Caramalze: geschmackliche Veränderung?

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Innuendo
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Caramalze: geschmackliche Veränderung?

#1

Beitrag von Innuendo »

Hallo Ihrs,
ich bin auf der Suche nach der Ursache für eine geschmacklich negative Veränderung bei einem von mir sehr oft gebrauten Standardrezept. Seit etwa 2018 braue ich regelmäßig ein Münchner Hell. Bis ca. Mitte 2020 gab es keine geschmacklichen Probleme. Seit 4 oder 5 Suden ist es für mich ungenießbar geworden. Das Helle hat ein penetrantes süßliches Aroma mit einem für mich widerlichen Nachgeschmack bekommen. Meine Frau trinkt es (noch) und sieht das "nicht ganz" so extrem. Anfänglich habe ich das für Diacetyl gehalten, weil mein Aromastick eine Ähnlichkeit hat. Aber es ist keine fette Butter oder Popcorn. Eher ein klein wenig nach Werter's Echte. Aber es trifft es auch nicht genau. Den Diacetyltest aus dem Braumagazin habe ich gemacht: das ist es nicht. Im Gaumen setzt der Geschmack eher im hinteren Zungen- Gaumenbereich im Nachgang fest. Und dieser Geschmack bleibt (zumindest bei mir länger) im Gaumen hängen. Nach diversen Versuchen die Ursache zu finden habe ich jetzt einen 3 Wo alten Sud, bei dem ich vom Basisrezept den Anteil der Caramalze verringert bzw. ersetzt habe. Also gleiches Basismalz, gleiche Hefe, gleicher Hopfen, gleicher Prozess für Maischen und Gären. Die widerliche Geschmacksnote ist nur noch minimal vorhanden. Das ursprüngliche Rezept beinhaltet PiMa, 9% Carahell und 4% Carapils. Der aktuelle Testsud beinhaltet gar kein Carahell, dafür 4% MüMa und 4% CaraPils. Ich bestelle meine Malze immer im gleichen Shop und immer den selben Hersteller.
Meine Frage: haben sich Weyermann Caramalze verändert? Hat noch jemand unerklärliche Geschmacksveränderungen? Über Tipps oder Hinweise würde ich mich freuen. Am Sonntag habe ich den Sud von Anfang Januar in den Gulli gekippt. Hans Sion hätte gesagt "das kannste keinem Esel ins Ohr schütten". Sehr frustrierend.
Innu
Colindo
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Re: Caramalze: geschmackliche Veränderung?

#2

Beitrag von Colindo »

Also ich habe festgestellt, dass CaraHell für mich einen Nachgeschmack ins Bier bringt, mit dem man mich jagen kann. CaraPils habe ich einmal nur benutzt, aber war womöglich auch so (konnte damals nicht sagen, woran es lag). Den gleichen Geschmack nehme ich auch in vielen deutschen Bieren kleinerer Brauereien wahr. Mir kommt es aber so vor, als wäre das eine Konstante und nichts, was sich mit der Zeit geändert hätte (mein erstes Bier mit Carapils war Januar 2019, CaraHell war später). Ich meine auch nicht, dass es ein festsetzender Geschmack ist, das kenne ich eher von Hopfenharzen. Es war aber eine komische Süße.
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Bergbock
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Re: Caramalze: geschmackliche Veränderung?

#3

Beitrag von Bergbock »

Wenn dir bei einem Hellen was schief geht, wenn du plötzlich Fehlaromen hast, solltest Du nicht bei den (Cara)-Malzen suchen. Die geben dir nämlich keine Fehlaromen, allenfalls unerwünschte, wenn mal ein Malz beschriftet war.
Du solltest Dir deine Gärung ganz genau anschauen, deine Hefe (mehrfach geführt?), deine Temperatursteuerung beim Gären, eventuell auch deine Gärgefässe auf Keime anschauen. Solche Fehlaromen kommen durch die Gärung und gerade bei einem Hellen wirst du auch kleine Nuancen bemerken, die bei einem IPA der Hopfen überdeckt hätte,

Frank
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Innuendo
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Re: Caramalze: geschmackliche Veränderung?

#4

Beitrag von Innuendo »

Colindo hat geschrieben: Montag 12. April 2021, 15:30 Also ich habe festgestellt, dass CaraHell für mich einen Nachgeschmack ins Bier bringt, mit dem man mich jagen kann.
...
Es war aber eine komische Süße.
Jepp, Du weißt, welchen Geschmack ich meine.
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Commander8x
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Re: Caramalze: geschmackliche Veränderung?

#5

Beitrag von Commander8x »

Ja, Geschmacksänderungen durch veränderte Malzqualitäten halte ich für möglich. Das Ganze hat eine subjektive und eine objektive Seite. Wenn das Bier fur dich geschmacklich untragbar ist, dann weg damit, so schade es um die Arbeit auch ist. Über die Ursache solltest du den Lieferanten befragen, ob ihm was bekannt ist. Es kann durchaus chargenabhängige oder herstellerabhängige Unterschiede geben.

Ich persönlich habe bisher selten Caramalz verwendet, ich bin noch nicht so richtig überzeugt.

Gruß Matthias
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Innuendo
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Re: Caramalze: geschmackliche Veränderung?

#6

Beitrag von Innuendo »

Bergbock hat geschrieben: Montag 12. April 2021, 15:45 Du solltest Dir deine Gärung ganz genau anschauen, deine Hefe (mehrfach geführt?), deine Temperatursteuerung beim Gären, eventuell auch deine Gärgefässe auf Keime anschauen. Solche Fehlaromen kommen durch die Gärung und gerade bei einem Hellen wirst du auch kleine Nuancen bemerken, die bei einem IPA der Hopfen überdeckt hätte,
Ich bin zu 100% Deiner Meinung. Deshalb habe ich viele Versuche durchgeführt und die Ursache in meinen Prozessen gesucht. Durch Zufall habe ich beim Recherchieren den Beitrag Münchner Hell im Braumagazin nochmals gelesen und an der Stelle Malze die Idee Caramalze ersetzen notiert. Das war der erste Testsud mit deutlicher Verbesserung. Wobei mich MüMa im MüHell nicht überzeugt hat.
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Bergbock
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Re: Caramalze: geschmackliche Veränderung?

