Sauerteige in Biergärkammer anstellen?

[Blondes]

Hallo zusammen,
für meine Brotsauerteige suche ich einen Raum, in dem ich sie temperaturgeführt gären lassen kann; anbieten würde sich eigentlich meine Bräugärkammer: ein alter Kühlschrank mit Inkbird, einen kleinen Heizstab aus dem Gewächshaus würd ich mit reinstellen.
Bedenken hab ich aber wegen der Mikroorganismen, Backhefen und Milchsäurebakterien: krieg ich da auf Dauer beim Biergären Probleme? Ich vergär sonst im Edelstahlbottich mit blowoff-Schlauch. Was meint Ihr?

Dank und viele Grüße,
Martin

[Unbewegter Beweger]

Hallo Martin,
für Sauerteig brauchst du ja eigentlich nur die Heizung. Ich weiß nicht wie viele du jetzt hast, aber ich würde die in eine Styroporkiste geben. Die kannst du mit dem Inkbird steuern. Vielleicht klappt das auch so, wie du das beschreibst. Das Risiko würde ich aber nicht eingehen, wenn das relativ einfach anders lösbar ist.
Liebe Grüße, Sven

[AxelS]

Ich gehe mal davon aus, dass Du Deinen Sauerteig in einem verschlossenen Gefäß ziehst (Schraubglas, Deckel leicht aufgedreht). Da sollte eigentlich nix raushüpfen, dass sich dann hinterher durch den Blowoff-Schlauch seinen Weg ins Gärfass sucht...
Temperaturempfehlung für Sauerteig: 28-30°C. Also benötigst Du tatsächlich nur eine Heizung im Gärraum. Ein temperiert geführter Sauerteig wird bestimmt klasse! Besser als mein wildvergorener bei Zimmertemperatur. Bin ich schon ein bisschen neidisch...


Axel

[Blondes]

Hallo Axel, hallo Sven,
vielen Dank für Eure Einschätzungen!
Ja, und genau zwischen diesen wabere ich eben hin und her...
Es sind drei Sauerteige (Dinkel, Weizen, Roggen), die ich gleichzeitig anstelle (sonst hätt ich keine Zeit mehr zum Brauen), in der Phase "Grundsauer ->Vollsauer" sind das dann schon drei größere Schüsseln. Der Inkbird hängt am Kühli dran, jedes Mal abbauen für einen fliegenden Aufbau find ich faule Socke umständlich, stell ich die Styrobox aber neben den Kühli, machts glaub ich nicht so viel Unterschied, als wenn ich die Sachen gleich reinstell.
Aber ich denk so wie Du, Axel, dass eigentlich nix passieren dürfte, aber ich hab halt Bammel, dass ich mich unnötig einem Risiko aussetze, so wie Du sagst, Sven...

[DerDerDasBierBraut]

Die Antwort kennst du. :-)
Jedesmal, wenn du deinen Kühlschrank bzw. deine Gärbox aufmachst hast du diesen schönen milchsauren und aromatischen Geruch in der Nase.
Geruch funktioniert über Partikelemission, d.h. Teile deines Sauerteigs kleben überall im Kühlschrank bzw. in der Gärbox.
Das heißt wiederum, dass jeder Quadratmillimeter Material und jeder Kubikmillimeter Luft, der direkt oder indirekt mit Würze in Kontakt kommen kann, ebenfalls kontaminiert ist.
Die Chance gutes Sauerbier zu produzieren wird dadurch nicht geringer

[Blondes]

Och Menno, Jens, ...

die Schangse stand siebzich vierzich...

Muss ich mich wohl zwischen Brot und Bier entscheiden:

[Bockelsbock]

Das dürfte ja wohl nicht schwer fallen! Ich habe mein "Manni" (Roggen-Sauer) im Familienkühlschrank geparkt!

[Braufex]

Der Inkbird hängt am Kühli dran, jedes Mal abbauen für einen fliegenden Aufbau find ich faule Socke umständlich

Servus Martin,
besorg Dir halt einen zweiten Fühler für den Inkbird, dann brauchst Du nicht umbauen.

Gruß Erwin

[Blondes]

Danke für die Tips!
Ich seh schon: ich komm um die Svensche Styrobox nich drumrum...

[clmnsk]

Ich hab das aus den Überlegungen gelassen.
Trenne sogar Brau-/Hefehandling-/Back-Tage zeitlich.

Wenn du einmal deinen Gärkühlschrank dafür genutzt hast, wirst du ihn auch noch für kalte Teigführung oder Übernachtgare nehmen..
Das kann auf Dauer nicht gut gehen.

[Roger]

Ich hab das aus den Überlegungen gelassen.
Trenne sogar Brau-/Hefehandling-/Back-Tage zeitlich.

Wenn du einmal deinen Gärkühlschrank dafür genutzt hast, wirst du ihn auch noch für kalte Teigführung oder Übernachtgare nehmen..
Das kann auf Dauer nicht gut gehen.

