Geschmacksfehler - Medizinisch, metallisch

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wwershofen
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Geschmacksfehler - Medizinisch, metallisch

#1

Beitrag von wwershofen »

Hallo,
ich befinde mich gerade in einer Sinnkrise... Nachdem ich nun schon seit gut einem Jahr recht gelungene Biere produziert habe, haben sich bei zwei unabhängigen Braugängen im Herbst letzten Jahres zwei Biere mit einem recht identischen Geschmackfehler entwickelt - ein medizinischer, metallischer Geschmack im Antrunk und Nachklang, den ich mir irgendwie nicht erklären kann. Die Biere sind zwar noch trinkbar, aber nicht wirklich lecker... Ein paar Informationen zu den betroffenen Suden:

1. 65l "Sendlinger Helles"
Gebraut Mitte Oktober auf einer Posinelli 100-Liter-Anlage bei einem befreundeten Hobbybrauer. Rezept gemäß Hanghofer mit 100% PiMa. Sud wurde geteilt und nach Übernacht-Abkühlung eine Hälfte mit S-23, die andere Hälfte mit W-34/70 angestellt. Nachgärung und Ausschank in Fässern. Verkostet auf einer Weihnachtsfeier am 16.12.
Die Hälfte mit der S-23 war vollkommen unauffällig, sehr lecker und nach ca. 20 Stunden ausgetrunken. Die Hälfte mit der W-34/70 hatte den Eingangs erwähnten Fehlgeschmack und wurde entsprechend dann kaum noch getrunken. Beim Umdrücken des Bieres vom NG-Fass in das Ausschank-Fass (Ende November) war der Fehlgeschmack definitiv noch nicht vorhanden, allerdings hat die Nachgärung bei der W34/70 deutlich länger gedauert als bei der S-23. Mehr Unterschiede sind mit bei den beiden Teilsuden eigentlich nicht aufgefallen.

2. 26l IPA mit Cascade/Callista Stopfhopfen (Rezept etc. siehe http://bierbrauen.wershofen.de/ally-mcbeer-26-11-2017)
Gebraut auf meiner Anlage (Einkocher-Klasse) Ende November, angestellt nach aktiver Kühlung am Ende des Braugangs mit US-05 (konservierte Erntehefe mit 2,5l Hefestarter aus eigens zuvor produzierter Würze). Stopfhopfen nach Ende HG für 6 Tage. Abgefüllt zur Karbonisierung in Flaschen (10l) und Keg (Rest) mit Haushaltszucker kurz vor Weihnachten.
Erste Verkostungen der Flaschen Anfang des Jahres schmeckten unauffällig und das Bier war auf dem Weg, richtig lecker zu werden. An diesem Wochenende dann die Enttäuschung: Der gleiche Fehlgeschmack wie bei dem W-34/70-Sud - metallisch, medizinisch, vom Hopfenaroma nichts mehr zu schmecken. Fehlgeschmack wurde gegen Ende der Flasche intensiver. Hefe hatte sich gut abgesetzt, Bier war sehr klar.
Der Fehlgeschmack trat leider nicht nur bei einer Flaschen, sondern bei dreien auf. Das Bier im Keg habe ich noch nicht probiert.

Ich bin verwirrt und habe in den letzten Tagen so ziemlich alle Threads hier und im alten Forum gelesen, die sich mit metallisch/medizinischem Geschmack befasst haben. Irgendwie passt hier gar nichts zusammen. Die beiden problematischen Sude haben überhaupt nichts gemeinsames - weder das Equipment noch die Zutaten...

Sowohl bei mir als auch auf der Anlage meines Braukollegen sind bislang jemals solche Probleme aufgetreten. Ich habe schlichtweg keinen Anhaltspunkt für irgendeine Fehlersuche, geschweige denn für dessen Behebung. An reinen Zufall mag ich aber irgendwie nicht wirklich glauben...

Fällt Euch dazu irgendwas ein? Ich bin für jeden hilfreichen Input dankbar.

Viele Grüße
Wolle
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Boludo
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Re: Geschmacksfehler - Medizinisch, metallisch

#2

Beitrag von Boludo »

Das könnten Wildhefen sein. Ist das so ein phenolischer Geschmack?
Es spricht auch dafür, dass der Geschmack erst mit der Zeit kam. und das in dem Bier, dessen Hefe bei der Nachgärung langsamer war.

Stefan
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Kurt
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Re: Geschmacksfehler - Medizinisch, metallisch

#3

Beitrag von Kurt »

Wurde das Brauwasser evtl. (stoßweise) gechlort? Frag mal bei deinem Wasserwerk nach.
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hyper472
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Re: Geschmacksfehler - Medizinisch, metallisch

#4

Beitrag von hyper472 »

Dazu habe ich das gefunden:
Viele Grüße, Henning
Dateianhänge
Metallisch_Eisen.pdf
(80.58 KiB) 135-mal heruntergeladen
"Das Bier aber macht das Fleisch des Menschen fett und gibt seinem Antlitz eine schöne Farbe durch die Kraft und den guten Saft des Getreides."
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Re: Geschmacksfehler - Medizinisch, metallisch

#5

Beitrag von wwershofen »

Boludo hat geschrieben: Montag 29. Januar 2018, 13:37 Das könnten Wildhefen sein. Ist das so ein phenolischer Geschmack?
Es spricht auch dafür, dass der Geschmack erst mit der Zeit kam. und das in dem Bier, dessen Hefe bei der Nachgärung langsamer war.

