Jodprobe im fertigen Bier?

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Gartenbrauer
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Jodprobe im fertigen Bier?

#1

Beitrag von Gartenbrauer »

Kann man im ausgereiften, gelagertem Bier mittels Jodprobe noch unverzuckerte Stärke nachweisen?

Ich frage, weil ich im Moment ein Bier habe, welches nach langer Lagerzeit immer noch trüb ist, einen merkwürdigen Beigeschmack nach Getreide und etwas säuerlich daherkommt.
Es handelt sich um ein Lager mit 20% Roggenmalz in der Schüttung, Hefe W 34/70.
Eine Jodprobe nach der Verzuckerungsrast habe ich nicht gemacht.

Harald
Gruß
Harald
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Johnny H
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Re: Jodprobe im fertigen Bier?

#2

Beitrag von Johnny H »

Vielleicht ist es ja zu offensichtlich, aber ich würde da zunächst mal eher auf das Roggenmalz als Ursache für die Trübung tippen, entweder durch Proteine oder Schleimstoffe. Ansonsten spricht aber m.E. nichts gegen eine Jodprobe.
Jubel erscholl, als sich die Trinker von dem schneidigen, köstlichen, bei dem früher in Pilsen erzeugten nie wahrgenommenen Geschmack überzeugten. Die Geburt des Pilsner Bieres!
(E. Jalowetz, Pilsner Bier im Lichte von Praxis und Wissenschaft, 1930)
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Gartenbrauer
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Re: Jodprobe im fertigen Bier?

#3

Beitrag von Gartenbrauer »

Ich braue öfter mit Roggenmalz.
Eine Trübung hatte ich vorher nicht.

Und die Jodprobe mit dem fertigen Bier habe schon gemacht, allerdings negativ.

Bleibt die Frage, ob unverzuckerte Stärke durch eine Jodprobe im fertigen Bier nachgewiesen werden kann.
Gruß
Harald
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Re: Jodprobe im fertigen Bier?

#4

Beitrag von DerDerDasBierBraut »

Das "getreidige" kann auch von der W34/70 kommen, falls wir das Gleiche darunter verstehen. Das ist so ein "staubiges, stumpfes, mehliges" Gefühl vorne auf der Zunge (ohne, dass wirklich "Krümel" da sind). Er kommt leicht "torfig, erdig, holzig" rüber.
Dieses Gefühl habe ich bei sehr vielen Bieren, die mit der W34/70 vergoren wurden und es ist für mich ein typisches Erkennungsmerkmal für die Hefe.

Zur Frage: Wenn noch Stärke da ist, dann wird der Jodtest positiv ausfallen. Ich würde aber drauf tippen, dass die Stärkeketten nahezu vollständig bei der langen Kochzeit thermisch aufgebrochen werden.
"Da braut sich was zusammen ... "
"Oh, Bier ;-) !"
"Nein! Was Böses!"
"Alkoholfreies Bier??? ..."
-----------
Viele Grüße
Jens
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Gartenbrauer
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Re: Jodprobe im fertigen Bier?

#5

Beitrag von Gartenbrauer »

Dann könnte es so sein, dass unverzuckerte Stärke vor dem Kochen vorhanden war und beim Kochen aufgebrochen ist.

Das wurde die starke Trübung beantworten.
Gruß
Harald
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Boludo
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Re: Jodprobe im fertigen Bier?

#6

Beitrag von Boludo »

Das sollte eigentlich auf jeden Fall funktionieren. Probier es einfach mal aus.

Stefan
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afri
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Re: Jodprobe im fertigen Bier?

#7

Beitrag von afri »

Gartenbrauer hat geschrieben: Montag 29. Januar 2018, 10:08 Dann könnte es so sein, dass unverzuckerte Stärke vor dem Kochen vorhanden war und beim Kochen aufgebrochen ist.
Das kapiere ich nicht. Wenn die Stärke beim kochen aufbricht, warum maischen wir denn dann überhaupt? Vielleicht verstehe ich den Begriff "aufbrechen" nur nicht richtig, aber ich dachte immer, wenn Stärke zerbrochen wird, entstehen kürzerkettige Zuckermoleküle.
Achim
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olibaer
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Re: Jodprobe im fertigen Bier?

