Wieviel geerntete Hefe muss ich nutzen?
Wieviel geerntete Hefe muss ich nutzen?
Moin zusammen,
bei mir geht die Brausaison morgen wieder los und ich hab letztes Jahr mal damit angefangen meinen Bodensatz aus dem Gärbottich in sterilisierte Einmachgläser zu gießen und im Kühlschrank aufzubewahren. Vor 90 Tagen habe ich so die W34/70 von meinem Oktoberfestbier "gesichert".
Ich bin hier jedoch noch recht skeptisch. Normalerweise würde ich 2 Packungen W34/70 in 25l Würze geben, jetzt habe ich "nur" ein Einmachglas. Woher weiß ich denn jetzt das sich hier genug Hefe drin befindet? Wäre ja schade, wenn ich mich morgen den ganzen Tag hinstelle und dann der Kram nicht anfängt zu gären.
Weiter frage ich mich ob ich das ganze überhaupt richtig verstanden habe. Ich kippe das ganze Einmachglas einfach in die Würze, sowie ich es auch mit der hydrierten Hefe machen würde, richtig?
Ah und wie lange hält die Hefe eigentlich im Kühlschrank durch? :D
Bin super gespannt auf eure Antworten!
bei mir geht die Brausaison morgen wieder los und ich hab letztes Jahr mal damit angefangen meinen Bodensatz aus dem Gärbottich in sterilisierte Einmachgläser zu gießen und im Kühlschrank aufzubewahren. Vor 90 Tagen habe ich so die W34/70 von meinem Oktoberfestbier "gesichert".
Ich bin hier jedoch noch recht skeptisch. Normalerweise würde ich 2 Packungen W34/70 in 25l Würze geben, jetzt habe ich "nur" ein Einmachglas. Woher weiß ich denn jetzt das sich hier genug Hefe drin befindet? Wäre ja schade, wenn ich mich morgen den ganzen Tag hinstelle und dann der Kram nicht anfängt zu gären.
Weiter frage ich mich ob ich das ganze überhaupt richtig verstanden habe. Ich kippe das ganze Einmachglas einfach in die Würze, sowie ich es auch mit der hydrierten Hefe machen würde, richtig?
Ah und wie lange hält die Hefe eigentlich im Kühlschrank durch? :D
Bin super gespannt auf eure Antworten!
Re: Wieviel geerntete Hefe muss ich nutzen?
Moin,
zuerst: die Hefe solltest Du entsorgen.
Es gibt Pitch-Rate-Rechner, welche die Menge aus frisch geerntet Hefe berechnen.
Oder man entnimmt nur wenig und macht einen neuen Starter.
Tip: Sich einen Tag vor dem Sud sich über dieses Thema Gedanken zu machen ist definitiv zu spät.
VG, Markus
zuerst: die Hefe solltest Du entsorgen.
Es gibt Pitch-Rate-Rechner, welche die Menge aus frisch geerntet Hefe berechnen.
Oder man entnimmt nur wenig und macht einen neuen Starter.
Tip: Sich einen Tag vor dem Sud sich über dieses Thema Gedanken zu machen ist definitiv zu spät.
VG, Markus
>>Impfung rettet Leben und Kultur!<<
"Durst ist schlimmer als Heimweh"
Insofern dieser Beitrag nicht durch MOD MODE ON gekennzeichnet ist, enthält er lediglich die Meinung eines gewöhnlichen Benutzers
"Durst ist schlimmer als Heimweh"
Insofern dieser Beitrag nicht durch MOD MODE ON gekennzeichnet ist, enthält er lediglich die Meinung eines gewöhnlichen Benutzers
-
- Posting Freak
- Beiträge: 1559
- Registriert: Dienstag 16. Februar 2021, 16:36
- Wohnort: bei Düsseldorf
Re: Wieviel geerntete Hefe muss ich nutzen?
Hefe kann lange im Kühlschrank überleben, aber die Lagerzeit bewirkt Mutationen, die ein unkontrolliertes Verhalten hervorrufen. Du weißt also jetzt nach 90 Tagen nicht, ob die lebenen Zellen in deinem Einmachglas noch die Eigenschaften der W34/70 haben. Du kannst die zwar per Starter aufpäppeln, wofür du allerdings 2-3 Tage einplanen solltest, aber was am Ende dabei herauskommt, weiß man nicht.
Es gibt Hinweise darauf, dass geschlämmte Hefe, also nur die vitalen Zellen herausgespült und in reinem Wasser bzw NaCl-Lösung, mehrere Monate hält, bevor sie mutiert. Aber selbst da lohnt es sich, nach einigen Monaten einfach neue Hefe zu kaufen. Vor allem, wenn die als Trockenhefe günstig ist.
