Vienna Lager - Andreas Krennmair

Hier sollten Infos und Besprechungen über Fachliteratur der Brautechnik rein (incl. Onlinematerial).
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Wenn ihr etwas vorstellt, wäre es super, wenn ihr auch eine Meinung dazu habt.

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Johnny Eleven
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Vienna Lager - Andreas Krennmair

#1

Beitrag von Johnny Eleven »

Hallo,

gestern bin ich über einen Tipp auf der Facebook-Seite von Sven Förster (von "Försters Feine Biere" in Berlin) über das kürzlich erschienene Buch "Vienna Lager" von Andreas Krennmair gestolpert. Siehe hier https://dafteejit.com/ebooks/vienna-lager/

Dort wird die Entwicklung des Wiener Lagers durch Anton Dreher nach seiner England und Schottland-Reise mit Gabriel Sedlmayr nachvollzogen und es sollen auch historische Rezepte enthalten sein.

Vielleicht interessiert das ja einige der bierhistorisch Interessierten hier (zu denen ich mich auch zähle). Krennmair, der hier im Forum schon öfter erwähnt wurde, hat ja schon einiges zu historischen Bierstilen etc. veröffentlicht. Seine oben verlinkte Seite finde ich jedenfalls ziemlich interessant.

Ich werde mir das Buch mal bestellen, weil mich zum einen der Biertyp interessiert und ich auch die folgenschwere Reise von Dreher und Sedlmayer nach England und Schottland so eine interessante Geschichte finde.

Viele Grüße

Johannes
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Johnny H
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Re: Vienna Lager - Andreas Krennmair

#2

Beitrag von Johnny H »

Andreas schreibt auch hier gelegentlich unter dem Benutzernamen der_ak.

Das Buch habe ich leider noch nicht.
Jubel erscholl, als sich die Trinker von dem schneidigen, köstlichen, bei dem früher in Pilsen erzeugten nie wahrgenommenen Geschmack überzeugten. Die Geburt des Pilsner Bieres!
(E. Jalowetz, Pilsner Bier im Lichte von Praxis und Wissenschaft, 1930)
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Johnny Eleven
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Re: Vienna Lager - Andreas Krennmair

#3

Beitrag von Johnny Eleven »

Johnny H hat geschrieben: Mittwoch 26. August 2020, 11:06 Andreas schreibt auch hier gelegentlich unter dem Benutzernamen der_ak.
Interessant, wusste ich nicht. Vielleicht treffe ich ihn mal bei "Försters" in Berlin...
Johnny H hat geschrieben: Mittwoch 26. August 2020, 11:06
Das Buch habe ich leider noch nicht.
Ich habe es bestellt und werde nach Lektüre berichten.

Viele Grüße

Johannes
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gulp
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Re: Vienna Lager - Andreas Krennmair

#4

Beitrag von gulp »

....und ich auch die folgenschwere Reise von Dreher und Sedlmayer nach England und Schottland so eine interessante Geschichte finde.
Kann man auch hier nachlesen: https://biergrantler.de/09/2018/gabriel ... -juengere/

@ Johannes: das Rezept würde mich interessieren. Ich habe bei meiner Recherche kein einziges Rezept gefunden. Gut, ich habe auch nicht nach Rezepten gesucht.

Gruß
Peter
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Johnny Eleven
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Re: Vienna Lager - Andreas Krennmair

#5

Beitrag von Johnny Eleven »

gulp hat geschrieben: Mittwoch 26. August 2020, 11:30
....und ich auch die folgenschwere Reise von Dreher und Sedlmayer nach England und Schottland so eine interessante Geschichte finde.
Kann man auch hier nachlesen: https://biergrantler.de/09/2018/gabriel ... -juengere/

@ Johannes: das Rezept würde mich interessieren. Ich habe bei meiner Recherche kein einziges Rezept gefunden. Gut, ich habe auch nicht nach Rezepten gesucht.

Gruß
Peter
Hallo Peter,

Deine Seite kenne ich natürlich und den Bericht auch. Hat mir super gefallen! Danke!

Von der Geschichte habe ich das erste Mal in Bamberg bei einer Führung durch die Schlenkerla Brauerei gehört, als wir vor dem (eigentlich recht kleinen) Holzofen zum Darren standen und von der damals revolutionären Technologie zum Darren in England und deren Import nach Deutschland berichtet wurde. Danach habe ich etwas recherchiert (auch hier im Forum) und bin auf Deine Seite gestoßen.

Gerade habe ich übrigens das von Dir empfohlene Buch "Das Bier: Eine Geschichte von Hopfen und Malz " (von Meußdoerffer/Zarnkow) bei mir. Sehr informativ und noch dazu sehr handlich. Danke auch für diesen Tipp!

Vom Rezept werde ich - natürlich unter Wahrung des Copyrights - berichten.

Viele Grüße

Johannes
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chaos-black
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Re: Vienna Lager - Andreas Krennmair

#6

Beitrag von chaos-black »

... ich hab mir das Vienna Lager Buch auch bestellt, nachdem ich im Beersmith Podcast das Gespräch mit Andreas dazu gehört habe:

https://beersmith.com/blog/2020/07/30/v ... dcast-219/

Ich hab es kurz durchgeblättert, mehr noch nicht - erstmal muss das Buch von Garshol ausgelesen werden.

