Fragen zum Umschlauchen nach Unitank-Lagerung

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dzeilinger
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Fragen zum Umschlauchen nach Unitank-Lagerung

#1

Beitrag von dzeilinger »

Hallo liebe Bierfreunde!

Ich mache Gärung und Lagerung in einem Behälter (50L Druckfass), kühle dann das Fass auf ca. -1°C herunter für 24h um es zu klären und dann schlauche ich es um in ein KEG oder in Flaschen. Dieser Vorgang funktioniert soweit ganz gut und die ersten Biere in der dieser Art wurden schon erfolgreich verkostet. aber jetzt zu meinen Fragen:

:achtung - Cold Crash funktioniert nicht richtig denke ich, da das Bier frei von Hefe und groben Trubstoffen ist, aber dennoch noch ziemlich trüb scheint. Liegt es daran dass ich das Bier aus einem gekürzten Steigrohr umschlauche, also somit doch nahe des Bodens wo sich die Trubstoffe nach dem Cold Crash absetzen?

:achtung - während der gesamten Gär- und Lagerzeit wird der Druck mittels Druckminderer auf ca. 1,2 bar geregelt, zum Umschlauchen muss ich jedoch den Druckminderer herausschrauben und durch einen Stechdegen mit Fitting tauschen. Dabei lasse ich das CO2 aus dem Fass und beim Wechsel kommt natürlich Sauerstoff rein. Ist das recht problematisch, zumal ich dann sowieso im selben Moment das Bier umschlauche in ein anderes Fass oder in Flaschen?
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Re: Fragen zum Umschlauchen nach Unitank-Lagerung

#2

Beitrag von §11 »

:achtung - Cold Crash funktioniert nicht richtig denke ich, da das Bier frei von Hefe und groben Trubstoffen ist, aber dennoch noch ziemlich trüb scheint. Liegt es daran dass ich das Bier aus einem gekürzten Steigrohr umschlauche, also somit doch nahe des Bodens wo sich die Trubstoffe nach dem Cold Crash absetzen?
Das kommt auf die Trübung an. Hast du schon mal mit NaOH geschaut ob es evtl. eine Eiweisstrübung ist? Wie kühlst du nach dem Kochen ab und entfernst du dabei den Kühltrub?
:achtung - während der gesamten Gär- und Lagerzeit wird der Druck mittels Druckminderer auf ca. 1,2 bar geregelt, zum Umschlauchen muss ich jedoch den Druckminderer herausschrauben und durch einen Stechdegen mit Fitting tauschen. Dabei lasse ich das CO2 aus dem Fass und beim Wechsel kommt natürlich Sauerstoff rein. Ist das recht problematisch, zumal ich dann sowieso im selben Moment das Bier umschlauche in ein anderes Fass oder in Flaschen?
Wenn du einen Zapfkopf mit Absperrhähnen benutzt, könntest du den Bierweg geschlossen lassen und am Gasweg deinen Druckminderer anschliessen. Aber hast du wirklich, auch schon während der Gärung 1,2 bar anliegen?
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Re: Fragen zum Umschlauchen nach Unitank-Lagerung

#3

Beitrag von dzeilinger »

Ja, warum nicht? Ich gebe die hefe hinzu, stelle die 1,2 bar ein und halte den behälter somit immer unter dem gewünschten druck geschlossen bis zur Abfüllung. Was ist daran falsch?
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Re: Fragen zum Umschlauchen nach Unitank-Lagerung

#4

Beitrag von §11 »

dzeilinger hat geschrieben: Montag 16. Dezember 2019, 21:16 Ja, warum nicht? Ich gebe die hefe hinzu, stelle die 1,2 bar ein und halte den behälter somit immer unter dem gewünschten druck geschlossen bis zur Abfüllung. Was ist daran falsch?
Falsch nicht, viele Wege führen nach Rom. Ungewöhnlich vielleicht. Gerade bei der Hauptgärung nimmt das entstehende Kohlendioxid eine ganze Menge ungewollter Jungbierbukettstoffe aus dem Bier mit (Stichwort CO2- Wäsche) und Druck ist halt für die Hefe ein zusätzlicher Stressfaktor.

