Nachgärung im 50L Leg mit Kopfraum

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BierRegen
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Nachgärung im 50L Leg mit Kopfraum

#1

Beitrag von BierRegen »

Hallo zusammen,

Ich habe überlegt anstatt mit CO2 zu karbonisieren mal wieder mit Zucker nach zu vergären.

Dazu hätte ich einige Fragen:

1.wenn z.b. nur 40 Liter in einem 50 l Fass sind dann habe ich ja ordentlich kopfraum, muss ich den berücksichtigen bei der Menge des Zuckers?

2. Ich habe sonst immer das Fass mit CO2 gefüllt, um Sauerstoff eintrag zu vermeiden. Wenn ich aber jetzt mit Zucker nachgäre, wäre dann nicht ein bisschen Sauerstoff gut für die Gärung?

Lieben Dank für alle Vorschläge und Anmerkungen und frohes Fest allerseits

Tobi
scne59
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Re: Nachgärung im 50L Leg mit Kopfraum

#2

Beitrag von scne59 »

1. nein.
2. nein.

J.
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DrG
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Re: Nachgärung im 50L Leg mit Kopfraum

#3

Beitrag von DrG »

Hallo Tobi,

J. hat zu 1. grundsätzlich recht, weil der unterschied vermutlich nicht gravierend sein wird. Aber theoretisch müsstest Du die Zuckermenge so berechnen, dass
a) die richtige Menge CO2 für den gewünschten Spunddruck im Bier erzeugt werden kann und
b) eine zusätzliche Menge an CO2 produziert wird, damit in den verbliebenen "bierleeren" 10l im Kopfraum ebenfalls soviel CO2 vorhanden ist, wie dem gewünschten Spunddruck entspricht.

Es ist schon spät, aber wenn Du 5 g/l im Bier haben möchtest (egal wie viel schon beim Anfüllen im Bier gelöst ist), dann hättest Du laut Spunddruckrechner (https://www.maischemalzundmehr.de/index ... iserechner) bei 12 °C einen Spunddruck von 1,4 bar Überdruck im Fass/Kopfraum. Da Du drucklos abfüllst und die zu erreichenden 5g/l mit der Zuckergabe einstellst, geht ein Teil des CO2 aus dem Bier in den Kopfraum über und liegt nicht mehr im Bier vor. Das wäre nur bei vernachlässigbarem Kopfraum der Fall. Umgekehrt kommt es ja zur schleichenden Überkarbonisierung von Bieren, wenn man mit notwendigerweise höherem Zapfdruck als dem Spunddruck zapft und dadurch die Sättigung verschoben wird. Man müsste also berechnen, wie viele Mole CO2 ich benötige, um bei den angenommenen 12 °C die 1,4 bar Überdruck im 10 l Kopfraum zu erzeugen und das bei der Zuckergabe berücksichtigen:

Ideales Gasgesetz:
p*V = n*R*T ==> n = p*V / R*T

p=1,4 bar Überdruck = 2,5 E5 Pa Absolutdruck
V= 10 l = 0,01 m^3
R= 8,314 J/ mol K (universelle Gaskonstante
T= 12 °C = 285 K

n= 2,4 E5 Pa * 0,01 m^3 / 8,314 J/mol K * 285 K = 1,01 mol Co2

Molmasse von CO2:
1,01 mol CO2 * 44,01 g/mol = 44,6 g CO2

Um auch im Kopfraum also einen Druck zu erzeugen, der im Gleichgewicht bei gegebener Temperatur dem gewünschten Spunddruck entspricht, müsstest Du für die zusätzlichen 45 g CO2 also 90 g Zucker zusätzlich hinzugeben.

Oder anders betrachtet, die 44,6 g CO2 würden, wenn Du das nicht entsprechend ausgleichst, im Gleichgewicht deinem anscheinend "korrekt" mit Zucker karbonisierten Bier entnommen werden. So dass Du dann nicht bei den angenommenen 5 g/l im fertigen Bier landest , da aus dem Bier die 45 g in den Kopfraum übergehen, um den Gleichgewichtsdruck herzustellen, sondern vermutlich bei 45 g/l / 40l = 1,125 g/l weniger im Bier, also eher bei 3,9 g/l und damit 30% darunter.

