Optimaler Endvergärungsgrad

SpaceMarder
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Re: Optimaler Endvergärungsgrad

#51

Beitrag von SpaceMarder »

@Peter/gulp: Kein Problem, dass Du alles wissen solltest, schließlich hast Du mich ja auch immer beraten. Also folgenden Werte habe ich gemessen: Würzespindel zeigte einen Wert von 1.010 und das Refraktometer zeigte einen Wert von 6,5 Grad Plato und die Temperatur des Jungbieres: unglaubliche 27,8 Grad! Sorry, hatte keine Möglichkeit zur Kühlung. Ich muss mir was dabei einfallen lassen. Geruch des Bieres war okay und der Geschmack war auch nicht auffällig.

Werde heute morgen mal los ins Lager, eine Messung durchführen und ggf. dann abfüllen.

Gruß
Klaus :Drink

P.S.: Dir und den Mitlesern noch einen schönen Sonntag.
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Re: Optimaler Endvergärungsgrad

#52

Beitrag von gulp »

Servus Klaus, 1.010 gravity sind ~2,5 P. Bei 28° ~ 3 P. Ergibt einen sEVG von etwa 77 %. Kannst also abfüllen.
Ich arbeite ja lieber mit einer Plato Spindel. :Greets

:Drink
Gruß
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Re: Optimaler Endvergärungsgrad

#53

Beitrag von Stopfer »

SpaceMarder hat geschrieben: Sonntag 23. August 2020, 07:40 @Peter/gulp: Kein Problem, dass Du alles wissen solltest, schließlich hast Du mich ja auch immer beraten. Also folgenden Werte habe ich gemessen: Würzespindel zeigte einen Wert von 1.010 und das Refraktometer zeigte einen Wert von 6,5 Grad Plato und die Temperatur des Jungbieres: unglaubliche 27,8 Grad! Sorry, hatte keine Möglichkeit zur Kühlung. Ich muss mir was dabei einfallen lassen. Geruch des Bieres war okay und der Geschmack war auch nicht auffällig.

Werde heute morgen mal los ins Lager, eine Messung durchführen und ggf. dann abfüllen.

Gruß
Klaus :Drink

P.S.: Dir und den Mitlesern noch einen schönen Sonntag.
Moin Klaus,

Hier übrigens die Umrechnung, um dein Plato-Refraktometer für die Endvergärung zu nutzen:

Du musst erst in Brix umrechnen, weil die Skala nur verschoben ist, du aber immernoch die Lichtbrechung abliest.
Dann kannst du die Vergarung nach Brix berechnen, wobei der Alkoholfehler korrigiert wird.
Screenshot_20200823_162736.jpg
VG,
Christopher
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Re: Optimaler Endvergärungsgrad

#54

Beitrag von bierfaristo »

Das glaube ich nicht. Der Link des Refraktometers zeigt in der Beschreibung die Einheit % und nicht °Plato wie in der Beschreibung steht. Ist aber letztendlich auch egal, was für eine Einheit da steht.
Ein Refraktometer misst den Beechungsindex und muss bei einer 0% m/m Saccharoselösung 0 anzeigen und bei einer 10% m/m Saccharoselösung 10 anzeigen, unabhängig von der Einheit. Dementsprechend muss in den Berechnungstools Brix eingegeben werden und nichts umgerechnet werden.

Christian
Fühle mich oft unverstanden, bin vermutlich ein Genie.
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Re: Optimaler Endvergärungsgrad

#55

Beitrag von SpaceMarder »

@Christopher/Stopfer: Vielen Dank für Deinen Hinweis, aber diese Quelle war mir schon bekannt und wird von mir auch rege benutzt!

@Peter/Gulp: Peter, ich gebe Dir einmal die Daten, die ich vorab gemachte habe, als ich die Flaschenabfüllung begonnen habe:
Das war am Sonntag, den 22.8.20: Temperatur des Jungbieres: 23,4 ° C; Refraktometer 6,4 Grad.

