Diacetylrast obergärig?

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manno_matze
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Diacetylrast obergärig?

#1

Beitrag von manno_matze »

Moin zusammen,

da ich Sebastians Thread zum "Resilience XPA - Australian Bushfire Relief Beer" (https://hobbybrauer.de/forum/viewtopic. ... ead#unread) nicht kapern wollte, einmal hier die Frage:

In dem XPA-Rezept steht nach der Gärung bei 19°C noch eine Diacetylrast bei 21°C. Ist das wie bei UG-Bieren für OG empfohlen? Dachte, dass bei höhreren Gärtemperaturen eh Diacetyl abgebaut wird. Über die Suche war nix zu finden...
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Re: Diacetylrast obergärig?

#2

Beitrag von DerDerDasBierBraut »

Die meisten UG Hefen bauen das Diacetyl bei ca. 15°C innerhalb von 2-3 Tagen ab.
Einige OG Exoten wollen teilweise etwas höhere Temperaturen für den rauschen Diacetylabbau. Zum Beispiel die W177 (~20°C) >> https://www.hefebank-weihenstephan.de/p ... rig/w-177/ .
Zuletzt geändert von DerDerDasBierBraut am Mittwoch 22. Januar 2020, 18:52, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Diacetylrast obergärig?

#3

Beitrag von DerDallmann »

Im Braumagazin steht dazu auch was Diacethyl und OG
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Re: Diacetylrast obergärig?

#4

Beitrag von DerDallmann »

Hier nochmal der Text und Link, als Ergänzung.
Auch bei ober­gä­ri­gen Bie­ren kom­men hohe Dia­ce­tyl­wer­te vor. Dies ins­be­son­de­re bei Stäm­men mit star­ker Flok­ku­la­ti­on, wodurch zu wenig Hefe für den Abbau in der Schwe­be sein kann. Auch eine ver­früh­te Küh­lung oder Klärung/​Filtration kann ursäch­lich sein.
Quelle: https://braumagazin.de/article/bierfehler-diacetyl/
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Re: Diacetylrast obergärig?

#5

Beitrag von schlupf »

Moin,
Diacetyl ist auch obergärig ein Thema und in einigen englischen Ales auch erlaubt bzw. zum gewissen Grad erwünscht.

Die Hefe, so sie denn noch aktiv ist und nicht am Boden schlummert, kann Diacetyl meist recht gut abbauen, allerdings muss es dazu erstmal entstanden sein. Das passiert nämlich erst im Laufe der Zeit chemisch (also ohne Hilfe der Hefe) aus Acetolactat, was die Hefe zu Beginn der Gärung ausstößt. Davon produziert sie bei höheren Temperaturen mehr als bei tieferen.

Die Diacetyl-Rast dient also auch dazu, aus dem Precursor erstmal Diacetyl zu "gewinnen" damit die Hefe das aufräumen kann, bevor sie sich schlafen legt, denn der chemische Prozess, der den Precursor umwandelt findet bei höheren Temperaturen schneller statt.
Daher gibt's ja auch den Marmeladenglas Schnelltest:
Ein Marmeladenglas mit Jungbier füllen und eine halbe Stunde im Wasserbad oder Ofen bei 80 Grad halten. Danach daran riechen und wenn es noch nach Diacetyl riecht, ist der Abbau noch nicht vollständig.

Viele Grüße
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Re: Diacetylrast obergärig?

#6

Beitrag von DerDerDasBierBraut »

schlupf hat geschrieben: Donnerstag 23. Januar 2020, 07:00 Daher gibt's ja auch den Marmeladenglas Schnelltest:
Ein Marmeladenglas mit Jungbier füllen und eine halbe Stunde im Wasserbad oder Ofen bei 80 Grad halten. Danach daran riechen und wenn es noch nach Diacetyl riecht, ist der Abbau noch nicht vollständig.
Kannte ich noch nicht. Danke :thumbup
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Re: Diacetylrast obergärig?

