NEIPA zu bitter

Antworten
Coint
Posting Junior
Posting Junior
Beiträge: 44
Registriert: Freitag 28. Februar 2020, 14:38
Wohnort: Peißenberg

NEIPA zu bitter

#1

Beitrag von Coint »

Hallo zusammen,

ich habe letztens versucht, ein einfach gehaltenes NEIPA zu brauen.
Es wurde aus folgenden Zutaten hergestellt:

Pilsner Malz: 4 Kg
Haferflocken: 1Kg
Wiener Malz: 0,5 Kg
Carapils: 0,25 Kg

Kombirast im Brauheld 30 bei 66°C bis Jod-normal und noch eine kurze Verzuckerung bei 72°C.
Dann 70 Kochen ohne Hopfengabe.
In den Whirlpool kamen Amarillo und Simcoe zu je 50g.

Ausschlag waren ca. 22 Liter welche mit einem Päckchen Lallemand Voss Kveik bei 25°C angestellt wurden. Die Temperatur wurde während der Hauptgärung auch gehalten.
Nach 24 Std. war die Voss auch schon fast durch und es wurde mit Citra 150g und Galaxy 100g gestopft.
Der Stopfhopfen blieb 2 Tage drin, dann gabs Cold Crash und es wurde ins Keg umgedrückt.
Vergoren und gestopft wurde unter Druck um Oxidation zu vermeiden. Dies hat auch gut funktioniert. Die Bierfarbe ist wirklich ein sattes Gelb und trüb wie Milchshake.

Leider hat das Bier eine unangenehme und sehr kratzige Bitterkeit, welche im Nachgang am Gaumen klebt und lange anhält.
Der erste Schluck wäre wirklich sehr lecker und fruchtig, dann kommt allerdings diese Bitterkeit und klebt förmlich im Rachen.
Ich weiß dass mein Wasser nicht perfekt ist, doch bis jetzt konnte immer jeder Stil gebraut werden, ohne zu kratzig zu werden.
Ein gestopftes Weißbier hatte dies schon mal, die Kratzigkeit konnte aber ausgelagert werden.
Doch auslagern ist ja bei einem NEIPA eher kontraproduktiv.

Ich habe meine Wasserwerte mal unten angehängt.
Die Härte hier ist schon beachtlich. Laut den gängigen Rechnern kann ich die RA mit ca. 20 ml 80% Milchsäure auf brauchbare Werte drücken.
Doch kann das des Rätsels Lösung sein?
Vielleicht kann ja mal jemand mit Erfahrung drüber schauen und bewerten was evtl. zu tun ist, um die Kratzigkeit beim nächsten Mal vermeiden zu können.
Kann ich hier mit Säure/Salzen überhaupt was reißen, oder sollte ich besser auf VE-Wasser zurückgreifen und aufsalzen?
Ich beschäftige mich erst seit Kurzem mit dem Brauwasser und blicke noch nicht wirklich durch.
Deshalb wäre es schön, wenn ihr mir einen Schubs in die richtige Richtung geben könntet.


Freundliche Grüße
Stefan
Dateianhänge
wasser.JPG
DerDallmann

Re: NEIPA zu bitter

#2

Beitrag von DerDallmann »

Aus meiner Sicht ein klassischer Fall von "hop burn".
Die Gärung scheint noch aktiver gewesen zu sein, als gedacht, trotz Kveik.
Man stopft in de aktive Gärung bei einem NEIPA, das ist richtig, aber nicht die ganze Menge. Meiner Erfahrung hat gezeigt, dass alles über 1 g/l gefährlich ist. Ich habe mich damals bei meinen 5-6 NEIPAs am Ende auf 0,75 g/l eingeschossen. Mein erstes NEIPA hatte auch einen ganz üblen hopburn, ansonsten wars leider geil, ich habs entsorgt.
Benutzeravatar
Ladeberger
Moderator
Moderator
Beiträge: 7293
Registriert: Dienstag 20. November 2012, 18:29

Re: NEIPA zu bitter

#3

Beitrag von Ladeberger »

Ich komme da überschlägig auf 15°dH Restalkalität. Natürlich muss das für ein helles, hopfenlastiges Bier aufbereitet werden. Es geht dabei auch nicht nur um Isomerisierung, sondern auch um die pH-abhängige Löslichkeit von Gerbstoffen.

