Thermalwasser als Brauwasser - Karbonathärte größer als Gesamthärte?

Antworten
derOecher
Posting Junior
Posting Junior
Beiträge: 63
Registriert: Dienstag 4. April 2017, 09:54

Thermalwasser als Brauwasser - Karbonathärte größer als Gesamthärte?

#1

Beitrag von derOecher »

Hallo Zusammen,

als Aachener Brauer möchte ich gerne mal den Versuch wagen, mit Aachener Thermalwasser zu brauen. Hierbei handelt es sich nicht um Trinkwasser im üblichen Sinne. Bei Wikipedia findet man dazu eine Analyse[1], die wichtigsten Werte geb ich hier mal wieder:

Calcium: 70,8 mg/l
Magnesium: 10,3 mg/l
Natrium: 1100 mg/l
Kalium: 48 mg/l
Chlorid: 1390 mg/l
Sulfat: 252 mg/l
Hydrogenkarbonat: 802 mg/l

Außerdem ist die Härte mit 12,26°dH angegeben.

Mit dem Wasserrechner von MMuM komme ich mit 802 mg/l HCO3- auf 36,9°dH als Karbonathärte. Damit ist die Karbonathärte größer als die angegebene Gesamthärte. Kann das stimmen? Oder hab ich evtl "freies", ungebundenes Hydrogenkarbonat?



[1]: https://de.wikipedia.org/wiki/Aachener_Thermalquellen Tabellenspalte "Schlangenquellchen"
Benutzeravatar
Boludo
Posting Freak
Posting Freak
Beiträge: 19404
Registriert: Mittwoch 12. November 2008, 20:55

Re: Thermalwasser als Brauwasser - Karbonathärte größer als Gesamthärte?

#2

Beitrag von Boludo »

Das könnte Natriumhydrogencarbonat sein. Das zählt nicht zur Gesamthärte und Du hast enorm viel Natrium im Wasser .
Hab es aber nicht nachgerechnet.
Sodaalkalisches Wasser ist zum Brauen ungeeignet.
Was versprichst Du Dir von dem Wasser?

Stefan
Benutzeravatar
Kurt
Posting Freak
Posting Freak
Beiträge: 4367
Registriert: Dienstag 2. September 2003, 18:36
Wohnort: Ulm

Re: Thermalwasser als Brauwasser - Karbonathärte größer als Gesamthärte?

#3

Beitrag von Kurt »

Ich hab in Aachen studiert und erinnere mich noch gut an den "Duft" am Elisenbrunnen. Damit ein gutes Bier zu brauen stelle ich mir schwer vor. Evtl. könnte man Salzsäure das Hydrogenkarbonat neutralisieren, so Kochsalz ins Wasser bringen und eine Gose damit brauen. Bei der Natriumkonzentration muss man sich aber schon Sorgen um Korrosion machen.

Edit: Ich habe mal nachgeschaut: Gose hat so 1-3 g/L Kochsalz. Könnte also passen. Mit Milchsäure zu arbeiten könnte auch interessant sein bei einer Gose und man bringt nicht noch mehr Chlorid ins Wasser.
Zuletzt geändert von Kurt am Freitag 30. März 2018, 13:04, insgesamt 2-mal geändert.
Benutzeravatar
Ladeberger
Moderator
Moderator
Beiträge: 7293
Registriert: Dienstag 20. November 2012, 18:29

Re: Thermalwasser als Brauwasser - Karbonathärte größer als Gesamthärte?

#4

Beitrag von Ladeberger »

Eine Wasserbehandlung durch Ionenaustausch, Umkehrosmose, o.ä. dürfte den Sinn und Zweck der Aktion gefähren.

Eine Enthärtung mit Milchsäure wäre daher wohl angeraten. Zusammen mit dem hohen Wert für Natriumchlorid könnte man sich hier an einer Aachener Gose versuchen.

EDIT: Kurt war paar Sekunden schneller.

Gruß
Andy
derOecher
Posting Junior
Posting Junior
Beiträge: 63
Registriert: Dienstag 4. April 2017, 09:54

Re: Thermalwasser als Brauwasser - Karbonathärte größer als Gesamthärte?

