Sind alle belgischen Hefen Übervergärer oder nur Saison-Hefen?

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Basso
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Sind alle belgischen Hefen Übervergärer oder nur Saison-Hefen?

#1

Beitrag von Basso »

Hallo Kollegen,

trotz längerer Recherche bin ich nicht fündig geworden meine Frage zu klären, diese ist wie folgt:

Ich habe mich in letzter Zeit auf die belgischen Bierstile konzentriert, konkret ein Dubbel, ein Tripel und ein Saison.
Da ich heute das Dubbel abgefüllt habe, und in Kürze auch das Tripel und in erwartbarer Zeit auch das Saison, und man im Forum immer wieder über die Gefahr liest, sich eine Übervergärer-Hefe ins Equipment zu holen, ist mir nicht klar ob:

Alle belgischen Hefen Übervergärer sind, also Maltotriose vergären können oder Lactos mitbringen und unbedingt auf Hefeabtötung am Equipment geachtet werden muss, oder ob das nur die Saison-Hefe betrifft.

Folgende Bier/Hefe-Kombinationen habe ich verwendet:
Dubbel: SafAle BE 256
Tripel: Mangrove Jack M31 Belgian Tripel
Saison: Mangrove Jack M29 French Saison

Kann mir jemand sagen ob ich nur beim Saison-Equipment besonders keimtötend arbeiten muss, oder auch beim Equipment das mit den anderen Hefen in Kontakt gekommen ist?

Normalerweise braue ich hauptsächlich untergärige Lager oder Weißbiere und will mir da keine Fremdhefen/Kontaminationen einfangen.

Danke!
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Boludo
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Re: Sind alle belgischen Hefen Übervergärer oder nur Saison-Hefen?

#2

Beitrag von Boludo »

Nein, sind sie nicht. Brettanomyces sind oft Übervergärer und viele Saisonhefen. Die normalen belgischen Hefen können das nicht.
Es hat auch nichts mit Maltotriose zu tun, sondern mit externen Enzymen der Hefe, mit der sie Dextrine zu vergärbaren Zuckern zerkleinert.
Es gibt wohl auch welche, die sogar die Cellulose von Holzfässern anknabbern.

Stefan
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marsabba
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Re: Sind alle belgischen Hefen Übervergärer oder nur Saison-Hefen?

#3

Beitrag von marsabba »

Hallo,
da gibt es einiges klarzustellen...
Nicht alle belgischen Hefen sind übervergärer, noch nicht mal alle Saisonhefen sind es.
Viele Hefen können Maltotriose vergären, ein Übervergärer kann aber noch komplexere Zucker als Maltotriose vergären.
Keine Hefe bringt "von Haus aus" Lactos mit, nur dann, wenn die Hefe verunreinigt ist.

Deine Reinigungsprozedur sollte generell so gründlich sein, das alle Hefe abgetötet wird. Denn wenn du selbst das nicht hinbekommst, dann wird sich früher oder später anderes "Ungeziefer" in deinem Equipment einnisten, welches nicht so einfach abzutöten ist wie Hefezellen.
Aber - das ist korrekt - wenn du mit einem Übervergärer gearbeitet hast, dann ist die Reinigung besonders kritisch, damit sich diese Hefe nicht in den nächsten Sud hinüberrettet.

Martin


Mist, schon wieder zu langsam....Boludo hat schon alles gesagt...
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Basso
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Re: Sind alle belgischen Hefen Übervergärer oder nur Saison-Hefen?

#4

Beitrag von Basso »

OK, danke euch für den Input. Ich habe eben wie ihr schon sagtet nicht herausgefunden welche Hefen eine besondere Behandlung benötigen, oft genannt wird nur die Belle Saison. Ich konnte aber nicht herausfinden ab die von mir genannten auch eine Sonderbehandlung benötigt.

Bis jetzt habe ich mit meinem Reinigungsprogramm bestehend aus Spülmaschinenpulver, Oxi-Reiniger und Isopropanol, oft mit Wasser spülen und gut trocknen lassen, keine Probleme gehabt bei fast 80 Suden.