Beste Grüße,
Alex
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rauchbier
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Re: Vienna Lager - Andreas Krennmair

#7

Beitrag von rauchbier »

Hab das Buch auch und schon so gut wie durch. Die Geschichte des Wiener Lagers rund um Dreher und Sedlmayr, ihre Reise nach GB und Drehers Triumph mit dem Wiener Lager werden detailliert beschrieben. Ich hab Peters tolle dreiteilige Serie zu Sedlmayr schon fasziniert gelesen. Das Buch ist eine gute Ergänzung. Positiv hervorzuheben sind die Querverbindungen, die beschreiben werden, z. B. zum Oktoberfest Märzen. Großer Pluspunkt für Hobbybrauer sind eigene Kapitel zum verwendeten Brauwasser, Malz etc. Mein größter Kritikpunkt sind die geringe Anzahl an historischen Rezepten. Eigentlich nur 2 Rezepte der Dreher Brauerei werden mit Hobbybrauer Rezepten angereichert. Hier hätte ich mir mehr Rezepte auch von anderen Brauereien gewünscht und auch Rezepte aus verschiedenen Jahrzehnten. Das wäre auch ein guter Punkt gewesen, um die Varianten und Entwicklung des Wiener Lagers darzustellen. Gerade, weil die historischen Rezepte zu diesem Bierstil bisher noch nicht so wirklich aufgearbeitet wurden, hätte das Buch damit wirklich punkten können.

Edit: im beer Smith Interview stellt Krennmair nochmal heraus, dass es kaum überlieferte Originalrezepte gibt. Selbst in Schwechat gibt's wohl keine Aufzeichnung aus dieser Zeit mehr. Das würde dann auch die Zusammenstellung der Rezepte im Buch erklären und meinen Kritikpunkt am Buch relativieren.
Zuletzt geändert von rauchbier am Freitag 28. August 2020, 08:12, insgesamt 3-mal geändert.
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Johnny Eleven
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Re: Vienna Lager - Andreas Krennmair

#8

Beitrag von Johnny Eleven »

rauchbier hat geschrieben: Donnerstag 27. August 2020, 16:40 Hab das Buch auch und schon so gut wie durch. Die Geschichte des Wiener Lagers rund um Dreher und Sedlmayr, ihre Reise nach GB und Drehers Triumph mit dem Wiener Lager werden detailliert beschrieben. Ich hab Peters tolle dreiteilige Serie zu Sedlmayr schon fasziniert gelesen. Das Buch ist eine gute Ergänzung. Positiv hervorzuheben sind die Querverbindungen, die beschreiben werden, z. B. zum Oktoberfest Märzen. Großer Pluspunkt für Hobbybrauer sind eigene Kapitel zum verwendeten Brauwasser, Malz etc.
Danke für die Zusammenfassung - jetzt freue ich mich noch mehr auf die Lektüre.
rauchbier hat geschrieben: Donnerstag 27. August 2020, 16:40 Mein größter Kritikpunkt sind die geringe Anzahl an historischen Rezepten. Eigentlich nur 2 Rezepte der Dreher Brauerei werden mit Hobbybrauer Rezepten angereichert. Hier hätte ich mir mehr Rezepte auch von anderen Brauereien gewünscht und auch Rezepte aus verschiedenen Jahrzehnten. Das wäre auch ein guter Punkt gewesen, um die Varianten und Entwicklung des Wiener Lagers darzustellen. Gerade, weil die historischen Rezepte zu diesem Bierstil bisher noch nicht so wirklich aufgearbeitet wurden, hätte das Buch damit wirklich punkten können.
Das ist doch aber immerhin schon etwas, zumal Peter nach eigener Aussage bei seinen Recherchen (allerdings ohne explizite Rezeptsuche) auch auf keine historischen Rezepte gestoßen ist.

Wie auch immer, ich bin gespannt.

Viele Grüße

Johannes
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§11
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Re: Vienna Lager - Andreas Krennmair

#9

Beitrag von §11 »

Ohne das Buch zu kennen, kann ich sagen das die Suche nach historischen Rezepten im Allgemeinen relativ schwierig ist. Zum einen scheinen Brauer in vergangenen Zeiten wenig Interesse gehabt zu haben Ihr Wissen zu teilen, zum anderen sind die erhaltenen Rezepte oft unbrauchbar, weil, für heute, wichtige Angaben fehlen. Oft gab es früher eine lokale Sorte Malz und einen lokalen Hopfen, der mit dem "Hausstamm" vergoren wurde. Das heisst das Rezept fällt damit sehr spartanisch aus, weil sich die Angaben darauf beschränken das x Eimer/ Scheffel "Malz" verwendet werden und eine bestimmte Menge "Hopfen".

Dazu kommt das Beschreibungen der Biere aus vergangenen Zeiten, noch seltener sind und oft in Ihren Angaben sehr wage. Ein schönes Beispiel habe ich beim Thema Grätzer gefunden. Währen die lokale Quelle von zwei Bieren spricht, einem hellen, leichteren und einem dunklen, stärkeren, spricht eine andere Quelle, die nicht in Grätz beheimatet war und deren lokales ein dunkles Bier bayrischer Brauart war, davon das beide Sorten aus Grätz durch die helle Farbe auffallen. D.h. die Quelle aus Grätz, die nur das helle Bier als Vergleich hat, empfindet das stärkere als dunkel, während es jemand anders, der eben ein wirklich dunkles Bier als Standard kennt, als hell bezeichnet.

Die wirkliche Verwendung von "Messgrössen" im Brauwesen, die Biere vergleichbar machten, begann eigentlich erst Mitte des 19 Jahrhunderts.

Gruss

Jan
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muldengold
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Re: Vienna Lager - Andreas Krennmair

#10

Beitrag von muldengold »

Hinsichtlich "Zum einen scheinen Brauer in vergangenen Zeiten wenig Interesse gehabt zu haben Ihr Wissen zu teilen..." habe ich in Ray Daniels "Designing Great Beers" immer wieder Referenz auf einen so genannten "itinerant brewer", also einen "Wanderbrauer" dessen Name mir jetzt entfallen ist, gelesen, der im 17. oder 18. Jh. halb Europa durchstreift und seine gesammelten Erfahrungen auch schriftlich festgehalten hat. Vielleicht war das ja auch eher die Ausnahme, zeigt aber, dass so was offensichtlich möglich war.

