ohne Deckel. Mein Gaskocher packt das locker bis 80l. :Greets
Passt schon. :Wink

Mich wurmt halt, dass der 3 kW-Gasherd nicht in der Lage ist, 18 Liter in Wallung zu bringen. Das Thema ist auch noch nicht durch. Das ist mittlerweile was persönliches, zwischen mir und unserm Gasherd. :-)

Ich habe so das Gefühl, dass beim Kochen mit Gas nur 2/3 der Leistung im Topf landen und das verbleibende Drittel die Küche oder die Garage muggelich warm macht.

Wieviel "PS" hat dein Gaskocher für die 80 Liter?
Gustl
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Re: Flüssigkeitsverlust durch Verdampfung

#13

Beitrag von Gustl »

Ladeberger hat geschrieben:Ich votiere daher auch für die komplett offene Kochung.
Wie steht denn diese Aussage in Zusammenhang mit der Verwendung einer Brüdenhaube, kann man das nicht mit halb offenen Deckel vergleichen?

Es scheint hier doch einige zu geben, die damit kochen.

Grüße,
Gustl
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Re: Flüssigkeitsverlust durch Verdampfung

#14

Beitrag von Ursus007 »

Brauknecht96 hat geschrieben:Mich wurmt halt, dass der 3 kW-Gasherd nicht in der Lage ist, 18 Liter in Wallung zu bringen.
Da läuft doch was verkehrt. Ich bekomme ja mit meinem Einkocher (1800 oder 2000W) über 25l zum leichten Wallen (ohne den Überhitzungsschutz ausgehebelt zu haben). Mit 50% mehr Leistung 25% weniger Würze nicht zum Wallen zu bringen, da is doch wat faul ...

Hast Du den richtigen Abstand Flamme - Topfboden? Oder wie ist die Geometrie des Topfes? Zu schmal und zu hoch (Spaghetti-Topf) oder umgekehrt (flache Pfanne) ist suboptimal. Verhältnis Oberfläche zu Volumen sollte minimal sein. Auch sollte nicht zu viel Wärme am Boden vorbeigehen.

Ursus
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philipp
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Re: Flüssigkeitsverlust durch Verdampfung

#15

Beitrag von philipp »

Brauknecht96 hat geschrieben: Beim Kochen ergeben sich größten Wärmeverluste durch die offene Oberfläche (wenn kein Deckel drauf liegt).
Nein. Die IR-Strahlung, die da verloren geht, ist um Größenordnungen kleiner als der Energieverlust durch den Wasserdampf, der dann halt nicht im Behälter kondensiert.

Aber probier' es ruhig aus. Oder such im Forum danach, Suchbegriff "DMS".

(An alle Quereinleser: Bei einem Einkocher reicht ein 3cm großes Loch nicht aus, um alle unerwünschten Aromen und die benötigte Menge Wasserdampf zugleich loszuwerden. Meine Meinung.)
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philipp
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Re: Flüssigkeitsverlust durch Verdampfung

#16

Beitrag von philipp »

Gustl hat geschrieben:
Ladeberger hat geschrieben:Ich votiere daher auch für die komplett offene Kochung.
Wie steht denn diese Aussage in Zusammenhang mit der Verwendung einer Brüdenhaube, kann man das nicht mit halb offenen Deckel vergleichen?

Es scheint hier doch einige zu geben, die damit kochen.
Ja, allerdings hat die einen bedeutend größeren Querschnitt als ein 3cm-Loch, in dem vielleicht noch ein Thermometer steckt. Außerdem wird die bei vielen auch noch aktiv unterstützt.
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Re: Flüssigkeitsverlust durch Verdampfung

#17

Beitrag von Brauknecht96 »

Ladeberger hat geschrieben:Der alleinige Blick auf die Verdampfungsrate ist riskant, weil der Kondensationspunkt der Verbindungen in den Brüden unterschiedlich ist. So könnten m.E. bei teilgeschlossener Kochung einige schwerflüchtige Verbindungen auch früher wieder kondensieren und zurücktropfen statt mit dem Wasserdampf ausgetrieben zu werden. Die hohe Verdampfung täuscht dann. Andererseits kann man sich natürlich den gleichen Zusammenhang zunutze machen, um anteilig mehr Substanzen mit niedrigem Siedepunkt (wie DMS) auszutreiben, ohne allzu viel Wasser zu verdampfen. Schließlich kommt die Industrie zusammen mit anderen technologischen Tricks auch auf unter 3% Gesamtverdampfung ohne dass es nach Gemüse schmeckt. Aber wie will man das zuhause steuern so ganz ohne Verteilschirm, SchoKo & Co.? Ich votiere daher auch für die komplett offene Kochung.

