Alte, große Gärbehälter (Kunststoff)

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Hirschroehr
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Alte, große Gärbehälter (Kunststoff)

#1

Beitrag von Hirschroehr »

Hallo zusammen,

dies ist mein erster Post in diesem tollen Forum, in dem ich schon viele Hilfestellungen für unser erstes Brauvorhaben gefunden habe.
Ein Freund und ich, beide Studenten, wollen unserem Studium einen Praxisbezug geben und was eignet sich als Verfahrenstechniker besser als selbst Bier zu brauen?

Zu meiner Frage:
Im Keller meines Vaters habe ich alte Gärbehälter (Kunststoff) von Speidel gefunden: 1x 60 l und 2 x 100 l in denen wurde früher Wein vergoren, daher haben sie auch Gebrauchsspuren. Die Behälter sind sicher 20+ Jahre alt.

Meine Fragen sind nun folgende:
1. Wir haben vor uns im 20 Liter Bereich zu bewegen. Für die ersten Sude wollen wir uns auch erstmal an nur 10 Liter versuchen um Erfahrung zu sammeln. Wie wichtig ist die Größe des Gärbehälters zur Flüssigkeitsmenge? Ist der 60 Liter oder gar der 100 Liter Behälter zu groß für 10, 20 Liter? In dem Thread wurde geschrieben:
Die Gärführung profitiert eher von großen Gärbottichen (zumindest in unseren Maßstäben).
2. Ist das Alter generell bei den Kunstoffbehältern von Speidel ein Problem? Dass die Dichtungen wohl ausgetauscht werden müssen ist klar. Oder inwiefern nimmt das Material den "Geschmack" von dem früher darin gelagerten Wein an?

Was sind eure Meinungen dazu? Meint ihr wir können es mit den alten, für unsere Mengen sehr großen Behältern mal probieren oder denkt ihr, dass die Behälter wohl nichts mehr taugen bzw. für unsere Mengen zu groß sind?

Ich freue mich auf eure Antworten und bedanke mich schonmal jetzt bei euch!

Grüße Chris
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Griller76
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Re: Alte, große Gärbehälter (Kunststoff)

#2

Beitrag von Griller76 »

Hallo Chris,

das gute an den Speidel Gärbehältern ist ja, dass sie so gut wie keinen Geruch annehmen, oder gar an die zu vergärende Flüssigkeit abgeben, wenn man Sie nach der Nutzung gleich ordentlich reinigt und desinfiziert. Nun wurden diese Fässer wohl ja zumindest mindestens 20 Jahre nicht unbedingt staub- und dreckgeschützt gelagert.
Ein zweiter wichtiger Punkt ist: Sind die Gärgefäße noch dicht?
Also zuerst mal im Garten ordentlich vollmachen mit Wasser und drei Tage abwarten. Rinnt dann nichts raus kommt das Putzen und desinfizieren dran. Bekommt Ihr die Gärbehälter nicht lupenrein sauber, so würde ich sie fürs Brauen nicht mehr verwenden. Ihr solltet dann insofern die Ersatzteile noch beschaffbar sind die alten Hähne gegen neue austauschen und die Deckel auf dichte Passform kontrollieren.
Wie genau waren die Fässser gelagert? Denn je mehr Sonnenlicht, umso spröder wird der Kunststoff.

Also 10 Liter Würze in ein 100, oder auch nur 60-Liter Gärfass das würde ich nicht empfehlen, denn wenig Würze in einem zu großen Gärfass kann dieses nicht mit genügend die Würze vor Mikroorganismen schützenden Gärgas füllen. Ein neues 30 Liter-Gärfass reicht da völlig aus.

freundliche Grüße

Alexander
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philipp
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Re: Alte, große Gärbehälter (Kunststoff)

#3

Beitrag von philipp »

Griller76 hat geschrieben:mit genügend die Würze vor Mikroorganismen schützenden Gärgas füllen. Ein neues 30 Liter-Gärfass reicht da völlig aus.
Kannst du das bitte erläutern?