#7

Beitrag von schlupf »

DerDerDasBierBraut hat geschrieben: Donnerstag 23. Januar 2020, 08:18
schlupf hat geschrieben: Donnerstag 23. Januar 2020, 07:00 Daher gibt's ja auch den Marmeladenglas Schnelltest:
Ein Marmeladenglas mit Jungbier füllen und eine halbe Stunde im Wasserbad oder Ofen bei 80 Grad halten. Danach daran riechen und wenn es noch nach Diacetyl riecht, ist der Abbau noch nicht vollständig.
Kannte ich noch nicht. Danke :thumbup
Da nich für.

Noch ein Nachtrag: Das Glas sollte natürlich geschlossen sein, damit der Geruch nicht verfliegt.

Hier noch ein Link dazu: https://www.gradplato.com/kategorien/kn ... englastest
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Re: Diacetylrast obergärig?

#8

Beitrag von DerDallmann »

Im Braumagazin wird der test auch beschrieben, jedoch etwas anders.
Hier­zu erwärmt man eine Pro­be für 30 min auf 60°C, um die Oxi­da­ti­on des 2‑Acetolactat zu for­cie­ren. Riecht die wie­der auf Raum­tem­pe­ra­tur abge­kühl­te Pro­be unan­ge­nehm nach But­ter, soll­te vor der Kalt­la­ge­rung noch eine ein- bis zwei­tä­gi­ge Dia­ce­tyl­rast bei 14–16°C ein­ge­scho­ben wer­den.
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Re: Diacetylrast obergärig?

#9

Beitrag von Johnny H »

80°C erscheint mir unverhältnismäßig hoch. Schließlich muss i.m.V. die Hefe ja noch aktiv sein, um das Diacetyl aufzunehmen und zu verstoffwechseln. Bei 80°C kann man das m.E. nicht mehr gewährleisten.
Jubel erscholl, als sich die Trinker von dem schneidigen, köstlichen, bei dem früher in Pilsen erzeugten nie wahrgenommenen Geschmack überzeugten. Die Geburt des Pilsner Bieres!
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Re: Diacetylrast obergärig?

#10

Beitrag von DerDerDasBierBraut »

Die Umwandlung zu Diacetyl funktioniert laut der Testbeschreibung entweder enzymatisch oder thermisch.
Das Problem, das sich allerdings oft stellt, ist, dass im gereiften Bier noch 2-Acetolactat vorhanden ist. Das wird normalerweise durch das Enzym 2-Acetolactatdecarboxylase zu Diacetyl umgewandelt, das dann mithilfe der Hefe weiter abgebaut wird. Die Umwandlung kann aber auch durch thermischen Einfluss erfolgen, sie endet dann aber beim Diacetyl, das in höheren Mengen unerwünscht ist.
https://www.gradplato.com/kategorien/kn ... englastest
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Re: Diacetylrast obergärig?

#11

Beitrag von schlupf »

Johnny H hat geschrieben: Donnerstag 23. Januar 2020, 11:16 80°C erscheint mir unverhältnismäßig hoch. Schließlich muss i.m.V. die Hefe ja noch aktiv sein, um das Diacetyl aufzunehmen und zu verstoffwechseln. Bei 80°C kann man das m.E. nicht mehr gewährleisten.
Es geht ja nur um eine kleine Probe und die Frage, ob noch was vom Precursor enthalten ist.
Dieser soll nur thermisch beschleunigt in Diacetyl umgewandelt werden. Abgebaut werden soll in diesem Fall nix.
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Re: Diacetylrast obergärig?

#12

Beitrag von Johnny H »

schlupf hat geschrieben: Donnerstag 23. Januar 2020, 11:24
Johnny H hat geschrieben: Donnerstag 23. Januar 2020, 11:16 80°C erscheint mir unverhältnismäßig hoch. Schließlich muss i.m.V. die Hefe ja noch aktiv sein, um das Diacetyl aufzunehmen und zu verstoffwechseln. Bei 80°C kann man das m.E. nicht mehr gewährleisten.
Es geht ja nur um eine kleine Probe und die Frage, ob noch was vom Precursor enthalten ist.
Dieser soll nur thermisch beschleunigt in Diacetyl umgewandelt werden. Abgebaut werden soll in diesem Fall nix.
Ok, das ergibt Sinn, denn genau dieser erste Schritt (Acetolactat -> Diacetyl) setzt ja keine aktive Hefe voraus!