Da Chlorid und Sulfat sehr niedrig sind, die Härte also überwiegend als Hydrogencarbonat vorliegt, bietet sich hier z.B. eine Enthärtung mit Salzsäure und (bei NEIPA zurückhaltend) mit Schwefelsäure an. Verschneiden mit VE Wasser geht natürlich auch immer, wenn man den Salzgehalt eher niedrig halten will.

Gruß
Andy
oddberg
Posting Junior
Posting Junior
Beiträge: 68
Registriert: Mittwoch 27. Juni 2018, 10:21
Wohnort: Bremen

Re: NEIPA zu bitter

#4

Beitrag von oddberg »

Bei wieviel Grad wurde gestopft?

Bei normaler Gärtemperatur kann es beim Kalthopfen zum sogenannten 'HopCreep" kommen. Dieses hatte ich bei einem Workshop von Barthaas bei der Homebrew in Bayreuth dieses Jahres auch zum ersten mal gehört.

"Die aktuellen Forschungsergebnisse zum Kalthopfen scheinen zu dem Schluss zu kommen, dass Hopfen stärkeabbauende Enzyme (Diastase: Mischung von Amylaseenzymen) enthält, die nicht fermentierbare Kohlenhydrate in fermentierbaren Zucker zerlegen. Diese fermentierbaren Zucker können dann durch Hefe metabolisiert werden und Ethanol und CO2 produzieren. Nicht fermentierbare Kohlenhydrate in Verbindung mit Hopfenstärke abbauenden Enzymen und aktiver Hefe können das die Würze übervergären"

Hatte selber auch ein NEIPA gebraut , welches viel zu bitter war, einen fiesen Hopburn hatte und auch viel zu hoch vergoren war.
Beim letzten habe ich nach der Hauptgärung auf 10 Grad runtergekühlt und dann für 3 Tage gestopft.
Danach noch 2 Tage Coldcrash. Zwangskarbo im Keg.
Dieses Bier hatte kaum Bittere und null Hopburn.
Benutzeravatar
BrauSachse
Posting Freak
Posting Freak
Beiträge: 867
Registriert: Samstag 2. Mai 2020, 20:23
Wohnort: Taunus

Re: NEIPA zu bitter

#5

Beitrag von BrauSachse »

DerDallmann hat geschrieben: Freitag 9. Oktober 2020, 08:01 Aus meiner Sicht ein klassischer Fall von "hop burn".
Die Gärung scheint noch aktiver gewesen zu sein, als gedacht, trotz Kveik.
Man stopft in de aktive Gärung bei einem NEIPA, das ist richtig, aber nicht die ganze Menge. Meiner Erfahrung hat gezeigt, dass alles über 1 g/l gefährlich ist. Ich habe mich damals bei meinen 5-6 NEIPAs am Ende auf 0,75 g/l eingeschossen. Mein erstes NEIPA hatte auch einen ganz üblen hopburn, ansonsten wars leider geil, ich habs entsorgt.
Nach Stefans Angaben waren es sogar 11g/l Stopfhopfen, das finde ich ziemlich krass. Andererseits wurde auch im Whirlpool gehopft. Könnte die Menge von 100 g bei ca. 10% Alpha (Annahme) nicht auch zu einer starken Bittere beitragen, wenn die Nachisomerisierungszeit zu lang ist? Bei 22 Liter, 15 Plato (Annahme bei 60% SHA) und 20 min Nachisomerisierung komme ich auf 85 IBU. Oder ist das normal laut Rezept?

Viele Grüße
Tilo
DerDallmann

Re: NEIPA zu bitter

#6

Beitrag von DerDallmann »

Ich gehe mal davon aus, dass er das im Griff
Benutzeravatar
Boludo
Posting Freak
Posting Freak
Beiträge: 19404
Registriert: Mittwoch 12. November 2008, 20:55

Re: NEIPA zu bitter

#7

Beitrag von Boludo »

Das Wasser ist für diesen Bierstil komplett ungeeignet. Da muss man eigentlich gar nicht mehr lange diskutieren.
Magnesium ist auch jede Menge drin.
Meine Erfahrung von früher ist, dass sich ungeeignetes Wasser vor allem beim Stopfen sehr stark auf die Qualität der Bittere auswirkt.
Eine Vollentsalzung per Ionentauscher oder Osmose wäre angebracht, anschließend je nach Bedarf aufsalzen.
Coint
Posting Junior
Posting Junior
Beiträge: 44
Registriert: Freitag 28. Februar 2020, 14:38
Wohnort: Peißenberg

