Hefestarter Verständnisfragen

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haefner
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Hefestarter Verständnisfragen

#1

Beitrag von haefner »

Hallo,

Ich hab jetzt zum ersten Mal einen hoffentlich richtigen Hefestarter aus Erntehefe gemacht. Habe die Erntehefe vom letzten Weissbier in einen Erlenmeyerkolben rein und mit 100g Malzextrakt und einem Liter Wasser auf den Magnetrührer gestellt. Hat stark gegärt mit Kräusen etc. wie halt sonst auch. Nachdem sich nichts mehr getan hat, habe ich nochmal 100g Extrakt und 1l Wasser zugegeben. Ist nun nach einem Tag heftiger Gärung auch wieder am Ende. Spricht man dann hier von einem 2l Starter? Wie lang bleiben diese Hefezellen vital/aktiv - werde nämlich wohl erst Sonntag anstellen können.

Die verwendete #3638 soll in 25l Weizenbock mit 16,5°P.

Gruß Micha
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brauflo
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Re: Hefestarter Verständnisfragen

#2

Beitrag von brauflo »

Hi Micha,

ich gehe davon aus, dass Du diesen Artikel kennst.

https://braumagazin.de/article/hefebank-weihenstephan/

Ich masse mir nicht an, das noch besser erklären zu können als Moritz Gretzschel. Aber gelegentlich bringt ja ein fokussierter Blick auf die wesentlichen Punkte und eine etwas andere Formulierung den Groschen ins Rollen.

Die zentrale Punkte bei der Propagation sind:
- Volumen
und
- Zeitpunkt

Zum Zeitpunkt:
Du möchtest bei jedem Propagationsschritt die vitalsten Hefezellen erwischen. Diese liegen am Ende der Log-Phase vor.
Die Log-Phase: Die Hefe ist voll aktiv, noch besteht ein gutes Angebot an Nährstoffen und Sauerstoff. Die Hefe vermehrt sich über mehrere Teilungszyklen hinweg mit konstanter Vermehrungsrate. Die Gärung setzt ein.
Hefeaktivitaet.jpg
Zum Volumen:
Im Artikel wird ebenfalls dargestelt, daß unsere Propagationshefe sich unter idealen Bedingungen (20°C, nährstoffreiche Würze, Magnetrührer) innerhalb von 24h verzehnfacht.
Dann sollten wir das Volumen bei jedem Propagationsschritt auch jeweils Verzehnfachen.

Da wir allerdings niemals "ideal" arbeiten können, werden unsere Hefezellen auch niemals einen Vermehrungsgrad von 10 erreichen, empfiehlt Moritz im Hobbybereich wesentlich kleinere Propagationsschritte:
Noch sicherer ist man unter Hobbybedingungen mit einer Propagationsfolge von 1:8. Ist in der Ausgangshefe der Anteil lebender Zellen aber ungewiss oder gering (z.B. lange gelagerte Erntehefe, eine alte Trockenhefe oder Flaschengeläger), sollte man mit deutlich kleineren Propagationsschritten von 1:2 oder 1:3 beginnen, also z.B. 10 ml in 20 ml in 60 ml in 300 ml in 1,5 l in 10 l. Nur der letzte Schritt vor dem Anstellen sollte jeweils „groß“ gewählt werden.
in diesem Thread wird das ab #28 ziemlich pragmatisch diskutiert.

https://hobbybrauer.de/forum/viewtopic. ... ead#unread


Du möchtest erst nächsten Sonntag brauen...
Da mir selbst die Erfahrung fehlt, wie sich Dein eigener 2-Liter-Starter in 10 Tagen verhalten wird, kann ich Dir zu diesem Vorgehen keine belastbare Antwort geben. Vermutlich wird das aber weit entfernt von idealen Bedingungen sein

Gerade wegen der fehlenden Erfahrung lautet meine Empfehlung:
Mach es so, wie es idealerweise empfohlen wird.
(Genau das habe ich als Premiere nämlich auch zum nächsten Wochenende vor...)