Das ist ja nebenbei gesagt auch der Grund, warum Pilsner Urquell etc. Diacetyl aufweisen: die Hefe wird zu einem Zeitpunkt abfiltiriert, wo noch Acetolactat vorhanden ist. Dieses hat dann irgendwann viel später reichlich Zeit, in Diacetyl zu zerfallen, das dann aber nicht mehr abgebaut werden kann.
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Re: Diacetylrast obergärig?

#13

Beitrag von schlupf »

DerDerDasBierBraut hat geschrieben: Donnerstag 23. Januar 2020, 11:23 Die Umwandlung zu Diacetyl funktioniert laut der Testbeschreibung entweder enzymatisch oder thermisch.
Oder allerdings nicht im Sinne eines XOR, eher "sowohl, als auch".
Man sollte halt zusehen, dass man die Umwandlung zu Diacetyl, das abgebaut werden kann schafft bevor die Hefe Feierabend gemacht hat.
Vermutlich ist eine zu späte Diacetylrast gar nicht mehr so effektiv...🤔
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Re: Diacetylrast obergärig?

#14

Beitrag von Seed7 »

Mmmm, nun, tsja, eigentlich gibt ja es keine Diacetylrast. Rasten hat mann ja waehrend das maischen und nicht waehrend der gaerung. Fuer die hefe ist eine temperaturerhoehung wohl eher eine aktivierung als eine rast.

Und dann, mann braucht fuer diacetyl abbau nur eins zu machen, geduld haben. Also keinen cold crash, nicht zu frueh abfuellen, genuegend frische, aktive hefe benuetzen. Die gaerung ist nicht fertig wenn der end gaerungsgrad erreicht ist, sonder dann wen die abbaubaren und unerwuenschten gaerungsnebenprodukte abgebaut sind.

Ingo
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Re: Diacetylrast obergärig?

#15

Beitrag von schlupf »

Ja, aber für den Abbau der unerwünschten Nebenprodukte muss die Hefe noch aktiv sein. Wenn sie sich Mangels Nahrung auf den Weg nach unten macht während im Jungbier weiterhin Diacetyl produziert wird ist das dann eher hinderlich. Siehe auch z.B. eine S-04, die teilweise erst unter Zwang sich wieder bequemt, Karbonisierungs-Zucker zu verarbeiten.

Auch wenn die Hefe noch etwas gärt, scheint das Aufräumen keine Priorität zu haben: Der gefürchtete Hop-Creep resultiert ja unter anderem auch in erhöhten Diacetylwerten im Endprodukt.
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Re: Diacetylrast obergärig?

#16

Beitrag von daleipi »

und wie bequemt man so eine unten rumhängende Hefe zum Aufräumen?

ermahnen und strenger Blick funktioniert manchmal beim Sohnemann. bei der Hefe allerdings...
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Re: Diacetylrast obergärig?

#17

Beitrag von schlupf »

daleipi hat geschrieben: Donnerstag 23. Januar 2020, 13:53 und wie bequemt man so eine unten rumhängende Hefe zum Aufräumen?

ermahnen und strenger Blick funktioniert manchmal beim Sohnemann. bei der Hefe allerdings...
Schwierig... Das ist im Prinzip eine Frage für die Hefe-Cracks. (Meine Ausgabe von "Yeast" wartet seit einem Jahr darauf gelesen zu werden...)

Meinem laienhaften Verständnis nach ist das dann einer der Punkte, wo es sich rächt, wenn man am Anfang nicht für die richtige Menge von (fitte) Hefezellen, Sauerstoff, Nährstoffe und so entsprechend der Gärbedingungen gesorgt hat.
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Re: Diacetylrast obergärig?

#18

Beitrag von gulp »

daleipi hat geschrieben: Donnerstag 23. Januar 2020, 13:53 und wie bequemt man so eine unten rumhängende Hefe zum Aufräumen?

ermahnen und strenger Blick funktioniert manchmal beim Sohnemann. bei der Hefe allerdings...
Bild

Mit möglichst sterilem Gerät vorsichtig umrühren, z.B. mit einem Edelstahl Braupaddel.

Gruß
Peter
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Ein Bayer ohne Bier ist ein gefährlich Thier!