„Heute back ich, morgen brau ich und übermorgen....“ öhm, das ist jetzt was anderes

[Unbewegter Beweger]

Ich gehe mal davon aus, dass Du Deinen Sauerteig in einem verschlossenen Gefäß ziehst (Schraubglas, Deckel leicht aufgedreht). Da sollte eigentlich nix raushüpfen, dass sich dann hinterher durch den Blowoff-Schlauch seinen Weg ins Gärfass sucht...
Temperaturempfehlung für Sauerteig: 28-30°C. Also benötigst Du tatsächlich nur eine Heizung im Gärraum. Ein temperiert geführter Sauerteig wird bestimmt klasse! Besser als mein wildvergorener bei Zimmertemperatur. Bin ich schon ein bisschen neidisch...


Axel

Hallo Axel,
ich dachte, die erhöhte Temperatur hat nur eine beschleunigende Wirkung. Entstehen dabei auch andere Aromen?
Liebe Grüße, Sven

[Flothe]

Also meiner Meinung nach kannst du auch hervorrangenden Sauerteig bei Raumtemperatur ansetzen. Für die Führung/Fütterung des Sauerteigs ist das eigentlich am einfachsten. "Brenzliger" wirds dann bei Rezepten, bei denen die Zeiten natürlich an die jeweils beschriebene Temperatur 'gebunden' sind. Hier musst du dann ggf. etwas verlängern.
Aber bei Brotrezepten ist es wie beim Brauen: Was beim Rezeptautor gilt oder galt, und worauf dann das Rezept beruht, muss bei dir noch lange nicht gelten. Selbst wenn du dich exakt an die Temperaturvorgaben hälst, können die Zeiten immer noch daneben liegen. Einfach weil jeder Sauerteig anders ist. Das Mehl aus dem er gezogen wurde variiert, die Mikroflora in der Luft auch.

Lange Rede, kurzer Sinn: Bei Raumtemepratur funktioniert auch super, man muss halt etwas Erfahrung sammeln.

Darüber hinaus ist die Temperatur tatsächlich ein Faktor, der sich auf die Aromen auswirkt. Hohe Temperaturen begünstigen Hefe- und Milchsäuregärung -> Milder Sauerteig, während tiefere Temperaturen eher die Essigsäuregärung begünstigen -> eher strenger Sauertig.

LG Florian

[Unbewegter Beweger]

Hallo Florian,
danke für die Information. Dann stelle ich meinen Ansatz, den ich am Wochenende gemacht habe, auch mal in eine (gesonderte) Gärkammer.
Liebe Grüße, Sven

[Bockbierfreund]

Für Temperatur geführten Sauerteig kann ich einen Jogurt Maker empfehlen. Kosten um die 20 € und lässt sich in Zeit und Temperatur super steuern.
Und weil man das ja nur einmal braucht, kann man hinterher super Jogurt damit machen.
Geht aber wie Florian geschrieben hat auch bei normaler Raumtemperatur. Mein Krümelsaurer heißt Horst und wohnt seit zwei Jahren im Kühlschrank.
Wird immer zwei Tage vor dem backen in Gang gebracht und ein Teil geht dann immer wieder zurück ins Glas.

Gruß
BBF

[Unbewegter Beweger]

...ich habe mir mal für Koji und andere Fermentationen einen Gärschrank gebastelt (Temperatur- und Luftfeuchtigkeitssteuerung). Da werde ich meinen Ansatz mal die nächsten Tage reinstellen

40F8D2CA-EABF-409C-9F8D-4458B8B77457.jpeg (82.21 KiB) 4829 mal betrachtet

ECB0C508-0617-4632-BC31-D786DA8B0DF2.jpeg (106.73 KiB) 4829 mal betrachtet

(das zweite Bild bekomme ich leider nicht gedreht)

Liebe Grüße, Sven

[Sebasstian]

Hui, interessanter thread. Ich hab auch grade meinen ersten Sauerteig angesetzt. Ich habe dazu den Inkbird und das Terrariumheizkabel aus dem Bier-Gärschrank genommen, und das ganze einfach in eine stino Camping-Kühlbox gestellt. Das sieht grade so aus:

[AxelS]

ich dachte, die erhöhte Temperatur hat nur eine beschleunigende Wirkung. Entstehen dabei auch andere Aromen?

Ja, klar. Essigsäurebakterien fühlen sich zwischen 20° und 24°C wohl, Milchsäurebakterien zwischen 28° und 30°C. Demnach wird mein Sauerteig (20°C) eher essigsauer, während warm geführter (28°C) eher mild joghurtsauer wird. Im fertigen Brot wird man das nur als Sommelier herausschmecken, denke ich...

Nochmal zum Kühlschrank: Ich bleibe bei meiner These: Ist der Gärbehälter für die Hefe verschlossen, würde ich davon ausgehen, dass man beim Öffnen der Kühlschranktür nichts riechen kann. Vielleicht wäre eine große Tupperbox ein Kompromiss, wenn die Sauerteige in Gläsern in eben dieser, fest verschlossenen, stehen.
Noch ein Argument dafür: Sollten sich tatsächlich Bakterien im Kühlschrank einnisten, wären das keine anderen, als eh in der Luft sind. Und die müssen (ich wiederhole mich!) erst einmal durch die Sperrflüssigkeit, den Schlauch empor, ins Bier finden.