#7

Beitrag von Bergbock »

Innuendo hat geschrieben: Montag 12. April 2021, 16:06
Bergbock hat geschrieben: Montag 12. April 2021, 15:45 Du solltest Dir deine Gärung ganz genau anschauen, deine Hefe (mehrfach geführt?), deine Temperatursteuerung beim Gären, eventuell auch deine Gärgefässe auf Keime anschauen. Solche Fehlaromen kommen durch die Gärung und gerade bei einem Hellen wirst du auch kleine Nuancen bemerken, die bei einem IPA der Hopfen überdeckt hätte,
Ich bin zu 100% Deiner Meinung. Deshalb habe ich viele Versuche durchgeführt und die Ursache in meinen Prozessen gesucht. Durch Zufall habe ich beim Recherchieren den Beitrag Münchner Hell im Braumagazin nochmals gelesen und an der Stelle Malze die Idee Caramalze ersetzen notiert. Das war der erste Testsud mit deutlicher Verbesserung. Wobei mich MüMa im MüHell nicht überzeugt hat.
Absolut. Münchner Malz hat einen sehr charakteristischen Geschmack, der hervorragend zu diversen Böcken, Weihnachtsbieren etc passt. In ein Münchner Hell kommt es mir nicht rein. Indes, das ist natürlich kein Fehlaroma. Ich habe in fast allen Suden Caramalze drin (meist Carapils und Cara Hell) und noch nie etwas derartiges feststellen können.
Mein letztes Fehlaroma hatte ich bei einem Märzen, wo die Hefe nach zügigem Angären einfach aufgehört hat zu arbeiten. Musste W34/70 Trockenhefe nachsetzen, wodurch es zwar fertig vergoren hat aber der "Wurm" war schon drin, ein ganz subtiles Aroma, das da einfach nicht reingehört. Zum Glück nicht so schlimm, man konnte es trinken aber ärgerlich war es trotzdem sehr, der Genuss auch schon limitiert.

Frank
schabowski
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Re: Caramalze: geschmackliche Veränderung?

#8

Beitrag von schabowski »

Kann es eventuell mit dem Thema Verkleisterungs-Temperatur zusammen hängen ?
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Innuendo
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Re: Caramalze: geschmackliche Veränderung?

#9

Beitrag von Innuendo »

Hallo,
ich krame nochmal meinen alten Faden "geschmackliche Veränderung" hervor. Ich habe mittlerweile einige Testsude gebraut, bestimmte Parameter verändert, aber ich komme der Ursache nicht näher. Alle Testsude enden mit der nahezu identischen geschmacklichen Veränderung wie in #1 beschrieben. Der Geruch vom Jungbier ist süßlich, etwas Karamell-Vanille artig. Eine Spur hefig. Dieser Geruch setzt sich Nachgeschmack fort und bleibt im Gaumen hängen. Genuss geht anders. Nach dem aktuellen und leider wieder misslungenen Sud bin ich ratlos. Ich würde mich freuen, wenn jemand einen Tipp hat oder einen Fehler identifiziert.
Schüttung:
86% PiMa, 9% CaraHell, 5% CaraPils (MaischeSud Kessel, Rührwerk, Läuterbottich)
Maischeplan:
Einmaischen, bei 60°C - ergibt ca. 57°C, ca. 10min
1. Rast 63°C, 50min
2. Rast, 67°C, 10min
3. Rast, 72°C, 20min
Kochen:
High Gravity: 15%
Kochdauer: 75min (kräftig wallend kochend)
IBU: 20 mit Hall.Tradition, Hopfengaben bei 60min und 15min
Nachisomerisierung 10min - Crushed Ice beendet die Nachisomerisierung
Aromahopfen ebenfalls Hall. Tradition bei < 80°C im WP
Fermentierung: Fermentis Trockenhefe W34/70
Die Würze wird durch einen PWT auf ca. 15-18°C abgekühlt und in Fermenter gepumpt. Auf Anstelltemperatur 8°C benötigt der Fermenter ca. 2 weitere Stunden. Trockenhefe 1gr pro Liter Anstellwürze nach dem Einmaischen auf 150-200ml 18°C Wasser aufgestreut, abgedeckt und weggestellt. Zu Kochbeginn ein kleiner Becher (vlt. 100ml) Würze abgekühlt in die Wasser-Hefe Suspension beigegeben. Auf Magnetrührer durchgerührt und kräftig aufgeschlagen. Danach abgedeckt in den Kühlschrank bei 8°C gestellt. Temperaturführung in der Hauptgärung mit einem Grainfather Fermenter und Chiller im Cooling only Modus (Die Heizung im Konus aus). Die Würze wurde angestellt bei knapp über 8°C -> nach 24h auf 9°C -> nach weiteren 24h auf 10°C -> nach den nächsten 24h für 4-5 Tage Gärung bei 8°C. Nach etwa 2/3 der Hauptgärung Temperatur auf 16°C steigen lassen. Vollständig endvergoren -> Hefe geerntet -> anschließend auf 3°C für 48h gekühlt. Jungbier in NC Kegs geschlaucht. Kopfraum mit CO2 ordentlich geflutet. Lagerung bei 2°C. Nach 14 Tagen Jungbier umgedrückt und erster Geschmackstest. Jungbier erfreulich klar mit oben beschriebenen unerfreulichen Nachgeschmack.
Zutaten:
Die Cara Malze sind eingeschweißt, nicht vakuumiert in Boxen bei Raumtemperatur gelagert. PiMa (Sackware) wird in großen Boxen gelagert. Malze werden am Brautag geschrotet. Bei der Trockenhefe habe ich ein 500gr Paket in Braumengen portioniert, vakuumiert und im Kühlschrank bei 2°C eingelagert. Den Hopfen habe ich in gleicher Weise eingelagert. Mein Brauwasser ist weich: GH 4,0°dH, Ca 31,6, Cl 13. Zur Wasseraufbereitung setze ich Milchsäure und CaCl2 ein. Nach MMum: RA -4.5°dH Ca: 40.9 mg/l Mg: 2.8 mg/l SO4: 12.5 mg/l Cl: 29.5 mg/l Na: 8 mg/l. Messung ph nach dem Einmaischen: 5.7 - Milchsäure zugegeben (50% der MMum Menge) - Messung ph vor der Maltoserast: 5.5.
Wo braue in diesen Fehlgeschmack ein?
Innu
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Re: Caramalze: geschmackliche Veränderung?