Ich stelle mir jetzt die Frage, ob ich bei den genannten Hefen das Equipment zusätzlich sicherheitshalber mit kochendem Wasser/Wasserdampf behandeln soll oder ob das (bei den genannten Hefen) übertrieben ist weil nicht nötig?

Vielleicht kann mir jemand das auflisten, beispielhalber so:
Dubbel: SafAle BE 256: normale Reinigung
Tripel: Mangrove Jack M31 Belgian Tripel: normale Reinigung
Saison: Mangrove Jack M29 French Saison: verstärkte Reinigung/Abtötung nötig
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Basso
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Re: Sind alle belgischen Hefen Übervergärer oder nur Saison-Hefen?

#5

Beitrag von Basso »

Boludo hat geschrieben: Donnerstag 30. Juni 2022, 21:47 Nein, sind sie nicht. Brettanomyces sind oft Übervergärer und viele Saisonhefen. Die normalen belgischen Hefen können das nicht.
Es hat auch nichts mit Maltotriose zu tun, sondern mit externen Enzymen der Hefe, mit der sie Dextrine zu vergärbaren Zuckern zerkleinert.
Es gibt wohl auch welche, die sogar die Cellulose von Holzfässern anknabbern.

Stefan
Servus Stefan,

Danke für die Info, dann schließe ich daraus dass ich die Dubbel und Tripel Hefe normal behandle, und die Saison Hefe zur Sicherheit mit der verstärkten Reinigung bedenke.
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Boludo
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Re: Sind alle belgischen Hefen Übervergärer oder nur Saison-Hefen?

#6

Beitrag von Boludo »

Basso hat geschrieben: Donnerstag 30. Juni 2022, 22:08
Boludo hat geschrieben: Donnerstag 30. Juni 2022, 21:47 Nein, sind sie nicht. Brettanomyces sind oft Übervergärer und viele Saisonhefen. Die normalen belgischen Hefen können das nicht.
Es hat auch nichts mit Maltotriose zu tun, sondern mit externen Enzymen der Hefe, mit der sie Dextrine zu vergärbaren Zuckern zerkleinert.
Es gibt wohl auch welche, die sogar die Cellulose von Holzfässern anknabbern.

Stefan
Servus Stefan,

Danke für die Info, dann schließe ich daraus dass ich die Dubbel und Tripel Hefe normal behandle, und die Saison Hefe zur Sicherheit mit der verstärkten Reinigung bedenke.
Eigentlich solltest du alle Hefen bei der Reinigung gleich behandeln, wenn du sie nicht verschleppen willst. Bei den Übervergärern merkst du es halt sofort, bei anderen Hefen oft gar nicht.
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Hans A.
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Re: Sind alle belgischen Hefen Übervergärer oder nur Saison-Hefen?

#7

Beitrag von Hans A. »

Das Stichwort lautet "STA-1-Gen". Viele Hersteller geben auch an, ob ein eine Hefe STA-1 negativ oder positiv (=Übervergärer) ist. Kurze Recherche hat ergeben, dass WLP561 wohl eine STA-1-negative Saison-Hefe ist, aber keine Ahnung, wie leicht die zu beschaffen ist...
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Re: Sind alle belgischen Hefen Übervergärer oder nur Saison-Hefen?

#8

Beitrag von DrFludribusVonZiesel »

Das hier ist auch eine STA-1 negative Trockenhefe: https://www.lallemandbrewing.com/en/can ... farmhouse/

Hab sie noch nicht ausprobiert, aber mit entsprechendem Maischprogramm und/oder Zuckergaben kann man bestimmt auch auf >90% EVG kommen.
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Basso
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Re: Sind alle belgischen Hefen Übervergärer oder nur Saison-Hefen?

#9

Beitrag von Basso »

Habe jetzt noch herausgefunden dass die MJ M 29 als Diastaticus bezeichnet wird, ich glaub da hab ich den Hinweis den ich wollte
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DrFludribusVonZiesel
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Re: Sind alle belgischen Hefen Übervergärer oder nur Saison-Hefen?

