Guten Abend,
ich rätsle gerade über ein Bier mit sehr niedrigem EVG (ca. 58%). Gebraut hab ich dieses Stout:
https://www.maischemalzundmehr.de/index ... tte=rezept
Schüttung:
49,5% Maris Otter
14,1% Brown Malt
14,1% Gerstenspitzmalzflocken
8,5% CaraBelge
7,1% Buchweizenmalz
5,7% Pale Chocolate
1% Röstgerste
Eine Abwandlung war der Einsatz der S-04-Trockenhefe statt der Wyeast 1084. Die zweite Abwandlung war der Einsatz von Gerstenflocken statt Gerstenspitzmalzflocken, da ich diese nirgendwo bekommen habe.
3 Päckchen S-04 nach Packungsanweisung in Wasser rehydriert und angestellt in 23 L Würze mit 18 °P bei 18 °C, dann noch 30 min. mit Belüftungssteinchen belüftet. Temperaturkontrolle via Thermostat im Kühlschrank. Die Gärung kam innerhalb weniger Stunden sehr schnell an. Nach ca. 3 Tagen schien die Gäraktivität ziemlich abrupt nachzulassen. Das Bier dann wärmer gestellt bei Raumtemperatur (22 °C), seit einer Woche stagnierend bei 58% VG. Berechnet via Refraktometer, bestätigt durch Kontrollmessung mit Spindel. Denselben Wert zeigt eine Schnellvergärungsprobe, die ich die ganze Zeit bei ca. 22 °C habe mitlaufen lassen und mehrmals täglich aufgeschüttelt habe.
Der im Rezept angegebene EVG ist mit 66% schon recht niedrig, aber ich liege noch weit darunter. So einen geringen EVG hatte ich in 50 Suden nicht. Woran kann das liegen? Jodprobe war nach dem Maischprogramm ok (soweit bei der dunklen Würze zu beurteilen). Das Thermometer ist kalibriert, ebenso das pH-Meter (habe den pH-Wert der Maische auf ca. 5,4 eingestellt).
Kann der niedrige EVG ggf. mit der Verwendung von Gerstenflocken statt Gersten-Spitzmalzflocken erklärt werden? Immerhin ist ein beträchtlicher Teil der übrigen Malze nicht diastatisch.
Ich würde mich sehr über eine Einschätzung freuen!
Besten Dank und Grüße
Stefan
Erklärung für sehr niedrigen Endvergärungsgrad (58%)?
- Braufex
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Re: Erklärung für sehr niedrigen Endvergärungsgrad (58%)?
Eine Möglichkeit:
Zu hohe Maischetemperaturen? Evtl. Thermometer defekt?
Edit: Stefan (Bilbobräu) schreibt auch:
Gruß Erwin
Edit: Rechtschreibung
Zu hohe Maischetemperaturen? Evtl. Thermometer defekt?
Edit: Stefan (Bilbobräu) schreibt auch:
Ich würde bei Wiederholung die 1. Rast 1 bis 2 Grad niedriger machen, um den Vergärgrad etwas zu erhöhen.
Die Stammwürze hast Du doch mit 18°P gut getroffen ...Kann der niedrige EVG ggf. mit der Verwendung von Gerstenflocken statt Gersten-Spitzmalzflocken erklärt werden? Immerhin ist ein beträchtlicher Teil der übrigen Malze nicht diastatisch.
Gruß Erwin
Edit: Rechtschreibung
Zuletzt geändert von Braufex am Donnerstag 23. Juli 2020, 13:16, insgesamt 2-mal geändert.
- muldengold
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Re: Erklärung für sehr niedrigen Endvergärungsgrad (58%)?
Hallo Stefan,
58% EVG - das wäre schon ärgerlich. So wie ich das sehe, hast Du eigentlich alles richtig gemacht. Kannst Du noch mal Deine genauen Werte (Stammwürze und Restextrakt) posten? 58% EVG bei dieser Stammwürze, das sollt wie aufgelöste klebrige Zuckerwatte schmecken. Wie schmeckt es denn? Vielleicht hattest Du dich auch bei der Stammwürze vertan und mit dem EVG ist alles i.o.?? Erwin hat's ja auch schon angesprochen: hast Du Dein Thermometer mal gecheckt, z.B. in Eiswasser oder in kochendem Wasser?
