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Hafer - Stärke in Zucker umwandeln

Verfasst: Dienstag 5. Juni 2018, 16:32
von hafermilch
Hallo Ihr lieben Brauer,

wie mein Benutzername schon verrät, ich habe nicht Bier, sondern Hafermilch im Sinn, aber immer wenn ich konkretere Infos zu Amylasen, Malzenzymen und co suche, lande ich bei euch...
...daher meine Frage an die "Stärke in Zucker umwandeln" -Experten:

Bei kommerziell hergestellter Hafermilch wird mit Hilfe von Enzymen die Stärke in Zucker umgewndelt.
Das will ich jetzt zuhause auch machen, mit Backmalz (enzymaktiv)...
Ich habe die Haferflocken "vermaischt" (behaupte ich mal... also mit viel Wasser püriert und aufgekocht),
und dann (abgekühlt) mit Backmalz versetzt und bei 45° eine Stunde arbeiten lassen.
Das Ganze war nach einer halben Stunde schon deutlich süßer, dann ist aber nicht mehr viel passiert.

Verbrauchen sich die Enzyme? Müsste ich mehr Malz verwenden, um die Stärke komplett umzuwandeln?
Oder wäre eine höhere Temperatur besser?

Ich hoffe euer reicher Brauer Erfahrungsschatz hat da vielleicht den ein oder anderen Tipp.

Vielen Dank!

Re: Hafer - Stärke in Zucker umwandeln

Verfasst: Dienstag 5. Juni 2018, 17:07
von flying
Ich denke mal das war kontraproduktiv. Bei 45° arbeiten die Amylase zwar schon aber sehr langsam. Bei dieser Temperatur werden vor allem die Eiweiße durch die malzeigenen Proteasen abgebaut. Ich denke mal deine Hafermilch sollte ja ihren Eiweißanteil behalten, oder? Die Amylasen im Malz haben deutlich höhere Temp.- Optima.
Ich würde mal folgendes empfehlen. Mache einen Malzauszug bei 60-65°. Also das grobgeschrotete Malz bei dieser Temp. eine Stunde stehen lassen und dann die Flüssigkeit abseihen. Diese gibst Du dann der Hafermilch zu und hältst das Ganze min. 30 Minuten bei 70° C. Ich denke allerdings, dass sich diese Flüssigkeit trennen wird und mit Milch nicht mehr viel zu tun hat? Es müsste vermutlich noch mit einem Emulgator versetzt und homogenisiert werden..? Um es mikrobiologisch stabil zu bekommen müsste man es noch kochen.

Also mehr Ahnung von Hafermilch habe ich leider nicht..

m.f.g
René

Re: Hafer - Stärke in Zucker umwandeln

Verfasst: Dienstag 5. Juni 2018, 17:09
von chaos-black
Ich hab zwar keine Ahnung von Hafermilchherstellung, aber ich hab schon öfter mit Haferflocken gebraut. Die Enzyme kommen aus dem Malz (es gibt z.B. auch Hafermalz https://www.hobbybrauerversand.de/Oat-M ... geschrotet ) und die Haferflocken gibt man aus anderen Gründen in meist geringen Mengen dazu. Normalerweise benutzt man ein enzymstarkes Basismalz aus Gerste (z.B. Pilsner Malz), du könntest aber auch Hafermalz nehmen und zur Not Enzyme bereithalten die du ggf. dazu gibst. Wenn du Malz nehmen willst, achte drauf geschrotetes zu bestellen sofern du nicht selbst eine Malzmühle hast. Enzyme ohne Malz gibts hier https://www.braupartner.de/shop/Enzyme_.chtml . Deine Temperatur ist weit entfernt vom Optimum der Beta- und Alphaamylase, da würde ich an deiner Stelle versuchen 65-67°C zu treffen und für eine Stunde zu halten. Um zu schauen ob die Stärke verzuckert ist empfiehlt sich eine Probe mit Braujod ( https://www.hobbybrauerversand.de/Brauerjod-50-ml ). Wenn es bläulich wird ist noch Stärke da und du musst entweder mehr Zeit oder mehr Enzyme dazugeben.
Das gute an Haferflocken gegenüber rohem Hafer ist, dass du die nicht vorkochen musst weil die bereits beim Herstellungsprozess verkleistert werden (also die Stärke wird so aufgeschlossen dass die Enzyme drankommen).