Das genaue Messen und Abwiegen mit vergleichbaren Einheiten war dann wohl auch erst ein Kind der aufkommenden Industrialisierung als der Profit immer wichtiger wurde. Für Bierstile aus dieser Zeit (z.B. Porter) kann Daniels daher mit tlw. erstaunlich präzisen Angaben zu Stammwürze, Endvergärungsgrad etc. aufwarten. Weiterhin kamen die Regierungen europaweit irgendwann auf die einträgliche Idee Bier nach Stammwürze und Alkohol zu besteuern, was ja auch standardisierte Messverfahren voraussetzt.

Aber so ist es doch auch schön: man braut nicht einfach ein Rezept nach sondern macht sich Gedanken und diskutiert tagelang über die Rezeptformulierung, lernt dabei einiges und am Ende kommt ein Wiener Lager raus, was gaaaaanz sicher früher auch so geschmeckt hat! :Drink
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Re: Vienna Lager - Andreas Krennmair

#11

Beitrag von muldengold »

Jetzt bin ich doch sehr neugierig geworden und hab mir vom gleichen Autor erst einmal "Historic German and Austrian Beers for the Home Brewer" gekauft, was vor 2 Jahren erschien (händereib und freu).
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Johnny Eleven
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Re: Vienna Lager - Andreas Krennmair

#12

Beitrag von Johnny Eleven »

muldengold hat geschrieben: Freitag 28. August 2020, 10:18 Jetzt bin ich doch sehr neugierig geworden und hab mir vom gleichen Autor erst einmal "Historic German and Austrian Beers for the Home Brewer" gekauft, was vor 2 Jahren erschien (händereib und freu).
Ja, das hat mich auch gleich angelacht.

Schreib' bei Gelegenheit bitte mal kurz, wie Dein erster Eindruck ist.

Viele Grüße

Johannes
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Re: Vienna Lager - Andreas Krennmair

#13

Beitrag von bwanapombe »

muldengold hat geschrieben: Freitag 28. August 2020, 09:20 Hinsichtlich "Zum einen scheinen Brauer in vergangenen Zeiten wenig Interesse gehabt zu haben Ihr Wissen zu teilen..." habe ich in Ray Daniels "Designing Great Beers" immer wieder Referenz auf einen so genannten "itinerant brewer", also einen "Wanderbrauer" dessen Name mir jetzt entfallen ist, gelesen, der im 17. oder 18. Jh. halb Europa durchstreift und seine gesammelten Erfahrungen auch schriftlich festgehalten hat. Vielleicht war das ja auch eher die Ausnahme, zeigt aber, dass so was offensichtlich möglich war.
Die Quelle würde mich auch interessieren. Das Buch habe ich leider nicht.

Die Brauer hatten bis zur Einführung der Gewerbefreiheit kein Interesse ihr Wissen aufzuschreiben, weil es keinen Markt dafür gab. Leute die Brauer werden wollten, mußten sich meist in die Zunft einkaufen oder einheiraten. Das Wissen, wie Bier gebraut wurde, wurde dann dort weitergegeben. Oder anders: Alle die Brauen wollten, wußten entweder wie es geht, oder haben das Wissen durch Eintritt in den Betrieb bekommen. Das war vor allem "praktisches" Wissen, das man nicht ohne weiteres an andere Orte übertragen konnte, weil die natürlichen Gegebenheiten (vor allem Wasser und Getreide) oder auch die rechtlichen Rahmenbedingungen wieder andere waren.

Wenn es trotzdem dazu kam, dass sich Autoren mit Brauen beschäftigten, waren es zunftfremde z.B. Mediziner (Hagecius, Placotomus, Meibom) oder Univeralgelehrte (Schoock). Erst Fischer und Paupie im 18. Jh. sind dann Brauer, wobei sie eher Interesse hatten, wissenschaftlich zu modernisieren, als Überliefertes zu bewahren.

Deshalb ist dieser Wanderbrauer hochinteressant.

Dirk
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Re: Vienna Lager - Andreas Krennmair

#14

Beitrag von muldengold »

Johnny Eleven hat geschrieben: Freitag 28. August 2020, 10:29 Schreib' bei Gelegenheit bitte mal kurz, wie Dein erster Eindruck ist.
Mach ich :thumbup
bwanapombe hat geschrieben: Freitag 28. August 2020, 10:37 Die Quelle würde mich auch interessieren. Das Buch habe ich leider nicht.
Liefere ich nach.
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Re: Vienna Lager - Andreas Krennmair

#15

Beitrag von gulp »

Also ich habe mir das Rezept jetzt mal auf kindle angeschaut (Abo läuft morgen aus).
Er hat auch kein Rezept gefunden:

This recipe is a reconstruction of Vienna Lager according to historic specifications from the 1870s and authentic brewing process discriptions....
Die Brauer hatten bis zur Einführung der Gewerbefreiheit kein Interesse ihr Wissen aufzuschreiben, weil es keinen Markt dafür gab. Leute die Brauer werden wollten, mußten sich meist in die Zunft einkaufen oder einheiraten. Das Wissen, wie Bier gebraut wurde, wurde dann dort weitergegeben. Oder anders: Alle die Brauen wollten, wußten entweder wie es geht, oder haben das Wissen durch Eintritt in den Betrieb bekommen. Das war vor allem "praktisches" Wissen, das man nicht ohne weiteres an andere Orte übertragen konnte, weil die natürlichen Gegebenheiten (vor allem Wasser und Getreide) oder auch die rechtlichen Rahmenbedingungen wieder andere waren.
Na ja, Gewerbefreiheit war, so weit ich weiß 1868. Das Buch hier unten erschien 1853 und hat dem Sedlmayr sehr gestunken. Beschreibt doch darin sein ehemaliger Mitarbeiter exakte Arbeitsabläufe in der Spatenbrauerei.