Ich bleib dabei: Ich sehe bei sauberem Arbeiten kein Risiko! Vielleicht auch deshalb, weil ich Sauerbier sehr gern mag


Axel

[Sebasstian]

Sauerteig in Gläsern ist aber nur für Anstellgut/Starter praktikabel. Ich hatte die Eingangsfrage eigentlich so verstanden, dass der Brotsauerteig vorm Backtag temperaturgeführt in den Schrank soll. Da braucht man dann ja schon bissl mehr Platz.

[Sebasstian]

Noch ein Argument dafür: Sollten sich tatsächlich Bakterien im Kühlschrank einnisten, wären das keine anderen, als eh in der Luft sind.

Wieso? Der Sauerteig infiziert sich doch nicht initial durch Wildhefen und Bakterien aus der Kühlschrankluft, sondern durch solche im Mehl.

[AxelS]

Wieso? Der Sauerteig infiziert sich doch nicht initial durch Wildhefen und Bakterien aus der Kühlschrankluft, sondern durch solche im Mehl.

Ja, eben! Was soll da in einem Schraubglas passieren, was später einem Bier schaden würde?
Wir erinnern uns kurz zurück, wie es vor 200 Jahren war: Es wurde Bier offen vergoren, im gleichen Haushalt wurde Brot gebacken (mit Sauerteig, Hefe war unbekannt), Mehl gemahlen, Malz geschrotet, Sauerkraut vergoren, Obst gelagert, ...
Klar kann man das alles steril in Reinluft kultivieren, aber irgendwo is' dann mal jut, find ick...


Axel

[Blondes]

Sodele,
für mich ist die Entscheidung gefallen: ich werd nicht meine Bräugärkammer missbrauchen, sondern mit dem Brot komplett in der Küche bleiben. Statt der Styrobox hab ich ein altes Weinregal, dass ich mal gebaut hab, gefunden - das werd ich umfunktionieren. Es muss sich halt in der Küche "wegschmiegen" (damit's auf Dauer da bleiben darf...) ;)

Das ("Rest-")Risiko der "Kontamination" ist halt irgendwie da, und damit bin ich einfach auf der sauberen/nicht-saueren Seite.

Ganz kurz nochmal zu den Sauerteigen: Als Anstellgut sind die in ganz kleinen Mengen im Schraubglas im Familienkühlschrank, das ist kein Problem. Aber dann führ ich die dreistufig und zwar so, dass ich nur abends und morgens ein bischen was zu tun habe, und an einem späten Abend dann alle drei Teige vorbereite. Die kommen dann in die Kühlung und werden später zu unterschiedlichen Zeiten/Tagen wieder rausgeholt und dann nur noch gebacken.
Es gibt manchmal aber nur bestimmte Zeitfenster (Kinder zum Sport etc.), die vorgegeben sind, die nutz ich dann, in dem ich die Temperatur entsprechend anpasse (oder zumindest versuche...). Hierfür mag ich dann die (entspannte) Hilfe haben (das 30° im Ofen: nur Licht an, Tür Spalt offen etc. klappt nie so richtig bei mir)

Hier mal paa Bilder:

Mit Weizensauer und Roggensauer wirds ein Roggenmisch,
mit WeiS und DinkelS ein Dinkelmisch,
den WeiS nutz ich auch gleich für die Sonntagsbrötchen (Laugen-,Käse, Schoko etc.),
Baguette mach ich dann aus dem, was übrig ist. Hier nutz ich dann auch ein bißchen Hefe.
...und das Witt wollte auch unbedingt mit drauf..


Danke nochmal für die Entscheidungsfindungsunterstützung!
Grüße,
Martin

[Unbewegter Beweger]

Hi Martin,
deine Brote sehen richtig gut aus!!!
Liebe Grüße, Sven

[Bockbierfreund]

Boa, solche Bilder vor dem Frühstück...
So ein Baguette könnte ich jetzt gut wegarbeiten!!

Gruß BBF

[Blondes]

Sodele,
ich wollte Euch nur mal die Ausführung zeigen:
Dank Eurer Einschätzungen bleiben Bier und Brot jetzt also getrennt. Ich habe hinter dem Gefrierschrank in der Küche einen Spalt, der wegen des Heizungsrohres nicht richtig benutzt werden konnte, hier hab ich ein altes Selbstbau-Flaschenregal umgebaut und eingepasst. Wie Sven und Sebastian nutze ich einen Heizstab (bei mir aus dem Gewächshaus), den man hinten rechts senkrecht sieht, er beheizt beide "Ebenen". Der Fühler vom Inkbird ist mit in der Kammer, der Inkbird selbst ist mit WLAN und kann irgendwo versteckt werden. Das Zwischenbrett ist schmaler als der Zwischenraum und wird durch Schrauben eingespannt, so kann die Luft im ganzen Raum zirkulieren. Der Deckel war das alte Zwischenbrett und wird nur eingespannt.

Gärkammer 2c.jpg (24.74 KiB) 4254 mal betrachtet

Also nochmals vielen Dank,
und viele Grüße,
Martin