Es gibt Hinweise darauf, dass geschlämmte Hefe, also nur die vitalen Zellen herausgespült und in reinem Wasser bzw NaCl-Lösung, mehrere Monate hält, bevor sie mutiert. Aber selbst da lohnt es sich, nach einigen Monaten einfach neue Hefe zu kaufen. Vor allem, wenn die als Trockenhefe günstig ist.
Auf Youtube: The British Pint
- Commander8x
- Posting Freak
- Beiträge: 1084
- Registriert: Dienstag 10. Dezember 2019, 07:15
- Wohnort: Saalfeld
Re: Wieviel geerntete Hefe muss ich nutzen?
In einem anderen Faden habe ich das schon mal angesprochen und tue es jetzt wieder: ich halte es für sehr unwahrscheinlich, dass lange Lagerzeit zu Mutationen führt. Dazu müsste die Hefe aktiv sein und sich teilen (vermehren), und genau das tut sie nicht, da sie durch den Nährstoffmangel in einen inaktiven Ruhezustand übergegangen ist.
Die gelagerte Hefe wieder "aufzuwecken" und zurück in ihren normalen Teilungszyklus und Stoffwechsel zu bringen ist nicht ganz einfach. Da kann es schon mal zu "merkwürdigem Verhalten" kommen. Dieses hat allerdings keine genetisch bedingte Ursache.
Gruß Matthias
-----------------------------------------
Illegitimis non carborundum.
Illegitimis non carborundum.
-
- Posting Freak
- Beiträge: 1559
- Registriert: Dienstag 16. Februar 2021, 16:36
- Wohnort: bei Düsseldorf
Re: Wieviel geerntete Hefe muss ich nutzen?
Hi Matthias, deine Argumente kann ich nachvollziehen. Meine Quelle ist das Buch Yeast von Chris White, wo er für verschiedene Nährmedien sowohl die Lagerdauer angibt, als auch die Wahrscheinlichkeit für Mutationen. Letztere ist im Jungbier deutlich höher als in reinem Wasser.
Vielleicht treten die Mutationen ja erst beim nächsten Vermehren auf, werden aber durch den vorherigen Stress ausgelöst?
Vielleicht treten die Mutationen ja erst beim nächsten Vermehren auf, werden aber durch den vorherigen Stress ausgelöst?
Auf Youtube: The British Pint
-
- Posting Klettermax
- Beiträge: 294
- Registriert: Sonntag 29. Oktober 2017, 21:36
- Wohnort: Aargau (CH), Gränichen und Frankfurt
Re: Wieviel geerntete Hefe muss ich nutzen?
Moin, Punktmutationen, das sind Änderungen an der Position einer einzelnen Aminosäure, treten grundsätzlich zu jedem Zeitpunkt auf. Aber v.a. während der Replikation. Und hier haben wir auch die anderen Modifikationen, wie Genmutation.
Das heißt also, dass ich Matthias zustimme.
Was ebenfalls korrekt ist, dass der Stoffwechsel vielfältig ist und ad hoc "stillgelegte" metabolische Wege nur schwer wieder in Schwung kommen.
Das ist nicht im Detail verstanden, vermutlich hat es mit epigenetischer Phospholierung betreffender Genabschnitte zu tun.
Das heißt also, dass ich Matthias zustimme.
Was ebenfalls korrekt ist, dass der Stoffwechsel vielfältig ist und ad hoc "stillgelegte" metabolische Wege nur schwer wieder in Schwung kommen.
Das ist nicht im Detail verstanden, vermutlich hat es mit epigenetischer Phospholierung betreffender Genabschnitte zu tun.
-
- Posting Freak
- Beiträge: 1559
- Registriert: Dienstag 16. Februar 2021, 16:36
- Wohnort: bei Düsseldorf
Re: Wieviel geerntete Hefe muss ich nutzen?
Hab's eben abfotografiert.
Auf Youtube: The British Pint
- Commander8x
- Posting Freak
- Beiträge: 1084
- Registriert: Dienstag 10. Dezember 2019, 07:15
- Wohnort: Saalfeld
Re: Wieviel geerntete Hefe muss ich nutzen?
Das Buch kenne ich. Diese Tabelle ist hilfreich wegen der Erfahrungswerte, die man idR nicht so einfach selbst gewinnen kann. Soweit ich das sehe, wird die Angabe über die Mutationen (unter der Tabelle) nicht belegt.
Ich kann aus meiner eigenen Arbeit im Labor allerdings nicht alles bestätigen. Ich hatte den Fall, dass sich eine "professionell gelagerte" Kryokultur nicht mehr erwecken ließ, dagegen eine mehrere Jahre im Kühlschrank vergessene Agarplatte beim Neuausstreichen wieder neue Kolonien hervorbrachte.