Meiner Kenntnis nach schützt das CO2 nicht vor Mikroorganismen - wie auch.
Der Porter, den man in London gemeiniglich Bier zu nennen pflegt, ist unter den Malz-Getränken das vollkommenste.
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Hirschroehr
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Re: Alte, große Gärbehälter (Kunststoff)

#4

Beitrag von Hirschroehr »

Hallo Alexander,

vielen Dank für deine schnelle Antwort!
Gelagert wurden die über all die Zeit in einem Gewölbekeller, daher haben sie in den letzten Jahrzehnten keinerlei Sonnenlicht gesehen. Allerdings standen sie über die Jahre immer offen im Keller herum.

Der Punkt, dass die Behälter einfach zu groß sind, war auch der, der uns am meisten Bauchschmerzen bereitet.
Vielleicht können wir das 60 Liter Fass ja in der Zukunft einmal brauchen, sofern es denn funktionsfähig ist. Das wird erstmal die nächsten Tage getestet.

Grüße,
Chris
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Re: Alte, große Gärbehälter (Kunststoff)

#5

Beitrag von Deothor »

Kannst du das bitte erläutern?
Meiner Kenntnis nach schützt das CO2 nicht vor Mikroorganismen - wie auch.
Tut es doch:
http://nagl.netzreport.com/dokumente/fh/04fh.pdf
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Griller76
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Re: Alte, große Gärbehälter (Kunststoff)

#6

Beitrag von Griller76 »

philipp hat geschrieben:
Griller76 hat geschrieben:mit genügend die Würze vor Mikroorganismen schützenden Gärgas füllen. Ein neues 30 Liter-Gärfass reicht da völlig aus.
Kannst du das bitte erläutern?

Meiner Kenntnis nach schützt das CO2 nicht vor Mikroorganismen - wie auch.
Wir haben zwei Sorten von Keimen, die Verderbnis bringen können: aerobe und anaerobe Destruenten. Anaerobe Destruenten arbeiten am Besten unter Sauerstoffabschluss. Im Braubereich haben wir es in der Regel mit aeroben Destruenten zu tun, die besonders gut arbeiten, wenn sie Sauerstoff haben. Ist nun das Gärfass komplett mit CO2 gefüllt, haben diese aeroben Destruenten folglich auch keine Lebensbasis mehr und können somit nicht aktiv werden. U.a. deswegen soll man ja nicht soviel am Gärfass rummachen und es am Besten vor Gärende nur seltenst öffnen, da ansonsten dieses schützende CO2 entweicht.
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Mystic-G
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Re: Alte, große Gärbehälter (Kunststoff)

#7

Beitrag von Mystic-G »

Und wenn's beim Reinigen nicht auf Anhieb sauber werden sollte, dann greif nicht zum rauen Scheuerschwamm (da kratzt du die Oberflächen nur noch mehr auf) sondern kauf dir ne Packung Kukident (oder günstige Kopie davon) schmeiss ein paar Tabletten rein ins volle Fass und warte. Die Dinger wirken wunder, damit hab ich schon übelst verhockte Flaschen saubergekriegt.
Natürlich danach den Feinwaschgang mit Chemipro Oxi nicht vergessen, damit nicht noch Kuki-Reste drin bleiben.
Zuletzt geändert von Mystic-G am Sonntag 30. Februar 2019, 08:15, insgesamt 3,14-mal geändert.
Hirschroehr
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Re: Alte, große Gärbehälter (Kunststoff)

#8

Beitrag von Hirschroehr »

Danke für eure Meinungen und Ratschläge!
Werden uns dann wohl erstmal nach einem kleineren Gärbehälter umsehen.

Wenn wir uns einen neuen Gärbehälter kaufen, könnt ihr uns da einen Tipp geben was für einen wir kaufen sollten?
Also man findet ja auf vielen Webseiten die Gäreimer, wie zum Beispiel hier.
Für ca. das doppelte vom Preis gibts die Gärbehälter wie von Speidel.
Gehen wir mal davon aus, dass uns das Brauen als neues Hobby Spaß macht und wir das ein paar Jahre ausüben werden. Sind dann die Mehrkosten für einen Gärbehälter, wie von Speidel, lohnenswert oder ist die Qualität von den Gäreimern nur geringfügig schlechter, dass kein großer Unterschied feststellbar ist?

Ich könnte mir vorstellen, dass ein Edelstahlbehälter das Beste Preis/Leistungsverhältnis hat, aber das ist dann wohl doch zu teuer für den Anfang.