Gruß
Andy
Danke dir für die Antwort.

Ich ahnte es. Auf der sicheren Seite liegt man danach nur mit "ohne Deckel".

Da ich die Verdampfungsrate jetzt kenne (1,7 L/h), werde beim nächsten Brauen die Mengen noch mal anpassen.

10,0 Liter in Flaschen
11,0 Liter Anstellmenge (plus Starter)
1,0 Liter Trub (BIAB)
0,5 Liter kalt-heiß
12,5 Liter Ausschlag heiß
2,0 Liter Verdampfen (70 min Kochen)
14,5 Liter Pfanne voll

Wäre eine Verdampfungsrate von 2,0/14,5 = knapp 14 %. Sollte von der Rate her ok sein. Auch wenn die Würze nur so vor sich hindümpelt?

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Re: Flüssigkeitsverlust durch Verdampfung

#18

Beitrag von Ladeberger »

philipp hat geschrieben:
Gustl hat geschrieben:
Ladeberger hat geschrieben:Ich votiere daher auch für die komplett offene Kochung.
Wie steht denn diese Aussage in Zusammenhang mit der Verwendung einer Brüdenhaube, kann man das nicht mit halb offenen Deckel vergleichen?

Es scheint hier doch einige zu geben, die damit kochen.
Ja, allerdings hat die einen bedeutend größeren Querschnitt als ein 3cm-Loch, in dem vielleicht noch ein Thermometer steckt. Außerdem wird die bei vielen auch noch aktiv unterstützt.
Jo, es kommt sicher auch drauf an, wie gut abgesaugt wird und wie die Abscheidung des Kondensats aussieht (z.B. per Auffangrinne). Die Frage ist zudem grundsätzlich woran man eine (qualitativ) schlechte Ausdampfung festmacht. Wie gesagt dürfte das gut flüchtige DMS hier nicht der limitierende Faktor sein, das Problem springt einen also nicht unbedingt gleich ins Gesicht. Also wenn schon Brüdenhaube, dann auch für eine gute Absaugung und Abführung des Kondensats sorgen.

Gruß
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Re: Flüssigkeitsverlust durch Verdampfung

#19

Beitrag von Brauknecht96 »

Ursus007 hat geschrieben:
Brauknecht96 hat geschrieben:Mich wurmt halt, dass der 3 kW-Gasherd nicht in der Lage ist, 18 Liter in Wallung zu bringen.
Da läuft doch was verkehrt. Ich bekomme ja mit meinem Einkocher (1800 oder 2000W) über 25l zum leichten Wallen (ohne den Überhitzungsschutz ausgehebelt zu haben). Mit 50% mehr Leistung 25% weniger Würze nicht zum Wallen zu bringen, da is doch wat faul ...

Hast Du den richtigen Abstand Flamme - Topfboden? Oder wie ist die Geometrie des Topfes? Zu schmal und zu hoch (Spaghetti-Topf) oder umgekehrt (flache Pfanne) ist suboptimal. Verhältnis Oberfläche zu Volumen sollte minimal sein. Auch sollte nicht zu viel Wärme am Boden vorbeigehen.

Ursus
Da spielt der Wirkungsgrad noch eine Rolle. Bei einem 2 kW-Tauchsieder landen praktisch auch 2 kW in der Würze. Die Einkocher haben die Heizung unten drunter, da kommt nicht alles im Topf an. Bei Gasbrennern geht naturgemäß viel Leistung über den Topfrand verloren. Ist halt so. Es gibt aber auch getunte Brenner.
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Re: Flüssigkeitsverlust durch Verdampfung

#20

Beitrag von gulp »

Wieviel "PS" hat dein Gaskocher für die 80 Liter?
9,5
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Re: Flüssigkeitsverlust durch Verdampfung

#21

Beitrag von Brauknecht96 »

philipp hat geschrieben:
Brauknecht96 hat geschrieben: Beim Kochen ergeben sich größten Wärmeverluste durch die offene Oberfläche (wenn kein Deckel drauf liegt).
Nein. Die IR-Strahlung, die da verloren geht, ist um Größenordnungen kleiner als der Energieverlust durch den Wasserdampf, der dann halt nicht im Behälter kondensiert.

