Wieviel Hydrogencarbonat nach Abkochen bzw. welche Formeln sind richtig?

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KCSteevo
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Wieviel Hydrogencarbonat nach Abkochen bzw. welche Formeln sind richtig?

#1

Beitrag von KCSteevo »

Hallo zusammen,

angetrieben von den momentanen Diskussionen im Forum über Wasseraufbereitung hab ich mir mal die Arbeit gemacht und am WOchenende eingearbeitet in die Materie. Der Artikel vom Braumagazin hat mich wirklich sehr weiter gebracht. Vorallen sind die kleinen Schaubilder sehr verständlich. Danke nochmals!

https://braumagazin.de/article/von-der- ... rauwasser/

Nachdem ich von meiner Gemeinde anfangs nur die Gesamthärte im Netz gefunden hab hatte ich Kontakt mit dem Herrn vom Wasseramt aufgenommen und er hat mir direkt die komplette Analyse von 2017 zugeschickt mit dem Kommentar, ich soll mich im Juli wieder melden wenn die neue gemacht wurde für 2018. Super! Kann ich nur empfehlen, wer das gleiche Problem hat einfach mal anrufen oder ne Mail schreiben und die Raterei hat ein Ende ;)

Folgende relevante Werte hab ich mal raus genommen:
  • Hydrogencarbonat, HCO3 -, 322 mg/l
  • Sauerstoff, O2, 10,38 mg/l
  • Calcium, Ca 2+, 95,7 mg/l
  • Magnesium , Mg 2+, 14,2 mg/l
  • Kalium, K +, 0,7 mg/l
  • Natrium, Na +, 7 mg/l
  • Chlorid, Cl -, 17 mg/l
  • Nitrat , NO3 -, 13 mg/l
  • Phosphat, PO4 3-, 0 mg/l
  • Sulfat , SO4 -, 13 mg/l
  • Gesamthärte, 16,7 °dH
  • Gesamthärte, 2,97 mmol/l
  • Carbonhärte, 14,6 °dH
  • Härtebereich, hart
In erster Linie geht es mir darum, das HCO3 - und Ca2+ raus zu bekommen und für mich die einfachste Variante wäre, das Wasser abkochen. Gibt man jetzt bei der Forensuche Abkochen oder Entkarbonisieren ein kommt man auf gefühlt 1000 Einträge zu Flaschen desinfizieren, Starter ansetzen oder Problemen mit KEG's... Deshalb hier also dieses neue Topic...

Beim Abkochen wird ja auch Ca2+ verbraucht, um HCO3- auszufällen als CO2 und H2O bzw. Kesselstein. Ich hab jetzt mal recherchiert und auch den Wasserrechner von Schlupf runtergeladen und die Daten eingegeben. Auch hab ich die gängigen Onlinerechner befragt aber ich hab lieber ne offline-Lösung aufm Rechner in Form von Excel (hab ich auch bei meinem Brauprotokoll, das mittlerweile alle relevanten Daten hergibt ohne online rechnen zu lassen...) Darüber hinaus hab ich die folgende Seite gefunden, bei der das Thema behandelt wird:
  • https://sites.google.com/site/brunwater/water-knowledge
    Hier gibts dann folgende Formel: Ca-Ende = Ca Start - ((HCO3-Start -HCO3-Ende)/3,5) und es wird von einem möglichen Restgehalt von 60 bis 80 mg/l HCO3 - bzw. einem minimalen Gehalt von 12 mg/l Ca2+ gesprochen für die vollständige Entfernung von HCO3- (bzw. halt auf den obengenannten Restwert).
  • Wenn ich jetzt wieder zum Rechner von Schlupf gehen und mir die Formeln anschaue, geht er von einem Restgehalt von 43,5 mg/l HCO3- aus. Auch der Faktor ist bei Ihm nicht 3,5, sondern 3. Wo stammen die Zahlen her? Viellecht kann hier ja noch ne Quelle nachgereicht werden...
Hab mir mal die Mühe gemacht, meine Werte nach dem Abkochen mit beiden zu vergleichen. Es würden folgende Werte raus kommen:
  • brunwater-Formel: Gesamthärte 6,19 °dH; RA 1,45; HCO3- 60 mg/l; Ca2+ 20,8 mg/l
  • brunwater-Formel bei 80 mg/l: Gesamthärte 6,99 °dH; RA 2,14; HCO3- 80 mg/l; Ca2+ 26,6 mg/l
  • brunwater-Formel bei 43,5 mg/l: Gesamthärte 5,53 °dH; RA 0,88; HCO3- 43,5 mg/l; Ca2+ 16,1 mg/l
  • Schlumpfs Formel: Gesamthärte 3,68 °dH; RA 1,41; HCO3- 43,5 mg/l; Ca2+ 2,9 mg/l
Worauf ich jetzt hinaus will, beim Hydrogencarbonat und damit der RA sind die Unterschiede nicht gerade gravierend. Mit den Werten kann man mit etwas nachbearbeiten dann eigentlich auch ein Pils brauen. Sorgen macht mir der Unterschied bei den Ca2+ Konzentrationen. Soll ich jetzt von 26 mg/l ausgehen, was ein Aufsalzen vor dem Kochen nicht nötig machen würde oder soll ich von den 2,9 ausgehen was widerum ein vorheriges Aufsalzen ggf. das HCO3- zuverlässiger ausfällen lässt?