Mal andersrum gefragt, was versprichst du dir davon?
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Re: Fragen zum Umschlauchen nach Unitank-Lagerung

#5

Beitrag von dzeilinger »

Ich wollte den Prozess eigentlich nur so einfach wie möglich gestalten aber das mit Stress für die Hefe klingt einleuchtend, darüber muss ich nochmals nachdenken. Aber hilft mir leider auch nicht wirklich weiter bei oben genannten Problemen
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Re: Fragen zum Umschlauchen nach Unitank-Lagerung

#6

Beitrag von hinne »

§11 hat geschrieben: Montag 16. Dezember 2019, 21:24
dzeilinger hat geschrieben: Montag 16. Dezember 2019, 21:16 Ja, warum nicht? Ich gebe die hefe hinzu, stelle die 1,2 bar ein und halte den behälter somit immer unter dem gewünschten druck geschlossen bis zur Abfüllung. Was ist daran falsch?
Falsch nicht, viele Wege führen nach Rom. Ungewöhnlich vielleicht. Gerade bei der Hauptgärung nimmt das entstehende Kohlendioxid eine ganze Menge ungewollter Jungbierbukettstoffe aus dem Bier mit (Stichwort CO2- Wäsche) und Druck ist halt für die Hefe ein zusätzlicher Stressfaktor.

Mal andersrum gefragt, was versprichst du dir davon?
Wie sind dann die Fermentasaurus/Fermzilla Tanks optimal zu nutzen? Zur Hauptgärung drucklos und danach Druck manuell erhöhen? Mit co2
Ich hab es so verstanden, dass der Vorteil bei Unitanks gerade die HG unter Druck ist und das Bier „natürlich“ karbonisiert. Neben der Möglichkeit Lager bei höheren Temperaturen zu vergären, mit weniger Fehlaromen.

Ich dachte auch, dass Druck während der HG Standard in der Industrie ist. Nachdem ich nun ein bisschen gegoogelt hab, scheint es aber anders zu sein. Also die meisten scheinen offen zu vergären. Stimmt das?
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Re: Fragen zum Umschlauchen nach Unitank-Lagerung

#7

Beitrag von §11 »

hinne hat geschrieben: Mittwoch 18. Dezember 2019, 19:08
§11 hat geschrieben: Montag 16. Dezember 2019, 21:24
dzeilinger hat geschrieben: Montag 16. Dezember 2019, 21:16 Ja, warum nicht? Ich gebe die hefe hinzu, stelle die 1,2 bar ein und halte den behälter somit immer unter dem gewünschten druck geschlossen bis zur Abfüllung. Was ist daran falsch?
Falsch nicht, viele Wege führen nach Rom. Ungewöhnlich vielleicht. Gerade bei der Hauptgärung nimmt das entstehende Kohlendioxid eine ganze Menge ungewollter Jungbierbukettstoffe aus dem Bier mit (Stichwort CO2- Wäsche) und Druck ist halt für die Hefe ein zusätzlicher Stressfaktor.

Mal andersrum gefragt, was versprichst du dir davon?
Wie sind dann die Fermentasaurus/Fermzilla Tanks optimal zu nutzen? Zur Hauptgärung drucklos und danach Druck manuell erhöhen? Mit co2
Ich hab es so verstanden, dass der Vorteil bei Unitanks gerade die HG unter Druck ist und das Bier „natürlich“ karbonisiert. Neben der Möglichkeit Lager bei höheren Temperaturen zu vergären, mit weniger Fehlaromen.