Ich freue mich auf eure Erfahrungsberichte!
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Re: Alte, große Gärbehälter (Kunststoff)

#9

Beitrag von schwarzwaldbbq »

Wir haben einen sog. Schengler-Topf als Gärfass.
Suche bei EBay den Verkäufer Catering Portal.

Direkt dort den Preis anfragen. Ist normal günstiger als die Auktion.

Auf Wunsch Ablasshahn einbauen. Geht mit einem Stufenbohrer sehr einfach.

LG Joe
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Re: Alte, große Gärbehälter (Kunststoff)

#10

Beitrag von Fe2O3 »

Oder schau mal im nächsten Baumarkt nach.
Da ist zwar vor allem im Herbst (=Erntezeit) eine Auswahl vorhanden, aber vielleicht findet man jetzt schon das eine oder andere 30Liter Fass.

lG
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Re: Alte, große Gärbehälter (Kunststoff)

#11

Beitrag von §11 »

Griller76 hat geschrieben:
philipp hat geschrieben:
Griller76 hat geschrieben:mit genügend die Würze vor Mikroorganismen schützenden Gärgas füllen. Ein neues 30 Liter-Gärfass reicht da völlig aus.
Kannst du das bitte erläutern?

Meiner Kenntnis nach schützt das CO2 nicht vor Mikroorganismen - wie auch.
Wir haben zwei Sorten von Keimen, die Verderbnis bringen können: aerobe und anaerobe Destruenten. Anaerobe Destruenten arbeiten am Besten unter Sauerstoffabschluss. Im Braubereich haben wir es in der Regel mit aeroben Destruenten zu tun, die besonders gut arbeiten, wenn sie Sauerstoff haben. Ist nun das Gärfass komplett mit CO2 gefüllt, haben diese aeroben Destruenten folglich auch keine Lebensbasis mehr und können somit nicht aktiv werden. U.a. deswegen soll man ja nicht soviel am Gärfass rummachen und es am Besten vor Gärende nur seltenst öffnen, da ansonsten dieses schützende CO2 entweicht.
Oder so aehnlich...

Es gibt da noch einen ganzen Sack Andere. bis hin zu z.B. strengen Anaerobiern die nicht nur "am Besten" unter Sauerstoffabschluss arbeiten" sondern in einer Sauerstoffatmosphaere nicht lebensfaehig sind (gilt natuerlich umgekehrt auch fuer strenge Aerobier)

Da es aber auch mikro aerophile gibt und das "Gaergas" (ich denke du meinst Kohlendioxid) das Bier nicht 100% Sauerstofffrei macht, koennen auch solche ueberleben.

Aber egal, das sind Randerscheinungen. Im Grunde hast du halb recht. Die Sauerstoffarme Atmosphaere schuetzt Bier zum Beispiel vor Schimmel und Acetobacter aber nicht vor Lactos, da die meisten Arten dieser Spezies facultative anaerobier sind.

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Re: Alte, große Gärbehälter (Kunststoff)

#12

Beitrag von philipp »

§11 hat geschrieben: Aber egal, das sind Randerscheinungen. Im Grunde hast du halb recht. Die Sauerstoffarme Atmosphaere schuetzt Bier zum Beispiel vor Schimmel und Acetobacter aber nicht vor Lactos, da die meisten Arten dieser Spezies facultative anaerobier sind.
Worauf es mir ankam: Die O2-arme / freie Atmosphäre schützt nur vor der Vermehrung, nicht aber vor der Infektion, wie man es bei dir lesen konnte.

Es gibt vielerorts offene Gärungen, die kein Problem mit Kahmhefen haben (und nein, da ist auch der Raum nicht mit CO2 geflutet - und nein, die Würze ist da auch nicht durch Kräusen geschützt). Das geht (das hat Griller aber nicht behauptet) so weit, dass Einige in diesem Forum von einem "schützenden CO2-Polster" sprechen - und damit ein Bild einer Alufolienhänlichen Abdeckung suggerieren.

