Trübung aus dem nichts

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Felix83
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Trübung aus dem nichts

#1

Beitrag von Felix83 »

Servus,

ich hab hier ein Problem, an dem ich gerade etwas verzweifle.
Ich mache immer mein Lieblings Pale ale (ich stehe kurz davor, das kommerziell zu machen, aber hier gehts noch um kleine Pilotsude).
Habe das insgesamt 19 mal gebraut, 17 mal in perfekter Ordung. Prozess ist immer identisch.

Hefe ist WLP002/WY1968, je nachdem was grad lieferbar ist.

Das Bier kam bis jetzt ohne CC immer fast blank raus, wie eben für die Hefe typisch. Der Stamm sedimentiert ja wie sau.
Jetzt zwei Sude hintereinander kommt es trüb raus, und ich mein NEIPA trüb. Also übel.
Völlig unüblich für die Hefe, die sonst in nullkommanix klare Biere produziert

Die einzige Anomalie, die mir auffällt, ist das Hefehandling. Ich war im Urlaub, als die letzte Lieferung WLP002 kam, war top verpackt und isoliert, wie üblich, ABER mein Vater hat den ganzen Versandkarton in den Kühlschrank gestellt :Ahh . Möglicherweise war die Hefe schon in keinem optimalen Temperaturfenster mehr im inneren (war sau heiß draußen) und dann dauert es ja wahrscheinlich Tage, bis der Kühlschrank den isolierten Karton (Styropor) wieder von außen runterkühlt.

Starter sah normal aus, Hefe kam aber dann 4-5 Stunden später an als üblich, EVG ist 0,5 °P niedriger als sonst. Gärung ging auch zwei Tage länger. Normalerweise fällt sie recht abrupt ab, jetzt gings aber noch zwei Tage weiter mit sehr langsamer Aktivität. Sehe aber keinen Unterschied in der Sedimentschicht im Gärfass. Sieht sehr üppig aus, ist aber nur Augenmaß.

Mir fällt als Ursachen nur ein:

1. Die Hefe hat einen Knacks durch warme Lagerung.
2. Das Malz (kann sein, dass ich einen oder mehrere neue Säcke aufgemacht habe) hat plötzlich ein Eiweißproblem.
3. Wildhefeinfektion. Bier schmeckt aber normal

Mehr fällt mir nicht ein.

Sud 18 ist jetzt nach vielen Tagen im Keg bei 1 Grad etwa 50% klarer, aber immernoch derb trüb ggü. dem normalen Verhalten von WLP002/WY1968.

Habt ihr vielleicht noch irgendeine Idee?
Ist halt echt ärgerlich. Da macht man es 17 mal, gestern kam mein großer ZKG, wollte nächste Woche "groß" anfangen und dann das :puzz

Grüßle
Felix
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Re: Trübung aus dem nichts

#2

Beitrag von DerDallmann »

Ich würde spontan auf das Malz tippen.
Wenn die Hefe normal vergoren hat, warum sollte die auf einmal anders sedimentieren, nur weil sie 1x warm geworden sein könnte.

BTW, stellst du dein Rezept zur Verfügung?
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Felix83
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Re: Trübung aus dem nichts

#3

Beitrag von Felix83 »

Klaro.

Malz:
52 % Pale Ale
35 % Pilsner
7% Cara Hell
6% Münchner

Hopfen (% in IBU) 30 IBU:
30% Citra VWH
30% Citra 10 min
25% Hüll Melon 1 min
15% Callista 1 min

2 g/l Hopstand @ 80 Grad Hüll Melon 30 min
2 g/l Hopstand @ 80 Grad Callista 30 min

Stopfen nach 3 Tagen HG, wenn die Gäraktivität nurnoch recht schwach ist:
2 g/l Hüll Melon 5-7 Tage
2 g/l Callista 5-7 Tage
Normal 5, aber diesmal ging die Gärung eben zwei Tage länger.