https://books.google.de/books/about/Die ... edir_esc=y

Gruß
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Re: Vienna Lager - Andreas Krennmair

#16

Beitrag von bwanapombe »

Paßt doch mit der Gewerbefreiheit, in Preußen seit 1808 Grundprinzip in der Gewerbepolitik (in Preußen) 1810/1811 schrittweise in verschiedenen Erlassen umgesetzt. Ich meine 1868 war nur der Schlußpunkt mit der Gewerbeordnung. Wie dem auch sei, wäre es mal interessant zu wissen, was ihn antrieb. Für wen schrieb er? Auffällig ist auf jeden Fall, dass mit der Gewerbefreiheit die Anzahl der Publikationen zumindest steigt.

Und mit der potentiell größeren Konkurrenz durch die Gewerbefreiheit waren natürlich viele an der Verbesserung ihrer Prozesse und an einer breiteren Bildung des Personals zumindest der Meister interessiert.

Dirk
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Re: Vienna Lager - Andreas Krennmair

#17

Beitrag von gulp »

Ich bin wohl zu sehr auf Bayern fixiert. :Smile

Was ihn Antrieb? Berühmt werden, Wissen weitergeben, Kohle? Keine Ahnung.
Vielleicht hat er auch geahnt, dass es ein Bestseller wird, mit mindestens 5 Auflagen und ins Englische und Französische übersetzt.

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Re: Vienna Lager - Andreas Krennmair

#18

Beitrag von §11 »

ie Brauer hatten bis zur Einführung der Gewerbefreiheit kein Interesse ihr Wissen aufzuschreiben, weil es keinen Markt dafür gab. Leute die Brauer werden wollten, mußten sich meist in die Zunft einkaufen oder einheiraten. Das Wissen, wie Bier gebraut wurde, wurde dann dort weitergegeben. Oder anders: Alle die Brauen wollten, wußten entweder wie es geht, oder haben das Wissen durch Eintritt in den Betrieb bekommen. Das war vor allem "praktisches" Wissen, das man nicht ohne weiteres an andere Orte übertragen konnte, weil die natürlichen Gegebenheiten (vor allem Wasser und Getreide) oder auch die rechtlichen Rahmenbedingungen wieder andere waren.
Sehr schönes Beispiel ist Grodzisk Wielkopolski (Grätz). Brauen durften nur "Innungsmitglieder" (Ich musste sehr lachen, aber in der historischen Quelle ist wirklich von Innung nicht von Zunft die Rede und mir ist sofort "Innungskopf" eingefallen). Söhne von Brauern zahlten 6 Groschen, Auswertige Brauer 50 Mark Silber. Die genau Umrechnung ist nicht mehr 100% nachvollziehbar. In Grosspolen war 1 Mark Silber etwa 168 Groschen wert. Heisst 50 Mark Silber waren 8400 Groschen :Shocked dazu musste der Auswärtige ein Haus in Grätz besitzen und er konnte nur am Michaelitag beitreten. Dabei war die Summe auf einmal und sofort fällig. Billiger wurde es (25 Mark Silber) wenn man Brauer aus einer anderen Stadt war und in die Innung einheiratete.

Aber auf den anderen Seite haben diese Konstelationen auch ihr Gutes. Wissen wird über Generationen weitergegeben und damit wird auch die Technik bzw. die Technologie verfeinert. Der Sohn baut auf das Wissen des Vaters auf anstatt bei Null zu beginnen.

Gruss

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Re: Vienna Lager - Andreas Krennmair

#19

Beitrag von §11 »

Der Eintritt wurde übrigens später auf 600 Gulden erhöht, da ist aber die Umrechnung noch ungenauer, weil es unterschiedliche Gulden und auch Groschen gab. Aller Wahrscheinlichkeit nach waren das aber 10.800 Groschen
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Re: Vienna Lager - Andreas Krennmair

#20

Beitrag von flying »

Wir hatten hier im Forum mal eine Diskussion um das Wasser für das Ur- Wiener Lager. Die erste Wiener Hochquellenleitung wurde 1873 gebaut. Das ist deutlich nach dem ersten Wiener Lager.

https://de.wikipedia.org/wiki/I._Wiener ... lenleitung

Mit welchem Wasser das Ur- Lager mal gebraut wurde ist deshalb unklar. Uferfiltrat von der Donau, halbverseuchtes Grundwasser, eigener Tiefbrunnen? Ab 1873 vermutlich Hochquellwasser wegen der viel besseren Qualität..?
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Re: Vienna Lager - Andreas Krennmair

#21

Beitrag von LuedgerLeGrand »

flying hat geschrieben: Samstag 29. August 2020, 16:48 Mit welchem Wasser das Ur- Lager mal gebraut wurde ist deshalb unklar. Uferfiltrat von der Donau, halbverseuchtes Grundwasser, eigener Tiefbrunnen? Ab 1873 vermutlich Hochquellwasser wegen der viel besseren Qualität..?
Nur so viel, ohne zu viel verraten, genau das steht auch im Buch :Bigsmile - Es sind mehrere Tiefbrunnen die in unterschiedlicher Entfernung und Tiefe zur Brauerei getrieben wurden, da die Brauerei sich quasi selber auch verseuchte.
Ich kann es uneingeschränkt empfehlen! Sehr viele Quellen, viele spannende Details und auch gut geschrieben.
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Re: Vienna Lager - Andreas Krennmair

#22

Beitrag von der_ak »