Der Grund einer Kahmhefeinfektion ist in den seltensten Fällen das zu große Gärgefäß.
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Re: Alte, große Gärbehälter (Kunststoff)

#13

Beitrag von Hirschroehr »

Danke nochmals für eure Antworten!
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Re: Alte, große Gärbehälter (Kunststoff)

#14

Beitrag von §11 »

philipp hat geschrieben:
§11 hat geschrieben: Aber egal, das sind Randerscheinungen. Im Grunde hast du halb recht. Die Sauerstoffarme Atmosphaere schuetzt Bier zum Beispiel vor Schimmel und Acetobacter aber nicht vor Lactos, da die meisten Arten dieser Spezies facultative anaerobier sind.
Worauf es mir ankam: Die O2-arme / freie Atmosphäre schützt nur vor der Vermehrung, nicht aber vor der Infektion, wie man es bei dir lesen konnte.

Es gibt vielerorts offene Gärungen, die kein Problem mit Kahmhefen haben (und nein, da ist auch der Raum nicht mit CO2 geflutet - und nein, die Würze ist da auch nicht durch Kräusen geschützt). Das geht (das hat Griller aber nicht behauptet) so weit, dass Einige in diesem Forum von einem "schützenden CO2-Polster" sprechen - und damit ein Bild einer Alufolienhänlichen Abdeckung suggerieren.

Der Grund einer Kahmhefeinfektion ist in den seltensten Fällen das zu große Gärgefäß.
Zumal wir ja bei der professionellen offenen Gärung bei einem zweiten Punkt sind der ja hier von vielen kategorisch abgelehnt wird, das Abheben der Decke. Nämlich unter anderem genau aus dem Grund, der Dreck muss raus.

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Re: Alte, große Gärbehälter (Kunststoff)

#15

Beitrag von Sura »

Ernsthafte Frage, Jan:
Ich schlauche nach dem zusammenfallen der Kräusen gerne um. Eben auch um den ersten Dreck loszuwerden. Ist das abheben der Decke vorteilhafter?
"Es ist schon alles gesagt, nur noch nicht von jedem."
(Karl Valentin)
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Re: Alte, große Gärbehälter (Kunststoff)

#16

Beitrag von Boludo »

Das Entfernen der Kräusen ist eigentlich der große Vorteil der offenen Gärung.
Und wird auch so praktiziert.
Nichts von dem, was in den Kräusen ist, will man hinterher im Bier haben.

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Re: Alte, große Gärbehälter (Kunststoff)

#17

Beitrag von gulp »

Kräusen abheben? Das haben wir doch schon zigmal rauf und runter diskutiert. Gut, ein paar Brauereien machen das noch, aber die Meisten kommen doch an Ihre Kräusen während der Hauptgärung gar nicht mehr ran. Also produzieren die alle unbrauchbare Brühe? Fahrt mal kleinere Geschütze auf, das verunsichert nur die Anfänger.

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Re: Alte, große Gärbehälter (Kunststoff)

#18

Beitrag von §11 »

gulp hat geschrieben:Kräusen abheben? Das haben wir doch schon zigmal rauf und runter diskutiert. Gut, ein paar Brauereien machen das noch, aber die Meisten kommen doch an Ihre Kräusen während der Hauptgärung gar nicht mehr ran. Also produzieren die alle unbrauchbare Brühe? Fahrt mal kleinere Geschütze auf, das verunsichert nur die Anfänger.

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Peter, ich bezog mich auf die offene Gärung. Hier werden die zwei Dinge immer vermischt. Es wird das Argument ins Feld geführt wenn die Kräusen und das CO2 das Bier nicht schützen würde, würden ja alle Brauereien mit offener Gärung Infektionen bekommen. Aber Brauereien mit offener Gärung lassen die Kräusen Überlaufen oder heben sie ab.

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Re: Alte, große Gärbehälter (Kunststoff)

#19

Beitrag von §11 »

Sura hat geschrieben:Ernsthafte Frage, Jan:
Ich schlauche nach dem zusammenfallen der Kräusen gerne um. Eben auch um den ersten Dreck loszuwerden. Ist das abheben der Decke vorteilhafter?
Abheben oder unten abziehen macht wenig Unterschied. In der Brauerei spart man sich halt einen Bottich

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Re: Alte, große Gärbehälter (Kunststoff)

#20

Beitrag von Alt-Phex »

gulp hat geschrieben:Kräusen abheben? Das haben wir doch schon zigmal rauf und runter diskutiert. Gut, ein paar Brauereien machen das noch, aber die Meisten kommen doch an Ihre Kräusen während der Hauptgärung gar nicht mehr ran. Also produzieren die alle unbrauchbare Brühe? Fahrt mal kleinere Geschütze auf, das verunsichert nur die Anfänger.
:goodpost:

Ich käme zwar an meine Kräusen dran, lass das Gärfass aber auch lieber zu bis es Zeit wird zum abfüllen.
In meiner Lehrbrauerei gab es riesige ZGTs - da konnte auch nichts abgeschöpft werden. War trotzdem lecker.