Rasten:
30 min 63 Grad
30 min 72 Grad (Maische war jodnormal)
Abmaischen 76 Grad

Hefe: WLP002/WY1968

Wasser: 100% Osmose
Eingestellt mit Milchsäure, Calciumchlorid und Calciumsulfat:
CA: 90 / Sulfat: 100 / Chlorid: 72 / Restalkalität: -5,6 / pH Maische (gemessen): 5,4 / pH Bier: 4,5 (gemessen, bisschen hoch, aber Stopfen drückt den pH etwas nach oben. 4,5 ist dennoch das obere Limit soweit ich weiss)
Haupt- und Nachguss gleichermaßen behandelt.

Das Malz ist von IREKS. Hab damit bis jetzt 0 probs gehabt. Es könnte jetzt aber ne andere Charge sein. Hab hier Säcke mit zwei verschiedenen Haltbarkeiten.
Selbst Coldcrash im Gärfass hat bei Sud 19 kaum was gebracht.
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Re: Trübung aus dem nichts

#4

Beitrag von DerDallmann »

Danke für das Rezept, die Stammwürze fehlt aber noch.
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Johnny H
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Re: Trübung aus dem nichts

#5

Beitrag von Johnny H »

Da ist natürlich guter Rat teuer!

Hast Du verdünnte Natronlauge (5%) da? Dann könntest Du zumindest mal testen, ob hier eine Proteintrübung vorliegt. Diese sollte sich in der Lauge auflösen.
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Felix83
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Re: Trübung aus dem nichts

#6

Beitrag von Felix83 »

12 % SW.

@ Johnny: Sau interessant!! Also 5% Natriumhydroxid in wasser auflösen und dann?
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Re: Trübung aus dem nichts

#7

Beitrag von DerDerDasBierBraut »

Einfach die Lauge in eine Probe mit trübem Bier schütten. Wird das Bier klar ist es eine Proteintrübung.
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Kurt
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Re: Trübung aus dem nichts

#8

Beitrag von Kurt »

Hatte das kürzlich. Am Ende war es eine Infektion mit Milchsäurebakterien. Das Bier war immer trüb und schmeckte erst normal, nach 2 Monaten war das Bier sauer.
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Johnny H
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Re: Trübung aus dem nichts

#9

Beitrag von Johnny H »

Ein paar Tropfen von der 5%igen NaOH in einer kleinen Probemenge Bier sollten genügen.

Zur Menge: hier hat Flothe mit Kalilauge gearbeitet:
Habe gestern Mal etwas mit einem der trüben Kandidaten experimentiert. Leider keine Fotos gemacht, da etwas zwischen Tür und Angel durchgeführt.

Durch Zugabe von 3 mL 5 M Kalilauge konnte ich 75 mL meines trüben Pale Ales innerhalb von 5 min opaleszierend klar bekommen. Es handelt sich folglich um eine Proteintrübung. Habe wohl bei meinem ersten Versuch nicht lang genug gewartet und eventuell war in dem Jungbier auch noch zu viel Hefe in Schwebe.
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Felix83
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Re: Trübung aus dem nichts

#10

Beitrag von Felix83 »

Jo, das ist es.
Hab jetzt kein Foto gemacht, aber hab den Messzylinder genommen für die Spindel, in der noch die probe drin war vom Abfüllen vorhin.
Vorher hat man die Spindel kaum drin schwimmen sehen. Jetzt ist es zwar nicht perfekt klar, aber viel viel besser. 80% besser.

So ein Mist! Und ich hab eine Tonne von dem Malz gekauft. Und es betrifft nicht alle Säcke, hatte zuvor super Ergebnisse damit. Kann aber nicht mehr nachvollziehen, welche Charge ich vorher hatte.

Vielen Dank! Ihr seid die besten! Braucht jemand eine Tonne Malz, verschiedener Sorten? :thumbdown
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Johnny H
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Re: Trübung aus dem nichts

#11

Beitrag von Johnny H »

Ich glaube nicht, dass Du jetzt unbedingt alles entsorgen musst. Vielleicht helfen ja schon eine Eiweißrast oder Irish Moss? Ist natürlich jetzt sehr ärgerlich, weil Du ja offensichtlich auf einen immer gleich laufenden Prozess angewiesen bist, aber irgendwie musst Du Dich jetzt halt an eine Problemlösung herantasten.

Das Thema Eiweißtrübung ist ja durchaus komplex. olibaer hat mal das Folgende dazu geschrieben:
Wenn man lange genug Bier braut, wird einen das Thema "milchig-trübe Würzen- und Biere" irgendwann einmal treffen. Typische Eigenheit des Vorganges:
"... scheint aus dem Nichts aufzutauchen".

