DDH ein neues Konzept oder nur Marketing?

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trinity2906
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DDH ein neues Konzept oder nur Marketing?

#1

Beitrag von trinity2906 »

Mich würde mal interessieren, wie ihr das seht. Ich denke auf so eine Frage gibt es kein richtig oder falsch.

Double Dry Hopping (DDH):
Definition 1: Doppelte Hopfenmenge, wie im Rezept des Ursprungsbieres angegeben, verwenden.
Definition 2: Gesamte Hopfenmenge auf zwei Tage verteilen.
Definition 3: DDH ist nur ein Marketingkonzept

Ich bin bei Definition 3. Generell soll DDH bedeuten, dass das Bier sehr hopfig ist, und das muss dem Konsumenten irgendwie klar gemacht werden. Wenn dann jede Craftbeer Brauerei mit einem DDH um die Ecke kommt, will man schon Triple draufschreiben können um wieder die Kunden einzufangen, die noch mehr Hopfen drin haben wollen.

Der Definition 1 nach kann ich aber auch einfach ein Bier A mit einer bestimmten Menge Hopfen dryhoppen und mache ein anderes Rezept für mein Bier B mit einer anderen Menge. Die ist dann eben doppelt so hoch wie bei meinem Bier A, aber eigentlich nur ein anderes Rezept. Es ist dann ja auch selten, dass der Name sonst für den Vergleich komplett gleich bleibt, also Bier A und Bier A DDH. In beiden Fällen kann dann aber auch die doppelte Menge Hopfen (daher mit DDH betitelt) immer noch weniger sein, als jedes Standard einfach trockengestopfte.

Die Definition 2 sagt noch weniger über die Hopfenmenge aus. Wenn ich mit sehr wenig Hopfen dryhoppe wird der Geschmack auch nicht hopfiger, wenn die Menge auf mehrere Tage aufgeteilt wird. Natürlich erhält man durch die Aufteilung einen Effekt und die Aromen sollten komplexer werden, vielleicht sogar etwas intensiver, weil mehrere kleine Portionen einen großeren Effekt haben als eine große Portion. Das alles sagt dann aber noch nichts über die Menge an sich aus, die ich aufgeteilt habe. Hier denke ich auch nicht, dass die meisten Konsumenten hoffen ein komplexeres Hopfenprofil zu bekommen unabhängig von der Menge des genutzten Hopfens, hier ist nur mehr Hopfen gewünscht.

Bin mal gespannt auf eure Meinungen

Grüße Daniel
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Alt-Phex
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Re: DDH ein neues Konzept oder nur Marketing?

#2

Beitrag von Alt-Phex »

Ich bin auch bei Defintition 3.

Im Bierstile erfinden ist die Craftbeer-Szene ja schon immer sehr kreativ gewesen. Black IPA, White Stout, Imperial Pilsener usw. Der Hipster will halt immer was neues, aufregendes, was er noch nicht kennt.

Die Großen machen es mit ihrer Edelreifung, Küstengerste, Felsquellwasser, Siegelhopfen, doppelt gemaischt und kalt filtriert ja auch schön vor.

Ich habe schon lange aufgegeben, mir über sowas den Kopf zu zerbrechen. Schmeckt oder schmeckt nicht, passt zum Stil oder passt eben nicht. Der Rest ist doch (m.M.n.) alles mehr oder weniger heisse Luft.
>>Impfung rettet Leben und Kultur!<<

"Viele Biere werden am Etikettierer gemacht"
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Re: DDH ein neues Konzept oder nur Marketing?

#3

Beitrag von BrauWastlKoeln »

Moin,

könnte mir vorstellen, dass es am Anfang und teilweise auch immer noch aus dem Stopfen zu zwei Zeitpunkten kommt. Einmal während oder kurz vor Ende der Gärung - Stichwort Biotransformation - und einmal nach der Gärung. Laut einem Onlineseminar von Barth-Haas, was ich mir im Lockdown zu Gemüte geführt habe, erzeugen unterschiedliche Zeitpunkte beim Stopfen unterschiedliche Aromen. Daher macht es durchaus Sinn auch zu verschiedenen Zeitpunkten mehrfach zu Stopfen.

Denke aber auch bei vielen Bieren ist es eher Marketing.

Gruß
Sebastian
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§11
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Re: DDH ein neues Konzept oder nur Marketing?

#4

Beitrag von §11 »

Ich finde in diesem Zusammenhang ist die Aussage "DDH ist nur ein Marketingkonzept" schwierig, denn das Bier wird ja in der Tat anders gebraut. Ob das nun eine staerker gestopfte Version (analog einer "Imperial"- Version im Bezug auf die StW.) oder eine mehrfach gestopfte Version ist, sei dahingestellt, Fakt ist ja zunaechst das diese Biere anders als Andere gebraut wurden.