#8

Beitrag von olibaer »

Hallo Harald,

eine Jodprobe geht immer und überall.

Keineswegs ist sie auf Maischen oder unvergorene Würzen festgelegt. Auch die Ergebnislage ist in diesem Zusammenhang immer gleich zu interpretieren: "jodnormal" oder eben nicht "jodnormal".

Im Vergorenen, oder allgemein in einem trüben Umfeld, könnte hilfreich sein, die Probe zumindest über einen Kaffeefilter abzufiltrieren und erst dann gegen eine Jodfärbung zu testen. Wer bessere Filtermöglichkeiten oder Filter hat - gerne verwenden.

In deinem Fall tippe ich aber auf eine Eiweißtrübung, die sich erkennbar durch Zugabe einer Lauge auflösen und dadurch identifizieren lässt. Hier am besten eine KOH-Lösung(3-5%) verwenden. In einem anderen Thread kannst Du dich zu diesem Thema einlesen.

Anmerkung:
Du äusserst "... kommt etwas säuerlich daher ...".

Hat sich dein pH-Wert tatsächlich "nach unten"(sauer) verschoben bleibt nicht ausgeschlossen, dass begleitend dazu Eiweiß-Fraktionen unlöslich geworden sind und sich ggf. im Verbund mit anderen Trübungsbildnern in Form einer kolloidalen Trübung zeigen.
Gruss
Oli
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Boludo
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Re: Jodprobe im fertigen Bier?

#9

Beitrag von Boludo »

afri hat geschrieben: Montag 29. Januar 2018, 12:19
Das kapiere ich nicht. Wenn die Stärke beim kochen aufbricht, warum maischen wir denn dann überhaupt? Vielleicht verstehe ich den Begriff "aufbrechen" nur nicht richtig, aber ich dachte immer, wenn Stärke zerbrochen wird, entstehen kürzerkettige Zuckermoleküle.
Achim
Man kann Stärke auch thermisch hydrolisieren. Den Effekt macht man sich ja auch bei Dekoktion teilweise zunutze.
Viel schneller geht es allerdings enzymatisch.

Stefan
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olibaer
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Re: Jodprobe im fertigen Bier?

#10

Beitrag von olibaer »

Hallo zusammen,
afri hat geschrieben: Montag 29. Januar 2018, 12:19
Gartenbrauer hat geschrieben: Montag 29. Januar 2018, 10:08 Dann könnte es so sein, dass unverzuckerte Stärke vor dem Kochen vorhanden war und beim Kochen aufgebrochen ist.
Das kapiere ich nicht. Wenn die Stärke beim kochen aufbricht, warum maischen wir denn dann überhaupt? Vielleicht verstehe ich den Begriff "aufbrechen" nur nicht richtig, aber ich dachte immer, wenn Stärke zerbrochen wird, entstehen kürzerkettige Zuckermoleküle.
Achim
Langsam Achim:
"Aufbrechen" und "Abbauen" trennt an dieser Stelle Welten.

Umgangssprachlich "bricht" der thermische Aufschluß "grobschlächtige" Ketten aus einem Stärkehelix, während der meist nachgelagerte enzymatische Aufschluß aus diesen Ketten kleinere Zuckerfraktionen bildet(Amylasenaktivität beim Maischen), die für uns messbar in der Jodprobe, dem Endvergärungsgrad und dem Extrakt wirklich eine Heimat haben.

Mälzen, Schroten, Schüttung, Maischen oder Maischverfahren setzt immer auf einen gegebenen oder zu erwartenden Vorbruch von Stärke auf - sei er für uns Brauer gegeben durch das Mälzen(gut gelöstes Malz) und/oder durch das zusätzliche Kochen einer Teilmaische.
Im Ergebnis nennt sich das Gefüge Rezeptur und repräsentiert in seiner relativen Auslegung einen gekonnten Mix aus physikalischem Aufschluß und amyolytischen Vorgängen, die im zeitlichen Verhalten durch das Maischverfahren definiert sind.
Gruss
Oli
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