Meiner Erfahrung nach sind die Hefen diejenigen Protagonisten, die am wenigsten damit zu tun haben. Viel öfter finden sich Ursachen, die mit einer Kombination aus Rohstoffqualität, Maischverfahren, Chargenkontext(kavitierende Pumpen hier, schlechte Kochung da, ...) und pH-Wert zu tun haben. Es ergeben sich ungünstige Lösungsbedingungen für die unterschiedlichsten Eiweißfraktionen, die zu einer dauerhaft "milchigen" Trübung führen können.
Zuletzt geändert von Johnny H am Donnerstag 19. Juli 2018, 15:48, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Trübung aus dem nichts

#12

Beitrag von Alt-Phex »

Wenn du das kommerziell betreiben willst wirst du nicht drum herum komen dich mit den Malzanalysen zu beschäftigen und dein Maischverahren anzupassen. Malz ist nunmal ein Naturprodukt und unterliegt jährlichen Schwankungen, deshalb fährt man seine Maltoserast momentan auch bei 64°C wegen der Verkleisterung. Und ob eine Eiweißrast benötigt wird oder nicht ist auch keine Glaubensfrage sondern hängt von der Malzcharge ab.
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Re: Trübung aus dem nichts

#13

Beitrag von Felix83 »

Schon klar, aber es ist halt nicht von klar auf leichte Trübung gewechselt, sondern von klar auf völlig unbrauchbaren Schmarrn. Da hilft auch eine Eiweißrast IMHO nicht wirklich.

Ich hatte das schon mal mit nem Sack Maris Otter, also das passiert wohl öfter.
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Re: Trübung aus dem nichts

#14

Beitrag von §11 »

Naja, Eiweiß kann schon von Nichts auf sehr viel in null Komma nichts.

Noch eine Frage, war der Sud komplett jodnormal?

Als Gegenmaßnahme, Maisch mal bei 47C ein, heiz dann aber direkt weiter. Also Schrot einrühren und wenn keine Klumpen mehr da sind weiter heizen.

Gruß

Jan
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Johnny H
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Re: Trübung aus dem nichts

#15

Beitrag von Johnny H »

Abgesehen davon fällt mir natürlich auch der um 0,5% niedrigere Restextrakt auf, den Du beobachtet hast.

Die Erklärung für den schleppenden Gärverlauf sehe ich in dem Eiweißtrub, aber ein niedrigerer Restextrakt ist mir jetzt nicht unmittelbar schlüssig. Es sei denn, das Eiweiß hat die Hefe länger in der Schwebe gehalten? Die WLP002/WY1968 neigt ja sonst dazu, schnell auszufallen und dann sehr schleppend weiterzuarbeiten bzw. ewig nicht fertig zu werden.
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Re: Trübung aus dem nichts

#16

Beitrag von Felix83 »

Alles klar Jan. Werd ich so machen!
Aber kann das echt was bringen? Das Bier sieht so wie es momentan rauskommt aus, wie naturtrüber Apfelsaft.

Das war jodormal, wie immer in den ersten 5 min der Verzuckerung.

Johnny, ich bin mir da auch unschlüssig. Aber es ist definitiv eine Eiweißtrübung.
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Re: Trübung aus dem nichts

#17

Beitrag von Felix83 »

Ich ruf morgen mal bei Ireks an. Die sollen mir für die verschiedenen Chargen die Laborberichte (brauch ich eh noch für den Verkauf) rüberschicken, dann müsst man doch deutlich am Eiweißlösungsgrad sehen, welche Charge eine zusätzlich Rast braucht.
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Re: Trübung aus dem nichts

#18

Beitrag von §11 »

Felix83 hat geschrieben: Donnerstag 19. Juli 2018, 17:53 Alles klar Jan. Werd ich so machen!
Aber kann das echt was bringen? Das Bier sieht so wie es momentan rauskommt aus, wie naturtrüber Apfelsaft.
Meine Erfahrung bis jetzt war oft etwas "digital" entweder ordentlich trüb oder klar. Eine leichte Eiweißtrübung hab ich bis jetzt selten erlebt.

Gruß

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