Ausgären lassen - Restextraktveränderung

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Florianro
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Ausgären lassen - Restextraktveränderung

#1

Beitrag von Florianro »

Hallo zusammen,

Mir sind bei meinem ersten untergärigem ein paar Fragen aufgekommen zu denen ich noch keine Antwort gefunden habe. Hier die Fragen zusammengefasst:

- Ausgären lassen: Wie stark darf sich der Restextrakt in den 3 Tagen noch verändern? 0,1° Plato? Gar nicht? Ich messe mit dem Easydens mit einer Genauigkeit von 0,3° Plato. Die Spindeln sind ja soweit ich weiss nicht ganz so genau. Bei meinem ersten Untergärigem war die Hauptgärung erst nach 5 Wochen durch. Es war ein Wolke 7 von MMuM. Hier die Messpunkte aus dem Brauhelfer:
Wolke 7 Gärverlauf
Wolke 7 Gärverlauf
- Nachgärung: Dauert die bei untergärigem Bier immer so lang? Oder hängt das an der Hefe? Die ist auch schon seit 3 Wochen im Gange... ich bin jetzt bei 1,6 Bar, 23,5 Grad. Das entspricht 3,8g/l Co2. Karbonisiert habe ich mit Zucker für 5g/l.
- Wie tun die Industriebrauereien? Werden die Biere immer pasteurisiert bevor sie in den Handel kommen? Oder wird die Hefe durch die Filtration komplett entfernt? Ich hab noch nie ein Industriebier als Flaschenbombe gesehen, also vermute ich da muss die Gärung immer voll abgeschlossen sein oder gestoppt werden....

Ich habe auch einen groben Fehler beim anstellen gemacht: Die Anstelltemperatur war viel zu hoch (22 Grad wie auf der Packung angegeben). Zu dem Zeitpunkt habe ich die Saflager S-23 zugegeben (2 Säckchen auf 36l Würze). Ich bin damit gleich in den Kühlschrank und über Nacht war ich auf 12 Grad unten... aber die Gärung war schon voll in Gange. Ich bin dan ca. 2 Wochen bei 12 Grad geblieben und dann langsam wärmer geworden (ca. 1 Woche). Dann hab ich das Bier bei Raumtemperatur (24 Grad) ausgären lassen. Der ganze Prozess hat 5 Wochen gedauert. Das Bier schmeckt auch schon schön fruchtig ;-)...

lg,
Florian
Zuletzt geändert von Florianro am Mittwoch 31. August 2016, 06:27, insgesamt 1-mal geändert.
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cyme
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Re: Ausgären lassen - Restextraktveränderung

#2

Beitrag von cyme »

Es darf keine Veränderung geben. Die Herstellerabgabe für die Hefemenge liegt übrigens bei 1-3g/l, du lagst deutlich darunter - das könnte mit ein Grund sein, warum es so lange gärt. Gerade bei Untergärigem nie an der Hefe sparen!

Nachgärung kann manchmal so lange dauern, ja, auch bei obergärigem.
Bierandi
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Re: Ausgären lassen - Restextraktveränderung

#3

Beitrag von Bierandi »

Hallo Florian,

was tun die Industriebrauer?
Anstellmenge ist in der Industriebrauerei ca. 20 Mio. Hefezellen/ml, also ca. 1/2 Liter dickbreiige Hefe auf 100 Liter.
Der Wert wird meist mit der Standardhefe W34, eine untergärige Bruchhefe angewendet. Andere Sorten anderes Gärverhalten.
Daher die Anleitungen zu den Hefen.
Mit der Bieranalyse werden Gärparameter, wie die vergärbaren Zucker, ggf. Zinkausstattung der Würze, Eiweißgehalt, usw. ermittelt.
Die Leute verdienen ja Ihr Geld damit, die wollen vorher wissen was ein Problem sein könnte.
Die Gärung wird in den Brauereien immer, zumindest ab einer gewissen Größe gut kontrolliert, der EVG wird mit einem
Schnellgärtest festgestellt und dann die Extraktabnahme durch tägliches Spindeln ermittelt, ist der gewünschte EVG erreicht wird
geschlaucht, dann entweder mit Restextrakt oder es wird für den Lagerkeller aufgekräust.

Sollte trotzdem mal ein Sud hängen bleiben, bekommt er mehr Hefe oder wird mit einer Gabe Hochkräusen aufgepäppelt.
Kommt's ganz schlimm wird auch mit einem Tank Hochkräusen verschnitten.

Gespundet wird dort im Lagerbehälter, da Brauereien meist über die entsprechende Kühltechnik verfügen spunden die
bei 0-2°C mit 0,8 bar und erreichen so bei untergärigen Bieren CO2-Gehalte von 4,8- 5 g/l.
Es gibt aber auch Flaschengärung beim Weizenbier, auch da wird die Speisegabe genau ermittelt und
durch die Bieranalyse unterstützt, da kann man nicht mehr eingreifen, wenn's mal abgefüllt ist.
Das Grundweizen wird aber auch wie folgt beschrieben filtriert, die Hefe wird dann mit der Speise gegeben.
Beim Weizenbier ist der CO2 wegen des Biercharakters höher und geht so ab 6g/l los.
Vor der Filtration wird der CO2-Wert gemessen und ggf. durch Aufkarbonisieren angepasst, wenn zu niedrig.
Wenn der Wert zu hoch ist, wird mit einem mit niedrigem CO2-Gehalt verschnitten (sortenrein).
Zur Entfernung der Hefe wird filtriert, meist ein 2-stufiges Verfahren erst ein Kieselgurfilter (Plattenfilter oder ZHF, gibt noch weitere Typen).
Bei der Verwendung von Staubhefen gibt es oft eine vorgeschaltete Tellerzentrifuge, sonst setzt sich der Filter schnell zu.
Dann kommt ein Sterilfilter, das kann ein Schichtenfilter sein, mittlerweile gibts auch Membranfilter, o.Ä.
Pasteurisieren ist in vielen Brauereien eher ein philosophische Frage, bei den Bieren. Bei Getränken, die noch vergärbare Zucker enthalten
sollte und wird auch meist pasteurisiert, eben wegen der Bombenbildung.
Flaschenbomben gibt es in den Brauereien auch, wenn in Glasflaschen mit Mikrobeschädigungen (Haarrisse) abgefüllt wird gehen die
auch hoch, bei warmen Temperaturen oder beim Transport.

Alles was hier beschrieben wurde kann sich je nach Brauerei unterscheiden.
Vorgehensweisen sind auch hier sehr unterschiedlich, die Info's kommen aus
meiner Erfahrung, so hat es z.B. die Parkbrauerei gemacht.

Ansonsten habe ich mittlerweile Hobbybrauer, was Entscheidendes gelernt, Geduld, Geduld...
Wir beschäftigen uns mit lebenden Sachen, uns gehts auch nicht jeden Tag gleich gut.

Viele Grüße
Andreas
Florianro
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Re: Ausgären lassen - Restextraktveränderung

#4

Beitrag von Florianro »

Vielen Dank für die Antworten, hab wieder einiges gelernt... das Wolke 7 hab ich heute verkostet, ist trotzdem lecker geworden... :Drink
Lg
Florian
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