Re: NEIPA zu bitter

#8

Beitrag von Coint »

Bitte entschuldigt die späte Antwort.
Privat komme ich leider nicht dazu immer zeitnah zu antworten. Das ist kein Desinteresse meinerseits.
Ich empfinde alle Antworten als sehr wertvoll und freue mich um die vielen Beiträge.
DerDallmann hat geschrieben: Freitag 9. Oktober 2020, 08:01 Aus meiner Sicht ein klassischer Fall von "hop burn".
Die Gärung scheint noch aktiver gewesen zu sein, als gedacht, trotz Kveik.
Man stopft in de aktive Gärung bei einem NEIPA, das ist richtig, aber nicht die ganze Menge. Meiner Erfahrung hat gezeigt, dass alles über 1 g/l gefährlich ist. Ich habe mich damals bei meinen 5-6 NEIPAs am Ende auf 0,75 g/l eingeschossen. Mein erstes NEIPA hatte auch einen ganz üblen hopburn, ansonsten wars leider geil, ich habs entsorgt.
Mit Hop Burn kenn ich mich leider auch nicht so gut aus. Ich dachte immer, das kommt von Hopfenpartikeln, die sich noch in Schwebe befinden.
Zumindest war dies bei meinem erst-gestopften der Fall und die Bitterkeit konnte ausgelagert werden. Hop Burn per se bekomme ich ja über die Lagerzeit nicht weg, oder?
Sind meine Hopfengaben für ein NEIPA wirklich so utopisch?
Die Brauanleitung spricht bei diesem Birstil von mindesten 5 g/L.
Ladeberger hat geschrieben: Freitag 9. Oktober 2020, 09:18 Ich komme da überschlägig auf 15°dH Restalkalität. Natürlich muss das für ein helles, hopfenlastiges Bier aufbereitet werden. Es geht dabei auch nicht nur um Isomerisierung, sondern auch um die pH-abhängige Löslichkeit von Gerbstoffen.

Da Chlorid und Sulfat sehr niedrig sind, die Härte also überwiegend als Hydrogencarbonat vorliegt, bietet sich hier z.B. eine Enthärtung mit Salzsäure und (bei NEIPA zurückhaltend) mit Schwefelsäure an. Verschneiden mit VE Wasser geht natürlich auch immer, wenn man den Salzgehalt eher niedrig halten will.

Gruß
Andy
Mein frisch bestelltes pH-Meter ist gestern angekommen. Somit sollte dann zumindest der Maische pH-Wert kein Problem mehr darstellen.
Zusätzlich entnehme ich, dass bei meinem Wasser Salzsäure besser als Milchsäure zum Ansäuern taugt. Vielen Dank dafür.
Wahrscheinlich werde ich aber den Weg der Vollentsalzung wählen und dann stilgerecht aufsalzen.
Für Weißbier kann ich das Wasser ja verwenden, da gab es noch nie Probleme.
oddberg hat geschrieben: Freitag 9. Oktober 2020, 11:00 Bei wieviel Grad wurde gestopft?

Bei normaler Gärtemperatur kann es beim Kalthopfen zum sogenannten 'HopCreep" kommen. Dieses hatte ich bei einem Workshop von Barthaas bei der Homebrew in Bayreuth dieses Jahres auch zum ersten mal gehört.
Dies finde ich einen sehr interessanten Punkt.
Ich habe bei 25°C gestopft (gleich Gärtemperatur) und dafür dann eben Menge erhöht und Zeit reduziert.
In Jans Buch steht, dass sich das Aroma besser bei eher warmen Temperaturen extrahieren lässt, eine feinere Einbindung der Aromen allerdings bei kalten Temperaturen geschieht.
Der Fermzilla passt momentan aber noch nicht in meine Lagertruhe. Daher dachte ich viel und kurz reduziert das Risiko von Fehlgeschmäckern...
Übervergoren war der Sud nicht. Die Voss schaffte einen sEVG von 81%. Nach dem Stopfen war auch kam mehr Tätigkeit im Gärbehälter zu vermelden. Auch nach dem Transfer ins KEG und anschließender Lagerung blieb der Restextrakt konstant. Das sollte ich also ausschließen können.
Trotzdem ein sehr interessantes Thema, welches ich definitiv im Auge behalten werde.
BrauSachse hat geschrieben: Freitag 9. Oktober 2020, 20:49 Nach Stefans Angaben waren es sogar 11g/l Stopfhopfen, das finde ich ziemlich krass. Andererseits wurde auch im Whirlpool gehopft. Könnte die Menge von 100 g bei ca. 10% Alpha (Annahme) nicht auch zu einer starken Bittere beitragen, wenn die Nachisomerisierungszeit zu lang ist? Bei 22 Liter, 15 Plato (Annahme bei 60% SHA) und 20 min Nachisomerisierung komme ich auf 85 IBU. Oder ist das normal laut Rezept?