Hallo allerseits, vielen Dank für das rege Interesse an meinem Buch. :-)
gulp hat geschrieben: Mittwoch 26. August 2020, 11:30 das Rezept würde mich interessieren. Ich habe bei meiner Recherche kein einziges Rezept gefunden. Gut, ich habe auch nicht nach Rezepten gesucht.
Wie schon hier erwähnt, gibt es kein vollständig erhaltenes Rezept. In Schwechat gibt es eine grobe Übersichtsliste von Suden von Oktober 1894, und das war's im wesentlichen. Ich war allerdings nicht selbst dort, habe das allerdings von Jeff Alworth so berichtet bekommen. Man kann aber aus verschiedenen Quellen insgesamt rekonstruieren, welche Rohstoffe eingesetzt wurden und wie die Mälzungs- und Brauprozesse aussahen. Davon gibt es mehrere unabhängige Quellen, die sich teilweise in Details unterscheiden.

Zu den Rohstoffen: es gab mehrere Brunnen in und um die Brauerei, und es wurden (wie weiter oben schon angeführt) neuere Brunnen angelegt, weil ältere verschmutzt und unbrauchbar geworden waren. Von einem Brunnen, der für Brauwasser verwendet wurde, gibt es auch eine chemische Analyse der Inhaltsstoffe.

Die exakte Gerstensorte, die von Dreher verwendet wurde, konnte ich nicht bestimmen, im allgemeinen kann man aber sagen, dass in Mitteleuropa der damalige Goldstandard die mährische Hanna-Gerste war. Teilweise wurde in Böhmen wohl auch Chevalier-Gerste angebaut.

Ähnliches beim Hopfen: Saazer Hopfen war zur damaligen Zeit auf den Hopfenmärkten relativ dominant, was sich an Anbauflächen und Ertrag recht gut ablesen lässt. Dreher hatte einen eigenen Hopfenanbau in Michelob, der aufgrund der geographischen Lage als Saazer Bezirkshopfen galt, allerdings den Gesamtverbrauch seiner Brauereien kaum decken konnten. Bestätigt wird das durch andere Quellen, die besagen, dass in den Dreherschen Brauereien hauptsächtlich Saazer Hopfen verbraut wurde. Es gibt eine Quelle, die spezifisch zur Brauerei in Steinbruch anmerkt, dass gelegentlich auch bayerischer Hopfen und einmal amerikanischer Hopfen verwendet wurde.

Was die Hefe angeht, ist relativ gut dokumentiert, dass Dreher diese von Sedlmayr erhalten hat. Sedlmayr hat diese ja auch an Jacobsen (Carlsberg) weitergegeben, was wiederum die erste Reinzuchthefe, die "Unterhefe Nr. 1", zum vermutlich nächsten "Verwandten" der bei Dreher eingesetzten Hefe macht. Dr. Delbrück hat wiederum die Saazer Hefe mit Wiener Abzugbier in Verbindung gebracht, was sehr gut mit den überlieferten Stammwürzen und Restextrakten aus den 1870ern zusammenpasst (Schwackhöfers Analyse von in Wien erhältlichen Bieren ist da die wohl umfangreichste Datenbasis).

Zu den Prozessen selbst: was die Mälzung angeht, gibt es konkrete Beschreibungen zu den Darrtemperaturen. Die waren nicht unbedingt gleich, sondern variierten wohl abhängig davon, für welches Bier das Malz gedarrt wurde. Teilweise sind die Darrtemperaturen deutlich unter dem, was man heutzutage für Wiener Malz erwarten würde, gleichzeitig wird aber auch von Entlüftungsproblemen besprochen, unter denen bis in den 1880er Jahre doppelbödige Darren litten, sodass die Luftfeuchte nicht optimal extrahiert werden konnte. Es ist also insgesamt etwas schwierig, daraus eine konkrete Malzfarbe abzuleiten. Aus den Analysen von Schwackhöfer können wir aber abschätzen, dass das eingesetzte Malz zumindest farblich nicht so verschieden von modernem Wiener Malz gewesen sein kann.

Zum Maischprozess selbst: dazu gibt es zahlreiche Quellen, die sich in einem fundamentalen Fakt gegenseitig bestätigen: es wurde eine dreifache Dekoktion eingesetzt. In Details gibt es Unterschiede, aber die Mehrzahl beschreibt ein Verfahren, bei dem bei 35°C eingemaischt wird, mit darauffolgend zwei Dickmaischen und einer Lautermaische, mit Maischtemperaturen bei ca. 55°C, 65°C und 72-75°C. Was die Dauer der einzelnen Maischen und die exakten Temperaturen angeht, da gibt es ein paar kleinere Unterschiede. Große Ausreißer gibt es nur zwei, und zwar Mezger (ein Weihenstephaner Student), der in der Brauerei Steinbruch von einer Maischtemperatur von 47°C nach der ersten Dekoktion berichtet, und Cassian, der dafür eine Temperatur von 45-50°C ansetzt und außerdem auch noch eine Zwischenrast bei etwa 70°C beim Aufheizen der ersten Dekoktion empfiehlt.

Zu den Hopfenmengen gibt es mehrere sehr widersprüchliche Überlieferungen, die allerdings auch mit unterschiedlichen Bittereigenschaften der jeweiligen Hopfenjahrgänge zu tun haben könnten.

Zu Vergärung und Lagerung gibt es auch Berichte von üblichen Temperaturen, die auch einen Hinweis darauf geben, dass ein Saazer Hefestamm eingesetzt wurde.

Man sieht also, es war nicht unbedingt leicht, ein historisches Rezept zu rekonstruieren, aber ich denke, ich habe in dem Buch relativ gut dargelegt, wie ich zu diesen Schlüssen gekommen bin. Was mir in dem Zusammenhang übrigens sehr wichtig war, ist die totale Nachvollziehbarkeit. Die allermeisten Quellen, mit denen ich gearbeitet habe, sind glücklicherweise online verfügbar.