Wäre es auch eine Möglichkeit, das Abkochen sein lassen und einfach mit Milchsäure zu säuern? Auf 30 Liter mit 15 ml Milchsäure 80% würde die Werte soweit auch in die akzeptable Range drücken, bis auf das Calcium eben. Das ist definitiv zu hoch. Deshalb will ich ja in erster Linie auch kochen...

Ich freu mich auf hilfreiche Kommentare!
Danke schon mal und Grüße,
Stefan
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Boludo
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Re: Wieviel Hydrogencarbonat nach Abkochen bzw. welche Formeln sind richtig?

#2

Beitrag von Boludo »

Das mit der Milchsäure ist auf jeden Fall Fall energetisch sinnvoller und vor allem besser kontrollierbar.
Wie viel beim Kochen ausfällt, kann dir wohl niemand genau sagen. Man könnte eventuell versuchen, den ausgefallenen Kalk zu wiegen und dann zu rechnen, aber das wird wohl auch ungenau.
Du erhältst mit Milchsäure aber ein anderes Wasser als beim Abkochen, da das Calcium und Magnesium enthalten bleibt und Laktate entstehen, die allerdings geschmacklich keine große Rolle spielen.
Welches Wasser besser geeignet ist, kann man pauschal nicht sagen.
Wenn man richtig lange kocht, kann angeblich auch das Magnesium als Hydroxid ausfallen.
Deinen Calciumwert finde ich jetzt nicht so dramatisch.

Stefan

Edit: Wenn Du Salzsäure oder Schwefelsäure statt Milchsäure nimmst, kannst Du gleichzeitig Chlorid und Sulfat erhöhen, ohne mehr Calcium reinzubringen.
Oder halt Umkehrosmose und verschneiden geht natürlich auch immer.
KCSteevo
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Re: Wieviel Hydrogencarbonat nach Abkochen bzw. welche Formeln sind richtig?

#3

Beitrag von KCSteevo »

naja ich hätte mit Holz aufm Ofen gekocht, da spielt die Energierechnung weniger ne Rolle. Haben mehr als Genug Brennholz da. Was das Mg2+ angeht bin ich mir net so sicher ob das wirklich raus geht. Was ich bisher gelesen hatte, war dass die Löslichkeit einfach zu gut ist. Aber für den gegenteiligen Fall und dafür ne Quellenangabe wär ich sehr dankbar.

Hab eben nur was gegen diese ständigen allgemeinen Behauptungen mit "angeblich" "es sollte" oder sonstige...

"Senkt den pH der Maische und begünstigt dadurch enzymatische Vorgänge. Wichtiger Hefenährstoff und begünstigt die Klärung des Bieres. Werte wesentlich über 200 mg/L können einen mineralischen Beigeschmack haben, darunter gilt Calcium als geschmacksneutral", auch aus dem Artikel würde eben auch für die Milchsäure sprechen. Beim Pils hab ich halt eben die Richtwerte von 30 bis 50. Was bekomm ich da für Probleme? Ist das Ca2+ dann auch für ne dunklere Färbung z.B. Verantwortlich?
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schlupf
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Re: Wieviel Hydrogencarbonat nach Abkochen bzw. welche Formeln sind richtig?

#4

Beitrag von schlupf »

Moin, die Zahlen in meiner zusammengeschusterten Tabelle habe ich stumpf aus dem Braumagazin Artikel übernommen. Ich lege da nicht meine Hand für ins Feuer.

In dem Artikel stand, es würde nach dem Ausfällen ein eine Rest-Karbonathärte von ca. 2°dH verbleiben und für 3mg/l HCO3 würde 1mg/l Ca verbraucht.

Wie gesagt, ich bin kein Chemiker und die Tabelle ist nur mein Ansatz, den Artikel vom Braumagazin für mich in eine nutzbare Form zu bringen.
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Re: Wieviel Hydrogencarbonat nach Abkochen bzw. welche Formeln sind richtig?

#5

Beitrag von schlupf »

Hab eben kurz recherchiert und diese Formel gefunden:
Ca(HCO3)2 -> CaCO3 + H2O + CO2
Nach meinem beschränkten Chemieverständnis also 1Mol Kalzium auf 2Mol HCO3, wobei Kalzium ein als Atomgewicht ca. 40 hat und die molare Masse von HCO3 ca. 61 beträgt. Also 40:122, Faktor 3 sollte also gut hinkommen. Oder habe ich da einen Denkfehler?

