Winterbraugerste

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Mikros
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Winterbraugerste

#1

Beitrag von Mikros »

Hallo,

mich juckt es schon länger in den Fingern selbst zu mälzen. Ein Arbeitskollege von mir besitzt mit seiner Frau einen kleinen Biobauernhof und baut unter anderem Getreide an. Nun hat er eine kleine Fläche der Winterbraugerste gewidtmet, wovon ich dann einen Teil zum mälzen haben kann.

Hat jemand von euch Erfahrung mit Winterbraugerste? Nach ein bisschen suchen hier im Forum habe ich herrausgefunden, dass Winterbraugerste:

- dickere Spelze besitzt
- kleiner ist
- einen höheren Proteingehalt hat
- hauptsächlich als Futtermittel eingesetzt wird

Dem Eiweis kann ich doch einfach mit einer entsprechend verlängerten Rast entgegenwirken aber wieviel Unterschied zu Sommerbraugerste wird man tatsächlich schmecken?
Das ganze läuft dann sowieso als Experiment aber ich wollte mal in die Runde fragen ob vielleicht jemand schon damit Erfahrung gemacht hat. Da Winterbraugerste soviel billiger ist, halte ich das für sehr möglich :)

Als großes Ziel möchte ich im Herbst einen Sud mit 100% eigenem Malz und 100% eigenem Hopfen ansetzen :Smile

Lg Patrick
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Johnny H
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Re: Winterbraugerste

#2

Beitrag von Johnny H »

Die englische und recht populäre Sorte Maris Otter ist m.W. auch eine Wintergerste. Wie die Unterschiede beim Mälzen aussehen, kann ich allerdings nicht sagen - da wird aber auf jeden Fall das eine oder andere gemacht, um das Malz schon in der Mälzerei entsprechend vorzulösen. Optisch unterschiedlich ist das Malz aber auf jeden Fall.
Jubel erscholl, als sich die Trinker von dem schneidigen, köstlichen, bei dem früher in Pilsen erzeugten nie wahrgenommenen Geschmack überzeugten. Die Geburt des Pilsner Bieres!
(E. Jalowetz, Pilsner Bier im Lichte von Praxis und Wissenschaft, 1930)
Achilleas
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Re: Winterbraugerste

#3

Beitrag von Achilleas »

Hallo Patrick,

ich verwende in der Brauerei schon seit vielen Jahren Sommer und Winterbraugerste.
ca. 1000t jährlich. Auch oft 100% der Schüttung.
Malz aus Wintergerste ist natürlich preislich interessant da schätzungsweise ca. 10% günstiger als Malz aus Sommergerste.
Bei den neueren Wintergerste Züchtungen gibt es in der Brauerei eigentlich keinen spürbaren Unterschied mehr
zur Sommergerste ..... das ist Vergangenheit.
Vermutlich wird in einigen Mälzereien auch fleißig Wintergerste untergemischt,
da bräuchte man schon ein gut ausgestattetes Labor, um das zu merken.
Viele Braumeister der alten Schule lehnen Winterbraugerste aber immer noch ab.

Grüße, Bernhard
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hiasl
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Re: Winterbraugerste

#4

Beitrag von hiasl »

Hallo zusammen,
hier werden mal wieder ein paar Dinge durcheinandergeworfen.
Erst mal zur Klarstellung:
Es gibt Sommer- und Wintergersten. Während Sommergersten ausschließlich zweizeilig sind, gibt es bei den Wintergersten beides: zwei- und mehrzeilige Sorten. Sommergersten werden eigentlich fast ausschließlich Richtung Brauqualität gezüchtet, während Wintergersten vornehmlich Rrichtung Futterqualität (Eiweiß hoch) gezüchtet werden. Es gibt hier aber mittlerweile auch spezielle Züchtungen, die als Winterbraugersten (i.d.R. zweizeilige Sorten) zugelassen sind. Ob eine Sorte (egal ob Sommer oder Winter) explizit als Braugerste zugelassen wird und auf diese speziellen Qualitätsanforderungen geprüft wird, hängt davon ab, ob der Züchter sie speziell als Braugerste zugelassen haben möchte. Für die Prüfung und Zulassung ist das Bundessortenamt zuständig. https://www.bundessortenamt.de/internet ... php?id=164
Wenn bestimmte Qualitätsparameter (Eiweißgehalt, Kornanomalien, Sortierung, Mykotoxine) bei der Ernte nicht passen, wird aus Braugerste eben Futtergerste, aber nie umgekehrt aus Futtergerste mit niedrigem Eiweiß Braugerste. Bei Mykotoxinen kann das sogar bis hin zur Entsorgung führen.
Ein weiteres Gremium für die Anbau- und Verarbeitungsempfehlung der zugelassenen Braugersten ist die Braugerstengemeinschaft e.V., die im Rahmen ihres "Berliner Programms" besonders gute und geeignete, neu zugelassene Braugerstensorten identifiziert und mit einem Empfehlungssiegel versieht.

Auf dem Markt ist die Winterbraugerste gegenüber der Sommerbraugerste preislich identisch, wenn nicht sogar etwas teuerer (je nach Angebot/Nachfrage). Die Braueigenschaften stehen mittlerweile den Sommerbraugersten in nichts mehr nach.

Wenn du also Mälzen willst, schau nicht nur auf den Eiweißgehalt, sondern auch auf die Sorte (die haben alle einen Namen). Gängige WBG sind aktuell (zumindest in D) Wintmalt, Malwinta, Joy, Liga. In AT auch Scala oder Tepee. Qualitätsbraugersten haben <= 11,5 % Eiweiß, als Kompromiss bis max. 12 %. Darüber leidet schon die Brauqualität. Der Platz ist begrenzt: Entweder viel Eiweiß oder viel Extrakt.

Im Übrigen mischt sicher keine Mälzerei unter das Sommerbraugerstenmalz Winterbraugerste. Hinsichtlich des Preises kein Vorteil, außer beim Verwenden von Futter- anstelle von Braugerste. Das wäre dann aber vorsätzlicher Betrug - und der ließe sich sehr gut nachweisen.
Gruß
Matthias
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Mikros
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Re: Winterbraugerste

#5

Beitrag von Mikros »

Hallo,

Danke für eure Rückmeldungen, bin mir jetzt sicher dass ich das mit dieser Gerste machen möchte.
Ich habe auch nocheinmal nachgefragt und es handelt sich um die Sorte Malwinta - sollte sich also für meine Zwecke besonders gut eignen.

Nächste Woche mache ich mal die ersten Mälzversuche mit Weizen :)

PS: Hier ein super Blog zum Herstellen von Malz: https://brewingbeerthehardway.wordpress.com/ (sicher schon mal gepostet worden aber falls jemand nach diesem Thema sucht ist es vielleicht hilfreich)
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