#10

Beitrag von Colindo »

Ich kann dir nicht wirklich weiterhelfen, aber falls es generell an CaraHell liegt (meine Erfahrung) könntest du mal als Alternative CaraRed ausprobieren. Wenn du eh mehrere Testsude mittlerweile gebraut hast, wäre so eine Gegenprobe vielleicht sinnvoll. Ist der störende Geschmack dann weg, war der schon immer da, aber du einfach früher nicht dafür empfänglich.
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Sebasstian
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Re: Caramalze: geschmackliche Veränderung?

#11

Beitrag von Sebasstian »

Hi Innu,
Nach etwa 2/3 der Hauptgärung Temperatur auf 16°C steigen lassen. Vollständig endvergoren
Wie lange dauert es bis du von 8°C auf 16°C kommst und wie lange bleibst du dann bei 16°C (in Tagen) bis es endvergoren ist? Du hattest Diacetyl ja ausgeschlossen. Aber wie war da deine Begründung nochmal? Warum bist du dir so sicher, dass es kein Diacetyl ist?
Grüße,
Sebastian
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Commander8x
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Re: Caramalze: geschmackliche Veränderung?

#12

Beitrag von Commander8x »

Versuch doch mal, eins deiner Standardrezepte ohne ein Caramalz zu brauen, bei ansonsten unveränderten Parametern. Und in einem zweiten Ansatz nicht über 10 Grad zu vergären.

Ich halte auch nach wie vor möglich, dass sich an der Qualität deiner Caramalze was verändert hat. Da gibt es viel weniger Qualitätsmerkmale/Analysenwerte als für ein Standardmalz. Evtl reicht es auch aus, den Anbieter zu wechseln.

Gruß Matthias

Edith: Präzisierung - ich schlage eine glatte Untergärung vor, mit Anstellen bei 8 Grad, an Tag 3 auf max. 10 Grad und Kaltreifung. Keine Diacetylrast.
Zuletzt geändert von Commander8x am Mittwoch 21. Juli 2021, 06:27, insgesamt 1-mal geändert.
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gulp
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Re: Caramalze: geschmackliche Veränderung?

#13

Beitrag von gulp »

Werters Echte klingt für mich schon nach Diacetyl. Ich würde mal eine andere Hefe versuchen. Z.B. die https://www.braupartner.de/Zymoferm-HEL ... sighefe-ug

Dekoktion wäre auch eine Überlegung wert. Dann kannst du die Caramalze weglassen.
Zu Kochbeginn ein kleiner Becher (vlt. 100ml) Würze abgekühlt in die Wasser-Hefe Suspension beigegeben. Auf Magnetrührer durchgerührt und kräftig aufgeschlagen
Trockenhefe streut man auf und lässt sie erst mal 15 min in Ruhe und schwenkt dann mal vorsichtig. Kräftig geschlagen klingt für mich nicht gut.
https://stixbraeu.de/tipps-und-tricks/h ... ratisieren

Gruß
Peter
>>Impfung rettet Leben und Kultur!<<

Ein Bayer ohne Bier ist ein gefährlich Thier!

https://biergrantler.de
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Re: Caramalze: geschmackliche Veränderung?

#14

Beitrag von heizungsrohr »

Wieso reduzierst du die Gärtemperatur zwischenzeitlich von 10 auf 8°? Das sorgt höchstens für eine einschlafende Gärung, ansonsten hat das keine Vorteile.
Ansonsten klingt das für mich auch nach Diacetyl. Hast du mal eine Flasche oÄ dauerhaft ungekühlt gelagert? Nach mehr als 14 Tagen Lagerung probiert? Du unterdrückst die Reifung bei 2°Lagerung.
Gruß
Magnus
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Innuendo
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Re: Caramalze: geschmackliche Veränderung?

#15

Beitrag von Innuendo »

Danke für eure Tipps!
Zur Diacetylfrage:
Ich habe den Forciertest aus dem Braumagazin gemacht und für den Vergleich einen Diacetyl-Aromastick aus meinem Kiesbye Sommelierkurs verwendet.
Meine bereits durchgeführten Tests Schüttung und Temperatur:
Cara durch MüMa ersetzt
95% PiMa 5% CaraPils
100% PiMa
mit/ohne Diacetylrast
Gärführung konstant bei 9-10°C mit ColdCrash am Ende
Das Ergebnis war immer der gleiche Geruch und Nachgeschmack, in der Intensität aber unterschiedlich. Das führt zur der Annahme Prozessfehler. Deshalb auch die vielen Details zum Prozess.

@Sebastian: ein Temperaturanstieg von 8° auf 18° hatte laut Grainfather Tool bei meinem aktuellen Sud 38 Stunden gedauert. Die Fermenter stecken in Insulation Jackets. Ohne Heizung reduziert das die Aufwärmzeit ein wenig. Das Abkühlen auf 3°C war allerdings in nur 20h. Da habe ich bei Chris White nachgelesen, dass die Hefe möglicherweise auch wieder Nebenprodukte abgibt.

@Peter: "kräftig aufschlagen" war schlecht formuliert von mir. Die Suspension aus Wasser, Würze und zu dem Zeitpunkt bereits rehydrierter Trockenhefe im Erlenmeyerkolben (ca. 150-200ml) "aufschütteln" beschreibt es besser. Dein Tipp andere Hefe verwenden werde ich als nächstes ausprobieren. Mir ist noch ein Detail zur Hefe gestern Abend nach Deinem Post eingefallen: die Fermentis W34/70 hat vor einiger Zeit das Etikett "E2U direct pitch" erhalten. Vlt stimmen die Anstellparameter nicht mehr mit der W34/70 ohne E2U überein. Weißt Du zufällig, welche Hefestamm bei der verlinkten Zymoferm verwendet wurde?
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Re: Caramalze: geschmackliche Veränderung?

#16

Beitrag von Seed7 »

Innuendo hat geschrieben: Dienstag 20. Juli 2021, 17:27 86% PiMa, 9% CaraHell, 5% CaraPils (MaischeSud Kessel, Rührwerk, Läuterbottich)
In der heutigen zeit muss man leider fragen, kann dein geschmack sich geaendert haben?