#5

Beitrag von derOecher »

Ah, ein (Ex-)Lokaler, der bei Aachener Thermalwasser an den Elisenbrunnen (erste Spalte in der Tabelle vom verlinkten Wikipedia-Artikel) denkt - sehr gut! Ich werde jedoch nicht den Elisenbrunnen ansteuern, sondern den Burtscheider Marktplatz. Dort riecht und schmeckt das Wasser nicht nach faulen Eiern. Durch die höheren Wassertemperaturen sind weniger Schwefelwasserstoffe gelöst.
Boludo hat geschrieben: Freitag 30. März 2018, 12:10 Hab es aber nicht nachgerechnet.
Sodaalkalisches Wasser ist zum Brauen ungeeignet.
Was versprichst Du Dir von dem Wasser?
Wie würde ich das nachrechnen? Über die molaren Massen? Also molare Massen nachschlagen, in mmol/l umrechnen und prüfen, ob die Verhältnisse der Ionen zueinander passen? Gehe ich dann recht in der Annahme, dass 1mol Calcium 2mol HCO bindet, aber 1mol Natrium oder 1mol Magnesium nur 1mol HCO bindet?
Soda=Natriumcarbonat ist was anderes als Natriumhydrogenkarbonat, oder? Was macht das Aachener Thermalwasser sodaalkalisch und warum sind sodaalkalische Wässer zum Brauen ungeeignet?
Meine Hoffnung ist mit dem mineralienhaltigen Wasser einem IPA eine zumindest interessante oder ungewöhnliche Richtung zu geben - ähnlich dem Wasser von Burton upon Trent, ohne jenes Wasser 1:1 nachahmen zu wollen.


Ich bin ja froh, dass Ihr den Wert eines solchen Experiments zumindest in Ansätzen nachvollziehen könnt :)

Eine Gose hatte ich bis jetzt nicht auf dem Schirm, werde mich aber mal mit dem Thema befassen :)
Benutzeravatar
Flothe
Posting Freak
Posting Freak
Beiträge: 1310
Registriert: Freitag 18. September 2015, 23:33
Wohnort: Leuven [BE]

Re: Thermalwasser als Brauwasser - Karbonathärte größer als Gesamthärte?

#6

Beitrag von Flothe »

Hallo.

Soda ist der Trivialname von Natriumcarbonat (Na2CO3). Wie der Name schon sagt, unterscheidet es sich von Natriumhydrogencarbonat (NaHCO3) durch die Abwesenheit eines Protons und besitzt dafür ein zweites Natrium-Ion. In Wasser zerfällt es zunächst in seine Ionen: Na2CO3 aq --> 2 Na+aq + CO32-aq. Da das Carbonat-Ion eine starke Brönstedt-Base, d.h. protonen-liebend ist, nimmt es sodann ein Proton aus dem umgebenden Wasser auf und hinterlässt ein OH--Ion: CO32-aq + H2O --> HCO3-aq + OH-aq Somit ergibt sich ein basischer bzw. alkalischer Effekt. Daher die bezeichnung sodaalkalisch.

Zum brauen ungeeignet sind diese Wässer zum einen durch ihren hohen pH-Wert, d.h. hier muss stark gegengesäuert werden, was die Ionen-Bilanz für viele Bierstile ungünstig werden lässt. Die Gose ist da tatsächlich eine schöne Ausnahme.
Ich meine auch, dass die Natrium-Ionen einen ungünstigen Effekt auf das Hopfenaroma ausüben können (Stichwort: Eignung für IPA?), bin mir da aber nicht so sicher. Das sollen andere bitte kompetenter beantworten.

LG Florian

Jeder Tag ohne Bier ist ein Gesundheitsrisiko.
- Zitat: Hildegard von Bingen in ihrem Buch über Heilverfahren "Causae et Curae"
Matze
Posting Senior
Posting Senior
Beiträge: 355
Registriert: Dienstag 16. Juni 2015, 19:57
Wohnort: Mittelbaden (Oberkirch)

Re: Thermalwasser als Brauwasser - Karbonathärte größer als Gesamthärte?

