Umfüllung Gärtank zu einem Lagertank

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SpaceMarder
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Umfüllung Gärtank zu einem Lagertank

#1

Beitrag von SpaceMarder »

Hallo Ihr Braumeister! :Greets

Mich peinigt die ganze Zeit eine Frage, worauf ich mangels Erfahrung keine Antwort habe und finde. Seit meinem ersten Sud steckt mir noch der Schrecken in den Knochen, weil ich laut Rezeptur sehr wahrscheinlich den Gärprozess abgebrochen habe. Dieser sollte eigentlich nur 3 Tage dauern, erweiterte ihn aber um circa 3 Tage. Danach reicherte ich den Sud mit Speise an und füllte ihn in Flaschen ab. Das Resultat war ein Gushing und viele Aktivitäten, um eine Explosion wegen zu hohen Drucks zu vermeiden. Aber so ein wiederholendes Erlebnis brauch ich wirklich nicht und darum mach ich mir ein Kopf, derartige Resultate zu vermeiden. Ich darf an dieser Stelle noch einmal hervorheben, dass Zucker für mich nicht in Frage kommt, weil ich am Ende wieder eine Flaschenabfüllung machen will. Nun zu meiner Frage:

Ich würde gerne meinen zweiten Sud https://www.maischemalzundmehr.de/index ... actorha2=7 wie folgt einer abweichenden Prozedur unterziehen:

1. Die erforderliche Speise entnehme ich aus dieser Anweisung:http://fabier.de/biercalcs.html
2. Die Würze würde ich dann mit Hefe angereichert in einen Gärtank geben, bis das der Reifeprozess (Messung mit Refraktometer) abgeschlossen ist.
Hier nun die Abweichung:
Anstatt nun eine Flaschengärung zu initiieren, würde ich gerne den Sud in ein Lagertank umfüllen, mit der in Punkt 1. enthaltenen Speise. Hier sollte nun der Sud nach Tagen/Wochen reifen. Ist das Bier nach Wochen geschmacklich okay, würde ich dann gerne das Ganze in Bügelflaschen umfüllen.

Ich sehe hier ein Vorteil: Den Stress der Flaschengärung will ich mir nicht mehr gerne antun und habe Ruhe vor einem Flaschen-Gushing!

Was meint Ihr, wäre das Unmöglich, oder was spricht dagegen? Vielen Dank im voraus für Eure Antworten.

Cheers, Klaus :Drink
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JokerPs
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Re: Umfüllung Gärtank zu einem Lagertank

#2

Beitrag von JokerPs »

Zumindest die Nachgärung muss unter Druck vonstatten gehen, sonst löst sich nur minimal Kohlensäure im Bier. Am einfachsten ist hier die Flaschegärung. Alternativ kann man das auch in einem Drucktank oder Keg machen und dann mit einem Gegendruckabfüller in Flaschen umfüllen . Wenn das Zielgebinde aber ausschließlich Flaschen sind, steigt der Aufwand ggü. einer einfachen Falschengärung erheblich.

Gruss
Mike
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Alt-Phex
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Re: Umfüllung Gärtank zu einem Lagertank

#3

Beitrag von Alt-Phex »

Wenn du dein Bier vernünftig ausgären lässt passiert dir das auch nicht nochmal. Am einfachsten ist es wenn du es 14 Tage komplett in Ruhe lässt. Dann messen und wenn sich der Restextrakt drei Tage später nicht geändert hat (nochmal messen) füllst du ab. Der Wert muss aber auch plausobel sein, also zum Endvergärungsgrad der Hefe passen.

Ansonsten brauchst du wie schon erwähnt ein Keg, CO2 Flasche mit Druckminderer, Zapfkopf/Schläuche etc. und einen Gegendruckabfüller.
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Re: Umfüllung Gärtank zu einem Lagertank

#4

Beitrag von SpaceMarder »

Herzlichen Dank für Eure schnelle Antwort.

@Mike: Eine interessante Aussage die Du da machst. Nur verstehe ich das ehrlich gesagt noch nicht, warum eine Nachgärung unter Druck vonstatten gehen muss. Wieso löst sich nur minimal ohne Druck die Kohlensäure im Bier? Das sind wohl chemische Prozesse, die ich wohl so noch nicht nachvollziehen kann. Da muss ich wohl oder übel mal mehr darüber nachdenken. Übrigens, KEG's, Druckminderer, Zapfköpfe und Co2-Flaschen habe ich zu genüge. Mir fehlt im Moment aber nur der Gegendruckabfüller. Drucktanks sind bekanntlich schweine teuer, es sei denn, man kann wie im Buch von §11 beschrieben, einen Cornelius-Keg mit dem dazu gehörigen Spundapparat besorgen. Diese Investition ist erst einmal auf der langen Bank verschoben, weil ich mir den Grainfather in der Sammelbestellung zulegen möchte.