Braue mal ohne alle diese cara's. 100% Pils malz. Vergleiche die resultate.

(Warum eigentlich die cara's? Und in der menge?)

Ingo
"Wabi-Sabi" braucht das Bier.
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Re: Caramalze: geschmackliche Veränderung?

#17

Beitrag von Colindo »

Wenn du das gleiche Problem in einem Vergleichssud mit 100% PiMa hattest, können wir uns das Hypothetisieren über das Cara tatsächlich sparen. Also bleibt entweder die Hefe, das würde ich als nächstes Probieren. Bei Erfolg kann man ja mit anderer Temperaturführung versuchen, das gleiche Ergebnis aus der W34/70 zu bekommen. Oder es liegt am Pilsner Malz, dann müsstest du mal eins von einem anderen Hersteller oder einer anderen Gerstensorte (böhmisch Pilsner u.Ä.) versuchen.
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Re: Caramalze: geschmackliche Veränderung?

#18

Beitrag von Innuendo »

@heizungsrohr: Die Gärung braucht bei mir durchschnittlich 8-10 Tage, inkl. Cold Crash 14 Tagen. Ich habe aus dem Buch von Jan und Yeast von Chris White Anregungen zur Gärführung umgesetzt. Aber auch Test bei konstanten 9-10°C durchgeführt. Den Restextrakt beobachte ich mit einer iSpindel. Bei meinen Tests habe ich immer vollständig vergären lassen.

Zum Caramalz ein Testergebnis:
Mein Sud 05.2021 war ein 100% PiMa mit Earlschen Verfahren. Das Jungbier hat 8 Wochen in Kegs gelagert und wurde 2x umgedrückt. Für ein Heimbräu schön klar. Das Geschmacksergebnis leider nahezu identisch. Das Bier habe ich letztes Wochenende verworfen. Der Hefesatz am Kegboden beim Durchspülen hatte genau diesen Geruch. Mein Diacetyl Aromastick zwickt in der Nase und ist unangenehm. Der Bodensatz riecht nicht unangenehm. Vielleicht ist auch meine Diacetyl Referenz Aromastick alt oder schlecht und führt zu falschen Interpretationen.
Die Temperaturführung (oberes Bild) und der Abbau Extrakt iSpindel im Test 100% PiMa:
MüHell-Gärung.jpg
Bei der Diacetylrast (16/17 May) sieht man schön, dass ich die Aufteilung der Hauptgärung 2/3 : 1/3 in dem Sud verpasst habe. Wieviel Restextrakt vorhanden sein muss, damit die Hefe Nebenprodukte wie Diacetyl um- bzw. abbaut weiß ich nicht.

Mit meinem Sud 06.2021 habe ich (auch aus Frust) einen Test Kalthopfung in einem Keg Hopfen Filter gemacht. Der Test dauert noch an.
Keg 1: 1gr Hall. Tradition pro Liter für 24h: Geruch neutralisiert, Nachgeschmack neutralisiert, zu sehr Richtung grasig, krautig
Keg 2: 1gr Saazer pro Liter für 10h: Geruch neutralisiert, interessanter Geschmack, der Versuch könnte noch etwas trinkbares werden
Keg 3: 0,5ml Extrakt Mandarina Bavaria: (noch) gar keine Wirkung
Leider hatte ich keinen Hopfen Perle mehr vorrätig. Der Geschmack mit den Pellets Tradition war vorhersehbar.

Nochmal Danke für eure Tipps und Hilfen :thumbup
Innu
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Re: Caramalze: geschmackliche Veränderung?

#19

Beitrag von Safari-Guide »

Hi, auch wenn ich bei weiterem nicht die Erfahrung mit Bierbrauen und insbes. Untergärigem habe, eine Frage / Anregung für Dich: Ich glaube nicht, dass es Maische / Schüttung oder die Vergärung ist - das hast du ja schon entsprechend variiert.

Kann es ggf. entweder
a) die Hefe sein - statt der 34/70 mal Brauereihefe versuchen oder eine entweder ähnliche vom gleichen Stamm (Mangrove Jack oder Lallemand) oder ein anderer UG-Stamm?
b) du irgendwo eine Verunreinigung im System hast, die auf alle Sude durchschlägt (z.B. im Plattenwärmetauscher)?

Viel Erfolg bei der weiteren Suche!

Erik
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Innuendo
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Re: Caramalze: geschmackliche Veränderung?

#20

Beitrag von Innuendo »

Den Tipp andere Hefe werde ich als nächstes umsetzen. Ich habe die WLP838 und die Zymoferm aus Peters Link bestellt. Beim nächsten Sud drehe ich alle Parameter wieder zurück und teile den Sud auf zwei Fermenter mit den 2 Hefen auf. Die W34/70 ist aber eine Allerweltshefe, die jeden Tag unzählig oft eingesetzt wird. Einen Fehler in meinen Prozessen halte ich weiterhin für viel wahrscheinlicher. Wenn Seed7 Recht hat und ich habe eine W34/70 Unverträglichkeit entwickelt, dann benenne ich die W34/70 im KBH2 Rohstofflager in NoGo-Hefe um ;-)
Mein PWT, meine Ventile .. sind alle zerlegbar. Eine Infektion sehe ich nicht, auch weil das Bier für meine Regierung trinkbar ist.
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§11
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Re: Caramalze: geschmackliche Veränderung?

#21

Beitrag von §11 »

Ferndiagnosen sind immer schwiergig. Allerdings sind einige deiner Beschreibungen schon typisch Diacetyl:

- "penetrantes süßliches Aroma mit einem für mich widerlichen Nachgeschmack bekommen"
-" klein wenig nach Werter's Echte"
-" Im Gaumen setzt der Geschmack eher im hinteren Zungen- Gaumenbereich im Nachgang fest."
-" Und dieser Geschmack bleibt (zumindest bei mir länger) im Gaumen hängen"

Warum dein Aromastift anders riecht kann viele Ursachen haben. Ein wichtiger Unterschied sind sogenannte Matrixeffekte. Dein Stift enthält Diacetyl. sonst nix. Dein Bier enthält Hunderte von aromaaktiven Verbindungen, die sich ergänzen, überlagern und maskieren. Ein direkter Vergleich ist schwer. Meine Kaffekollegen sagen mir immer das Kaffee etwa 800-1000 Aromastoffe enthält, von denen kein einziger nach Kaffee riecht oder schmeckt.