Gutes gelingen!
Alex

Re: Hafer - Stärke in Zucker umwandeln

Verfasst: Dienstag 5. Juni 2018, 18:55
von Mailänder
Ja, die Enzyme werden verbraucht, ab einem bestimmten Zeitpunkt wird sich nichts mehr tun in deinem Gemisch. Wenn es dir nicht ausreicht dann musst du den Malzanteil einfach erhöhen. Ich glaube du brauchst aber keine komplette Umwandlung, sonst hast du am Ende eine Bierwürze mit einem sehr grossen Haferanteil und das wird gar nicht wie Milch schmecken, sprich extrem süß.
Temperaturoptimum liegt bei 65°C bis 70°C.

Re: Hafer - Stärke in Zucker umwandeln

Verfasst: Dienstag 5. Juni 2018, 19:57
von hafermilch
Vielen lieben Dank,

das waren doch genau die Infos, die ich haben wollte!
Da sieh man doch auch mal wieder, dass Wikipedia nicht immer zum Ziel führt,
daher hatte ich nämlich das "Temperaturoptimum" von 45°für Amylasen...

Auch herzlichen Dank für den link zu den Enzymen, vielleicht geht es damit sogar noch einfacher!

Dann mach ich mich mal wieder an meine Küchenchemie :thumbsup

Einen schönen Abend noch euch allen!

Re: Hafer - Stärke in Zucker umwandeln

Verfasst: Mittwoch 6. Juni 2018, 14:40
von DerDerDasBierBraut
Mailänder hat geschrieben: Dienstag 5. Juni 2018, 18:55 Ja, die Enzyme werden verbraucht, ab einem bestimmten Zeitpunkt wird sich nichts mehr tun in deinem Gemisch.
Räusper....

Wo hast du das Märchen denn her?
Enzyme verbrachen nicht. Sie denaturieren bei Temperaturen, die über ihrem Limit liegen. Bei zu niedrigen Temperaturen machen sie nichts und in ihrem Temperaturoptimum zerlegen sie, je nachdem ihren Fähigkeiten, Stärke in kürzere Kohlehydrate.
Sobald in der Maische alles zerlegt ist, dass die Enzyme mit ihren Fähigkeiten zerlegen können, hören sie auf zu arbeiten. Sie sind dann weder verbracht noch denaturiert.

https://www.schulwissen24.de/enzyme.html

Re: Hafer - Stärke in Zucker umwandeln

Verfasst: Mittwoch 6. Juni 2018, 15:00
von Boludo
Ich kann das jetzt nicht mit Literatur belegen, aber die Betaamylase denaturiert nach allem was ich weiß auch bei ihrem Temperaturoptimum. Nach 45 Minuten ist da meistens nicht mehr viel los. Darum machen extrem lange Maltoserasten auch keinen Sinn.
Zum Glück ist sie aber bei entsprechend enzymreichen Schüttungen meist nach 20 Minuten fertig.
Dieses Enzym wird in der Natur ja niemals bei 63 Grad eingesetzt, wir missbrauchen es ja nur bei so hoher Temperatur, weil es dann einfach schneller geht.

Stefan

Re: Hafer - Stärke in Zucker umwandeln

Verfasst: Mittwoch 6. Juni 2018, 16:38
von Mailänder
DerDerDasBierBraut hat geschrieben: Mittwoch 6. Juni 2018, 14:40
Mailänder hat geschrieben: Dienstag 5. Juni 2018, 18:55 Ja, die Enzyme werden verbraucht, ab einem bestimmten Zeitpunkt wird sich nichts mehr tun in deinem Gemisch.
Räusper....

Wo hast du das Märchen denn her?
Enzyme verbrachen nicht. Sie denaturieren bei Temperaturen, die über ihrem Limit liegen. Bei zu niedrigen Temperaturen machen sie nichts und in ihrem Temperaturoptimum zerlegen sie, je nachdem ihren Fähigkeiten, Stärke in kürzere Kohlehydrate.
Sobald in der Maische alles zerlegt ist, dass die Enzyme mit ihren Fähigkeiten zerlegen können, hören sie auf zu arbeiten. Sie sind dann weder verbracht noch denaturiert.

https://www.schulwissen24.de/enzyme.html
Keine Sorge, Enzyme und ihre Funktionsweise waren ein sehr wichtiges Thema damals in der Braumeisterlehre bei Doemens, ich brauche keine weitere Belehrung...
Und das was du erzählt ist tatsächlich das Märchen. Enzyme verlieren schon bei ihrem Temperaturoptimum relativ schnell ihre Fähigkeiten. Zum Glück sind in einer Schüttung aus 100% Malz mehr als aureichend davon vorhanden um alles vollständig zu verzuckern, besteht die "Maische" aber fast 100% aus Rohfrucht mit lediglich einem kleinen Anteil an Malz dann sieht die Sache komplett anders aus.