#7

Beitrag von Matze »

Hallo,

zum Thema Thermalwasser kann ich folgendes berichten:
Zu Silvester 2017 hab ich ein Pale-Ale mit Thermal-
wasser gebraut. Das Wasser ist zur inneren und äußeren
Anwendung vorgesehen. Pünktlich zu Silvester war das
Bier nach etwa 3 Wochen Lagerzeit trinkfertig. Ende Januar hab ich nochmal probiert und war überrascht, daß die Bittere stärker geworden war und das Mundgefühl etwas seifig/flutschig war. Hatte ich beim
normalen Leitungswasser so noch nicht. Härte lag bei 19 Grad. Restalkalität bei ca. 3,5 unbehandelt. Das Wasser
hat einen leichten Schwefelanteil. War auf jeden Fall mal
interessant, wird aber ein Einzelstück bleiben.

Gruß Matthias
Mailänder
Posting Senior
Posting Senior
Beiträge: 391
Registriert: Donnerstag 19. Oktober 2017, 17:49

Re: Thermalwasser als Brauwasser - Karbonathärte größer als Gesamthärte?

#8

Beitrag von Mailänder »

derOecher hat geschrieben: Freitag 30. März 2018, 13:55 Was macht das Aachener Thermalwasser sodaalkalisch und warum sind sodaalkalische Wässer zum Brauen ungeeignet?
Carbonate die nicht an Härtebildner gebunden sind, in deinem Fall überwiegend Natrium.
Das Wasser hat eine Restalkalität von fast 34°dH, beim Maischen würdest du auf einem PH Wert kommen der höher als 6.0 liegen würde, das würde die Amylasen so hemmen dass wahrscheinlich die Iodnormalität nicht mehr zu erreichen wäre.
Um das entgegenzuwirken müsstest du so viel Milchsäure zugeben dass dein Pale Ale sehr außerordentlich schmecken würde.
Abgesehn davon enthält das Wasser so viele Chloride dass Edestahl besonders im warmen Bereich korrosionsanfällig wäre.
Mailänder
Posting Senior
Posting Senior
Beiträge: 391
Registriert: Donnerstag 19. Oktober 2017, 17:49

Re: Thermalwasser als Brauwasser - Karbonathärte größer als Gesamthärte?

#9

Beitrag von Mailänder »

Flothe hat geschrieben: Freitag 30. März 2018, 14:36
Ich meine auch, dass die Natrium-Ionen einen ungünstigen Effekt auf das Hopfenaroma ausüben können (Stichwort: Eignung für IPA?), bin mir da aber nicht so sicher. Das sollen andere bitte kompetenter beantworten.

LG Florian
Das mag ich bezweifeln da um einen Effekt auf das Aroma ausüben zu können müssten sich die Na Ionen verflüchtigen und das tun die m.W. nicht.
Bei 252mg/l Sulfat würde ich mir eher Sorgen um die Bittere machen. :thumbdown
Benutzeravatar
Xacobator
Posting Klettermax
Posting Klettermax
Beiträge: 142
Registriert: Dienstag 1. November 2016, 08:50
Wohnort: Roetgen

Re: Thermalwasser als Brauwasser - Karbonathärte größer als Gesamthärte?

#10

Beitrag von Xacobator »

Die gleiche Frage wollte ich hier auch schon mal stellen. Du warst auch auf dem letzten Stammtisch, oder?

Das interessante an dem Wasser ist, dass man direkt aus dem Brunnen Einmaischen kann :-)
Viele Grüße
Daniel
Benutzeravatar
Sura
Posting Freak
Posting Freak
Beiträge: 3489
Registriert: Montag 2. November 2015, 22:37

Re: Thermalwasser als Brauwasser - Karbonathärte größer als Gesamthärte?

#11

Beitrag von Sura »

Xacobator hat geschrieben: Sonntag 1. April 2018, 21:07 Die gleiche Frage wollte ich hier auch schon mal stellen. Du warst auch auf dem letzten Stammtisch, oder?

Das interessante an dem Wasser ist, dass man direkt aus dem Brunnen Einmaischen kann :-)
Das kann ich mit dem Wasser aus dem Wasserhahn hinter meiner Entkalkungsanlage auch, und die Werte dürften ähnlich werden , wenn ich noch ein bißchen aufsalze. (Na gut, ich hab noch nicht mal ein siebtel deiner Natriumwerte.....)
Ich habs aus Unwissenheit in einem meiner ersten Sude mal gemacht, (ohne aufsalzen,) und das Ergebnis war schauerlich.
"Es ist schon alles gesagt, nur noch nicht von jedem."
(Karl Valentin)
Antworten