Erfahrungen: Untergärige Staubhefe W 66/70 von der Hefebank Weihenstephan

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DevilsHole82
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Erfahrungen: Untergärige Staubhefe W 66/70 von der Hefebank Weihenstephan

#1

Beitrag von DevilsHole82 »

Guten Morgen liebe Braukollegen,

Mitte August 2019 wurde durch Jens die Sammelbestellung der untergärigen Staubhefe W 66/70 aus der Hefebank Weihenstephan realisiert.

Dieser Thread soll nun, wie bei den anderen Weihenstephan-Hefen zum Erfahrungsaustausch dienen.

Allgemeine Infos zur Hefe laut Hefebank Weihenstephan:

Hefestamm: W 66/70, Staubhefe (Saccharomyces pastorianus ssp. Carlsbergensis).
Die W 66 produziert sehr feine, schlanke, milde und leicht blumige Biere. Malz und Hopfenaromen kommen gut zur Geltung. Wird die Hefe rechtzeitig vor und während der Nachgärung ausreichend entfernt, ist keine Autolyse zu befürchten. Warme Nachgärung ist nicht empfehlenswert.

- höheren Alkohole: sehr niedrig
- Acetaldehyd: sehr niedrig
- gute Produktion von Estern, feines Aroma-Profil
- geringes Bruchbildungsvermögen
- Sehr gute Diacetyl Reduktion
- hoher AV° (EV° = AV°) (ca. 78 - 83%)

Empfohlene Gärtemperatur: 8 - 10°C (6 – 14°C)

Ergänzend von Uli Peise:
- eine der meist verwendeten Staubhefen für trübe Keller- und Landbiere
- tendentiell etwas fruchtiger
- kann sehr kalt vergären
- hohe Anstellraten zur Unterdrückung von Ester sinnvoll


-------------------------------------

Meine Erfahrung bisher:

Nachdem ich etwas Startschwierigkeiten mit einem extrem stark schwefelnden und esternden Starter hatte, wurde ein naturtrübes Wiener Lager in Anlehnung an das Schwechater Wiener Lager gebraut.

- Stw. 12°P
- IBU: 26
- Schüttung aus Wiener-, Pilsener- und Melanoidinmalz auf ca. 12 EBC
- Hopfen: Magnum und Saazer
- Klärung mit Irish Moss

Angestellt wurden 30 L Würze bei 8°C. Die Hefe kam sehr zügig an und hat innerhalb von 4 Tagen bereits 50% Extrakt abgebaut. Um diesen Zeitpunkt wurde auch der Schwefelgeruch sehr stark. Die Hefe ist wohl ein typischer untergäriger Kellerstinker :Wink
Danach hab ich die Temperatur langsam auf 12°C angehoben. Nach 19 Tagen habe ich die Temperatur für 2 Tage auf 14°C zur kurzen Diacetylrast erhöht und anschließend mit 2,3% Es ins KEG geschlaucht und Zwangskarbonisiert.

Nach fünf Wochen kalter Lagerung wurde angezapft:
PSX_20200128_113248.jpg

Fazit:
Hefetrübung definitiv so wie gewünscht. Geschmack, ähnlich der W 34/70, aber ich hab deutlich mehr Ester wahrgenommen. Was aber auch von meiner nicht optimalen Anstellrate kommen kann. Dies bestätigte auch mein EVG. Der lag mit 80% ca. 7% hinter dem erwarteten aus der Schnellvergärprobe.
Schaden tut der höhere Ester in Kombination mit dem Saazer Hopfen zwar nicht, aber ich hatte es eher auf ein neutraleres Wiener Lager abgesehen.

Insgesamt habe ich sie als etwas unausgewogen empfunden. Vielleicht würde hierzu eine dunklere Schüttung besser passen.
Gruß, Daniel

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Re: Erfahrungen: Untergärige Staubhefe W 66/70 von der Hefebank Weihenstephan

#2

Beitrag von konkret »

Hallo,

Wie hast du denn Starter gemacht und bei welcher Temperatur angestellt?
Hast du die Würze auch belüftet?
Extraktabbau kann ich bestätigen, nach 4 Tagen hat es auch bei mir merklich gerochen, ist aber nach 24 Stunden wieder verflogen.
sEVG von 80% ist eh im grünen Bereich.

In der Beschreibung wird ja schon darauf hingewiesen, daß es eher „blumige“ Biere gibt. Daher wohl nicht die erste Wahl für ein Wiener Lager.

Starter hat bei mir keine Schwefelnote gehabt.