Re: Hafer - Stärke in Zucker umwandeln

Verfasst: Mittwoch 6. Juni 2018, 16:50
von Mailänder
Boludo hat geschrieben: Mittwoch 6. Juni 2018, 15:00 Ich kann das jetzt nicht mit Literatur belegen, ...

Stefan
Z.B. Kunze, "Technologie Brauer & Mälzer", 10. Auflage.

Seite 252, Grafik 3.25 "Restaktivität der ß-Amylase bei 65°C in Abhängigkeit vom Gußverhältnis"
Seite 256, Grafik 3.27, "Aktivität der ß-Amylase in Abhängigkeit von der Maischtemperatur und der Rastdauer"

Re: Hafer - Stärke in Zucker umwandeln

Verfasst: Mittwoch 6. Juni 2018, 17:00
von tbln
hafermilch hat geschrieben: Dienstag 5. Juni 2018, 16:32 Ich habe die Haferflocken "vermaischt" (behaupte ich mal... also mit viel Wasser püriert und aufgekocht),
und dann (abgekühlt) mit Backmalz versetzt und bei 45° eine Stunde arbeiten lassen.
Das Ganze war nach einer halben Stunde schon deutlich süßer, dann ist aber nicht mehr viel passiert.
Ist ein Aufkochen von Flocken überhaupt notwendig? Durch das warme Auswalzen der Flocken, solten diese doch eigentlich verkleistert sein?
Hast du anschließend Feststoffe noch abgefiltert?

Ich muss leider gestehen - mein Team ist und bleibt Team Milch...

Re: Hafer - Stärke in Zucker umwandeln

Verfasst: Montag 29. Juni 2020, 16:40
von Süß-und-Stark
hafermilch hat geschrieben: Dienstag 5. Juni 2018, 19:57 Dann mach ich mich mal wieder an meine Küchenchemie :thumbsup
Wie ist dein Ergebnis denn geworden, Hafermilch? Bist du zufrieden?

Re: Hafer - Stärke in Zucker umwandeln

Verfasst: Sonntag 18. Juli 2021, 20:40
von Ted
Hallo zusammen,

mit großem Interesse habe ich diesen Thread gelesen.
Meine Frage: Kann ich mit Malzextrakt eben jenen Effekt erzielen? Dass die Stärke umgewandelt wird von den Haferflocken?
Sind in Malzextrakt diese Enzyme drin?
Leider funktionieren die Links mit den 'Enzymen ohne Malz' nicht mehr. Ich habe auch sonst auf den verlinkten Shopseiten keine reinen Enzyme gefunden.
Vielen Dank für eure Antworten

Re: Hafer - Stärke in Zucker umwandeln

Verfasst: Sonntag 18. Juli 2021, 21:19
von Mehrbier
Es gibt Amylasen zu kaufen. Die stammen dann aber aus einem Bakterienstamm und haben ein höheres Temperaturoptimum, als die Amylasen im Malz. In deinem Fall bedeutet das schlicht Zeitersparnis.

Re: Hafer - Stärke in Zucker umwandeln

Verfasst: Dienstag 20. Juli 2021, 08:42
von Ted
Danke für deine Antwort.
Wie heißt denn zum Beispiel so eine Amylasenlösung?
Bzw wie finde ich das richtige? Machen die alle das gleiche?

Re: Hafer - Stärke in Zucker umwandeln

Verfasst: Dienstag 20. Juli 2021, 21:12
von Mehrbier
Google ist dein Freund: "Amylase kaufen"

Ich würde dir auf Grund deiner Fragestellung raten dich mehr mit dem Thema auseinanderzusetzen. Es ist sicherlich hilfreich zu wissen was man da macht. Die Thermoresistente Amylase ist für deine Zwecke nicht notwendig. Auf Seiten für Brauerei- oder Brennereibedarf wirst du fündig werden.