Da ich es versäumt habe, die Speise zu sichern, musste ich eine Karbonisierung mit Zucker einleiten. http://fabier.de/biercalcs.html Demnach waren das 7,5 Gramm Zucker je Liter. Mit einem Abfüllröhrchen habe ich dann das Jungbier abgefüllt und auf einer Flasche ein Manometer angebracht, um einen erhöhten Flaschendruck zu vermeiden. Heute, bei einer Raumtemperatur von 21,6 Grad zeigt das Manometer fast 2 bar Druck!

Das scheint mir soweit in Ordnung. Frage: Nirgends wo habe ich gelesen, wie lange denn die Karbonisierung dauern soll. Wann wäre denn dann diese Phase beendet? Der Brautag war am 20.7.20, also vor über 4 Wochen. Ferner beschäftige ich mich im Moment auch mit der Frage der Oxidation und der Alterung des Bieres. Ein echt eigenes Thema! Neben den vielen Hinweisen von Jan's Buch habe ich auch noch folgende Quelle gelesen:https://braumagazin.de/article/oxidatio ... ralterung/ Mir wird dabei schlecht, fallen mir da auch meine gemachten Fehler auf, wie z.B. das Versäumnis, die Deckenbildung mit einem sterilen Löffel abgeschöpft zu haben. Nah ja, ist mein 2. Sud, der 3. ist schon in Planung.

Sorry im übrigen für die verspätete Berichterstattung, aber im Moment habe ich sehr viele Baustellen. Kaum Zeit diese fristgemäß beantworten zu können.

Gruß Klaus

Übrigens, bei den neuen Werten komme ich auf folgenden Endvergärungsgrad:
Stammwürze: 13 ° Plato = 13,5 Brix; Jungbier: 6,4 ° Plato = 6,76 Brix:
Restplato 2,7 ° Plato; Tatsächlicher: 4,6 % Restextrakt; scheinbarer EVG= 80%; Alkohol: 4,4 bzw. 5,6 % Vol %.
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Re: Optimaler Endvergärungsgrad

#56

Beitrag von hiasl »

SpaceMarder hat geschrieben: Mittwoch 26. August 2020, 11:07 Stammwürze: 13 ° Plato = 13,5 Brix; Jungbier: 6,4 ° Plato = 6,76 Brix:
Restplato 2,7 ° Plato
Was zeigt dein Refraktometer? Plato oder Brix?
Wenn es Brix zeigt, dann kannst du unvergorene Würze in Plato umrechnen, wenn du einen entsprechenden Faktor kennst (Spindel als Vergleich, bei mit ist das überraschend sogar der Faktor 1).
Wenn es Plato zeigt, sollte es den gleichen Wert bei unvergorener Würze anzeigen, wie eine Spindel. Wenn nicht, dann ist die Skala nicht Plato.

Bei vergorener Würze kann man den ursprünglich ermittelten Faktor Brix/Plato nicht mehr anwenden. Eine Umrechnung Plato/Brix ist also nicht mehr möglich. Einzig kann man mit einer Näherungsformel (das machen die ganzen Rechner im Netz) den Alkoholfehler herausrechnen und so auf den scheinbaren Restextrakt kommen. Zeigt dein Refraktometer Plato, kannst du also den dazugehörigen Brix-Wert nicht mit dem obigen Faktor ermitteln (ich würde ihn einfach vernachlässigen).

Im Übrigen glaube ich nicht, dass es "Plato-Refraktometer" wirklich gibt. Ich habe bisher nur welche mit einer "%"-Skala gesehen und gefunden. Manche Anbieter schreiben Plato in die Beschreibung, obwohl es eigentlich Brix-Refraktometer sind. Ist ja auch logisch, da der gemeinsame Bezugspunkt eine Saccharoselösung ist. Von daher halte ich die Umrechnung von Plato in Brix bei einem Refraktometer für Unfug.
Gruß
Matthias
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Re: Optimaler Endvergärungsgrad

#57

Beitrag von SpaceMarder »

Moin zusammen!

Tut mir wirklich Leid, dass ich mich erst jetzt zurück melde. Zur Zeit bin ich beruflich stark involviert und zu allem Überfluss habe ich mir noch ein Rippenbruch eingehandelt. Was soll's, es geht immer weiter. Also, was ist nun der Grund warum ich mich noch einmal melde?