Und wenn man das macht, dann bitte nur die braunen Stellen, nicht die ganze Hefe.
Wie in manchen "Tutorials" fälschlicherweise erzählt wird.
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Re: Alte, große Gärbehälter (Kunststoff)

#21

Beitrag von philipp »

§11 hat geschrieben: Zumal wir ja bei der professionellen offenen Gärung bei einem zweiten Punkt sind der ja hier von vielen kategorisch abgelehnt wird, das Abheben der Decke. Nämlich unter anderem genau aus dem Grund, der Dreck muss raus.
Es macht schon einen Unterschied, ob ich in einem voll gefliesten Raum 15 hl Jungbier mit einer anständigen Anstellrate für 5 Tage offen vergäre oder ob meine 20l Jungbier in der Abstellkammer (oder gar Garage) offen 2 Wochen rumgammeln bis ich zum abfüllen komme.

Kräusen abheben oder nicht - nunja. Da hilft natürlich ein Gärgefäß mit wenig Kopfraum. Könnte ich eigentlich mal in der Gästedusche ausprobieren (Bottich mit 5 cm Steigraum lassen....). Aber dann muss ich genug anstellen (Lag-Zeit im einstelligen Stundenbereich) und sicher gehen, dass die Gärung nach 3-4 Tagen durch ist.
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Re: Alte, große Gärbehälter (Kunststoff)

#22

Beitrag von Boludo »

Ich hab mal Ludwig Narziß gefragt, was er vom Kräusen abschöpfen hält.
Fand er eine prima Sache.

Stefan
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Re: Alte, große Gärbehälter (Kunststoff)

#23

Beitrag von §11 »

Boludo hat geschrieben:Ich hab mal Ludwig Narziß gefragt, was er vom Kräusen abschöpfen hält.
Fand er eine prima Sache.

Stefan
Und Michael Zepf hat die Frage erst gar nicht verstanden warum das drauf bleiben soll. Seine Antwort war" Hast du das schon mal probiert? Wer will das im Bier haben"

Aber noch mal. Nicht vermischen, wenn man wirklich offen gärt in der Brauerei, dann zieht man die Decke auch ab oder lässt sie überlaufen.

Was wir machen ist ja meist nicht offen sondern nur drucklos.

Das Argument große Brauereien vergären schließlich auch offen ohne Infektionen, als Argument das CO2 und Kräusen das Bier schützen ist eben nur die halbe Wahrheit und es wird eben nur ein Schuh draus wenn dann auch die Decke wegkommt.

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Re: Alte, große Gärbehälter (Kunststoff)

#24

Beitrag von gulp »

§11 hat geschrieben:
gulp hat geschrieben:Kräusen abheben? Das haben wir doch schon zigmal rauf und runter diskutiert. Gut, ein paar Brauereien machen das noch, aber die Meisten kommen doch an Ihre Kräusen während der Hauptgärung gar nicht mehr ran. Also produzieren die alle unbrauchbare Brühe? Fahrt mal kleinere Geschütze auf, das verunsichert nur die Anfänger.

Gruß
Peter
Peter, ich bezog mich auf die offene Gärung. Hier werden die zwei Dinge immer vermischt. Es wird das Argument ins Feld geführt wenn die Kräusen und das CO2 das Bier nicht schützen würde, würden ja alle Brauereien mit offener Gärung Infektionen bekommen. Aber Brauereien mit offener Gärung lassen die Kräusen Überlaufen oder heben sie ab.

Jan
Ok Jan, das habe ich falsch verstanden, sorry! :Smile

Boludo hat geschrieben:Ich hab mal Ludwig Narziß gefragt, was er vom Kräusen abschöpfen hält.
Fand er eine prima Sache.