Fuer mich sind reine Marketingkonzepte dadurch gepraegt das man dem Konsumenten etwas als neu und innovativ verkaufen will, was so oder so gemacht gemacht wird. Hier faellt mir das Felsquellwasser, die Kuestengerste oder die feine Kellerhefe ein. Diese Biere wurden vorher mit genau dem selben Wasser, der selben Gerste und der selben Hefen gebraut, nur ploetzlich bekommt das Kind einen neuen Namen und das Bier soll nun ein anderes sein. Das erinnert an den Vergleich mit dem alten Wein in den neuen Schlaeuchen.

Aber, wie gesagt, das sehe ich bei DDH eigentlich nicht.

Gruss

Jan
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dieck
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Re: DDH ein neues Konzept oder nur Marketing?

#5

Beitrag von dieck »

Dann aber nur mit Definition 2.

Definition 1 wäre ja nur ein Single-Hop mit anders berechneter Menge, das wäre dann der Etikettenschwindel.
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§11
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Re: DDH ein neues Konzept oder nur Marketing?

#6

Beitrag von §11 »

dieck hat geschrieben: Donnerstag 9. Dezember 2021, 10:04 Dann aber nur mit Definition 2.

Definition 1 wäre ja nur ein Single-Hop mit anders berechneter Menge, das wäre dann der Etikettenschwindel.
Wieso, ein heller Bock ist ja oft auch nur eine starke Version eines Hellen. Viele Brauereien nehmen dazu mehr oder weniger die gleichen Schuettungsverhaeltnisse und den gleichen Hopfen.

Wenn ich im Kontext eines Rezeptes die gestopfte Hopfenmenge verdoppel, das Rezept sonst aber belasse, kommt durchaus eine andere Aromatik zum Tragen, wenn ich vorher nicht schon im Grenzbereich war.

Gruss

Jan
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Ladeberger
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Re: DDH ein neues Konzept oder nur Marketing?

#7

Beitrag von Ladeberger »

Auflösung: Alle drei Defintionen sind falsch.

Neben der Biotransformation ist auch das Austreiben gewisser Hopfenaromen durch CO2-Wäsche zu betrachten. Hierdurch entstehen selbst bei gleicher Hopfencharge durch eine Gabe in die Hauptgärung und nach der Hauptgärung unterschiedliche Aromaprofile, die sich nicht nur rein quantitativ, sondern qualitativ unterscheiden. Auch unterscheiden sich je nach Gabezeitpunkt (teilweise zwangsläufig) Faktoren wie Agitation, Temperatur und Kontaktzeit, die ebenfalls einen Einfluss auf die Extraktion haben.

Ein Double Dry Hopping kombiniert diese unterschiedlichen Ansätze und bietet damit ein weitere Möglichkeit zur Steuerung des Hopfenaromas.

Natürlich hebt man diesen Begriff als Brauer auch verkaufstechnisch gerne hervor, er wird derzeit beim Konsumenten gut angenommen und meint in der Regel auch, dass etwas zupackender gehopft wurde als bei den üblichen NEIPA-Fruchtcocktails.

"Reines Marketing" ist DDH sicher nicht, es steht hier teilweise sehr viel technologisches Know-how dahinter.

Gruß
Andy
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Re: DDH ein neues Konzept oder nur Marketing?

#8

Beitrag von dieck »

§11 hat geschrieben: Donnerstag 9. Dezember 2021, 10:08 Wenn ich im Kontext eines Rezeptes die gestopfte Hopfenmenge verdoppel, das Rezept sonst aber belasse, kommt durchaus eine andere Aromatik zum Tragen, wenn ich vorher nicht schon im Grenzbereich war.
Nach meiner Definition von Rezept wäre das dann aber ein neues, anderes Rezept.
Das Verfahren bleibt exakt gleich, aber die Zutatenliste ändert sich (in Menge).

Wo hingegen beim DDH nach Definition 2 (die Anzahl der Tage zwischen den Hopfengaben mal außer Acht gelassen) das Verfahren, also das "Konzept" aus dem Titel des Threads, sich ändert.
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Re: DDH ein neues Konzept oder nur Marketing?

#9

Beitrag von §11 »

dieck hat geschrieben: Donnerstag 9. Dezember 2021, 10:15
§11 hat geschrieben: Donnerstag 9. Dezember 2021, 10:08 Wenn ich im Kontext eines Rezeptes die gestopfte Hopfenmenge verdoppel, das Rezept sonst aber belasse, kommt durchaus eine andere Aromatik zum Tragen, wenn ich vorher nicht schon im Grenzbereich war.
Nach meiner Definition von Rezept wäre das dann aber ein neues, anderes Rezept.
Das Verfahren bleibt exakt gleich, aber die Zutatenliste ändert sich (in Menge).

Wo hingegen beim DDH nach Definition 2 (die Anzahl der Tage zwischen den Hopfengaben mal außer Acht gelassen) das Verfahren, also das "Konzept" aus dem Titel des Threads, sich ändert.
Genau was ich sage. Aus diesem Grund passt für mich eben Marketingkonzept nicht, weil das Bier sich ja wirklich von anderen Unterscheidet und eben nicht nur eine neue, fancy Bezeichnung bekommt.

Gruß

Jan
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Re: DDH ein neues Konzept oder nur Marketing?