Stefan
Tja, wenn ich wüsste, wie "phenolisch" schmeckt. :redhead Es ist bitter und erinnert irgendwie an den Geruch von Krankenhaus-Desinfektionsmittel... besser kann ich es nicht beschreiben...

Das mit den Wildhefen ist aber bislang auch mein wahrscheinlichster Tipp. Komisch eben nur, dass es an zwei unterschiedlichen Brauorten (ca. 15 km Entfernung) und mit komplett unterschiedlichen Utensilien und Zutaten passiert ist. Wie kann man sich davor schützen - außer auf Sauberkeit und Desinfektion der benutzten Gerätschaften zu achten? Zur Desinfektion benutze ich Isopropanol und StarSan.
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Re: Geschmacksfehler - Medizinisch, metallisch

#6

Beitrag von DerDerDasBierBraut »

Phenolisch erinnert mich am meisten an Pflasterspray oder den Geruch von dem alten braunen Rollenpflaster.
Eisen wird auch oft als Blutgeschmack beschrieben. Vielleicht hilft es Hinweis bei der Fehlersuche :-).

Sag mal Henning, wie hast du denn die deutsche Fehlgeschmacksbeschreibung bei flavoractiv.com gefunden? Ich sehe dort nur Testkits und Texte auf "Neudeutsch" ...
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Re: Geschmacksfehler - Medizinisch, metallisch

#7

Beitrag von wwershofen »

Kurt hat geschrieben: Montag 29. Januar 2018, 13:37 Wurde das Brauwasser evtl. (stoßweise) gechlort? Frag mal bei deinem Wasserwerk nach.
Würde ich erstmal ausschließen, weil ja bei dem geteilten Sud (Sendlinger Helles) für den S-23-Teil das gleiche Brauwasser verwendet wurde und dieses absolut korrekt geschmeckt hat. Auch war der Geschmack bei dem IPA ja anfänglich noch völlig in Ordnung. Ich denke, bei zu chlorhaltigem Wasser würde man den Fehler schon von Beginn an bemerken...
hyper472 hat geschrieben: Montag 29. Januar 2018, 14:13 Dazu habe ich das gefunden:
(Metallisch_Eisen.pdf)
Viele Grüße, Henning
Ich denke, auch das ist eher unwahrscheinlich. Insbesondere das IPA wurde zwar in einem Edelstahl-Einkocher gemaischt und gekocht. Kühlung, Gärung und Abfüllung erfolgt dann nur noch in Plastik und Silikon. Wenn es hier Probleme mit zu viel eisenhaltigen Stoffen geben würde, hätte ich das Problem vermutlich schon früher einmal gehabt.
Einzig die Sache mit der Lipidoxydation käme m.E. in Betracht, allerdings habe ich das Brauwasser und den ph-Wert der Maische mit Sauermalz aufbereitet und auch mit ca. 67° eingemaischt, was ebenfalls zu einem verstärkten Abbau der Lipoxygenasen führt und somit deren Oxidation vorbeugt.

Trotzdem Danke für Eure Beiträge. :thumbsup
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Re: Geschmacksfehler - Medizinisch, metallisch

#8

Beitrag von hyper472 »

DerDerDasBierBraut hat geschrieben: Montag 29. Januar 2018, 14:33Sag mal Henning, wie hast du denn die deutsche Fehlgeschmacksbeschreibung bei flavoractiv.com gefunden? Ich sehe dort nur Testkits und Texte auf "Neudeutsch" ...
Ich habe ehrlich gesagt keine Ahnung (auch wenn jetzt wieder manche Kinder im Kreis um mich springen und "Mörder! Mörder!" rufen). Geladen habe ich die Dateien am 17.12., der Satnd ist aber von 2007. Vielleicht über irgendeinen veralteten Google-Cache?
Viele Grüße, Henning
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Re: Geschmacksfehler - Medizinisch, metallisch

#9

Beitrag von omitz »

Also wenn das so Richtung Krankenhaus oder "Verbandskasten Aroma" geht, dann könnte es der sog. "Band Aid" Effekt sein. Hatte ich auch mal und mir sagte ein Braumeister dann, dass es von Chlor(rückständen) kommt. Hab den Gäreimer getauscht und es ist nie wieder aufgetreten.