Stefan
Gut gekontert, Stefan! Ich nehme mal an, dass er da die Gärung bei Weißbier gemeint hat, wo dergleichen natürlich Sinn macht, weil obergärige Kräusen die aktivsten Hefezellen enthalten.

Die Argumentation, dass Kräusen abschöpfen, eine wie auch immer geartete ungewollte Bittere ins Bier bringt, halte ich hingegen für unbegründet. Viele der Brauereien, die ihre Kräusen nicht mehr abschöpfen können, oder wollen, sind in Bezug auf Bittereinheiten, ja immer harmloser geworden und meine Biere haben seit deiner Wasserberatung auch keine kratzige Bittere mehr. :Smile

Gruß
Peter
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Re: Alte, große Gärbehälter (Kunststoff)

#25

Beitrag von Boludo »

Nein, er fand das Abschöpfen nicht mit dem Hintergrund der Hefeernte sinnvoll, sondern prinzipiell.
Genau so Hans Peter Drexler von Schneider. Die machen zwar Weißbier, verwerfen die Kräusen aber und propagieren für jeden Sud extra neue Hefe im Labor.
Sein Argument war auch, dass man das doch mal probieren soll und dass das nichts im Bier verloren hat.
Aber ich gebe zu, das ist eins ganz hervorragende Glaubensfrage.

Stefan
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Re: Alte, große Gärbehälter (Kunststoff)

#26

Beitrag von Alt-Phex »

Da ich meine 50L Sude sowieso immer aufteilen muss, werde ich das mal testen.
Einmal abschöpfen und einmal nicht abschöpfen - also die braunen Stellen.

Ob das wirklich einen Unterschied macht ? - Ich wage es zu bezweifeln.
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Re: Alte, große Gärbehälter (Kunststoff)

#27

Beitrag von Boludo »

Ganz ehrlich, einen wissenschaftlichen Beleg hat keiner der Herren geliefert.
Geschmacklich wird man da nicht viel merken. Ich mach das manchmal und manchmal nicht.
Wenn die Hopfenharze weg sind, fühlt es sich irgendwie besser an :redhead
Was anderes ist Jans Argument. Es könnte in der Tat auch dazu dienen, Keime zu entfernen.
Solange man sauber arbeitet.

Stefan
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Re: Alte, große Gärbehälter (Kunststoff)

#28

Beitrag von hutschpferd »

Weg damit...

War unlängst wieder Mal bei einem Winzer hier in Wien, der imo die besten Wiener Weine produziert. Zumindest sprechen die jährlichen Auszeichnungen auch dafür...
Der hat in den 80ern schon alles Plastik verbannt und komplett auf Edelstahl und rein(s)tzucht gesetzt. Nur Edelstahl kannst du über Jahre hinweg sauber halten...

Tu deiner Arbeit den Gefallen und nimm Edelstahl, es ist schade um die Arbeit wenn du einen Tag im Keller stehst und hacklst, und dann wird das Bier bescheiden wegen den Fässern...
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Re: Alte, große Gärbehälter (Kunststoff)

#29

Beitrag von Deothor »

Abschöpfen oder nicht abschöpfen. Was soll der interessierte Leser jetzt aus der Diskussion mitnehmen? :Grübel
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hutschpferd
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Re: Alte, große Gärbehälter (Kunststoff)

#30

Beitrag von hutschpferd »

wozu abschöpfen? ist ja nur ein weiteres infektionsrisiko...
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olibaer
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Re: Alte, große Gärbehälter (Kunststoff)

#31

Beitrag von olibaer »

Hallo zusammen,

noch ein paar Gedanken zum "Abheben der Kräusendecke":

Ich unterscheide hier die Handlungsmuster in obergärig und untergärig:

Für das "Obergärige" hat sich das "überlaufen lassen" bewährt - siehe Beitrag von Jan. Die Bottiche weisen an einer Stelle eine Aussparung auf, an der der "Überlauf" gezielt austreten und aufgefangen werden kann(->Sauerei im Gärkeller minimieren). Ein klassisches "abheben" während der Gärphase findet hier eigentlich selten bis nie statt. Abgehoben wird hier erst zum Zwecke einer Hefeernte.