Ich bin mir zwar nicht ganz sicher, ob das alles so vollständig richtig ist, aber aus Sicht des Physikers sollte das prinzipiell so sein. Ansonsten ist die technische Fachdiskussion hiermit eröffnet ;-)

Gruß,

Gero
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DrG
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Re: Nachgärung im 50L Leg mit Kopfraum

#4

Beitrag von DrG »

Hallo Tobi,

ich hatte am späten Abend doch einen Denkfehler:

Im Kopfraum ist ja bei drucklosem Befüllen mindestens der aktuelle Atmosphärendruck, also ca. 1 bar, so dass in Summe nur

n= 1,4 E5 Pa * 0,01 m^3 / 8,314 J/mol K * 285 K = 0,6 mol Co2

Molmasse von CO2:
1,01 mol CO2 * 44,01 g/mol = 26 g CO2

fehlen. Was einer "ausgleichender" Zuckergabe von ca. 54 g entspricht und ohne "Korrekturspeisung" bei den angenommenen 40l ein CO2-Defizit von 0,65 g/l entspricht. Dann läge man statt bei 5 g/l bei 4,35 g/l und etwa 15% drunter. Ich denke, dass man das auch auf Grund verschiedener Messunsicherheiten nicht merken wird, aber der Effekt würde sich bei größerem Kopfraum/Bierraum-Verhältnis entsprechend verstärken.

Gruß,

Gero (,der nicht herausfinden konnte, wie man den ursprünglichen Beitrag editiert...)
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olibaer
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Re: Nachgärung im 50L Leg mit Kopfraum

#5

Beitrag von olibaer »

Hallo Gero,
DrG in #4 hat geschrieben: Samstag 18. Januar 2020, 00:08
n= 1,4 E5 Pa * 0,01 m^3 / 8,314 J/mol K * 285 K = 0,6 mol Co2

Molmasse von CO2:
1,01 mol CO2 * 44,01 g/mol = 26 g CO2
An zwei Stellen findest du mich etwas verwundert:

1.
1,4 E5 Pa * 0,01 m^3 / 8,314 J/mol K * 285 K

rechnet sich für mich zu einer Stoffmenge n von 0,48 mol aus und nicht zu 0,6 mol


2.
Molmasse von CO2:
1,01 mol CO2 * 44,01 g/mol = 26 g CO2


Hier müsste doch ohnehin
0,6 mol CO2 * 44,01 g/mol = 26 g CO2
stehen, bzw. mit meinem Ergebnis für die Stoffmenge verrechnet
0,48 mol CO2 * 44,01 g/mol = 21,1g CO2


Anmerkung 1:
Im Umfeld CO2 mit der Gaskonstante 8,314 J/mol K zu rechnen ist etwas unsauber. CO2 ist kein Idealgas.
So ist das Molvolumen von CO2 nicht 22,4 l/mol(Avogadros), sondern nur 22,25 l/mol bei 0°C und bei 20°C 23,88 l/mol(0 bar ü).
Für des Brauers übliche "Flaschen-und Fassnachgärtemperatur" von 20°C(293,15 K) würde sich für ein Gasvolumen von 1 L und p = 0 bar Überdruck = 1,0 E5 Pa abs ergeben:

44 g/mol
------------- x 1 L = 1,84 g CO2
23,88 l/mol

Mit identischen Angaben, nur über die Gaskonstante berechnet(dein Rechenweg), ergeben sich im Vergleich dazu:
1,0 E5 Pa * 0,001 m^3 / 8,314 J/mol K * 293,15 K * 44 g/mol CO2 = 1,55 g CO2


Im Sinne einer Faustformel gefällt mir der Wert 1,8 g CO2 pro Liter Gasraum und bar Überdruck ganz gut.
Für das Beispiel von oben würde das ergeben:
1,8 g/(L x bar ü) * 10 L * 1,4 bar ü = 25 g CO2 in 10 Liter Kopfraum bei einem Überdruck von 1,4 bar.(passt zu deinem Ergebnis in #4)

Aber:
Wie du schon in den Beiträgen #3 und #4 bin ich mir auch nicht sicher, ob nicht doch besser der Absolutdruck anstatt des Überdrucks in Ansatz gebracht werden sollte(1,4 <-> 2,4). Meinem Verständnis nach ist der Gasraum nach der Befüllung und unmittelbar vor der Nachgärung mit Luft gefüllt, sofern man an dieser Stelle nicht gesondert eingreift(Fluten, spülen, vorspannen). Dieser Luftraum muss sich zunächst mit CO2 anreichern, damit sich entlang der Partialdrücke wiederum CO2-im Bier binden kann - auch in einem atmosphärischen Umfeld ohne Überdruck.

Beispiel/Gedankenmodell:
Das Fass mit 10 L Kopfraum ist endvergoren und zeigt bei 20°C einen Druck von 1,4 bar an. Jetzt lasse ich diesen Druck ab, bis das Fass drucklos ist. In diesem Szenario entweichen genau diese 25 g CO2, die oben berechnet wurden. In diesem jetzt drucklosen Fass wird sich in dem 10 L Kopfraum zusätzlich eine (beinahe) reine CO2-Atmosphäre ausgebildet haben. Dieses CO2 kann nur aus dem Zucker stammen, den ich vor der Nachgärung dosiert habe. Der Theorie nach müssten das 1,8 g/(L x bar ü) * 10 L = 18 g CO2 sein, die zusätzlich zu den 25 g berücksichtigt werden sollten.