VG
58% EVG - das wäre schon ärgerlich. So wie ich das sehe, hast Du eigentlich alles richtig gemacht. Kannst Du noch mal Deine genauen Werte (Stammwürze und Restextrakt) posten? 58% EVG bei dieser Stammwürze, das sollt wie aufgelöste klebrige Zuckerwatte schmecken. Wie schmeckt es denn? Vielleicht hattest Du dich auch bei der Stammwürze vertan und mit dem EVG ist alles i.o.?? Erwin hat's ja auch schon angesprochen: hast Du Dein Thermometer mal gecheckt, z.B. in Eiswasser oder in kochendem Wasser?
VG
Wo ein Wille ist, da ist auch ein Bier!
Re: Erklärung für sehr niedrigen Endvergärungsgrad (58%)?
Moin,
58% EVG ist natürlich auch für mein gutes altes Imperial Stout sehr wenig. An den Gerstenflocken kann es meines Erachtens nicht liegen. Ich hab sowohl bei diesem als auch bei anderen Rezepten zwischenzeitlich Gerstenflocken als Ersatz für die früher eingesetzten Gerstenspitzmalzflocken verwendet, ohne signifikante Veränderungen dadurch feststellen zu können.
Leider hab ich auch sonst keine gute Erklärung. Am wahrscheinlichsten scheint mir bei solchen Rezepten, bei denen ohnehin ein relativ niedriger EVG vorprogrammiert ist, die Erklärung, dass die Temperatur bei der ersten Rast eben doch ein oder zwei Grad übers Ziel hinausgeschossen ist.
Gruß
Stefan
58% EVG ist natürlich auch für mein gutes altes Imperial Stout sehr wenig. An den Gerstenflocken kann es meines Erachtens nicht liegen. Ich hab sowohl bei diesem als auch bei anderen Rezepten zwischenzeitlich Gerstenflocken als Ersatz für die früher eingesetzten Gerstenspitzmalzflocken verwendet, ohne signifikante Veränderungen dadurch feststellen zu können.
Leider hab ich auch sonst keine gute Erklärung. Am wahrscheinlichsten scheint mir bei solchen Rezepten, bei denen ohnehin ein relativ niedriger EVG vorprogrammiert ist, die Erklärung, dass die Temperatur bei der ersten Rast eben doch ein oder zwei Grad übers Ziel hinausgeschossen ist.
Gruß
Stefan
Re: Erklärung für sehr niedrigen Endvergärungsgrad (58%)?
Hallo zusammen,
vielen Dank schon für die bisherigen Antworten.
Ich bin nochmal mein Brauprotokoll durchgegangen:
Nach dem Abkühlen der Würze im Anschluss an den Whirlpool gemessen: 20,5 L (Gäreimer ist ausgelitert) mit 19,2 Brix. Das entspricht laut Refrakto-Tool 18,64 °P. Um auf 18 °P zu kommen, habe ich laut Verdünnungsrechner noch 0,78 L Wasser zugeben müssen. 0,43 L (eigentlich 0,43 kg, da mit Küchenwaage gemessen) Wasser habe ich direkt zugegeben, die restlichen 0,35 L habe ich mit dem „Rehydrier-Wasser“ für den Trockenhefe-Slurry zugegeben.
Das für diese Messung verwendete Refraktometer ist eher ein „China-Billigteil“ (0-32 Brix), das sich erfahrungsgemäß sehr leicht mal verstellt und auf das ich nur bei Stammwürzen > 18 °P zuückgreife. Ich habe aber unmittelbar vor Messung nochmal mit Wasser den Nullpunkt kalibriert. Trotzdem lässt sich hier ein Fehler durch ungenaues Ablesen oder während der Messung verstelltes Messinstrument nicht 100%ig ausschließen. Die späteren Messungen < 18 Brix habe ich alle mit einem höherwertigen Refraktometer (0-18 Brix) durchgeführt, das erfahrungsgemäß sehr stabile Werte liefert. Ebenfalls dort vor jeder Messung, auch diesmal, mit Wasser den Nullwert bestätigt. Der finale Wert liegt mit diesem Refraktometer bei 11,8 Brix. Daraus ergibt sich laut Standardformel ein scheinbarer EVG von ca. 58%.