Ich wollte mich ganz einfach noch an allen Lesern wenden und herzlich bedanken, das Ihr mich so bravourös mit Euren Beiträgen unterstützt habt. Letzten Sonntag habe ich eine Flasche meines 2. Sudes aufgemacht und das war einfach super! Kein Gushing, das Bier perlte im Glas wunderbar und es war einfach gut im Geschmack und es war so süffig, wie es sich meiner Ansicht nach für einem obergärigen Bier nach kölscher Art gehörte.

Für mein 2. Sud bin ich wirklich sehr zufrieden, denn die Stammwürze von 13% habe ich voll getroffen, den Alkoholgehalt, den Endvergärungsgrad ebenfalls. Sicherlich, dennoch habe ich bei diesem Sud ein paar Fehler gemacht, aber wer ist am Anfang denn schon perfekt? Hauptsache, mir macht das Experimentieren und Brauen Spaß! Mein 3. Sud ist schon in Planung, der aber sehr wahrscheinlich eine eigene Kreation eines obergärigen Bieres wird. Was den Erfolg des 3. Sudes angeht, bin ich sehr optimistisch, denn ich hab ja auch eine gute Lektüre zum Nachschlagen: Jan's Buch und dies tolle Forum hier!

Okay, meine lieben Hobbybrauer: nochmals herzlichen Dank für Eure Unterstützung. Ich hätte ja noch sehr viel zu berichten, habe aber leider kaum Zeit aus vorgenannten Gründen. Euch allen eine erfolgreiche Woche.

Gruß
Klaus/SpaceMarder :Drink
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Re: Optimaler Endvergärungsgrad

#58

Beitrag von Fips »

hiasl hat geschrieben: Mittwoch 26. August 2020, 15:42

Was zeigt dein Refraktometer? Plato oder Brix?
[...]
Wenn es Plato zeigt, sollte es den gleichen Wert bei unvergorener Würze anzeigen, wie eine Spindel. Wenn nicht, dann ist die Skala nicht Plato.

[...]
Im Übrigen glaube ich nicht, dass es "Plato-Refraktometer" wirklich gibt. Ich habe bisher nur welche mit einer "%"-Skala gesehen und gefunden. Manche Anbieter schreiben Plato in die Beschreibung, obwohl es eigentlich Brix-Refraktometer sind. Ist ja auch logisch, da der gemeinsame Bezugspunkt eine Saccharoselösung ist. Von daher halte ich die Umrechnung von Plato in Brix bei einem Refraktometer für Unfug.
Der Unterschied zwischen Brix und Plato ist meines Wissens nach die entsprechende Referenztemperatur (20 °C vs. 17.5 °C), die zu einer geringfügigen Streckung bzw. Stauchung der jeweiligen Skala führt. Der Brechungsindex an sich ist Dimensionslos und wird auf die entsprechende Skala projiziert. So gesehen kann es also wohl tatsächlich Plato und Brix Refraktometer geben, wobei der Unterschied bei den von uns verwendeten Geräten in der Messgenauigkeit untergeht
Und sobald Alkohol in der zu messenden Lösung vorhanden ist, ist genau genommen eh beides quatsch.
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Re: Optimaler Endvergärungsgrad

#59

Beitrag von rakader »

§11 hat geschrieben: Donnerstag 30. Juli 2020, 18:50 Ich hatte, in Vorbereitung zu meinem Buch, einige Diskussionen mit Tobias Fischborn von Lallemand. Sie verwenden eine "Standardwürze" die einem internen Laborstandard entspricht.

Das ganze Thema VG ist etwas schwammig (der Meinung ist übrigen Tobias auch). Es gibt eine alte Definition was etwa "hoher VG" bedeutet. Diese ist aber heute nicht mehr anwendbar. Es scheint sich, wahrscheinlich teils technologisch bedingt, wohl aber auch durch den veränderten Konsumentengeschmack, der VG insgesamt nach oben bewegt zu haben.