Der Schwellenwert für Diacetyl ist mir 50 – 100 μg/​l sehr niedrig. Je nach Konzentration werden aber unterschiedliche Aromen und Sinneseindrücke wahrgenommen. Während niederige Konzentrationen die Gesamtkomposition eines Bieres verbessern können, können höhere Konzentrationen im gleichen Bier ein Problem sein. Ein Grund warum Diacetyl ein Parameter ist der in der kommerziellen Brauereien oft im Labor überwacht wird.

Die Frage ist, was hat sich geändert das das Problem jetzt auftritt? Keine Ahnung.

Da du keine offensichtlichen Änderungen vorgenommen hast, bleibt nur Einflussfaktoren von der Liste zu streichen.

Neben der Temperatur hat die Würzezusammensetzung einen sehr wichtigen Einfluss auf die Diacetylproduktion. Einen Hinweis gibt uns Andy im Braumagazin Artikel:
Wenn die Hefe­zel­le für den Auf­bau an Bio­mas­se nicht mehr aus­rei­chend von der Ami­no­säu­re Valin aus der Wür­ze auf­neh­men kann, dann kann sie es selbst syn­the­ti­sie­ren. Ein Zwi­schen­schritt auf der Syn­the­se zu Valin ist 2‑Acetolactat. Die­se Vor­gän­ger­sub­stanz zu Dia­ce­tyl ent­steht im Über­schuss und wird daher von der Hefe zum Teil durch die Zell­wand an die Wür­ze abge­ge­ben. Die Hin­ter­grün­de für die Aus­schei­dung sind nicht voll­stän­dig geklärt. Ver­mut­lich ist eine zu hohe Kon­zen­tra­ti­on an 2‑Acetolactat für die Hefe schäd­lich, wes­halb es an die Wür­ze abge­ge­ben wird.
Der Schlüsselbegriff ist hier FAN (freier Amino Stickstoff). Den FAN kann man sich vorstellen wie LEGO© aus denen die Hefe Aminosäuren zusammenbauen kann. Die Unterversorgung kann aus unterschiedlichen Gründen bestehen. Gerade helle Malze und kurze Proteinrasten können zu FAN Mangel führen. Abhilfe kann, im Hobbybereich, sehr einfach durch Hefenährsalz geschaffen werden.

Ein anderer Einflussfaktor ist die Hefe selbst. Im Allgemeinen bildet die Hefe Diacetyl und baut es aber auch wieder ab. Wie sehr sie zur Bildung und zum Abbau neigt, liegt zum einen am Hefestamm aber auch an den äusseren Umständen. Gerade zum Abbau muss die Hefe noch aktiv sein. Ein Problem kann sich da aus deiner "absteigenden" Gärführung" ergeben. Manche Hefen mögen es nicht wenn es kälter wird. Trifft diese Abkühlung zum Beispiel mit dem Ende der Angärung (Angärzucker = Monosaccharide sind aufgebraucht) zusammen, kann es passieren das die Hefe absinkt. Durch die fehlende Gärtätigkeit kommt die Konvektion im Tank zu erliegen und die Hefe liegt am Tank/ Bottichboden umgeben von nährstoffarmen Jungbier. Da bewegt sie sich auch von selbst nicht mehr weg.

Du schreibst:
Nach etwa 2/3 der Hauptgärung Temperatur auf 16°C steigen lassen
Worauf beziehst du die 2/3? Deiner geplanten Zeit oder 2/3 des Extraktes ist vergoren? Falls ersteres zutrifft, wäre ein Schritt den scheinbaren Extrakt hier zu bestimmen. Ist denn überhaupt noch Restextrakt vorhanden um die Hefe währen der Warmtage bei 16C aktiv zu halten. Wie sieht denn das Bier zum Zeitpunkt "2/3 der HG" aus, also bevor du deine Warmtage einleitest? Ist es da schon recht klar?

Natürlich will ich den Einflussfaktor Malz nicht ausschliessen. Hier haben wir Hobbybrauer einen Nachteil. Zum Einen stehen uns meist die Chargenanalysen nicht zur Verfügung, zum anderen haben gerade Spezialmalze einen relativ geringen "Umsatz" sowohl bei uns als auch beim Lieferanten. Wenn sich der Onlineshop 2 50kg Säcke aufs Lager legt, dann reicht das für etliche Monate. Das heisst aber auch, wenn ein Malz in seiner Qualität schwankt, dann kommen diese Schwankungen (in die eine oder die andere Richtung) bei uns unter Umständen spät oder gar nicht an. Soll heissen, selbst wenn du neues Malz bestellst, kann das immer noch die gleiche Charge sein.

Auch ohne "Probleme" schwanken Malzqualitäten". Schaut man sich, zum Beispiel, die Spezifiaktion von CaraHell ® an, so schwankt alleine die Farbe von 20-30 EBC. All das ist im Hobbymassstab schwer bis überhaupt nicht zu kontrollieren. Der kommerzielle Brauer legt sich da die Malzmenge, die er in etlichen Monaten verbraucht, auf Lager und bestellt frühzeitig nach um dann, durch mischen, einen langsamen Übergang zu schaffen. Solche Stellschrauben haben wir halt leider nicht.

BTW, ich bin hier in den USA gerade mit einer Firma im Gespräch, die einen Schnelltest für Diacetyl anbieten. https://www.beyerschemical.com/vdk-test-kit.html#/

Schöne Grüsse

Jan
„porro bibitur!“
Die Seite zum Buch "Bier brauen" https://www.jan-bruecklmeier.com/
Die Seite zur HBCon https://heimbrauconvention.de/
https://headlessbrewer.wordpress.com/
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Innuendo
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Re: Caramalze: geschmackliche Veränderung?