#10

Beitrag von DrFludribusVonZiesel »

STA1-positiv=Saccharomyces var.diastaticus

https://byo.com/article/diastaticus/
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Re: Sind alle belgischen Hefen Übervergärer oder nur Saison-Hefen?

#11

Beitrag von emjay2812 »

Wie nennt man es, wenn eine Hefe langsam alles vergärt was noch an Zucker da ist. Ich habe mehrmals ein Belgian Strong Ale mit der Lallemand Abbaye gebraut. Die Hefe vergärt von 20°P bis 4°P, dann ist es über mehrere Tage stabil und kann abgefüllt werden.
Anfangs hat das Bier noch eine gewisse Restsüße. Innerhalb von einem Jahr ist das Bier dann sehr trocken, der Druckanstieg deutlich bemerkbar. Die Hefe braucht bei 9% Alkohol Zeit, aber sie schafft est.
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Boludo
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Re: Sind alle belgischen Hefen Übervergärer oder nur Saison-Hefen?

#12

Beitrag von Boludo »

emjay2812 hat geschrieben: Freitag 1. Juli 2022, 23:52 Wie nennt man es, wenn eine Hefe langsam alles vergärt was noch an Zucker da ist.
Da geht dann halt der Hefe am Ende die Puste aus. Das kann mehrere Ursachen haben.
In Belgien gibt man zur Flaschengärung daher gerne frische Hefe zu.
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Re: Sind alle belgischen Hefen Übervergärer oder nur Saison-Hefen?

#13

Beitrag von Räuber Hopfenstopf »

Die im ersten Beitrag erwähnte French Saison sollte unkritisch sein. Ich habe damit zumindest noch keine spektakulären Vergärungsgrade hinbekommen. Angaben zum STA-Gen konnte ich nicht finden, würde sie aber wie jede andere Hefe behandeln. Ein Klassiker für hohe Vergärungsgrade wäre z. B. die Lallemand Belle Saison.
Viele Grüße
Björn

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Basso
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Re: Sind alle belgischen Hefen Übervergärer oder nur Saison-Hefen?

#14

Beitrag von Basso »

Räuber Hopfenstopf hat geschrieben: Dienstag 5. Juli 2022, 13:08 Die im ersten Beitrag erwähnte French Saison sollte unkritisch sein. Ich habe damit zumindest noch keine spektakulären Vergärungsgrade hinbekommen. Angaben zum STA-Gen konnte ich nicht finden, würde sie aber wie jede andere Hefe behandeln. Ein Klassiker für hohe Vergärungsgrade wäre z. B. die Lallemand Belle Saison.
Ich habe als einzige Quelle auch nur Brouwland gefunden:
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gulp
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Re: Sind alle belgischen Hefen Übervergärer oder nur Saison-Hefen?

#15

Beitrag von gulp »

Basso hat geschrieben: Dienstag 5. Juli 2022, 13:14
Räuber Hopfenstopf hat geschrieben: Dienstag 5. Juli 2022, 13:08 Die im ersten Beitrag erwähnte French Saison sollte unkritisch sein. Ich habe damit zumindest noch keine spektakulären Vergärungsgrade hinbekommen. Angaben zum STA-Gen konnte ich nicht finden, würde sie aber wie jede andere Hefe behandeln. Ein Klassiker für hohe Vergärungsgrade wäre z. B. die Lallemand Belle Saison.
Ich habe als einzige Quelle auch nur Brouwland gefunden:
brouwlnad.JPG
Die schafft schon ~ 99% sEvG, tut sich aber mit höheren Stammwürzen etwas hart. Gut ist da eine Mischung mit der Belle.

Gruß
Peter
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Räuber Hopfenstopf
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Re: Sind alle belgischen Hefen Übervergärer oder nur Saison-Hefen?

#16

Beitrag von Räuber Hopfenstopf »

Ok, das wusste ich nicht. Ich bin bei max. 82 % gelandet und fand es eigentlich ganz schön, dass die Biere nicht so knattertrocken sind. Aber die Hefe war gegen Ende etwas langsam. Vielleicht sind meine Biere zu stark 14,5 - 16 Plato).
Viele Grüße
Björn

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