@Alt-Phex: Ich denke, dass ich noch einmal eine Flaschengärung mache, wegen den zusätzlichen Anschaffungen. Was den Endvergärungsgrad anbelangt, so orientiere ich mich einmal an folgende Aufstellung: https://braureka.de/rohstoffe/hefe-liste/. Insbesondere ist mir da die Fermentis SafAle F-2 aufgefallen (sie weicht aber von der Rezeptur ab), die ja für eine Nachgärung in Flaschen geeignet sein soll.

Nochmals herzlichen Dank für Eure Anregungen und Ratschläge!

Gruß Klaus :Drink
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Alt-Phex
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Re: Umfüllung Gärtank zu einem Lagertank

#5

Beitrag von Alt-Phex »

SpaceMarder hat geschrieben: Mittwoch 8. Juli 2020, 22:36 @Mike: Eine interessante Aussage die Du da machst. Nur verstehe ich das ehrlich gesagt noch nicht, warum eine Nachgärung unter Druck vonstatten gehen muss. Wieso löst sich nur minimal ohne Druck die Kohlensäure im Bier?
Weil sie entweicht. Deswegen muss die Nachgärung geschlossenen, druckfähigen Gebinde stattfinden. Flasche oder Keg. Da das CO2 dort nicht entweichen kann bleibt im nichts anderes als sich im Bier als Kohlensäure zu binden.
SpaceMarder hat geschrieben: Mittwoch 8. Juli 2020, 22:36 @Alt-Phex: Ich denke, dass ich noch einmal eine Flaschengärung mache, wegen den zusätzlichen Anschaffungen. Was den Endvergärungsgrad anbelangt, so orientiere ich mich einmal an folgende Aufstellung: https://braureka.de/rohstoffe/hefe-liste/. Insbesondere ist mir da die Fermentis SafAle F-2 aufgefallen (sie weicht aber von der Rezeptur ab), die ja für eine Nachgärung in Flaschen geeignet sein soll.
Du brauchst keine spezielle Nachgärhefe für ein normales Bier. Diese Hefen sind für Extremfälle gedacht, wie hochprozentige Biere, wo die eigentliche Hefe längst am Ende ist.
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Re: Umfüllung Gärtank zu einem Lagertank

#6

Beitrag von heizungsrohr »

SpaceMarder hat geschrieben: Mittwoch 8. Juli 2020, 22:36 Wieso löst sich nur minimal ohne Druck die Kohlensäure im Bier?
Schon mal ein habgetrunkenes Glas Bier vom Vorabend probiert? Oder eine halbe Flasche, die man im Kühlschrank stehen hatte? Da ist fast keine Kohlensäure mehr drin.
Wenn du Jungbier probierst hat es ja auch nur ganz wenig Kohlensäure. Warum sollte es unter gleichen Bedingungen „nachvergoren“ dann anders sein?
Gruß
Magnus
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Re: Umfüllung Gärtank zu einem Lagertank

#7

Beitrag von Bierjunge »

Und falls Dich auch die Hintergründe interessieren: https://de.wikipedia.org/wiki/Henry-Gesetz

Moritz
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Re: Umfüllung Gärtank zu einem Lagertank

#8

Beitrag von SpaceMarder »

@Alt-Phex und heizungsrohr: Oh je, wie einfach. Entweder hatte ich da gestern einen Aussetzer oder eine Blockade, bezüglich der Kohlensäure. Irgendwie war ich da wohl auf einer falschen Baustelle und hatte mich da sehr wahrscheinlich gedanklich verrannt. Schließlich kann man ja auch kein Eimer Wasser füllen, wenn der Eimer durchlöchert ist.....

Übrigens, wegen der Hefe nochmals Danke für den Hinweis. Kam mir gar nicht in den Sinn, das diese Hefe nur für hochprozentige Biere ist.

@Moriz: Dir auch ein Dankeschön für den Link. Den lese und studiere ich mal durch, wenn ich die Zeit dafür habe. Habe schon kurz oberflächlich reingeschaut und klingt interessant, aber der Beitrag ist auch sehr tiefgründig. Habe davon noch nie gehört.