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Re: Diacetylrast obergärig?

#19

Beitrag von schlupf »

Aufkräusen würde auch helfen...
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Re: Diacetylrast obergärig?

#20

Beitrag von DerDerDasBierBraut »

Alles schon genannt:
- Temperaturerhöhung
- wieder in Schwebe bringen (Schwenken)
- Aufkräusen
- Geduld

@Peter:
Das möglichst sterile Edelstahlpaddel aber vorher gut inspizieren.
Es gibt davon undichte Versionen, die langsam absaufen.
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Re: Diacetylrast obergärig?

#21

Beitrag von manno_matze »

Danke für euren Input!
Den Artikel im Braumagazin kannte ich tatsächlich, aber irgendwie hat das meine Frage glaub nur so halb beantwortet bzw. die Frage war glaub auch nicht speziell genug.
Bei stark sedimentierenden Hefen fehlt die Hefe in der Schwebe, die das Diacetyl abbaut, soweit ok. Aber trifft das auch für die US-05 zu, die eher mäßig sedimentiert (außer nach 4+ Wochen Kühlschrank). Inwieweit macht das dann bei dem Rezept Sinn?
Ich habe grade ein Pale Ale in der Gärung bei konstant 19grad mit der M44, sollte man da auch 1-2grad höher gehen am Ende vor dem Runterkühlen und Abfüllen? Das Datenblatt gibt dazu nicht viel her.
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Re: Diacetylrast obergärig?

#22

Beitrag von Johnny H »

Ich weiß nicht, wie es anderen geht, aber zumindest bei mir hat die US-05 noch nie merkbare Anteile an Diacetyl produziert. Vor diesem Hintergrund wundert mich die Diacetylrast im Resilience-IPA ganz oben schon ein wenig.
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Re: Diacetylrast obergärig?

#23

Beitrag von Seed7 »

schlupf hat geschrieben: Donnerstag 23. Januar 2020, 12:02 Ja, aber für den Abbau der unerwünschten Nebenprodukte muss die Hefe noch aktiv sein. Wenn sie sich Mangels Nahrung auf den Weg nach unten macht während im Jungbier weiterhin Diacetyl produziert wird ist das dann eher hinderlich. Siehe auch z.B. eine S-04, die teilweise erst unter Zwang sich wieder bequemt, Karbonisierungs-Zucker zu verarbeiten.

Auch wenn die Hefe noch etwas gärt, scheint das Aufräumen keine Priorität zu haben: Der gefürchtete Hop-Creep resultiert ja unter anderem auch in erhöhten Diacetylwerten im Endprodukt.
Kurze analyse zur S-04, zu wenig oder zu alte hefe. Die menge an zellen in schwebe in ein klaerendes, oder fast geklaertes, bier ist immer noch sehr hoch. Genuegend um auf zu raumen und fuer die karbonisierung und dann noch mal aufrauemen.

Zum hop creep, das ist aehnlich zum aufzuckern fuer das abfuellen. Wenn hefe 'gaert' produziert es nebenprodukte und die werden mit der zeit wieder abgebaut und die hefe gaert wenn es wieder zucker gib.
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Re: Diacetylrast obergärig?

#24

Beitrag von schlupf »

Letztes Jahr hatten wir von unserem Neumünsteramer Stammtisch mal alle zusammen dasselbe Rezept gebraut, ein Pale Ale mit der US-05.
Bei einem Braukollegen ist es eine richtige Diacetyl-Bombe geworden. Keine Ahnung, warum.
Bei meiner Version hatte ich das merkwürdige Phänomen, dass ein paar einzelne Flaschen einen deutlichen Einschlag in diese Richtung hatten. Abgefüllt hatte ich per GDA aus dem Fermentasaurus. Aber auch Sauerstoffeintrag kann nochmal zur Bildung von Diacetyl führen, wahrscheinlich hatte ich bei diesen Flaschen beim Abfüllen Mist gebaut. Naja, mit der Bedienung des GDA bin ich immernoch in der Findungsphase...
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Re: Diacetylrast obergärig?