Hefen sind allgemein ziemlich stabil gegenüber Mutationen. Es gibt Enzymkomplexe, die während der Zellteilung auf der neu synthetisierten DNA patrouillieren und Fehlpaarungen finden und ausbessern. Daneben findet auch die so genannte Rekombination statt, bei der zwei Hefezellen ganze Abschnitte doppelsträngiger DNA austauschen.
Eine Mutation ist nicht zwangsläufig etwas schlechtes für die Hefezelle. Da der genetische Code degeneriert ist (dh für die meisten Aminosäuren gibt es mehr als ein Codon; das ist ein Triplett von DNA-Basen, das für die jeweilige Aminosäure codiert), bewirkt nicht jede Veränderung der DNA-Sequenz auch gleich eine Veränderung der dadurch codierten Aminosäure. Die Aminosäure Threonin zB wird durch die die Tripletts CTA, CTC, CTG und CTT codiert. Das nennt man stille Mutationen.
Selbst wenn es zu einer echten Mutation kommt, ist noch nicht gesagt, dass sie sich durchsetzt. Das passiert nur dann, wenn sie der mutierten Zelle einen Wachstumsvorteil verschafft, sich diese also schneller teilt als die ursprüngliche nicht mutierte Kultur. Ansonsten überwächst im Lauf der Zeit die ursprüngliche die mutierte Kultur.
Unbestritten erzeugen veränderte Umweltbedingungen einen Anpassungsdruck auf den betroffenen Organismus. Durch die vergleichsweise kurze Generationsfolge (Verdopplungszeit unter guten Bedingungen bei ungefähr 2 Stunden) können die betroffenen Hefezellen recht schnell reagieren, auch durch eine höhere Mutationsrate. Dann werden die Korrekturmechanismen der DNA-Replikation auch mal heruntergeregelt.
Wahrscheinlicher ist jedoch, dass die Zelle zuerst versucht, mit einer Stoffwechsel-Umstellung zu reagieren. Und wenn das nicht funktioniert, bildet die Hefe Sporen aus, mit denen sie die schlechte Zeit versucht zu überstehen.
Im Zweifelsfall jedoch (bei nachlassendem Nährstoffangebot, Ansammlung toxischer Stoffwechselprodukte und niedrige Temperatur - so wie in unserem Gurkenglas im Kühlschrank) reagiert sie mit Autolyse, also ansteckender Selbstzerstörung. Ich denke, die Autolyse-Gefahr ist viel größer als die durch Mutationen.
Beim Thema Epigenetk bin ich persönlich (!) skeptisch. Als das vor Jahren erstmals beschrieben wurde, fand ich die Veröffentlichungen dazu nicht überzeugend. Im folgenden hat sich das zu einem Mode-Forschungsthema entwickelt. Mag durchaus sein, dass sich das Wissen darüber nun konsolidiert hat, ich bin schon lange nicht mehr auf dem aktuellen Stand.
Gruß Matthias
Ich kann aus meiner eigenen Arbeit im Labor allerdings nicht alles bestätigen. Ich hatte den Fall, dass sich eine "professionell gelagerte" Kryokultur nicht mehr erwecken ließ, dagegen eine mehrere Jahre im Kühlschrank vergessene Agarplatte beim Neuausstreichen wieder neue Kolonien hervorbrachte.
Hefen sind allgemein ziemlich stabil gegenüber Mutationen. Es gibt Enzymkomplexe, die während der Zellteilung auf der neu synthetisierten DNA patrouillieren und Fehlpaarungen finden und ausbessern. Daneben findet auch die so genannte Rekombination statt, bei der zwei Hefezellen ganze Abschnitte doppelsträngiger DNA austauschen.
Eine Mutation ist nicht zwangsläufig etwas schlechtes für die Hefezelle. Da der genetische Code degeneriert ist (dh für die meisten Aminosäuren gibt es mehr als ein Codon; das ist ein Triplett von DNA-Basen, das für die jeweilige Aminosäure codiert), bewirkt nicht jede Veränderung der DNA-Sequenz auch gleich eine Veränderung der dadurch codierten Aminosäure. Die Aminosäure Threonin zB wird durch die die Tripletts CTA, CTC, CTG und CTT codiert. Das nennt man stille Mutationen.
Selbst wenn es zu einer echten Mutation kommt, ist noch nicht gesagt, dass sie sich durchsetzt. Das passiert nur dann, wenn sie der mutierten Zelle einen Wachstumsvorteil verschafft, sich diese also schneller teilt als die ursprüngliche nicht mutierte Kultur. Ansonsten überwächst im Lauf der Zeit die ursprüngliche die mutierte Kultur.