#22

Beitrag von Innuendo »

@§11: Vielen Dank für Deine Mühe und ausführliche Antwort!
Das sind meine Aromasticks aus Oktober 2020: DMS, Diacetyl und 4-Vinylguaiacol
Aromasticks.jpg
Aromasticks.jpg (83.29 KiB) 2261 mal betrachtet
Ich habe den Geruchstest gestern Abend mit einem Nicht-Heimbrauer-Freund wiederholt: "mit viel Phantasie ist der Geruch ähnlich".
Das Thema Diacetyl hat mich immer wieder beschäftigt, basierend auf mein Vorgehen und Maßnahmen hatte ich diesen Bierfehler ausgeschlossen. Weil ihr euch alle sicher seid, steht er wieder auf meiner Liste. Den Beitrag Bierfehler Diacetyl von Andreas Staudt im Braumagazin habe ich gefühlt schon 100 mal gelesen und nach Hinweisen gesucht, was ich übersehen haben könnte. Ich würde das Thema sehr gern weiter diskutieren, auch wenn es zum Topic nicht mehr passt. Die Antworten hier öffnen den Blick auf andere, bislang unbeachtete Details.

zum FAN:
Bei hellen Malzen habe ich bislang keine ~50°C Rast gemacht. Bei dunklen Malzen ist sie obligatorisch dabei. Als Hefenahrung habe ich mal Brewferm Servomyces Kapseln ausprobiert. Eine Information über die Inhaltsstoffe kann ich nicht finden. Brewferm Servomyces hatte keine Änderung im Geschmacksprofil bewirkt. Meine Notizen zu dem Testsud sind wenig nützlich.

Eine hilfreiche Information wäre die Fortführung der Tests mit folgenden Parametern:
- gleiche Schüttung
- gleiche Hefe
- gleiche Gärführung
- gezielt Hefenahrung (FAN) hinzufügen

Im Ergebnis wäre aus diesem Test zu erwarten, dass bei sonst unveränderten Parametern durch Zugabe von Hefenährstoffen die Bildung / Entstehung von Diacetyl reduziert wird. Bleibt aber noch der wichtige Abbau von Diacetyl. Im Beitrag von Andy ist leider eine ungenaue Angabe zum Umbau: "Die Erhöhung der Gärtemperatur am Ende der Gärung ...". §11 schreibt, dass die Hefe noch aktiv sein muss. C. White sagt, dass 0.5°-1°P vor Ende der Fermentierung die Diacetylrast durchgeführt werden soll. White beschreibt auch die (Narziss-) Methode mit 2/3 zu 1/3. Diese Methode habe ich vereinfacht in meinen Prozess übernommen und sie basiert auf Restextrakt. Die STW wird gemessen (EasyDens). Ich kenne aus meinen Brauprotokollen sEVG, tEVG und SRE mit der W34/70. Ein 12°P Sud und tEVG ~66% vergärt zu ca. 2-2.5°P Restextrakt. Diese groben Annahmen verwende ich: 12-2.5 = 9.5 * 2/3 = 6.3 gerundet 6%%
Wenn die iSpindel etwa 6%% (unter 7) anzeigt (die gelbe Linie in der Grafik #18), ist der Zeitpunkt für "eine gemäßigte Temperaturerhöhung" auf 16°C gekommen. Wie das Bier dann ausschaut weiß ich nicht. Aber die Frage von §11 nach "recht klar" zielt doch auf den richtigen Zeitpunkt ab, oder?. Wenn das Jungbier klar ausschauen würde, wäre das "am Ende" der Gärung und damit zu spät. Genau das ist bei diesem einen Testsud im Beitrag #18 auch passiert und das wäre eine plausible Begründung, warum speziell in diesem Sud Diacetyl über dem Schwellwert im Jungbier stecken geblieben ist. Zum Zeitpunkt bei 6-7%% Restextrakt müssten eingefallene, schmutzige Kräusen sichtbar sein. In der Grafik #18 wäre der "Hocker" in der roten Temperaturlinie 1-2 Tage früher (weiter links). Dann wäre aktive Hefe in der Schwebe und ausreichend Zeit vorhanden, um nach Andreas Staudt Diacetyl zu produzieren und parallel in Butandiol umzuwandeln. Funktioniert aber leider nicht so, wie ich mir das zusammengesetzt habe. In Testsuden mit Diacetylrast nach 2/3 der Hauptgärung habe ich kein anderes Ergebnis herbeiführen können.
§11 hat geschrieben: Mittwoch 21. Juli 2021, 16:19 Gerade zum Abbau muss die Hefe noch aktiv sein. Ein Problem kann sich da aus deiner "absteigenden" Gärführung" ergeben. Manche Hefen mögen es nicht wenn es kälter wird. Trifft diese Abkühlung zum Beispiel mit dem Ende der Angärung (Angärzucker = Monosaccharide sind aufgebraucht) zusammen, kann es passieren das die Hefe absinkt. Durch die fehlende Gärtätigkeit kommt die Konvektion im Tank zu erliegen und die Hefe liegt am Tank/ Bottichboden umgeben von nährstoffarmen Jungbier. Da bewegt sie sich auch von selbst nicht mehr weg.
Ich verstehe nicht, was Du mit absteigender Gärführung meinst. Die kurze "Zick-Zack" Sequenz in der Temperaturlinie iSpindel bitte ignorieren. Ich habe keine Ahnung, wie die Messwerte entstanden sind. Vermutlich ein Sensorfehler.
Mein praxisorientierter Wissenstand: in den ersten 72 Stunden der Gärung entstehen die meisten Geschmackstoffe durch die Hefe. Die optimale Anstelltemperatur liegt 1 bis 2 Grad unter der Zieltemperatur der Hauptgärung. Diese Temperaturführung zeigt meine Grafik #18 mit der einzelnen roten Linie. Die Absenkung von 10°C auf 8 - 9°C nach ca. 72h ist ggfs. nicht optimal. Mein Gedanke hinter dieser 1°C Absenkung war eine Verlangsamung der Gärung. Je höher die Gärtemperatur, desto schneller wächst die Hefe und desto schneller vergärt der Sud. Die Nebenwirkungen sind eine Zunahme von höheren Alkoholen und anderen Geschmacksstoffen. Die Stellschraube Verlangsamung der Gärung sollte dem ungewollten Fehlgeschmack entgegenwirken, also weniger Fusel und weniger Esteraromen. Wobei langsam keine gute Beschreibung ist. Eine Gärdauer von ca. 10 Tagen verstehe ich nicht als Hinweis auf eine langsame oder sogar stockende Gärung. Die teils kräftige CO2 Blubberei in den Blow Off Gefäßen widerspricht stockend/langsam ebenfalls. Die Beschreibung von §11 sinngemäß "die Hefe liegt bewegungslos im Konus umgeben von extraktarmen Jungbier ... da bewegt sie sich von selbst nicht mehr weg" wäre aber eine logische Begründung, warum trotz Temperaturanstieg auf 16°C kein bzw. zu geringer Umbau von Diacetyl stattgefunden hat.