Viele Grüße
Tilo

Um eine Nachisomerisierung zu vermeiden, wurde der Whirlpoolhopfen erst bei 75°C zugegeben.
Ich denke, auch hier wird wahrscheinlich noch etwas Bitterkeit abgegeben, dies sollte doch aber eigentlich bei dieser Temperatur zu vernachlässigen sein, oder?
Boludo hat geschrieben: Samstag 10. Oktober 2020, 09:53 Das Wasser ist für diesen Bierstil komplett ungeeignet. Da muss man eigentlich gar nicht mehr lange diskutieren.
Magnesium ist auch jede Menge drin.
Meine Erfahrung von früher ist, dass sich ungeeignetes Wasser vor allem beim Stopfen sehr stark auf die Qualität der Bittere auswirkt.
Eine Vollentsalzung per Ionentauscher oder Osmose wäre angebracht, anschließend je nach Bedarf aufsalzen.
Vielen Dank.
Ich lese mich gerade im Mischbett-Entsalzer Thread ein. Das klingt alles sehr reizvoll und kostentechnisch überschaubar.
Dies wird dann wohl die nächste Anschaffung sein. Dachte immer Grillen sei schon ein teures Hobby ;-)

Zusammengefasst:

- Menge beim Stopfen reduzieren
- VE-Wasser nach Stil aufsalzen und pH-Wert im Auge behalten
- eher bei kälteren Temperaturen stopfen und dafür den Hopfen länger drin lassen


Vielen Dank für eure Antworten.
Ihr habt mir sehr geholfen.
Ich bin immer wieder von der fachlichen Kompetenz hier beindruckt :thumbsup


Liebe Grüße
Stefan
DerDallmann

Re: NEIPA zu bitter

#9

Beitrag von DerDallmann »

Deine Stopfmenge insgesamt pro Liter ist völlig in Ordnung.
Jedoch ist aus meiner Sicht zu früh die komplette Menge gestopft worden. Es wird idr nur ein kleiner Teil in die aktive Gärung gestopft, der größere Teil erfolgt erst, wenn die Gärung komplett angeschlossen ist.
Coint
Posting Junior
Posting Junior
Beiträge: 44
Registriert: Freitag 28. Februar 2020, 14:38
Wohnort: Peißenberg

Re: NEIPA zu bitter

#10

Beitrag von Coint »

Ah, ok. Dann hatte ich das falsch verstanden.
Ich habe tatsächlich alles an Hopfen rein gegeben, da ich die Voss etwas unterschätzt hatte.
Zum Zeitpunkt des Stopfens war die Gärung bereits auf 75% sEVG fortgeschritten.
Also hab ich direkt die Gesamtmenge rein gegeben um den Gärbehälter nicht nochmal öffnen zu müssen und so unnötigen Sauerstoffeintrag und dadurch bedingte Oxidation zu vermeiden.

Beim nächsten Mal gebe ich also nur einen geringen Teil des Stopfhopfens zur Gärung (werde mich hier an den genannten 1 g/L orientieren) und stopfe dann den Rest über das Auffanggefäß, welches mit CO² gespült wird, nach Gärstop.

Viele Grüße
Stefan


Edit:
Kann man den Unterschied von Hop Burn, kratziger Bittere aufgrund unzureichendem Wasser und evtl. nicht abgesetzten Hopfenpartikeln eigentlich erschmecken?
Wo genau liegen Sensorisch da die Unterschiede?
Antworten