Das Thermometer habe ich eben nochmal überprüft. Liefert in kochendem Wasser 99,7 °C und in Eis-Wasser-Mischung -0,3 °C, passt also im Rahmen der Messgenauigkeit ganz gut, denke ich. Die wahren Temperaturwerte in der Maische dürften damit minimal höher liegen als die gemessenen.
Das Bier habe ich eben auch nochmal probiert. Stimmt mich zuversichtlich: Schmeckt vollmundig-ölig, röstig, schokoladig, lakritzig, aber keinesfalls pappsüß oder klebrig nachhängend, wie evtl. aufgrund des berechneten Wertes von 58% EVG zu erwarten wäre.
Möglicherweise sind hier tatsächlich Mess- und Ableseungenauigkeiten nicht auszuschließen. Wäre zu wünschen… ;-)
Grüße
Stefan
vielen Dank schon für die bisherigen Antworten.
Ich bin nochmal mein Brauprotokoll durchgegangen:
Nach dem Abkühlen der Würze im Anschluss an den Whirlpool gemessen: 20,5 L (Gäreimer ist ausgelitert) mit 19,2 Brix. Das entspricht laut Refrakto-Tool 18,64 °P. Um auf 18 °P zu kommen, habe ich laut Verdünnungsrechner noch 0,78 L Wasser zugeben müssen. 0,43 L (eigentlich 0,43 kg, da mit Küchenwaage gemessen) Wasser habe ich direkt zugegeben, die restlichen 0,35 L habe ich mit dem „Rehydrier-Wasser“ für den Trockenhefe-Slurry zugegeben.
Das für diese Messung verwendete Refraktometer ist eher ein „China-Billigteil“ (0-32 Brix), das sich erfahrungsgemäß sehr leicht mal verstellt und auf das ich nur bei Stammwürzen > 18 °P zuückgreife. Ich habe aber unmittelbar vor Messung nochmal mit Wasser den Nullpunkt kalibriert. Trotzdem lässt sich hier ein Fehler durch ungenaues Ablesen oder während der Messung verstelltes Messinstrument nicht 100%ig ausschließen. Die späteren Messungen < 18 Brix habe ich alle mit einem höherwertigen Refraktometer (0-18 Brix) durchgeführt, das erfahrungsgemäß sehr stabile Werte liefert. Ebenfalls dort vor jeder Messung, auch diesmal, mit Wasser den Nullwert bestätigt. Der finale Wert liegt mit diesem Refraktometer bei 11,8 Brix. Daraus ergibt sich laut Standardformel ein scheinbarer EVG von ca. 58%.
Das Thermometer habe ich eben nochmal überprüft. Liefert in kochendem Wasser 99,7 °C und in Eis-Wasser-Mischung -0,3 °C, passt also im Rahmen der Messgenauigkeit ganz gut, denke ich. Die wahren Temperaturwerte in der Maische dürften damit minimal höher liegen als die gemessenen.
Das Bier habe ich eben auch nochmal probiert. Stimmt mich zuversichtlich: Schmeckt vollmundig-ölig, röstig, schokoladig, lakritzig, aber keinesfalls pappsüß oder klebrig nachhängend, wie evtl. aufgrund des berechneten Wertes von 58% EVG zu erwarten wäre.
Möglicherweise sind hier tatsächlich Mess- und Ableseungenauigkeiten nicht auszuschließen. Wäre zu wünschen… ;-)
Grüße
Stefan
Re: Erklärung für sehr niedrigen Endvergärungsgrad (58%)?