Ich dachte auch, dass Druck während der HG Standard in der Industrie ist. Nachdem ich nun ein bisschen gegoogelt hab, scheint es aber anders zu sein. Also die meisten scheinen offen zu vergären. Stimmt das?
Die kurze Antwort ist Ja. :Wink

Das Thema Druckgärung kommt im Hobbybereich immer wieder auf, ist aber nicht ganz so trivial wie es scheinen mag. Auch kommt das Verfahren bedeutend weniger zum Einsatz als "man" glaubt. Sehr viele Brauereien vergären nach wie vor wirklich offen oder zumindest drucklos im Gärtank und bauen erst nach dem Schlauchen Druck auf.

Druckgärung im Eintankverfahren bringt einige Anpassungen im Prozess mit sich. Das geht bei einer Anpassung der Hopfengabe los (die Decke fällt ja am Ende der Gärung durch und bringt damit die Hopfenharze auch wieder mit ein) und hört bei der Hefeauswahl auf (hier warden oft Staubhefen verwendet, da Bruchhefen unter Druck schneller agglomerieren und die Gärung stockt, bzw. der VG drunter leidet). Auch neigen Hefen bei Druckverfahren viel eher zu mutationen, weshalb die Anzahl der Führungen stark abnimmt. Viel wichtiger ist aber das sich mit Druck zwar die Produktion der meisten Gärungsnebenprodukten einschränken lässt, allerdings gilt das nicht für alle, z.B. bleiben die Ester des 2-Phenylethanol vom Druck unbeindruckt.

Fazit: Ich verstehen manchmal nicht warum ich im Hobby Verfahren anwende die keine positive Auswirkungen haben auf das Ergebnis, ausser ein paar Tage Zeit im Lagerkeller zu sparen, dafür aber die Qualität negative beeinflussen und zudem sehr aufwendig in der Durchführung aber auch in der Überwachung sind. Das vergisst nämlich Hobbybrauer schnell, das er meist nicht das Labor im Rücken hat das Eine Druckgärung im Normalfall begleitet.

Ergänzung: Ich würde einen Drucktank klassische einsetzen. Also offene HG und wenn, durch Eine Schlaucherdecke sichtbar, die Gärung nachlässt in den Drucktank schlauchen und Druck mit einem Soundapparat aufbauen
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Re: Fragen zum Umschlauchen nach Unitank-Lagerung

#8

Beitrag von mo* »

§11 hat geschrieben: Mittwoch 18. Dezember 2019, 19:46 Ergänzung: Ich würde einen Drucktank klassische einsetzen. Also offene HG und wenn, durch Eine Schlaucherdecke sichtbar, die Gärung nachlässt in den Drucktank schlauchen und Druck mit einem Soundapparat aufbauen
Ich verstehe das aber schon richtig, dass nicht zwangskarbonisiert wird, sondern quasi grün-geschlaucht wird?

Wie sieht es denn da mit der Temperatur / Temperaturkontrolle aus? Das entspräche ja in gewisser Weise einer Nachgärung. Und da sagt man, dass die ja selbst für UG bei Raumtemperatur stattfinden kann. Kann dann diese Phase zum Druckaufbau auch bei erhöhter Temperatur stattfinden? Wenn ja, müsste der Drucktank keiner Temperaturregelung unterzogen werden, was das Ganze wesentlich einfacher machen würde.
Beste Grüsse, mo
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Re: Fragen zum Umschlauchen nach Unitank-Lagerung

#9

Beitrag von §11 »

mo* hat geschrieben: Mittwoch 18. Dezember 2019, 20:24
§11 hat geschrieben: Mittwoch 18. Dezember 2019, 19:46 Ergänzung: Ich würde einen Drucktank klassische einsetzen. Also offene HG und wenn, durch Eine Schlaucherdecke sichtbar, die Gärung nachlässt in den Drucktank schlauchen und Druck mit einem Soundapparat aufbauen
Ich verstehe das aber schon richtig, dass nicht zwangskarbonisiert wird, sondern quasi grün-geschlaucht wird?