Am Ende der Diacetylrast müsste das Jungbier vollständig vergoren sein (~2-2.5°P Restextrakt). Eine sehr schnelle Abkühlung auf eine Lagertemperatur von 4°C führt laut White zum Ausscheiden von Esterkomponenten der Hefe. Daraus habe ich diese Reihenfolge am Ende der Gärführung abgeleitet:
- das Jungbier von der Hefe abziehen (Hefe ernten = Konus ablassen)
- Abkühlung
Eine verlangsamte Abkühlung habe ich bislang nicht gemacht. Die Abkühlung von Diacetyl- auf Lagertemperatur erfolgt innerhalb von einem Tag. Eher etwas weniger - wortwörtlich ein cold crash. Wie ist das Ausscheiden von Esterkomponenten für die in Schwebe befindlicher Hefe zu bewerten?
Der vorhandenem Restextrakt (2-2.5°P) baut während der Reifung Nebenprodukten ab. Hier könnte ein weiterer Fehler vorliegen. Ich kühle auf 2°C ab und nehme das Jungbier nach 14 Tagen von der abgesetzten Hefe (Keg umdrücken). Die Klärung funktioniert gut. Aber heizungsrohr hat darauf hingewiesen, dass bei 2° der Reifeprozess unterdrückt wird. Dann wird auch der Abbau von Nebenprodukten verhindert. Das müsste aber andere Geschmackskomponenten betreffen, weil zu diesem Zeitpunkt der Umbau Diacetyl abgeschlossen sein müsste.

Drei Markierungen stehen auf meiner Todo:
Hefenahrung und optimaler Zeitpunkt Diacetylrast
Hefestress durch rapide Abkühlung
Reifetemperatur

Ich würde echt gern wissen, wie mir vor 2 oder 3 Jahren mit null Wissen über Diacetyl richtig gute MüHell gelingen konnten. Ich habe meine ersten Protokolle noch ... das darf man niemanden zeigen ;-)
§11 hat geschrieben: Mittwoch 21. Juli 2021, 16:19 BTW, ich bin hier in den USA gerade mit einer Firma im Gespräch, die einen Schnelltest für Diacetyl anbieten. https://www.beyerschemical.com/vdk-test-kit.html#/
"Tired of trusting only your nose" - wie wahr :Bigsmile

Was ein langes Posting und nur ein Bild. Mea culpa! Ich hoffe, die Prozessentwicklung finden andere genauso interessant.

Innu
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§11
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Re: Caramalze: geschmackliche Veränderung?

#23

Beitrag von §11 »

zum FAN:
Bei hellen Malzen habe ich bislang keine ~50°C Rast gemacht. Bei dunklen Malzen ist sie obligatorisch dabei. Als Hefenahrung habe ich mal Brewferm Servomyces Kapseln ausprobiert. Eine Information über die Inhaltsstoffe kann ich nicht finden. Brewferm Servomyces hatte keine Änderung im Geschmacksprofil bewirkt. Meine Notizen zu dem Testsud sind wenig nützlich.
Andersrum wird ein Schuh draus. Helle Malz sind für Gewöhnlich knapper gelöst. Die FAN- Versorgung macht vor allem bei hellen Würzen ein Problem.

Temperaturführung in der Hauptgärung mit einem Grainfather Fermenter und Chiller im Cooling only Modus (Die Heizung im Konus aus). Die Würze wurde angestellt bei knapp über 8°C -> nach 24h auf 9°C -> nach weiteren 24h auf 10°C -> nach den nächsten 24h für 4-5 Tage Gärung bei 8°C.
Ich meinte diesen Teil:
Temperaturführung in der Hauptgärung mit einem Grainfather Fermenter und Chiller im Cooling only Modus (Die Heizung im Konus aus). Die Würze wurde angestellt bei knapp über 8°C -> nach 24h auf 9°C -> nach weiteren 24h auf 10°C -> nach den nächsten 24h für 4-5 Tage Gärung bei 8°C. Nach etwa 2/3 der Hauptgärung Temperatur auf 16°C steigen lassen.
Schöne Grüße

Jan
„porro bibitur!“
Die Seite zum Buch "Bier brauen" https://www.jan-bruecklmeier.com/
Die Seite zur HBCon https://heimbrauconvention.de/
https://headlessbrewer.wordpress.com/
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Re: Caramalze: geschmackliche Veränderung?

#24

Beitrag von Innuendo »

§11 hat geschrieben: Donnerstag 22. Juli 2021, 17:05 Andersrum wird ein Schuh draus. Helle Malz sind für Gewöhnlich knapper gelöst. Die FAN- Versorgung macht vor allem bei hellen Würzen ein Problem.
Das habe ich mir falsch herum eingeprägt. Ich bin meine kompletten Notizen nach deinem Post durchgegangen: das ist konsequente Fehlerfortpflanzung. Und jetzt wird es richtig blöd für mich: schau mal, was ich mir 2017 in einem meiner ersten Brauprotokolle (eher ein Ablaufplan) notiert habe:
maischen.jpg
Einmaischen 50°C :redhead - Vielen Dank Jan!

Gruß
vom etwas frustriertem Innu :Greets
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Re: Caramalze: geschmackliche Veränderung?

#25

Beitrag von heizungsrohr »

Innuendo hat geschrieben: Donnerstag 22. Juli 2021, 15:08 Ich würde echt gern wissen, wie mir vor 2 oder 3 Jahren mit null Wissen über Diacetyl richtig gute MüHell gelingen konnten. Ich habe meine ersten Protokolle noch ... das darf man niemanden zeigen
Dein Vorgehen klingt ehrlich gesagt etwas nach Overengineering. Insbesondere das frühzeitige Runterkühlen am Ende der Gärung ist mMn die Hauptursache für die Probleme. Diacetyl wird nach meiner Erfahrung auch nach Ende der Gärung recht zügig im Rahmen der normalen Reifung abgebaut. Allerdings nicht, wenn man das unreife Bier bei 2° quasi einfriert.
Gruß
Magnus
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Re: Caramalze: geschmackliche Veränderung?