#25

Beitrag von DerDerDasBierBraut »

Johnny H hat geschrieben: Donnerstag 23. Januar 2020, 16:36 Ich weiß nicht, wie es anderen geht, aber zumindest bei mir hat die US-05 noch nie merkbare Anteile an Diacetyl produziert. Vor diesem Hintergrund wundert mich die Diacetylrast im Resilience-IPA ganz oben schon ein wenig.
Würde ich nach meinen US-05 Suden so unterschreiben. Es tut aber auch nicht weh, das Bier noch ein paar Tage im Gäreimer bei 2K mehr rumstellen zu lassen. Für das gute Gefühl ...
Zuletzt geändert von DerDerDasBierBraut am Freitag 24. Januar 2020, 08:16, insgesamt 2-mal geändert.
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Re: Diacetylrast obergärig?

#26

Beitrag von Barney Gumble »

Ich hatte Gelegenheit mein letztes selbstgebautes (NEIPA-artig, aber bayrisch
:Wink
30.11.19, abgef. 14.12.19) mit der US-05 ausgiebig während NG und Reifung sensorisch zu begleiten (siehe https://hobbybrauer.de/forum/viewtopic. ... 78#p363078),

Fazit: zuerst etwas sahnig-milchig (das fruchtige schiebe ich auf den Mandarina bav.), ganz bisschen Diacetyl in einigen Flaschen, mittlerweile nach der Lagerung (erst 2-4 Grad draußen) und das obwohl ich bewusst keine Diacetylrast eingelegt habe, alles weg
Also auch von meiner Seite eher Entwarnung was Diacetyl bei der US-05 angeht

an Schlupf: wie alt war es bei der Verkostung? Hattest Du auch einen Sahne-Milch-Eindruck (Acetoin oder andere Diacetyl-Neben-Komponenten siehe Link)? Wie hast Du geführt und gelagert?


PS: sedimentiert hat die US-05 tatsächlich grottig, erst viele Tage bei 2 Grad haben die zu Boden gerungen.. (wegen obigem post vom Matze: ich bilde mir tatsächlich ein, dass da eine Korrelation zwischen weniger Milchgeschmack und Absetzung schmeckbar war)

VG
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Als ich von den schlimmen Folgen des Trinkens las, gab ich es sofort auf - das Lesen! (frei nach Henry Youngman)
Wenn ich nicht gleich antworte, liege ich unterm Zapfhahn :Bigsmile
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Re: Diacetylrast obergärig?

#27

Beitrag von schlupf »

Moin Shlomo,

Wie gesagt, die "Diacetyl-Bombe" war von einem der anderen"Stammtischbrüder", keine Ahnung, was der genau bei der Gärung gemacht hat.
Bei mir waren nur einzelne Flaschen leicht betroffen, was ich auf Sauerstoffeintrag bei der Abfüllung schieben würde.

Bei dem Bier vom Kollegen hatte ich keinen sahnig-milchigen Eindruck. Aroma/Geschmack errinerten klar an Margarine, begleitet von dem typischen "rutschigen" Gefühl im Mund.

Festzuhalten ist, dass es von meiner Seite keine Entwarnung bezüglich Diacetyl bei der US-05 gibt. Sie ist in bestimmten Situationen definitiv in der Lage, nicht unerheblich Diacetyl zu produzieren.

Viele Grüße
Sebastian
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Re: Diacetylrast obergärig?

#28

Beitrag von Sura »

Diacetyl entsteht auch bei Infektion mit Pediokokken. Nur mal so am Rande erwähnt. Und ehrlich gesagt wäre bei einem Obergärigen da mein erster Ansatz.
Meine US05´er sedimentieren in der Regel übrigens einwandfrei und produzieren auch kein Diacetyl.
"Es ist schon alles gesagt, nur noch nicht von jedem."
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Re: Diacetylrast obergärig?

#29

Beitrag von schlupf »

Ich habe mal ganz stumpf "us 05 Diacetyl" gegoogelt und da werden schon einige Threads aus englischsprachigen Foren gefunden.
Vom schnellen Überfliegen habe ich den Eindruck, dass das Problem hauptsächlich bei der Abfüllung von fertig karbonisiertem Bier in Flaschen oder Kegs auftritt bzw beim Zwangskarbonisieren.
Bei der Karbonisierung mit Zucker oder Speise scheint die Hefe soweit wieder aktiv zu werden, dass sie das Diacetyl (so es denn in der Zwischenzeit da war) aufräumt.
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Re: Diacetylrast obergärig?