Wie sieht es denn da mit der Temperatur / Temperaturkontrolle aus? Das entspräche ja in gewisser Weise einer Nachgärung. Und da sagt man, dass die ja selbst für UG bei Raumtemperatur stattfinden kann. Kann dann diese Phase zum Druckaufbau auch bei erhöhter Temperatur stattfinden? Wenn ja, müsste der Drucktank keiner Temperaturregelung unterzogen werden, was das Ganze wesentlich einfacher machen würde.
Ja, absolut. Der grosse Vorteil beim Gären im Tank/ Fass ist die Möglichkeit den Druck mittels Spundapparat zu kontrollieren. Ich weiss nicht wer "man" ist, der sagt man sollte die Nachgärung bei Raumtemperatur machen? Wobei es halt immer die Frage ist was man als Nachgärung bezeichnet. Bei einem klassichen Zwei- Tank verfahren lässt man das Bier ja nicht ausgären, sondern schlaucht am Ende der Gärung um. Das sieht man an der Kräusendecke, die zusammenfällt. Die nennt der Brauer sogar so, Schlaucherdecke. In den meisten Brauereien ist es sogar eigentlich andersrum. Man schlaucht vom Gärkeller in den Lagerkeller. Hier liegt das Bier bei knapp über Null Grad. Das geht bei uns schwierig, weil bei unseren 20 Litern die Temperatur so schnell falle würde das die Gärung stockt. In der Brauerei dauert es aber bis einige hl langsam abkühlen. In der Zeit kommt die Gärung eh zum Ende.

Anders, also mit CO2 aus der Buddel, wäre das bei den meisten Brauereien erstens zu teuer und zweiten rechtlich nicht möglich, da die gültigen Regelungen nur Gärungskohlensäure zulassen, d.h. man braucht Eine (teure) CO2 Rückgewinnung, die erst ab einer gewissen Größe Sinn machen.

Was bei Eintankverfahren oder wenn die Lagertanks mantelgekühlt sind und man sie entsprechend einzelnd steuern kann, gemacht wird, ist die Temperatur etwas kommen zu lassen wenn Druck aufgebaut wird. Das hat den einfachen Grund das Hefe Druck nicht sonderlich mag und, wie oben beschrieben, zum Absinken neigt. Mit der Temperaturerhöhung veruscht man dem gegenzusteuern. Aber, wie gesagt, dazu braucht man die technische Ausrüstung.

Für mich, im Kleinen, sieht das einfach so aus, das ich im normalen Gärbottich vergäre, bis mein Restextrakt irgendwo um die 2-1.5% über dem Restextrakt der SVG liegt, dann schlauche ich ins Fass und bleibe aber bei etwa 10C. Ist das Bier etwas Starker, dann lass ich die Temperatur auf 13-14C kommen. Ist die Gärung am Ende, lass ich das Bier bei 3-4 Grad auslagern
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Re: Fragen zum Umschlauchen nach Unitank-Lagerung

#10

Beitrag von mo* »

§11 hat geschrieben: Mittwoch 18. Dezember 2019, 21:07 Ich weiss nicht wer "man" ist, der sagt man sollte die Nachgärung bei Raumtemperatur machen?
Nicht "sollen", sondern "ohne Qualitätseinbusse können". Einerseits habe ich das von hier unter Punkt 11: https://hobbybrauer.de/forum/viewtopic.php?f=7&t=212 Auf diesen Beitrag wird ja öfters hingewiesen, insbesondere wenn es ums grün schlauchen geht. Andereseits habe ich das schon öfters hier im Forum gelesen.

Meine Situation ist halt konkret, dass ich in meinem Kühler einen Topf mit 60l Würze temperaturgeregelt gären lassen kann. In den Kühler bringe ich aber nur 2 KEGs. Das heisst, dass ich nach dem umschlauchen in KEGs die Temperatur nicht mehr voll kontrollieren kann.

Ich werde das mal probieren: bei 2% vor erwartetem Gärende in KEGs schlauchen, bei Raumtemperatur ausgären und gleichzeitig spunden lassen, nachher in den Kühlraum zur Reifung...
Beste Grüsse, mo
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