im Themenstrang "Freunde des belgischen Bieres aufgepasst!" ging es u.a hier um die Frage, inwieweit sich mit den blosen Angaben eines Endvergärungsgrades(EVG%) und einer Brennwert-/Kalorienangabe, sich Rückschlüsse auf eine ursprüngliche Stammwürze ziehen lassen.
Ich habe mich in das Thema "reingefummelt" und versuche im Beitragsverlauf so gut als möglich, zumindest die Abhänigkeiten im Rahmen eines Beispiels aufzulösen.
An erster Stelle steht zu ermitteln, welche Komponenten für einen Energierhaushalt im Bier verantwortlich zeichnen. Mit Blick in gängige Fachliteratur zeichnet sich folgendes Bild für Energieäquivalente ab:
- Ethanol 30 kJ/g
- Kohlenhydrate 18 kJ/g
- Stickstoffverbindungen 17 kJ/g
Wesentlich bedeutsamer ist die Verteilung der unvergorenen Kohlenhydrate im Zusammenspiel mit dem Alkoholgehalt, die im Wesentlichen
durch den Endvergärungsgrad und den ursprünglichen Stammwürzegehalt bestimmt ist.
Hier findet die Abgrenzung zwischen Alkohol- und Kohlenhydratgehalt statt und damit gleichbedeutend der resultierende Energiegehalt im fertigen Bier. Ist diese Abgrenzung als EVG bekannt, müsste sich über den resultierenden Extrakt wirklich [g/100g] und den Alkoholgehalt [g/100g], eine Stammwürze über die BALLINGFORMEL näherungsweise zurückrechnen lassen.
Beispiel(mit der Einheitenumrechnung nehme ich das mal nicht so genau bzw. formuliere sie nicht aus - es geht um den Weg):
Bekannt ist ein EVGs von 75 % und ein Energiegehalt im Endprodukt von 1900 kJ/kg.
Lt. den Attenuationslehren von BALLING und begleitenden Forschungsarbeiten dazu, darf man den EVGs in den EVGw mit dem Faktor 0,81 umrechen:
EVGw = 75 x 0,81 = 60,75 %
In Bezug zu 100 g(100%) sind rund 61 % vom Extrakt vergoren, 39 % verbleiben als unvergorene Extraktmenge übrig.
Für das oben angegebene Energieäquivalent für Kohlenhydrate kann man berechnen, welcher Anteil von Gesamtenergiemenge auf die Kosten der Kohlenhydrate geht:
39 g/100g Kohlenhydrate x 18 kJ/g = 702 kJ/kg
Nimmt man weiter an, dass ca. 4g/100g Stickstoffverbindungen im Bier sind, kann man auch deren Anteil am Energiehaushalt berechnen:
4 g/100g x 17 kJ/g = 68 kJ/kg
Mit den jetzt bekannten Werten lässt sich der Energiehaushalt berechnen, der durch den Alkoholgehalt verursacht sein muss:
1900 kJ/kg - 702 kJ/kg - 68 kJ/kg = 1130 kJ/kg
Aus den Aufzählungen von oben ist bekannt, dass Ethanol ein Energieäquivalent von 30 kJ/g im Bauch hat. Über diese Angabe lässt sich zurückrechnen, welcher Alkoholgehalt in g einer Energiemenge von 1130 kJ/kg entspricht:
1130 kJ/kg / 30 kJ/g = 37,7 g
Damit zur Rückrechnung auf die Stammwürze die BALLINGFORMEL zum Einsatz kommen kann, brauchts noch eine Korrektur des Ew(Extrakt wirklich), den ich weiter oben mit 3,9 g/100 g berechnet habe.
Nicht nur Kohlenhydrate haben Einfluss auf einen Dichtewert, sondern zusätzlich Mineralgehalte und eine ganze Palette von Gärnebenprodukten, die wir dem Ew als Auslenkung eines Spindelwertes vorgestellt, noch nach oben drauf satteln müssen. Für beide benannten Komponenten darf man in Summe rund 0,5 g/100g annehmen, die wir dem Ew% anrechnen:
Ew g/100g = 3,9 g/100 g + 0,5 g/100g = 4,4 g/100g
Die beiden Werte für Ew=4,4 g/100g und Alkohol 3,77 g/100g, lassen sich zur Stammwürzeberechnung in die BALLINGFORMEL einsetzen:
P = ((2,0665 x 3,77 + 4,4) x 100) / (100 + ( 0,11 + 0,9565) x 3,77) = 11,72 °P
Nach den Angaben für Brennwert, EVG und meinen Ausführungen, hatte das Bier wohl eine ursprüngliche Stammwürze von 11.7%.
Mir ging es in der Kürze der Zeit nicht um Richtigkeit und Präzision, nicht um Form und undbedingte Korrektheit im Rechenweg, auch nicht um Schönheit, sondern immer nur um den Weg und um Zusammenhänge.