Für das "Untergärige" gibt es mehrere Ansätze:
  • abgehoben wird, um die Erntehefe nicht zusätzlich zu verunreinigen. Entweder kurz vor dem Schlauchen, einen Tag vorher, oder beides.
  • abgehoben wird, um das zu entfernen was man nicht mehr benötigt und eher negativ behaftet ist. Beginn des "Abhebens" ist meist der 5-7 Gärtag oder der Tag an dem der "Brandheferand" am Bottich sichtbar wird. Dieses Merkmal am Bottichrand zeigt oft das letzte Drittel der Hauptgärung an und auch den Zeitpunkt, zu dem die Kräusendecke anfängt in sich zusammen zu fallen.
  • zwischen den o.g. Punkten ist jede Menge Spielraum für persönliches ermessen, Erfahrung, Philosophie und die durch die technische Einrichtung vorbestimmte Handlungsweise. Manchmal sind die Gründe aber auch noch viel trivialer: ich kann nicht spindeln wenn 20cm Schaum auf der Probe sitzen.
In jedem Fall richtig ist, dass die Verkostung einer Kräusendecke zum Handeln motiviert - darin ist wirklich nichts enthalten, dass ins Bier gehört oder einen Mehrwert hätte. Wer also die Möglichkeit hat hier zu agieren, sollte das auch tun. Wer darauf anspringt ist allerdings gut beraten, sich "peinlichste Sauberkeit" auf die Fahnen zu schreiben.

Ein weiterer Aspekt der oft in Zusammenhang mit "Kräusendecke abheben" genannt wird ist der, dass ZKGs oder ZKLs das Abheben unmöglich machen und die Kräusendecke in solch einem Fall immer ins Produkt untergespült wird. So alleine stehen lassen kann man das nicht:

Das Verhältnis Höhe zu Durchmesser ist in einem ZKG ein ganz anderes wie in einem klassischen Gärbottich. Die Kräusendecke wird in einem ZKG viel höher und bei einer sachgemäßen Entleerung(Fließgeschwindigkeit, Zeitpunkt, ...) des ZKG, bricht die Kräusendecke langsam auf und bleibt an der Tankwandung überhalb des Flüssigkeitsspiegels "kleben" - ganz ähnlich wie der Bierschaum im Bierglas beim genügsamen Trinken. Es findet also kein Abheben statt, eine Abtrennung der finalen Kräusendecke aber sehr wohl - sie verbleibt an der Tankwandung.

Weiter besteht ein Unterschied in der Fläche, die eine Kräusendecke einnehmen kann. In einem offen Gärbottich, in den angenommen 120 hl passen treffen vielleicht 6m² Kräusendecke - in einen Gärtank in den 1000 hl passen treffen ~12m² Kräusendecke. Rechnet man sich hier eine gedachte "Kräusenbelastung" je hl Bier aus, kommt der ZGK weit besser weg als der klassische Gärbottich.

Runtergebrochen auf den Hobbybrauer und für mich bewährt hat sich:

Obergäriges wird nie abgehoben und der Gärbehälter ist so gewählt, dass er nicht überläuft. Hefeernte kurz vor dem Schlauchen "von oben"
Untergäriges heb ich einen Tag vor dem "schlauchen" ab. Zum einen ernte ich die Hefe in der ich "Kräusenreste" nicht gebrauchen kann, zum anderen kann ich am nächsten Tag sehen, ob ich endvergoren bin - ganz ohne Spindel. Ein erneutes "Überweisen" zeigt noch vergärbaren Extrakt an.

Gruß
Oli


Edith: Buchstabenkorrektur
Gruss
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Re: Alte, große Gärbehälter (Kunststoff)

#32

Beitrag von Deothor »

Das nenne ich eine klare Antwort.
Danke!
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Re: Alte, große Gärbehälter (Kunststoff)

#33

Beitrag von Bierjunge »

olibaer hat geschrieben: Untergäriges heb ich einen Tag vor dem "schlauchen" ab. Zum einen ernte ich die Hefe in der ich "Kräusenreste" nicht gebrauchen kann, zum anderen kann ich am nächsten Tag sehen, ob ich endvergoren bin - ganz ohne Spindel.
Danke für die mal wieder sehr kompetente, erschöpfende Antwort!
Kleine Nachfrage: Ergänzend dazu habe ich es mir angewöhnt, schon früher, im beginnenden Hochkräusenstadium, die schmutzig braunen Schlieren (Hopfenharze) mit einem Schaumlöffel selektiv von dem weißen Schaumgebirge zu pflücken. Erachtest Du das als sinnvoll?