Hier noch ein paar Links dazu:
Mezgers Überlieferungen aus der Dreherschen Brauerei in Steinbruch von 1871: https://books.google.de/books?id=b8VSAAAAcAAJ (ab Seite 113)

Isidor Redlichs Beschreibung des Wiener Brauverfahrens von 1874: https://opacplus.bsb-muenchen.de/Vta2/b ... sb:3864647 (ab Seite 137)

Auch interessant sind Julius Thausings Bücher zum Wiener Brauverfahren von 1877 (https://babel.hathitrust.org/cgi/pt?id= ... =1up&seq=7) und 1888 (https://babel.hathitrust.org/cgi/pt?id= ... 5014771151 leider nicht in Deutschland verfügbar; ich hab für den Zugriff ein VPN verwenden müssen). Thausing war lange Zeit Braudirektor in der Simmeringer Brauerei, eine der großen Wiener Konkurrenten der Dreherschen Brauerei, man kann also davon ausgehen, dass er besonders guten Einblick in die in Wien üblichen Brauverfahren hatte.
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Re: Vienna Lager - Andreas Krennmair

#23

Beitrag von der_ak »

rauchbier hat geschrieben: Donnerstag 27. August 2020, 16:40 Mein größter Kritikpunkt sind die geringe Anzahl an historischen Rezepten.
Auch wenn du den Kritikpunkt relativiert hast, da muss ich dir zustimmen, es wurmt mich selbst, dass es keine historischen Aufzeichnungen mehr gibt. Andererseits hat es die Recherche für mein Buch noch einmal spannender gemacht, um aus etlichen Quellen ein Rezept zu rekonstruieren, das in seinen einzelnen Elementen historisch belegt ist (und das idealerweise von mehreren unabhängigen Quellen). Tatsächlich ist die einzige noch erhaltene historische Quelle aus der Kleinschwechater Brauerei eine Übersicht von Suden von Oktober 1894. Jeff Alworth hat ein Foto davon hier gepostet: https://www.beervanablog.com/beervana/2 ... trian-beer

Die für mich spannendste Erkenntnis aus dieser Übersicht war, dass für das Abzugbier (das 10-gradige Bier) eine winzig kleine Menge Farbmalz zum Einsatz kam, ein Detail, das sich ansonsten nirgendwo findet.

Ansonsten kann ich zu den Rezepten im Buch sagen, dass ich die durchaus mit Bedacht gewählt habe, und zwar ein historisches (rekonstruiertes) Rezept für 13-gradiges Lagerbier, eines für 10-gradiges Abzugbier, dann eine "moderne" Variante des 13-gradigen (im wesentlichen ein modifiziertes Dekoktionsverfahren, das ziemlich intensiv ist und gleichzeitig Schaumstabilität sicherstellen soll, sowie kürzere Würzekochdauer; ich hatte bei dreifachen Dekoktionen immer extreme Probleme mit Schaumstabilität), dann mein persönlicher Zugang zu einem modernen Wiener Lager, gefolgt von einem "historischen" Rezept aus den 1980ern, das ganz gut repräsentiert, wie der Bierstil von frühen amerikanischen Craft- und Home-Brewern interpretiert wurde, dann wiederum ein eher modernes Hobbybrauer-Rezept, und zum Abschluss die "klassisch-moderne" Interpretation des Bierstils vom Braumeister von BrewAge.
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Re: Vienna Lager - Andreas Krennmair

#24

Beitrag von flying »

Ähnliches beim Hopfen: Saazer Hopfen war zur damaligen Zeit auf den Hopfenmärkten relativ dominant, was sich an Anbauflächen und Ertrag recht gut ablesen lässt. Dreher hatte einen eigenen Hopfenanbau in Michelob, der aufgrund der geographischen Lage als Saazer Bezirkshopfen galt, allerdings den Gesamtverbrauch seiner Brauereien kaum decken konnten. Bestätigt wird das durch andere Quellen, die besagen, dass in den Dreherschen Brauereien hauptsächtlich Saazer Hopfen verbraut wurde. Es gibt eine Quelle, die spezifisch zur Brauerei in Steinbruch anmerkt, dass gelegentlich auch bayerischer Hopfen und einmal amerikanischer Hopfen verwendet wurde.
Dreher war ein Fan des böhmischen Rothopfens, soviel steht fest. Zu der Zeit galten noch die alten Deklarationen nach Rotranken, Weißranken und weißgrünen Ranken. Als Vorgänger der Saazer Landrasse wird oft der Altböhmische Rothopfen genannt. Daraus gingen wohl alle Saazer Formenkreise hervor? Heute gibt es unter Saazer-Hopfen mehrere Varianten, je nach Anbaugebiet. Klone fürs Tal, Klone für Höhenlagen, welche mit langen Dolden (Late- Saazer) und welchen mit kurzen runden Dolden.

Eine alte Mär ist ja der angebliche Lieblingshopfen Drehers, der Steirische Golding. Ich denke es muss sich um einen Vorgänger des Golding aus den Gebieten in der Steiermark und in Slowenien gehandelt haben? Geht man von Drehers euphorischen Beschreibungen der Rotranken aus ganz sicher ein altböhmischer Typ.
Der Styrian Golding wurde erst 1910 eingeführt und ist eigentlich ein Fuggle, eine waschechte Whitebine...