Gruß
Klaus :Drink
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Sebasstian
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Re: Umfüllung Gärtank zu einem Lagertank

#9

Beitrag von Sebasstian »

Hallo Klaus,
da du noch einige Begrifflichkeiten durcheinander wirfst, erlaube ich mir mal ein paar Anmerkungen als Basis für dich zum weiteren 'Einlesen'.
SpaceMarder hat geschrieben: Mittwoch 8. Juli 2020, 20:39 weil ich laut Rezeptur sehr wahrscheinlich den Gärprozess abgebrochen habe. Dieser sollte eigentlich nur 3 Tage dauern, erweiterte ihn aber um circa 3 Tage.
Die Dauer der Gärung sollte nicht Bestandteil eines Rezeptes sein. Wenn das so ist, bitte diesen Teil des Rezepts immer ignorieren. Die Gärtemperatur, die Hefe und der geplante Endvergärungsgrad stehen in einem ausführlichen Rezept. Danach solltest du dich richten. Da hilft dann nur Messen und kontrollieren (Temperaturen und Restextrakt). Wichtigste Regel: geduldig sein und komplett ausgären lassen.
2. Die Würze würde ich dann mit Hefe angereichert in einen Gärtank geben, bis das der Reifeprozess (Messung mit Refraktometer) abgeschlossen ist.
Nein. Bis die Hauptgärung abgeschlossen ist. Der Reifeprozess schließt sich nach der vollständigen Gärung an. Da hat die Hefe schon nichts mehr zu futtern.
Anstatt nun eine Flaschengärung zu initiieren, würde ich gerne den Sud in ein Lagertank umfüllen, mit der in Punkt 1. enthaltenen Speise. Hier sollte nun der Sud nach Tagen/Wochen reifen. Ist das Bier nach Wochen geschmacklich okay, würde ich dann gerne das Ganze in Bügelflaschen umfüllen.
Auch hier, was du planst ist eine Karbonisierung bzw. Nachgärung im Keg oder Drucktank. Kann man machen, muss man aber nicht. Beachte: es vermehrt sich wieder die Hefe wovon dann idealerweise das karbonisierte Bier wieder runter sollte. Nach der Nachgärung schließt sich also zB das Umfüllen in den finalen Lagertank/Reifetank an. Aber du könntest auch direkt nach der Karbonisierung mit GDA in Flaschen füllen und diese dann einige Wochen reifen lassen. Für die Reifung über Wochen oder Monate (wichtig, weil macht leckerer) ist es egal ob das Bier im Drucktank oder in der Flasche ist.
Ich sehe hier ein Vorteil: Den Stress der Flaschengärung will ich mir nicht mehr gerne antun und habe Ruhe vor einem Flaschen-Gushing!

Was meint Ihr, wäre das Unmöglich, oder was spricht dagegen? Vielen Dank im voraus für Eure Antworten.
Ganz ehrlich? Du machst dir mit deinem Vorschlag deutlich mehr Stress. Ich hab das Gefühl du machst einen riesen Umweg (Drucktank, Kegs etc.) um eine relativ kleine Hürde (Flaschengärung beim ersten mal nicht ganz verstanden) zu umgehen statt sie zu überwinden. Du wirst bei deinem Umweg auf neue Hürden stoßen und bist dann auch nicht weiter.
Also mein Rat: beschäftige dich nochmal mit den Grundlagen und der Forumwissensbasis bzgl. offene Hauptgärung + Flaschengärung. Machs dir nicht unnötig schwer und probier das noch 2, 3 mal. Das ist alles keine Hexerei. Du schaffst das!
Gut Sud! :Drink
Zuletzt geändert von Sebasstian am Donnerstag 9. Juli 2020, 20:17, insgesamt 1-mal geändert.
Grüße,
Sebastian
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Re: Umfüllung Gärtank zu einem Lagertank

#10

Beitrag von SpaceMarder »

Hallo Sebastian,

herzlichen Dank für Deine enorme Mühe, die Du Dir mit dem obigen Beitrag gemacht hast. Ja, man will alles richtig machen und man macht sich sehr wahrscheinlich unnötige Gedanken über Dinge, die so noch gar nicht relevant sind. Ganz ehrlich: ich bin kein Oberflieger und gebe auch zu, hier und da mangelt es mir noch an Grundwissen. Dennoch: Das Thema ist hoch interessant, extrem komplex und das Schöne, man kann es auch probieren und realisieren. Meine einzige Hoffnung: mit der Zeit sammelt sich da mehr Wissen, oder das erforderliche Know How an. Hoffe ich doch.

Wie gesagt, im obigen Beitrag habe ich schon Dank an heizungsrohr und Alt-Phex umgeschwenkt auf die herkömmliche Art, das Bier nach der Gärung in Flaschen abzufüllen. Auch macht es mich sehr neugierig, ob ich es schaffe, ohne Gushing Flaschenbiere zu erstellen. Jedenfalls werde ich bei meinem 2. und 3. Sud prompt an die Regeln halten, ohne Hintergedanken, oder Experimente durchzuführen. Ja, ja, ich bin eben ein verflixter Kaufmann, der immer irgendwie etwas rationalisieren und optimieren will.

Grüsse aus Remscheid,
klaus :Greets
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