#26

Beitrag von Innuendo »

heizungsrohr hat geschrieben: Freitag 23. Juli 2021, 17:14 Dein Vorgehen klingt ehrlich gesagt etwas nach Overengineering.
Echt? Das ist schade. Der Plan war anders. Aus vielen Quellen und teils widersprüchlichen Informationen habe ich mir ein sehr einfaches Vorgehen zusammengesetzt, um wiederholbare gleiche Ergebnisse zu brauen. Das funktioniert bei meinen Ales/Kölsch mMn gut. Mit meinem MüDunkel bin ich Schwiegervater's best friend :Smile
heizungsrohr hat geschrieben: Freitag 23. Juli 2021, 17:14 Insbesondere das frühzeitige Runterkühlen am Ende der Gärung ist mMn die Hauptursache für die Probleme ... Allerdings nicht, wenn man das unreife Bier bei 2° quasi einfriert
Die Temperaturabsenkung (cold crash) findet erst nach 48+ Stunden ohne Restextraktänderung statt (siehe #18).
Die Fehlerkorrektur Eiweißrast und die Hinweise auf FAN und und von Dir die Reifetemperatur sind einfach umzusetzen. Ab heute habe ich Urlaub :Bigsmile - kurzfristig wird gebraut.

Innu
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Re: Caramalze: geschmackliche Veränderung?

#27

Beitrag von Bronkhorst »

Ich glaube auch, dass du es zu eilig mit der Temperatursenkung hast. Ich lass die Temperatur bei den letzten 2-3% Restextrakt auf Raumtemperatur kommen. Als ich das mal nicht gemacht habe, hatte ich auch Probleme mit Diacetyl. Da war die Gärung schon einige Tage komplett abgeschlossen und ich habe dann erst wärmer gestellt. Das hat Wochen gedauert (bei ca. 18°C) bis das Diacetyl verschwunden war.

Btw probier mal eine flüssige UG Hefe. Die Biere mit trockenen Hefen (auch 34/70) sind durchweg schlechter gewesen als die mit Flüssighefen.

Jens
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Re: Caramalze: geschmackliche Veränderung?

#28

Beitrag von Seed7 »

Innuendo hat geschrieben: Samstag 24. Juli 2021, 08:18 Die Temperaturabsenkung (cold crash) findet erst nach 48+ Stunden ohne Restextraktänderung statt (siehe #18).
Fuer den coldcrash ist nicht nur der restextractaenderung wichtig. Die hefe muss fertig sein mit das abbauen unerwuenschten stoffe. Wir, hobbybrauer, haben nicht die mittel diesen zustand zu ermitteln. Zudem bringt es eigentlich gar nichts und kostet nur energie.

Coldcrash, na ja, weiter runter kuehlen hat wenig zweck es sei den man macht eine lange kalte lagerung. Und, coldcrash koennen wir nicht. Es ist abgeleitet von einen prozess wo mann bier an eine gekuehlte wand 'anfriert'. Das eis wird von der wand weggenommen, es ist hauptsaechlich wasser und eiweiss etc. Der alcoholgehalt erhoeht sich ein ganz wenig. Bleibt aber unter dem wo das Amerkanische gesetz von destillation spricht.

Eigentlich muessten hobbybrauer sich nicht nach den modernen industriellen prozesse richten sondern sich orientieren an die kleinen brauerein von vor 50 .. 100 .. 200 jahren. Da ist der prozessablauf viel aehnlicher.

Ingo
"Wabi-Sabi" braucht das Bier.
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Re: Caramalze: geschmackliche Veränderung?

#29

Beitrag von Innuendo »

Wegen der vielen Tipps und Hinweise ein kleines, aber sehr erfreuliches Update:

Ein weiterer Testsud vom 26.07.: identische Schüttung, identische Wasseraufbereitung und gleiche Gärführung (kalte Gärung kalte Reifung).
Anpassung Hefe: Zymoferm Z001 und WLP838
Anpassungen Prozess: Einmaischen bei 50°C mit kurzer Eiweißrast (§11), ansonsten identischer Maischeplan. Temperaturabsenkung nach Diacetylrast auf 10°C. Anschließend Lagerung/Reifung bei 8°C (heizungsrohr)

Die Z001 (gulp) ist laut Braupartner ebenfalls eine W34/70. Der Fehlgeschmack ist im Jungbier nicht vorhanden. Der Geruch passt wieder zum Biertyp. Ausflockung und Sedimentation waren sehr gut. Das Jungbier ist ohne "Coldcrash" schon jetzt sehr klar (seed) und wurde über Sinterstein karbonisiert (seed, anderer Faden). Nach so kurzer Reifezeit schon sehr lecker. Die Hefe Z001 war sehr agil und wurde direkt eingelagert (Glycerin).
Die WLP838 hat lange zum Ankommen gebraucht. Das Keg steht noch ohne Karbonisierung in der Reifung. Fehlgeruch ist nicht vorhanden. Das Ergebnis bzgl Bierfehler wird vermutlich ähnlich zur Z001 sein. Interessant wird der Geschmacksvergleich in ein paar Wochen. Die Hefe war laaaangsam, trotz höherer Temperaturführung gem. Angaben White Labs.

Aus der Gärung mit der Hefe Zymoferm Z001 habe ich Kräusen und einen Schuss Würze (ca. 50ml) entnommen und in das Keg mit dem Bier mit Fehlgeschmack auf Basis Trockenhefe Fermentis W34/70 gegeben. Das Keg wurde ordentlich durchgeschüttelt und bei Kellertemperatur 18°C eine Woche beiseitegestellt. Dem Druckaufbau im Keg nach haben die Kräusen kräftig gearbeitet. Weder Geruch noch Fehlgeschmack konnte ich durch Aufkräusen abbauen. Schade, das wäre der Beweis gewesen.

Ich habe 5 oder 6 Sude in den Gulli gekippt, weil ich an den falschen Stellschrauben Änderungen durchgeführt habe. Ich denke, die Ursache war mein Dreher Eiweißrast bei hellen und dunklen Malzen also fehlende Hefenahrung. Alles weitere hat die Wirkung vermutlich verstärkt. Es freut mich sehr, dass mit "Ferndiagnose" die Ursachen aufgedeckt wurden.

Innu, happy mit leckerem MüHell ;-)
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