Und wenn man dieses dunkle Zeug mal verkostet hat (ultrabitter), fragt man sich fast, ob man nicht die Bitterung geringfügig anders berechnen müsse, je nachdem, ob man das abhebt oder wieder im Bier versinken lässt? Wahrscheinlich aber ein vernachlässigbarer Unterschied, oder? Denn dazu müsste es ja wieder in Lösung gehen.

Moritz
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Re: Alte, große Gärbehälter (Kunststoff)

#34

Beitrag von Bierjunge »

PS: Interessant finde ich in diesem Zusammenhang, dass unsere Altvorderen die Gärung primär als einen Reinigungsprozess ansahen, der der Ausscheidung unerwünschter Stoffe diene.

Wie mich überhaupt immer am Brauen fasziniert, dass es sich um eine ganze Kette von Klärungs- und Reinigungsvorgängen handelt:
Die "Haferflockensuppe" der Maisch wird durchs Läutern geklärt.
Beim Kochen wird sie durch Einweiß und Hopfen wieder trüb, beim Whirlpool wieder geklärt.
Kühltrub anschließend noch einmal.
In der Gärung wird sie wieder trüb, durchs Absitzen der Hefe (oder eben auch durchs Abheben der Kräusen) wieder geklärt/gereinigt.
Bei der Lagerung dann ein weiteres Mal.
Mir macht das Spaß!

Moritz
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Re: Alte, große Gärbehälter (Kunststoff)

#35

Beitrag von olibaer »

Hallo Moritz,
Bierjunge hat geschrieben: Kleine Nachfrage: Ergänzend dazu habe ich es mir angewöhnt, schon früher, im beginnenden Hochkräusenstadium, die schmutzig braunen Schlieren (Hopfenharze) mit einem Schaumlöffel selektiv von dem weißen Schaumgebirge zu pflücken. Erachtest Du das als sinnvoll?
Nein. Wenn die Hauptgärung gut verläuft lohnt es sich durchaus auf den sich einmalig sinnmachenden Moment zu warten. Wenn Du "abhebst" hast Du mittlerweile bestimmt ein gutes Gefühl für "Kräusendecke" - oft kann man ihr mehr vertrauen als einer Extraktmessung. Wenn Du den "Branntheferand" siehst, ist es Zeit - vorher lohnt die Mühe nicht.

Ganz ähnlich zwanghaftes Verhalten kennen wir vom Würzekochen: schaut man zu, will man immer etwas abheben oder unterrühren, dabei sind das Prozessattribute, die genau da hingehören und man ist gut beraten, die Hände still zu halten oder weg zu sehen... wenn man's nicht ertragen kann.
Bierjunge hat geschrieben: Und wenn man dieses dunkle Zeug mal verkostet hat (ultrabitter), fragt man sich fast, ob man nicht die Bitterung geringfügig anders berechnen müsse, je nachdem, ob man das abhebt oder wieder im Bier versinken lässt? Wahrscheinlich aber ein vernachlässigbarer Unterschied, oder?
Ja, durchaus. Du kannst ein Weißbier mit 10 IBU Hopfen und dann die Zunge an einen "braunen Fetzen in den Hochkräusen" halten - die Bittere wird dich immer umhauen und suggerieren, dass du alles falsch gemacht hast.

Die flankierend zum Geschmacksempfinden nötige Gedankenleistung ist die, dass eine Bitterstoffgabe nebst der begleitenden Ausbeute immer auf das Endprodukt zielt(zielen sollte). Was du wenig wohlwollend schmeckst, sind die "geplanten" Bitterstoffverluste während der Hauptgärung, die sich via CO2-Wäsche in der Kräusendecke manifestieren.

Es ist ein guter Plan es bei der "unangenehmen Wahrnehmung" zu belassen und sich mit den Bitterstoffausbeuten insgesamt zu befassen.

Gruß
Oli
Gruss
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