Grüße konkret
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Re: Erfahrungen: Untergärige Staubhefe W 66/70 von der Hefebank Weihenstephan

#3

Beitrag von DevilsHole82 »

Starter wurde wie immer in mehreren Schritten mit 8°P Würze gemacht. Habe momentan aber leider nur einen 2,5 L Erlenmeyerkolben für meinen Magnetrührer. Daher passte die Anstellrate bei 30 L Würze nicht.
Angestellt und belüftet wurde bei 8°C.
Gruß, Daniel

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Re: Erfahrungen: Untergärige Staubhefe W 66/70 von der Hefebank Weihenstephan

#4

Beitrag von konkret »

Hast du mit einer Pumpe belüftet oder mit Schneebesen oder ähnlichem?
Den Starter hast du in welchen Schritten gemacht?
Hab meinen Starter aus einer NaCl Konserve in 20 - 200 - 2000 ml Schritten mit DME 8-10 Plato gemacht. Dann 24h im Kühlschrank Absetzten lassen und dekantieren.
Mehr als 5% Starterwürze sollte man ohnehin nicht zugeben, da es nicht unbedingt dem Geschmack förderlich ist.
Belüftet hab ich nur beim Fermenter füllen bzw. mit Schaumlöffel.
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Re: Erfahrungen: Untergärige Staubhefe W 66/70 von der Hefebank Weihenstephan

#5

Beitrag von DevilsHole82 »

Belüftet wurde mit Pumpe. Werde aber langfristig auf Sauerstoff umsteigen.

Der Starter kam auch aus meiner NaCl-Hefebank. Schritte waren ähnlich wie bei Dir. Ich starte im ersten Schritt mit 20 ml aus der NaCl Konserve und 20 ml Würze aus Pilsener Malz (Würzeherstellung mit Thermomix). Je nachdem wie die Aktivität ist passe ich die Folgeschritte an, so dass ich spätestens nach vier Schritten auf 2,5 L komme.
Abkühlen tu ich erst kurz vor Anstellen, wenn der Gärschrank auf Anstelltemperatur fährt. Ohne Dekantieren.

Ach ja, propagiert wird bei Zimmertemperatur (20-22°C).

Richtwert für die Größe ist 5% bei OG und 10% oder mehr bei UG. Vor Fehlaromen durch Starter hab ich keine Angst. Die werden doch bei der Hauptgärung überwiegend wieder abgebaut.
Gruß, Daniel

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Re: Erfahrungen: Untergärige Staubhefe W 66/70 von der Hefebank Weihenstephan

#6

Beitrag von konkret »

DevilsHole82 hat geschrieben: Mittwoch 29. Januar 2020, 09:13 Richtwert für die Größe ist 5% bei OG und 10% oder mehr bei UG. Vor Fehlaromen durch Starter hab ich keine Angst. Die werden doch bei der Hauptgärung überwiegend wieder abgebaut.
Das mit den max. 5% wird im "Yeast" Buch empfohlen, deshalb dekantiere ich immer und geb nur die letzten 250-500 ml nach aufschwenken zu.
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Re: Erfahrungen: Untergärige Staubhefe W 66/70 von der Hefebank Weihenstephan

#7

Beitrag von DevilsHole82 »

Idealerweise stellt man die Hefe in ihrer Log-Phase an (s. Der ideale Starter). In dieser Phase befindet sich die Hefe noch in Schwebe. Wenn Du sie jetzt abkühlst und zur Sedimentation zwingst, dekantierst und dann wieder auf Anstelltemperatur erhöhst stresst Du sie unnötig.

Daher vermeide ich möglichst Temperaturänderungen und beschränke mich auf zwei T-Deltas, nämlich von NaCl-Lagerung-T auf Zimmer-T und runter auf Anstell-T. Wenn man letztere Änderung kurz vor Anstellen und nach Möglichkeit in der Log-Phase macht, bleibt ja gar keine Zeit zur Sedimentation. Damit dekantierst Du Dir die vitalsten Zellen ab.

Das ist aber ein anderes Thema :Wink
Gruß, Daniel

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Re: Erfahrungen: Untergärige Staubhefe W 66/70 von der Hefebank Weihenstephan

#8

Beitrag von konkret »

Kühle den Starter ja auf Anstelltemperatur und lasse ihn einfach 24h stehen, dann wird dekantiert und zur gekühlten Würze gegeben. Alles bei 8°C. Bei der W66/70 funktionierts ganz gut so.
Also kein zusätzlicher Temperatursprung. Hefe ist bis jetz auch immer innerhalb 12-24h angekommen.

Ist aber ein anderes Thema welches ja hier schon begonnen wurde: https://hobbybrauer.de/forum/viewtopic.php?t=15575
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Re: Erfahrungen: Untergärige Staubhefe W 66/70 von der Hefebank Weihenstephan

#9

Beitrag von DerDerDasBierBraut »

Das Dekantieren wird überbewertet. Kann man machen, muss man aber nicht. Wenn man es macht, dann muss man den Starter aber auch lange und gut sedimentieren lassen, um möglichst wenig schwebende Hefe mit wegzuschütten.

Seit dem Umstieg auf meine neue Brauanlage kämpfe ich mit dem "Problem", dass ich aufgrund der hohen SHA in aller Regel zu viel Extrakt habe. Daher habe ich meistens den Luxus, neben dem Hauptsud zwei kleine "Gärtests" in gekühlten Brewbucket Minis parallel laufen zu lassen.
Einige Male habe ich geteilte Gärungen mit dekantierten Startern bzw. nicht dekantierten Startern gemacht.
Meistens war die Gärung mit dem undekantierten Starter etwas schneller durch und das finale Bier im A-B Vergleich mindestens gleich gut, manchmal sogar besser.
"Da braut sich was zusammen ... "
"Oh, Bier ;-) !"
"Nein! Was Böses!"
"Alkoholfreies Bier??? ..."
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Viele Grüße
Jens
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