EVG von Erntehefe nimmt bei jeder Führung weiter ab.

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schwarzwaldbrauer
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EVG von Erntehefe nimmt bei jeder Führung weiter ab.

#1

Beitrag von schwarzwaldbrauer »

Hallo, vor allem an die Hefe- Spezialisten.
Habe ursprünglich Weissbier Hefe aus 4 Gutmann-Bodensätzen gestrippt, in 3 Schritten propagiert und eingesetzt.
Bei der ersten Führung kam ich auf 76% EVG.
In der Hochkräusenphase habe ich oben was abgenommen und in NaCl eingelagert.
Bei der nächsten Führung wieder in 3 Schritten mit verdünnter Würze (8°) aufgepäppelt, usw.
Die EVG's:
2. Führung 75%
3. Führung 69%
und nun in der 4. Führung tut sich schon bei 62% nichts mehr.
Die Würze war bei allen Suden nach Triticum Wormatia.

Hab ich da grundsätzlich was falsch gemacht?

Danke schon Mal und Gruß
Dieter
Brau, schau wem.
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flying
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Re: EVG von Erntehefe nimmt bei jeder Führung weiter ab.

#2

Beitrag von flying »

Hab ich da grundsätzlich was falsch gemacht?
Absolut! Betrachtet man das die Hefe ja schon im Gutmann mindestens 1 x geführt wurde, sind die Generationen bei dieser Art der Weiterführung ja gar nicht abzählbar. Hinzu kommt die stressige Zwischenlagerung.
Bei einer Einlagerung in isotonischer Kochsalzlösung nimmt man bestenfalls die Originalkultur, welche man dann als Quelle für weitere Sude benutzt.
Deine Hefe ist schlicht mutiert oder degeneriert wenn man so will. Sie hat vermutlich die Fähigkeit zur Maltotrioseverwertung verloren?

mfg
René
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(John Ciardi)
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olibaer
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Re: EVG von Erntehefe nimmt bei jeder Führung weiter ab.

#3

Beitrag von olibaer »

Hallo Dieter,

hast du den EVG in deinen Bieren als eigenständige Probe im Laborumfeld festgestellt, oder reden wir hier von Varianten des AVGs ?
Gruss
Oli
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Re: EVG von Erntehefe nimmt bei jeder Führung weiter ab.

#4

Beitrag von DerDerDasBierBraut »

Weitere Frage wären, was bzw. wie du genau geerntet hast und wie du wieder angestellt hast.

War die Anstellrate wesentlich zu hoch, dann findet kaum Vermehrung statt. Was im Umkehrschluss bedeutet, dass kaum frische Zellen hinzukommen. Die Vermehrung geschieht dann nicht im Verhältnis von (ca.) 1:10, sondern bleibt viel kleiner.

Beim Abtrennen einer Tochterzelle entsteht an der Mutterzelle eine Sprossnarbe. An der Tochterzelle kurioser Weise nicht.
Die Sprossnarbe nimmt ca. 4-5% der Oberfläche der Mutterzelle ein. Durch diesen Teil der Zellenwand findet kein Stoffaustausch mehr statt und neue Tochterzellen können an einer alten Sprossnarbe auch nicht wachsen.
Geht man weiter davon aus, dass sich Hefenzellen unter Anwesenheit von Baumaterial (FAN etc.) und Sauerstoff ca. alle 90 Minuten teilen und sich eine Mutterzelle auf Grund der Größe einer Sprossnarbe (theoretisch) maximal 20-25 mal teilen kann, dann wird schnell klar, wie wichtig eine ausreichende Vermehrung für die Vitalität der Hefepopulation ist.
Alte, wiederholt angestellte, Erntehefen werden ohne ausreichende Vermehrung (durch richtige Anstellraten, Belüftung und Würzezusammensetzung) schnell träge. Die Gärleistung nimmt genauso ab, wie die Fähigkeit, ausreichend neue Zellen zu produzieren.
"Da braut sich was zusammen ... "
"Oh, Bier ;-) !"
"Nein! Was Böses!"
"Alkoholfreies Bier??? ..."
-----------
Viele Grüße
Jens
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schwarzwaldbrauer
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Re: EVG von Erntehefe nimmt bei jeder Führung weiter ab.

#5

Beitrag von schwarzwaldbrauer »

Oli und Jens, danke für eure ausführlichen Antworten.
Oli: Die Daten berechnete ich aus den gespindelten Werten meines Gärverlaufs.
Jens: Ich glaube du hast das mit der Anstellrate richtig eingeschätzt. Bin da wohl mangels Erfahrung vielleicht übers Ziel hinausgeschossen.
Habe wie geschrieben in 3 Schritten propagiert und dann wahrscheinlich zu viel Hefe angestellt.
Jetzt habe ich ein Weizen produziert, das nach der Flaschengärung ca. 4,8 % Alk. hat.
Wird wohl auch wegkommen!

Danke euch und Gruß Dieter
Brau, schau wem.
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