Von einem nicht ausfällbaren Mindestgehalt von Kalzium stand nichts in dem Artikel, wenn es den gibt, arbeite ich das sonst gerne in meine Formel ein.
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Re: Wieviel Hydrogencarbonat nach Abkochen bzw. welche Formeln sind richtig?

#6

Beitrag von KCSteevo »

Hallo,
das sollte keine Kritik an deinen Ausarbeitungen sein! Die sind echt super. Aber mich hat eben beim suchen nach den entsprechenden Formeln der Faktor mit 3,2 statt 3 verwirrt. Ich hatte eben auch im Kopf dass das Verhältnis 1:3 wäre...

Weiter ist im Artikel von brunwater von einer praktischen minimalen Ca2+ Konzentration zu lesen. Als Beispiel nehmen sie das Münchner Wasserprofil mit 12 mg/l Ca2+ und 95 mg/l HCO3-. Aber wir können uns auch sonst gern mal per PN austauschen und die Ansätze vergleichen. Wenn du willst, kannst du dich ja mal melden.
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Re: Wieviel Hydrogencarbonat nach Abkochen bzw. welche Formeln sind richtig?

#7

Beitrag von Barney Gumble »

Häh? München hat aber 84 mg/l Ca und 321 mg/l HCO3- ! Quelle: Dez 2017 Wasseranalyse SWM
Ist das bei brunwater so drin?
Vg
Shlomo
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Re: Wieviel Hydrogencarbonat nach Abkochen bzw. welche Formeln sind richtig?

#8

Beitrag von KCSteevo »

ja im obigen Link, betrifft aber abgekochtes Wasser. egal is da ja auch nur als Beispiel genannt gewesen ;)
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schlupf
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Re: Wieviel Hydrogencarbonat nach Abkochen bzw. welche Formeln sind richtig?

#9

Beitrag von schlupf »

Kritik ist immer willkommen, soll ja schon irgendwie funktionieren. Vor allem, wo hier viele viel mehr Ahnung von der Sache her haben.

Vielleicht muss man Mal einen Versuch mit einem Härtetestset machen mit destilliertem Wasser, das man gezielt mit NaHCO3 und Kalziumsalz aufhärtet und dann abkocht und dekantiert.

Wie gesagt, bin ich kein Chemiker, aber nur weil man in der Natur möglicherweise kein Wasser unter 12mg/l Kalzium findet, heißt doch nicht, dass es bei so einer Fällungsreaktion nicht (annähernd) komplett ausfallen kann.
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Re: Wieviel Hydrogencarbonat nach Abkochen bzw. welche Formeln sind richtig?

#10

Beitrag von Johnny H »

Das Verhältnis oben (122:40) ist richtig, denke ich. Der Anteil an HCO3 bestimmt aber, was maximal an Ca ausfallen kann.

Kompliziert wird es aber auch durch das, was sonst noch in der Lösung rumschwimmt.

Strenggenommen müsste man dann auch mit dem Löslichkeitsprodukt von CaCO3 zurückrechnen.
Jubel erscholl, als sich die Trinker von dem schneidigen, köstlichen, bei dem früher in Pilsen erzeugten nie wahrgenommenen Geschmack überzeugten. Die Geburt des Pilsner Bieres!
(E. Jalowetz, Pilsner Bier im Lichte von Praxis und Wissenschaft, 1930)
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Re: Wieviel Hydrogencarbonat nach Abkochen bzw. welche Formeln sind richtig?

#11

Beitrag von Mailänder »

Das Verhältnis 3:1 stimmt. Wie im vorigen Posting schon erwähnt kann man durch Kochen nur den an HCO3 gebundenen Anteil an Ca ausfällen, wenn die Härte überwiegend aus nicht-Carbonathärte besteht dann ist das Kochen eher sinnlos und man verschleudert dadurch nur Energie (egal aus welcher Quelle, die Umwelt macht immer mit! :thumbdown ).
In deinem Fall würde sich ein Kochen tatsächlich lohnen (KH = 14,6 GH = 16,7). Wie viel von der Carbonathärte am Ende im Wasser bleibt hängt auch davon ab wie stark und wie lange man das Wasser kocheln lässt, was schon wieder eine Frage der Verfahrenskosten ist und sich im Voraus nicht genau vorhersagen lässt.
Am besten probiert's man selber mit der eigenen Anlage und misst den Wirkungsgrad empirisch. Dazu benötigt man lediglich so ein Kit zur Messung der Gesamthärte, Carbonate muss man nicht unbedingt separat bestimmen da was nach dem Kochen verschwunden ist nur Carbonathärte sein kann.

WG% = ((GHvor - GHnach) / KHvor) * 100

Magnesium kann man übrigens durch Hitze nicht ausfällen, dafür braucht man das Verfahren der Kalkausfällung und sogar ein zweistufiges Verfahren, was sehr aufwändig ist.
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