Aber probier' es ruhig aus. Oder such im Forum danach, Suchbegriff "DMS".

(An alle Quereinleser: Bei einem Einkocher reicht ein 3cm großes Loch nicht aus, um alle unerwünschten Aromen und die benötigte Menge Wasserdampf zugleich loszuwerden. Meine Meinung.)
Jetzt schon angenervt?

Ich finde, es ist ein sehr erhellender Thread geworden. Aus meiner Sicht zumindest.

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Re: Flüssigkeitsverlust durch Verdampfung

#22

Beitrag von Cobo »

Das Thema hat sich ja interessant entwickelt - Danke an alle beteiligten :thumbsup

Ein paar Fragen sind für mich aber noch offen, eine davon:
Wenn ich jetzt auf meine angepeilte Stammwürze verdünne (in diesem Fall wären es fast 7 Liter gewesen), passt dann noch Bitterkeit und EBC? Ich hätte Angst das mir mein Stout dann zu hell wird.
Wenn ich mich nicht irre, sollte ich bei entsprechend viel Glattwasser mit dem ich meine Stammwürze einstelle auch immer die jeweils geplanten IBU und EBC Werte erreichen, oder?
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Re: Flüssigkeitsverlust durch Verdampfung

#23

Beitrag von Brauknecht96 »

Das ist abhängig von der Sudhausausbeute, nicht von der Verdampfungsrate.

Wenn du einfach nur zu viel verdampft hast, verdünnst du mit der entsprechenden Menge Leistungswasser (kein Glattwasser) und gut ist. Dann passen IBU, STW und Farbe wieder, so ungefähr zumindest.

Wenn du aber die Stammwürze komplett verrissen hast, wird es kompliziert. Beispiel:
Rezept mit 12 °P STW, 60 % SHA, 20 Liter Ausschlag (heiß), 35 IBU

Angenommen, du hättest nur eine SHA von 50 % erreicht, dann hast du entweder nur
16,5 Liter Ausschlag mit 12 °P und 42,5 IBU (du hast ja gehopft für 20 Liter mit 12 °P) oder
20 Liter mit 10 °P und 35 IBU oder
irgendwas dazwischen.

Das ist jetzt etwas überzeichnet. Soll nur zur Veranschaulichundg gut sein.

Jedenfalls ist der Sud deutlich bitterer als geplant. Bleibt akzeptieren oder beim Verdünnen den Mittelweg finden.

Genauso geht es anders herum, wenn du mit der SHA deutlich über das Ziel hinaus schießt. Dann ist die Würze in Bezug auf die Stammwürze zu luschig gehopft.

Ich halte es für relativ wichtig nach dem Läutern/vor dem Kochen zu spindeln respektive zu "refraktometern". Über den Daumen gepeilt, sollte der Extraktgehalt ca. 15 % unter Stammwürze liegen. Falls da was aus dem Ruder laufen sollte, kann man zu dem Zeitpunkt die Hopfengaben noch anpassen. Gulp hat in Post 7 auf seinen Beitrag verlinkt, in dem er zeigt, wie es geht. In dem Bild siehst du ganz versteckt eine sog. Läuter-Spindel (auf 70 °C geeicht) in der Würze schwimmen. (Der alte Fuchs :-) Damit kann man ganz easy prüfen, wo du beim Läutern rausgekommen bist. Oder du nimmst das Refraktometer oder die normalen Spindel (und kühlst runter auf 20 °C).
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Re: Flüssigkeitsverlust durch Verdampfung

#24

Beitrag von Cobo »

WOW - vielen Dank, jetzt verstehe ich einiges wesentlich besser. Top Info für einen Newbie wie mich :Smile

Vorallem die Zusammenhänge von SHA, Stammwürze und IBU sind mir jetzt klarer.
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