#10

Beitrag von dieck »

Ich glaube wir sind leicht an einander vorbei geraten ;)

Ich bin ja auch der Meinung, dass es _kein_ reines Marketing-Geschwätz ist. (Definition 3)

Allerdings nur, wenn sich das Verfahren auch wirklich ändert, sprich: an zwei (wie auch immer auseinander liegenden) Zeitpunkten Dry-Hoppen. (Definition 2)

Wenn man nur einmal Dry-hoppt, mit doppelter Menge (Definition 1), dann hat man sein Rezept geändert, aber nicht das Verfahren.
Für die einfache Rezeptänderung einen neuen Prozess-Namen (!= Produktnamen) zu verwenden spielt für mich dann aber in der Kategorie "nur ploetzlich bekommt das Kind einen neuen Namen und das Bier soll nun ein anderes sein."
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Re: DDH ein neues Konzept oder nur Marketing?

#11

Beitrag von §11 »

dieck hat geschrieben: Donnerstag 9. Dezember 2021, 11:20 Ich glaube wir sind leicht an einander vorbei geraten ;)

Ich bin ja auch der Meinung, dass es _kein_ reines Marketing-Geschwätz ist. (Definition 3)

Allerdings nur, wenn sich das Verfahren auch wirklich ändert, sprich: an zwei (wie auch immer auseinander liegenden) Zeitpunkten Dry-Hoppen. (Definition 2)

Wenn man nur einmal Dry-hoppt, mit doppelter Menge (Definition 1), dann hat man sein Rezept geändert, aber nicht das Verfahren.
Für die einfache Rezeptänderung einen neuen Prozess-Namen (!= Produktnamen) zu verwenden spielt für mich dann aber in der Kategorie "nur ploetzlich bekommt das Kind einen neuen Namen und das Bier soll nun ein anderes sein."
Das sehe ich nicht so (siehe Beispiel vom Bock).
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trinity2906
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Re: DDH ein neues Konzept oder nur Marketing?

#12

Beitrag von trinity2906 »

Danke für die rege Diskussion, genau so hatte ich mir das vorgestellt :thumbup
Ich denke auch immer noch, dass es kein richtig oder falsch gibt, den ich kann auch alle Argumentationen nachvollziehen.
Die Definiton 1 scheint fast überall als neues Rezept angesehen zu werden, bis auf die Punkte zu dem Rezept von einem Hellen Bock und einem Hellen. Hier muss man sich nur einig werden, ob es das gleiche Rezept ist oder ein neues Rezept wird, wenn sich die Hopfenmenge für das Dry-Hopping verdoppelt. Das wird Ansichtssache bleiben.

Ansonsten geht es ja stark in Richtung Definition 2 oder Definition 3. Ich hatte mich für Definiton 3 entschieden, obwohl mir die Effekte bewusst sind, die ich durch die Aufteilung des Hopfens auf mehrere Tage beim Dry-Hopping erreichen kann. Hier wurden ja auch schon einige genannt, wie Biotransformation, die wohl den größten Effekt auf das Geschmacksprofil gibt, da einfach viele Geschmacksstoffe (Terpene / Thiole / Ester) entstehen.
Daraus folgend dann auch die Transesterifikation der im Hopfen vorhandenen Ester. Negative Effekte durch Dry-Hopping, wie das CO2-Stripping / Masking / Adsorption können dadurch auch besser gesteuert werden. Letztlich erhält man sowohl eine absolut gesehen höhere Anzahl an Aromastoffen, als auch eine größere Vielfältigkeit. Somit steigt die OHAI (Overall Hop Aroma Intensity), was für jeden Gaumen dann einen Genuss darstellen wird.
Somit ist dann auch klar, dass es ein anderes Verfahren, mit Sicherheit auch komplexeres Verfahren ist und dadurch auch ein anderes Bier ensteht.

Daher würde ich es auch als "reines" Marketingkonzept ausschließen, aber frage mich dennoch, wieviel "Marketing" und wieviel "Brauverfahren" in dem Begriff DDH steckt. Letztlich steht da eine fancy Dose mit DDH Aufdruck im Regal und wieviele Konsumenten kaufen die, weil sie auf komplexere Hopfenaromen stehen, die besonders fein herauszuschmecken sein sollten und sich denken, 'für meinen trainierten Gaumen' möchte ich nur die ausgefeiltesten Aromen und wieviele Kunden sagen 'Hopfen find ich geil, je mehr desto besser und wenn es quadrupel dry-hopped gibt, dann kaufe ich das, weil noch mehr drin ist'? Wenn man sowas als Hobby hat, dann weiß man auch, dass man ein Bier nach anderem Verfahren kauft und nicht eines, welches besonders viel Hopfen hat. Sind die Käufer viele vom Typ 'Kunde mit trainiertem Gaumen', dann wäre es Definition 2 und wenn es mehr von Typ 'Kunde mit Hopfenaffinität' sind, dann wäre es Definition 3. Persönlich denke ich eher die Zweiten, daher bleibe ich noch bei Definition 3 auch wenn die Brauer mit Sicherheit nicht mit Hopfen sparen werden und somit alle zufrieden gestellt sein sollten.
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