Vielleich verirrt sich ja mal ein Hopfengenetiker zu mir hier in die Saaleauen. Ich kenne hier Stellen wo der frühe Rote 6- 8 m hohe Bäume überwuchert hat. Ich hab vor Jahren schon mal die steile Hypothese aufgestellt, dass es sich möglicherweise um einen verwilderten sogenannten "Mitteldeutschen Hopfen" handeln könnte? Einem Nachbau des Semsch- oder Alt-Saazer Hopfens..
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Re: Vienna Lager - Andreas Krennmair

#25

Beitrag von rauchbier »

der_ak hat geschrieben: Sonntag 30. August 2020, 15:44
rauchbier hat geschrieben: Donnerstag 27. August 2020, 16:40 Mein größter Kritikpunkt sind die geringe Anzahl an historischen Rezepten.
Auch wenn du den Kritikpunkt relativiert hast, da muss ich dir zustimmen, es wurmt mich selbst, dass es keine historischen Aufzeichnungen mehr gibt. Andererseits hat es die Recherche für mein Buch noch einmal spannender gemacht, um aus etlichen Quellen ein Rezept zu rekonstruieren
Glaube ich sofort. Das wurmt niemanden so sehr, wie den Autor selbst. War auch genauso in diesem Sinne als konstruktive Kritik gemeint. Dank deinem ersten Buch lässt mich das Thema historische Bierrezepte auch nicht mehr los. Wahrscheinlich war das erste Buch auch ein bißchen Schuld an meine Erwartungshaltung, was die Anzahl an Rezepten anbelangt :Smile Vielen Dank für die ergänzenden Ausführungen zur Rekonstruierung der Rezepte. Der "Weg zu den Rezepten", den du hier schön dargestellt hast, wäre auch was für die Einleitung zum Rezeptteil für spätere Auflagen. Das gibt dem Leser auch einen Einblick in die damit verbundenen Schwierigkeiten.
der_ak hat geschrieben: Sonntag 30. August 2020, 15:44
Ansonsten kann ich zu den Rezepten im Buch sagen, dass ich die durchaus mit Bedacht gewählt habe, und zwar ein historisches (rekonstruiertes) Rezept für 13-gradiges Lagerbier, eines für 10-gradiges Abzugbier, dann eine "moderne" Variante des 13-gradigen (im wesentlichen ein modifiziertes Dekoktionsverfahren, das ziemlich intensiv ist und gleichzeitig Schaumstabilität sicherstellen soll, sowie kürzere Würzekochdauer; ich hatte bei dreifachen Dekoktionen immer extreme Probleme mit Schaumstabilität), dann mein persönlicher Zugang zu einem modernen Wiener Lager, gefolgt von einem "historischen" Rezept aus den 1980ern, das ganz gut repräsentiert, wie der Bierstil von frühen amerikanischen Craft- und Home-Brewern interpretiert wurde, dann wiederum ein eher modernes Hobbybrauer-Rezept, und zum Abschluss die "klassisch-moderne" Interpretation des Bierstils vom Braumeister von BrewAge.
Ich bin schon total happy über das Rezept zum Abzugsbier und die Intention mit der Auswahl der Rezepte kommt auch beim Lesen rüber. Ich war letztes Jahr in Wien und habe jedes Wiener Lager verköstigt, das ich in die Hände bekommen habe. Beim Schwechater fällt auf, dass in der Rezeptur ein (großer) Anteil an Wiener Malz durch Pilsner Malz ersetzt wurde. Da kam mir natürlich sofort die Frage, welche Veränderungen es in der Rezeptur der Wiener Brauereien in den letzten 100 Jahren sonst noch gab bzw. wann und warum diese stattfanden.

Ansonsten freue ich mich schon auf deine Nachfolgebände 2-4 "Munich Lager", "Dortmund Lager" und "Bohemian Lager" :Wink
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Re: Vienna Lager - Andreas Krennmair

#26

Beitrag von der_ak »

flying hat geschrieben: Sonntag 30. August 2020, 16:42 Eine alte Mär ist ja der angebliche Lieblingshopfen Drehers, der Steirische Golding. Ich denke es muss sich um einen Vorgänger des Golding aus den Gebieten in der Steiermark und in Slowenien gehandelt haben? Geht man von Drehers euphorischen Beschreibungen der Rotranken aus ganz sicher ein altböhmischer Typ.
Soweit ich feststellen konnte, scheint dieser Mythos aus dem Buch "Vienna, Märzen, Oktoberfest" von George und Laurie Fix zu kommen. Das Buch hat einen sehr hohen WTF-Faktor, da steht u.a. auch drinnen, dass Dreher involviert gewesen wäre, den Styrian Golding nach England einzuführen, was offensichtlich völliger Quatsch ist. So wie sehr viel in dem Buch.

Die ursprüngliche Hopfensorte in der Steiermark, bevor Styrian Goldings eingeführt wurde, war lt. Prof. Franz Schönfeld wohl ein Abkömmling des Saazer Rothopfens (lt. Band 1 "Handbuch der Brauerei und Mälzerei" von 1930). Wie zuverlässig die Angabe ist, ist aber schwer abzuschätzen, er zählt nämlich Fuggles und Bramling auch zur Gruppe der Goldings.
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Re: Vienna Lager - Andreas Krennmair

#27

Beitrag von flying »

Tatsächlich wurde der Fuggle um 1910 noch "Fuggle's Golding" genannt. Als die Sorte dann in Slowenien eigeführt wurde nannten man ihn deshalb " Steirischer Golding". In Großbrittanien selbst dauerte es Jahrzehnte bis aus dem "Fuggle's Golding" nur noch der Fuggle wurde.