Unbestritten erzeugen veränderte Umweltbedingungen einen Anpassungsdruck auf den betroffenen Organismus. Durch die vergleichsweise kurze Generationsfolge (Verdopplungszeit unter guten Bedingungen bei ungefähr 2 Stunden) können die betroffenen Hefezellen recht schnell reagieren, auch durch eine höhere Mutationsrate. Dann werden die Korrekturmechanismen der DNA-Replikation auch mal heruntergeregelt.
Wahrscheinlicher ist jedoch, dass die Zelle zuerst versucht, mit einer Stoffwechsel-Umstellung zu reagieren. Und wenn das nicht funktioniert, bildet die Hefe Sporen aus, mit denen sie die schlechte Zeit versucht zu überstehen.
Im Zweifelsfall jedoch (bei nachlassendem Nährstoffangebot, Ansammlung toxischer Stoffwechselprodukte und niedrige Temperatur - so wie in unserem Gurkenglas im Kühlschrank) reagiert sie mit Autolyse, also ansteckender Selbstzerstörung. Ich denke, die Autolyse-Gefahr ist viel größer als die durch Mutationen.
Beim Thema Epigenetk bin ich persönlich (!) skeptisch. Als das vor Jahren erstmals beschrieben wurde, fand ich die Veröffentlichungen dazu nicht überzeugend. Im folgenden hat sich das zu einem Mode-Forschungsthema entwickelt. Mag durchaus sein, dass sich das Wissen darüber nun konsolidiert hat, ich bin schon lange nicht mehr auf dem aktuellen Stand.
Gruß Matthias
-----------------------------------------
Illegitimis non carborundum.
Illegitimis non carborundum.
Re: Wieviel geerntete Hefe muss ich nutzen?
Das klingt alles nach echt viel Planung und Arbeit :D Ich glaube ich werde einfach weiterhin meine Hefe kaufen haha :D
Danke an alle! Ihr habt mein Bier wahrscheinlich gerade gerettet!
Danke an alle! Ihr habt mein Bier wahrscheinlich gerade gerettet!
-
- Posting Freak
- Beiträge: 1559
- Registriert: Dienstag 16. Februar 2021, 16:36
- Wohnort: bei Düsseldorf
Re: Wieviel geerntete Hefe muss ich nutzen?
@Commander8x Danke für deine Ausführungen. Arbeitest du im Hefelabor?
Ah, sehe gerade in deinem Profil, dass da "Mälzerei" steht.
Ah, sehe gerade in deinem Profil, dass da "Mälzerei" steht.
Auf Youtube: The British Pint
- Commander8x
- Posting Freak
- Beiträge: 1084
- Registriert: Dienstag 10. Dezember 2019, 07:15
- Wohnort: Saalfeld
Re: Wieviel geerntete Hefe muss ich nutzen?
Das ist ja völlig in Ordnung. Bis zu einem wunschgemäß fertig vergorenen Bier sind noch ein paar Schritte zu gehen....
Das ist nicht immer leicht, wie man an den vielen Themen Threads zum Thema Gärung und Gärschwierigkeiten sieht.
Gruß Matthias
-----------------------------------------
Illegitimis non carborundum.
Illegitimis non carborundum.
- Shortbreaker
- Posting Freak
- Beiträge: 656
- Registriert: Freitag 14. September 2018, 16:34
Re: Wieviel geerntete Hefe muss ich nutzen?
Hallo Buzzet,
es ist zwar weniger flexibel als mit Trockenhefe zu arbeiten, bringt aber auch sehr viele Vorteile. Dein Problem ist lediglich die Lagerdauer von 90 Tagen!
Wenn du nach dem Abfüllen deknes nächsten Suds einfach die Hefe entnimmst und dann nur so maximal 4 Wochen lagern würdest, dann sähen die Antworten hier sicher anders aus. Die Hefemenge kann man abschätzig berechnen, oder bei Biersorten, bei denen overpitching nicht so das Problem darstellt (häufig untergärige), schütest du einfach wieder sämtliche Erntehefe ins Gärfass. Den ganzen Bodensatz, der am Glasboden klebt lässt du dabei weg und dass Bier das über der Hefe steht kannst du auch vorsichtig abgießen. Mehr ist es nicht...
Mundschenk XXL + Kloßtopf auf Kochplatte für Dekoktion;
Überzeugter Fermzilla Allrounder 60l - Nutzer;
wohl schlechtester Hopfenbauer aller Zeiten (bisher) :-)
Überzeugter Fermzilla Allrounder 60l - Nutzer;
wohl schlechtester Hopfenbauer aller Zeiten (bisher) :-)