#30

Beitrag von Seed7 »

Wenn US05 nicht sedimentiert war es noch nicht mit der gaerung fertig, zu frueh mit der temeratur herunter oder zu wenig hefe. Das signal es gibt noch zu essen ist staerker als das signal es wird kalt.
Das gleiche mit der zwangskarbonisierung, zu frueh mit der temperatur runter gegangen. Wenn ein wenig sauerstoff eintrag fuer diacetyl sorgt, wieder das gleiche lied, zu wenig frische hefe, das bier war nicht ausgegoren.

Ingo
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Re: Diacetylrast obergärig?

#31

Beitrag von Johnny H »

Sura hat geschrieben: Freitag 24. Januar 2020, 07:10 Diacetyl entsteht auch bei Infektion mit Pediokokken. Nur mal so am Rande erwähnt. [...]
Das mag sein, dann aber sicherlich nicht allein, sondern in Verbund mit allerlei anderem, z.B. Milch- oder Essigsäure oder auch Schlieren vom Langwerden.

Hier ein Thread zu einer offenbar sehr hartnäckigen Pediokokken-Infektion.
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Re: Diacetylrast obergärig?

#32

Beitrag von aple16 »

Guten Tag!

Sofern eine Flaschengärung durchgeführt wird besteht geringe Gafahr bei der US-05. Aber wehe man femenetiert bei 18-19 Grad und crashed direkt am 9ten Tag. Hier ist eine Diacetylbombe vorprogrammiert. Leider ist mir das beim Umstieg auf Kegging mehrmals passiert. Ich musste es halt auf die harte Art lernen.

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Re: Diacetylrast obergärig?

#33

Beitrag von stahlsau »

das spricht dann wohl wieder für den Ansatz vieler amerikanischer Autoren (Mosher z.B.), das Bier nach der Gärung noch 1-2 Wochen auf der Hefe liegen zu lassen. Das soll einerseits zur Klärung beitragen und andererseits dafür sorgen, dass "die Hefe hinter sich aufräumt", und teilweise die Gärungsnebenprodukte verstoffwechselt.
Hier wird ja eher die "wenn sich 3 Tage der Spindelwert nicht ändert"-Methode propagiert.
Ich hab beides probiert und kann sagen, dass das länger im Gärbottich gelagerte Bier allerdings blanker war als das früher abgezogene. Ob da jetzt weniger Nebenprodukte drin waren, wage ich nicht zu beurteilen.
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Re: Diacetylrast obergärig?

#34

Beitrag von guenter »

stahlsau hat geschrieben: Donnerstag 11. Mai 2023, 19:02 das spricht dann wohl wieder für den Ansatz vieler amerikanischer Autoren (Mosher z.B.), das Bier nach der Gärung noch 1-2 Wochen auf der Hefe liegen zu lassen.
...
Hier wird ja eher die "wenn sich 3 Tage der Spindelwert nicht ändert"-Methode propagiert.
Das widerspricht sich doch nicht. Die Spindelwert-Faustformel sagt doch nur, dass die Gärung durch ist. Und sie gilt nur, wenn der erwartete Endvergärungsgrad in etwas erreicht ist.

Das hindert ja keinen daran, das Bier danach noch eine Woche auf der Hefe stehen zu lassen. Oder so: ich kombiniere beide Methoden.

Es kann ja durchaus sein, dass nach zwei Wochen die Gärung nicht durch ist. Oder so: die zwei Wochen-Methode alleine reicht nicht (oben steht ja nach der Gärung, wenn damit abgschlossene Gärung gemeint ist, passt das).
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Re: Diacetylrast obergärig?

#35

Beitrag von Colindo »

Man empfiehlt bei englischen Bieren, wenn die Hefe eine bekannte Diacetylschleuder ist, 2 Tage für die Diacetylrast. Mehr ist wirklich nicht nötig, weil die Hefe durch die hohen Temperaturen auch sehr schnell aufräumt...
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