Die Ursprünge der beiden großen englischen Hopfen, dem Golding und dem Fuggle, die beide aus dem gleichen Gebiet kommen sind selbst spannende Geschichtsrecherche mit vielen Vermutungen und Hypothesen. Fast ein eigenes Buch wert..
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Re: Vienna Lager - Andreas Krennmair

#28

Beitrag von muldengold »

bwanapombe hat geschrieben: Freitag 28. August 2020, 10:37
muldengold hat geschrieben: Freitag 28. August 2020, 09:20 Hinsichtlich "Zum einen scheinen Brauer in vergangenen Zeiten wenig Interesse gehabt zu haben Ihr Wissen zu teilen..." habe ich in Ray Daniels "Designing Great Beers" immer wieder Referenz auf einen so genannten "itinerant brewer", also einen "Wanderbrauer" dessen Name mir jetzt entfallen ist, gelesen, der im 17. oder 18. Jh. halb Europa durchstreift und seine gesammelten Erfahrungen auch schriftlich festgehalten hat. Vielleicht war das ja auch eher die Ausnahme, zeigt aber, dass so was offensichtlich möglich war.
Die Quelle würde mich auch interessieren. Das Buch habe ich leider nicht.

...

Dirk
Der "itinerant brewer" hieß George Steward Amsinck und hat seine Erfahrungen hier zusammengefasst (mit dem für die Zeit typisch prägnanten Titel):

G.S.Amsinck, Practical Brewings: A Series of Fifty Brewings in Extenso; Comprising London and Dublin Stout and Porter, Export Stock and Running; East India Pale Ales and Burton Ales, London and Scotch Ales, Export Stock and Running; Observations on Plant, Water, Malt, Hops, Sugar and Return Wort, and Other Useful Information, London 1868

https://books.google.de/books/about/Pra ... edir_esc=y

Ich korrigiere mich, er durchstreifte Europa nicht im 17. oder 18. Jh, sondern im 19.Jh.
Wo ein Wille ist, da ist auch ein Bier! :Wink
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Re: Vienna Lager - Andreas Krennmair

#29

Beitrag von §11 »

der_ak hat geschrieben: Sonntag 30. August 2020, 20:10
flying hat geschrieben: Sonntag 30. August 2020, 16:42 Eine alte Mär ist ja der angebliche Lieblingshopfen Drehers, der Steirische Golding. Ich denke es muss sich um einen Vorgänger des Golding aus den Gebieten in der Steiermark und in Slowenien gehandelt haben? Geht man von Drehers euphorischen Beschreibungen der Rotranken aus ganz sicher ein altböhmischer Typ.
Soweit ich feststellen konnte, scheint dieser Mythos aus dem Buch "Vienna, Märzen, Oktoberfest" von George und Laurie Fix zu kommen. Das Buch hat einen sehr hohen WTF-Faktor, da steht u.a. auch drinnen, dass Dreher involviert gewesen wäre, den Styrian Golding nach England einzuführen, was offensichtlich völliger Quatsch ist. So wie sehr viel in dem Buch.

Die ursprüngliche Hopfensorte in der Steiermark, bevor Styrian Goldings eingeführt wurde, war lt. Prof. Franz Schönfeld wohl ein Abkömmling des Saazer Rothopfens (lt. Band 1 "Handbuch der Brauerei und Mälzerei" von 1930). Wie zuverlässig die Angabe ist, ist aber schwer abzuschätzen, er zählt nämlich Fuggles und Bramling auch zur Gruppe der Goldings.
Ja, der Saazer Formenkreis mit:
Saazer
Schwetzinger (
Tettnanger
Neutomischler
Auschaer Rothopfen
Steirer

Ich meine das steht auch in meinem Katechismus. Lass mich mal nachschauen, wenn ich wieder zu Hause bin
„porro bibitur!“
Die Seite zum Buch "Bier brauen" https://www.jan-bruecklmeier.com/
Die Seite zur HBCon https://heimbrauconvention.de/
https://headlessbrewer.wordpress.com/
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Re: Vienna Lager - Andreas Krennmair

#30

Beitrag von flying »

Ja, der Saazer Formenkreis mit:
Saazer
Schwetzinger (
Tettnanger
Neutomischler
Auschaer Rothopfen
Steirer

Ich meine das steht auch in meinem Katechismus. Lass mich mal nachschauen, wenn ich wieder zu Hause bin
Der Spalter und der Lubliner (Lubelski) gehören auch noch dazu.

Die ursprünglichen Sorten wurden Mitte des 19. Jahrhunderts durch leistungsfähigere Klone wie Semsch und Oswald ersetzt. Ein Nachbau des Auschaer Semsch wurde bis in die 50-iger Jahre in Mitteldeutschland angebaut (weiter oben schon erwähnt). Mit einem solchen Hopfen könnte Dreher noch gebraut haben..?
Held im Schaumgelock

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Re: Vienna Lager - Andreas Krennmair

#31

Beitrag von bwanapombe »

muldengold hat geschrieben: Montag 31. August 2020, 17:24 ...

Der "itinerant brewer" hieß George Steward Amsinck und hat seine Erfahrungen hier zusammengefasst (mit dem für die Zeit typisch prägnanten Titel):

G.S.Amsinck, Practical Brewings: A Series of Fifty Brewings in Extenso; Comprising London and Dublin Stout and Porter, Export Stock and Running; East India Pale Ales and Burton Ales, London and Scotch Ales, Export Stock and Running; Observations on Plant, Water, Malt, Hops, Sugar and Return Wort, and Other Useful Information, London 1868

https://books.google.de/books/about/Pra ... edir_esc=y

Ich korrigiere mich, er durchstreifte Europa nicht im 17. oder 18. Jh, sondern im 19.Jh.
Vielen Dank!

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Vienna Lager - Andreas Krennmair

#32

Beitrag von Brunnenbraeu »

So, habe dieses wunderbare Buch mittlerweile auch gelesen und eine kurze Rezension geschrieben:

Andreas Krennmair: Vienna Lager


Vienna Lager (1).jpg
Mit bestem Gruß, :Drink

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