Hier steht was dazu: http://howtobrew.com/book/section-4/is- ... ff-flavors
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Re: Geschmacksfehler - Medizinisch, metallisch

#10

Beitrag von Jomsviking »

Ich hatte auch mal ein Bier, bei dem ein Fass betroffen war:
Das große (30L) Fass war so wie es sein sollte.
Das kleine (9L) hatte einen ganz schwer beschreibbaren Geschmack. Medizinisch, Fußelalkohole, etc.
Die Vermutung lag damals nahe, dass eine weitere Gärung ohne Sauerstoff stattgefunden hat.
Das Grundbier war innerhalb von 2-3 Tagen schon durch. Abgefüllt wurde es jedoch erst nach ca 1 Woche.
Das Große Fass wurde zuerst befüllt. Das kleine danach. Hier kam aufjedenfall Hefe aus dem Gärbehälter mit. Das war beim großen nicht der Fall.
Möglicherweise hatte das ganze auch noch einen anderen Grund.
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Re: Geschmacksfehler - Medizinisch, metallisch

#11

Beitrag von wwershofen »

omitz hat geschrieben: Montag 29. Januar 2018, 15:13 Also wenn das so Richtung Krankenhaus oder "Verbandskasten Aroma" geht, dann könnte es der sog. "Band Aid" Effekt sein. Hatte ich auch mal und mir sagte ein Braumeister dann, dass es von Chlor(rückständen) kommt. Hab den Gäreimer getauscht und es ist nie wieder aufgetreten.
Das Problem ist, dass beide Problemsude in unterschiedlichen Gärbottichen vergoren wurden. Der erste in Polsinelli-Edelstahl-Bottichen, der zweite in normalem Plastikeimer, der davor und danach einwandfreie Biere produziert hat.
Mit Chlorreiniger kommen meine Utensilien nicht in Berührung, daher schließe ich eigentlich irgendwelche Rückstände aus.
Jomsviking hat geschrieben: Montag 29. Januar 2018, 15:16 Ich hatte auch mal ein Bier, bei dem ein Fass betroffen war:
Das große (30L) Fass war so wie es sein sollte.
Das kleine (9L) hatte einen ganz schwer beschreibbaren Geschmack. Medizinisch, Fußelalkohole, etc.
Die Vermutung lag damals nahe, dass eine weitere Gärung ohne Sauerstoff stattgefunden hat.
Das Grundbier war innerhalb von 2-3 Tagen schon durch. Abgefüllt wurde es jedoch erst nach ca 1 Woche.
Das Große Fass wurde zuerst befüllt. Das kleine danach. Hier kam aufjedenfall Hefe aus dem Gärbehälter mit. Das war beim großen nicht der Fall.
Möglicherweise hatte das ganze auch noch einen anderen Grund.
Hmm... Gärung ohne Sauerstoff... Ist sowas möglich?
Interessant ist aber der Hinweis, dass Dein Bier auch erst später abgefüllt wurde. Denn beides trifft auch auf meine beiden Sude zu - aus Zeitmangel bzw. Terminschwierigkeiten erfolgte die Abfüllung jeweils erst deutlich nach dem Ende der Gärung. Bei dem Sendlinger Hellen waren der Sud 16 Tage auf der Hefe, bei dem IPA sogar 25 Tage.
Komisch halt nur, dass bei dem Hellen nur der Teil, der mit der W-34/70 angestellt wurde, den Fehlgeschmack aufgewiesen hat...

Kann das längere Stehen auf der Hefe solche Fehlaromen produzieren? :Grübel
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Re: Geschmacksfehler - Medizinisch, metallisch

#12

Beitrag von wwershofen »

wwershofen hat geschrieben: Montag 29. Januar 2018, 17:14 Kann das längere Stehen auf der Hefe solche Fehlaromen produzieren? :Grübel
Und falls ja, wieso schmeckten beide Bier dann anfangs noch komplett unauffällig?
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Re: Geschmacksfehler - Medizinisch, metallisch

#13

Beitrag von Jomsviking »

wwershofen hat geschrieben: Montag 29. Januar 2018, 17:16
wwershofen hat geschrieben: Montag 29. Januar 2018, 17:14 Kann das längere Stehen auf der Hefe solche Fehlaromen produzieren? :Grübel
Und falls ja, wieso schmeckten beide Bier dann anfangs noch komplett unauffällig?
Das sollte im Normalfall nichts ausmachen... zumindest nicht bei der kurzen Zeit.
Wenn man bedenkt, wie lange manche Trapisten Biere in der Flasche sind...

Das eine Gärung ohne Sauersoff funktioniert wusste ich auch nicht. Das war eine Vermutung, welche noch am meisten Sinn hatte. —> Da nur das eine Fass betroffen. Ebenso hatte sich der Geschmack nicht ausgelagert, verschlimmert oder sonst was. Er war einfach da.
Ich fülle unter Sauerstoffauschluss ab. Gereinigt wird mit Sauerstoffbleiche (ist das gleiche wie oder ähnlich wie OXI) und die Anschlüsse werden Vor und nach Benutzung desinfiziert. Deshalb kann ich eine Infektion fast gänzlich ausschließen.
Für möglich halte ich eine eingeschlafene Gärung die durch das Umfüllen, bewegen, etc. Nochmal in Fahrt gekommen ist. Warum diese Fehlaromen dann entstehen oder entstehen können, kann ich mir nicht erklären.
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