Oder wie siehst du das oder ihr das ?
Gruss
Oli
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DrG
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Re: Nachgärung im 50L Leg mit Kopfraum

#6

Beitrag von DrG »

Hallo Oli,

danke für Deine Rückmeldung.

zu 1.:
Ich habe das nochmal durchgerechnet (2x sogar) und erhalte im Ergebnis weiterhin 0,59 ~ 0,6 mol.
selbst mit der durchaus passenderen Nachgärtemperatur von 20 °C lande ich nur bei 0,57 mol.

zu 2.:
Ein aufgedeckter redaktioneller copy&paste-Fehler, den ich auf die fortgeschrittene Uhrzeit bei dem ein oder anderen Wiener Lager schiebe :redhead

zu Anmerkung 1:
Da hast Du natürlich Recht, dass CO2 kein ideales Gas ist. Ich wollte angespornt durch die Ursprungsfrage und die knappe Erstantwort auch nur kurz überschlagen, wie groß der Effekt durch den Kopfraum ungefähr ist: liegt er in einer Größenordnung, den wir vermutlich weder realistisch mit unseren Rumpelspundmanometern messen oder sensorisch wahrnehmen können oder ist er so relevant, dass man eine Korrektur bei der Speisegabe vornehmen sollte, um Enttäuschung und Verwunderung zu vermeiden. Und weil das, wie zu erwarten war, so ist, hätte ich noch eine Verfeinerung vornehmen können, war aber nicht ganz sicher, ob der einfache Ansatz so überhaupt sinnvoll ist.
Aber an Hand deiner Korrektur für das reale Gas CO2 kann man ja sehen, dass der Effekt in deiner Beispielrechnung mit 1,84 g/l (CO2 "real") gegenüber 1,55 g/k (CO "ideal") ja noch stärker ausprägt ist und bei unvollständig gefüllten Fässern (Wer macht eigentlich so was?) berücksichtigt werden sollte.

Absolutdruck vs Überdruck:
Ich denke, der Überdruck ist unter der naheliegenden Annahme, dass das Fass natürlich vor dem Befüllen mit CO2 geflutet/gespült wurde, sinnvoll gewählt.
Ich bin mir nicht sicher, ob die Partialdrücke in diesem Anwendungsfall relevant sind (habe da aber auch keine ausreichende Expertise). Denn wenn ich ein Gasgemisch mit 1 bar Atmosphärendruck im Kopfraum habe, dann brauche ich ja immer noch die gleiche Anzahl von Molen CO2, die aus dem Bier kommen muss, um den der gewünschten Karbonisierung zugeordneten Gleichgewichtsdruck aufzubauen, also in deinem Beispiel das 1 bar extra. Da ist es (wenn man es nicht ganz präzise haben möchte und die Eigenschaften realer Gase mit berücksichtigt) annäherungsweise doch egal, ob der bereits vorliegende Druck aus CO2 oder Stickstoff (Luft) besteht, gerade weil Stickstoff nicht gut in wässrigen Medien löslich ist. Wenn ein relevanter Anteil des Stickstoffes im Kopfraum im Bier in Lösung ginge (und dann sind dann die Partialdrücke wieder sehr interessant, z.B. in der Tauch-Theorie) und dadurch die Löslichkeit des CO2 auf Grund der Partialdrücke herabsetzen würde, dann würde man vermutlich eine weitere Abweichung von der ursprünglich berechneten Karbonisierung aus der Zuckergabe erwarten. Ist das nicht genau der Grund, warum man N2-Mischgase verwendet, weil ich dann gekühlte Biere länger zapfen kann, ohne eine Aufkarbonisierung befürchten zu müssen?

zum Gedankenmodell:
Wenn das Fass mit dem (unter Druck/grüngeschlauchten) endvergorenen Bier bei 20 °C einen Druck von 1,4 bar Überdruck hat und ich das auf 0 bar Überdruck=1 bar Atmoshärendruck entspanne, dann sollten die genannten ca 25 g CO2 entweichen. Wenn die Temperatur konstant bleibt, dann wird sich wieder CO2 aus dem Bier lösen, bis der Druck im Kopfraum dem Gleichgewichtsdruck entspricht (Prinzip des "Abspundens"). Ich muss dann also die Menge an zusätzlichem CO2, die 25 g , bei der Zuckergabe berücksichtigen, wenn ich als Ausgangslage mit einem endvergorenes Jungbier bei Atmosphärendruck ein Fass nur teilbefülle.

"Einfacher" wäre es natürlich mit dem der Karbonisierung entsprechenden Druck bei der entsprechenden Nachgärtemperatur einfach nach Abfüllen von extern aufzubringen. Denn dann fehlt ja kein CO2 und die Diffusionsvorgänge vor Abschluss der Nachgärung gleichen sich ja wieder aus. Das ich da nicht gleich dran gedacht habe... denn wer auf Fässer abüllt hat doch vermutlich auch eine CO2-Buddel zur Verfügung.

Beste Grüße,

Gero
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