Re: Hafer - Stärke in Zucker umwandeln

Verfasst: Dienstag 22. März 2022, 14:02
von gaelen
Hallo Zusammen,

ich möchte mich gerne daran selber versuchen, Hafermilch herzustellen. Über Youtube sind die besten Varianten immer mit Haferflocken und Enzymen (und einer abfallenden Infusion).
Dabei wird auch gerne auf "die Brauer" verwiesen. :Bigsmile
Meine Überlegungen waren dazu, dass "der Brauer" keine Enzyme hinzugibt, sondern die vorhandenen nutzt. Und woher kommen die Enzyme? Aus dem Malz, oder?
Also könnte man das Ganze doch auch mit Hafermalz und zwei entsprechenden Rasten (63°C & 73°C) machen.

Was meint Ihr?

gruß,alexander

Re: Hafer - Stärke in Zucker umwandeln

Verfasst: Dienstag 22. März 2022, 14:08
von DrFludribusVonZiesel
Hier gibts einen (ziemlich peinlichen und mit viel Rumgepisse) Thread über Hafer, inkl. ein paar guter Informationen von Colindo: https://hobbybrauer.de/forum/viewtopic. ... 38#p418338

Fazit: sollte funktionieren.

Re: Hafer - Stärke in Zucker umwandeln

Verfasst: Dienstag 22. März 2022, 15:08
von Colindo
Vielleicht schreiben wir das lieber direkt zusammen, dann muss man in dem alten Thread, auf den ich selbst auch nicht besonders stolz bin, nicht viel rumsuchen.
gaelen hat geschrieben: Dienstag 22. März 2022, 14:02 Also könnte man das Ganze doch auch mit Hafermalz und zwei entsprechenden Rasten (63°C & 73°C) machen.
Hafermalz hat je nach Mälzer entweder keine Angabe zur diastatischen Kraft oder nachgewiesenermaßen eine sehr schwache. Solange du nicht aus irgendwelchen besonderen Gründen auf Gerste verzichten möchtest, hilft es bereits, 10% Gerstenmalz dazuzugeben. Dann ist die Konversion sicher. Mit 90% Hafermalz habe ich schon Bier hergestellt.

Außerdem musst du, wenn du keine Rast bei 45°C einlegst, damit rechnen, dass die Würze beim Aufheizen am Boden anbrennt. Ging mir bei meinen Versuchen bisher immer so.

Re: Hafer - Stärke in Zucker umwandeln

Verfasst: Dienstag 22. März 2022, 15:20
von gaelen
Danke für Eure Antworten.
Vielleicht ist es etwas untergegangen, aber ich möchte diesmal bei Bier brauchen, sondern Hafer-"Milch" machen.

gruß,alexander

Re: Hafer - Stärke in Zucker umwandeln

Verfasst: Dienstag 22. März 2022, 15:45
von Colindo
Von deinem bisherigen Texten her klang es so, als sei das der gleiche Vorgang wie das Maischen. Was gibt es denn da für Unterschiede?

Re: Hafer - Stärke in Zucker umwandeln

Verfasst: Dienstag 22. März 2022, 16:30
von gaelen
Das weiß ich noch nicht.
Meine Frage war wohl eher:
_kann ich auf die Zugabe von Enzymen verzichten, wenn ich Hafermalz statt Haferflocken benutze?

Re: Hafer - Stärke in Zucker umwandeln

Verfasst: Dienstag 22. März 2022, 18:10
von Colindo
Ah, alles klar. Dann passt es doch wieder: "Zur Sicherheit 10% Gerstenmalz dazu." 100% Hafermalz kann, je nach Mälzerei, auch funktionieren, ist aber nicht sicher.

Re: Hafer - Stärke in Zucker umwandeln

Verfasst: Dienstag 22. März 2022, 18:15
von DrFludribusVonZiesel
Ich würde nur Hafermalz einsetzen, falls Stärke übrig bleiben sollte, verkleistert die beim anschließenden Kochen vollständig und gibt eine dickere Konsistenz. Ich würde allerdings dicker einmaischen und anschließend verdünnen, damit die Enzyme anständig arbeiten können.

Berichte wies geworden ist, meine Versuche mit Haferflocken waren nicht so toll.