Das ist die S04. Die hört manchmal einfach auf, wenn sie keinen Bock mehr hat um dann irgendwann weiter zu machen.
Ich würde vorsichtig umrühren und auf keinen Fall abfüllen. Die S04 sedimentiert extrem gut.
Eventuell eine andere Hefe wie zb Nottingham zugeben wäre auch ne Idee.
Stefan
Ich würde vorsichtig umrühren und auf keinen Fall abfüllen. Die S04 sedimentiert extrem gut.
Eventuell eine andere Hefe wie zb Nottingham zugeben wäre auch ne Idee.
Stefan
Re: Erklärung für sehr niedrigen Endvergärungsgrad (58%)?
Hallo nochmal,
mea culpa, ich habe den Teil "Zugabe einer zweiten Hefe" unterschlagen, weil ich davon ausgegangen war, dass das Bier wirklich "durch" ist.
In der Tat habe ich Anfang letzter Woche, als der Brix-Wert schon konstant blieb, zwei Päckchen Notti rehydriert (war aktiv, deutliche Kräusenbildung beim Rehydrieren) und dem Bier vorsichtig untergerührt. Da hat sich seitdem nix mehr verändert. Entweder ist die Hefe gar nicht erst in Fahrt gekommen, oder es war auch für die Notti schon nichts mehr an vergärbarem Extrakt rauszuholen. Die parallel laufende Schnellvergärungsprobe (allerdings ohne nachträgliche Notti-Zugabe) habe ich über den gesamten Zeitraum bei ca. 22 °C auch mehrmals täglich aufgeschüttelt, das sollte eigentlich der bekanntermaßen guten Sedimentation der S-04 wirksam entgegengewirkt haben.
Beim Abfüllen würde ich natürlich ein Manometer einsetzen, um einen "Blindflug" zu vermeiden, sollte die Hefe wider Erwarten neben dem Nachgärzucker doch noch Zucker aus der Würze verknuspern. Zum Glück ist die Carbonisierung mit 4 g/L CO2 relativ niedrig - da müsste man innerhalb der Maximalanzeige am Manometer (4 bar) schon deutlich und rechtzeitig erkennen können, wenn da was aus dem Ruder läuft...
Grüße
Stefan
mea culpa, ich habe den Teil "Zugabe einer zweiten Hefe" unterschlagen, weil ich davon ausgegangen war, dass das Bier wirklich "durch" ist.
In der Tat habe ich Anfang letzter Woche, als der Brix-Wert schon konstant blieb, zwei Päckchen Notti rehydriert (war aktiv, deutliche Kräusenbildung beim Rehydrieren) und dem Bier vorsichtig untergerührt. Da hat sich seitdem nix mehr verändert. Entweder ist die Hefe gar nicht erst in Fahrt gekommen, oder es war auch für die Notti schon nichts mehr an vergärbarem Extrakt rauszuholen. Die parallel laufende Schnellvergärungsprobe (allerdings ohne nachträgliche Notti-Zugabe) habe ich über den gesamten Zeitraum bei ca. 22 °C auch mehrmals täglich aufgeschüttelt, das sollte eigentlich der bekanntermaßen guten Sedimentation der S-04 wirksam entgegengewirkt haben.
Beim Abfüllen würde ich natürlich ein Manometer einsetzen, um einen "Blindflug" zu vermeiden, sollte die Hefe wider Erwarten neben dem Nachgärzucker doch noch Zucker aus der Würze verknuspern. Zum Glück ist die Carbonisierung mit 4 g/L CO2 relativ niedrig - da müsste man innerhalb der Maximalanzeige am Manometer (4 bar) schon deutlich und rechtzeitig erkennen können, wenn da was aus dem Ruder läuft...
Grüße
Stefan
Re: Erklärung für sehr niedrigen Endvergärungsgrad (58%)?
Ein Übervergärer wie die WB 06 wäre noch ne Idee. Da müsste dann noch einiges gehen, die hinterlässt halt aber auch entsprechende Aromen. Aber ich weiß nicht , ob du noch eine dritte Hefe ins Spiel bringen willst.