Lass etwas Erntehefe unter Jungbier im Kühlschrank stehen und beginne rechtzeitig vor dem Brautag mit den entsprechenden Propagationsschritten.
Als Starterwürze bietet sich das Rezept von alt-phex an

https://www.maischemalzundmehr.de/index ... tte=rezept

Viel Erfolg und
Viele Grüße

Florian
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... wollte ich immer schon mal machen...


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Ladeberger
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Re: Hefestarter Verständnisfragen

#3

Beitrag von Ladeberger »

Hallo Micha,

das erscheint mir sehr aufwendig und auch zu lange, bei der Propagation sollte es Schlag auf Schlag gehen, wie Florian das sehr schön ausgeführt hat. Es bringt nichts ein ohnehin großes Hefevolumen über mehrere Tage anzufüttern wie ein Mastschwein. Das ist tatsächlich sogar eher kontraproduktiv.

Ferner: In welchen Zyklen verwendest du denn deine Erntehefen? Im Standardfall stellt man schließlich so viel Hefe zurück, dass der Folgesud damit bei intensiver Belüftung direkt angestellt werden kann.

Gruß
Andy
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Re: Hefestarter Verständnisfragen

#4

Beitrag von Tozzi »

Ohne meinen Vorrednern widersprechen zu wollen:

Meines Erachtens wird das gut klappen. Ab in den Kühlschrank damit (ordentlich und keimarm verschlossen).
Die zwei Vermehrungsschritte waren nicht ideal, das hat Florian ja gut erklärt.
Aber das ist dennoch ein 2 Liter Starter.

Meinst Du kommenden Sonntag? Also übermorgen? Dann gibt's eh kein Problem.
Wenn es erst in 10 Tagen ist, würde ich am Samstag dekantieren, also den Überstand abgießen, und vom Rest nochmal 2 Liter Starter machen.
Muss aber nicht sein, denke ich (in diesem Fall, 3638 und 25 Liter mit 16,5˚P).
Viele Grüße aus Fasano
Stephan
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brauflo
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Re: Hefestarter Verständnisfragen

#5

Beitrag von brauflo »

Siehst Du Micha,

das eine ist die rigide Haltung des Adepten, der sich streng an die Vorgaben hält.

Das andere ist die entspannte Empfehlung des alten Hasen, die auf Erfahrung fusst..
Dank Dir Tozzi..

Ich selbst werde dennoch erst mal der "reinen Lehre" folgen...
Die entspanntere Haltung werde ich sicher auch irgendwann erreichen.

Schönes Wochenende

Florian
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... wollte ich immer schon mal machen...


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Re: Hefestarter Verständnisfragen

#6

Beitrag von haefner »

Hallo Leute,

besten Dank für eure sehr guten Antworten. Da habt ihr mir echt weitergeholfen.

@Flo: Den Artikel kannte ich, aber habe bei meiner Fragestellung gar nicht daran gedacht, diesen nochmal zu studieren.

@Andy: Habe den Magnetrührer zum ersten Mal im Einsatz, und hätte nicht damit gerechnet, dass die 3 Wochen alte (!!) Hefe aus dem Kühlschrank gleich so loslegt. Daher hatte ich eine Woche und zwei Vermehrungsschritte eingeplant. Habe zum ersten Mal eine Hefe nach dem Abfüllen in den Kühlschrank für den nächsten Stud reingetan und da stand sie leider länger als geplant. Die #3638 war wohl nach wie vor höchst aktiv. Damit habe ich nicht gerechnet, denn die stammt auch schon aus einem Weizenbock.

@Stephan: Genau, morgen möcht ich sie in einen Weizenbock reingeben. Dann mache ich das mal so :-). Keimarm und ordentlich ist die andere Sache.. beim zweiten Schritt ist mir der 2l Starter mit den Kräusen über das Ziel hinausgeschossen, d.h. durch den Gärspund. Das alles war sehr sauber und sterilisiert, aber durch das Renigen und dran arbeiten war das sicher nicht optimal.
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