So ist laut dieser Definition von Lintner aus dem Jahr 1883:
Ein tatsächlicher VG von <50 niedrig
Zwischen 50-60 mittel
und ab 60 hoch

Diese Definition verschwindet ab den etwa 1950ern langsam aus der Literatur.

Heute gibt es keine Definition mehr, aber es sieht so aus eine würde eine um 10% nach oben verschobene Lintner Tabelle heute ganz gut passen.

Gruss

Jan
Dazu eine Frage, weil es in einem anderen Thread Unklarheiten gibt: Die Angaben der Hersteller auf den Hefetüten ist doch der traditionelle sEVG? Er wird der Einfachkeit halber als EVG angegeben.
---
Viele Grüße / Regards
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Re: Optimaler Endvergärungsgrad

#60

Beitrag von DerDerDasBierBraut »

Ohne Kontext wird immer und überall der scheinbare Vergärungsgrad angegeben und verwendet.
Der tatsächliche Vergärungsgrad kommt bei komplexeren Berechnungen vom Balling ins Spiel.
Man kann das am Wort Gä'h'rung unterscheiden. Mit "h" >> Balling >> Vergährungsgrad kontextabhängig "tatsächlich" oder "scheinbar".
Ohne Kontext oder ohne 'h' >> ist immer der scheinbare Vergärungsgrad gemeint.
"Da braut sich was zusammen ... "
"Oh, Bier ;-) !"
"Nein! Was Böses!"
"Alkoholfreies Bier??? ..."
-----------
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Re: Optimaler Endvergärungsgrad

#61

Beitrag von Alt-Phex »

Da aber jeder zweite Anfänger Gärung mit "h" schreibt nutzt das wenig :P
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Re: Optimaler Endvergärungsgrad

#62

Beitrag von rakader »

Danke Jens. Der Kontext mit "h" ist mir allerdings nicht klar. Gährung gibt es nicht. Vielleicht finden wir noch eine Eselsbrücke... :Smile
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Re: Optimaler Endvergärungsgrad

#63

Beitrag von DerDerDasBierBraut »

Das 'h' spielt auf "Das Taschenbuch der Gährungschemie" von Balling an.
https://www.amazon.de/s?k=Carl+J.+R.+Ba ... nb_sb_noss
Zuletzt geändert von DerDerDasBierBraut am Donnerstag 11. Februar 2021, 16:59, insgesamt 1-mal geändert.
"Da braut sich was zusammen ... "
"Oh, Bier ;-) !"
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Re: Optimaler Endvergärungsgrad

#64

Beitrag von renzbräu »

  • Karl Josef Napoleon Balling (* 21. April 1805; † 17. März 1868 in Prag)
  • 1880 - Konrad Duden: Vollständiges Orthographisches Wörterbuch der deutschen Sprache – Nach den neuen preußischen und bayerischen Regeln.
  • 1901-1903 - verbindliche Festlegung der Rechtschreibregeln.
Also hat Balling Gährung geschrieben weil er es konnte. :P
Grüße Johannes

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Re: Optimaler Endvergärungsgrad

#65

Beitrag von §11 »

rakader hat geschrieben: Mittwoch 10. Februar 2021, 23:46
§11 hat geschrieben: Donnerstag 30. Juli 2020, 18:50 Ich hatte, in Vorbereitung zu meinem Buch, einige Diskussionen mit Tobias Fischborn von Lallemand. Sie verwenden eine "Standardwürze" die einem internen Laborstandard entspricht.

Das ganze Thema VG ist etwas schwammig (der Meinung ist übrigen Tobias auch). Es gibt eine alte Definition was etwa "hoher VG" bedeutet. Diese ist aber heute nicht mehr anwendbar. Es scheint sich, wahrscheinlich teils technologisch bedingt, wohl aber auch durch den veränderten Konsumentengeschmack, der VG insgesamt nach oben bewegt zu haben.

So ist laut dieser Definition von Lintner aus dem Jahr 1883:
Ein tatsächlicher VG von <50 niedrig
Zwischen 50-60 mittel
und ab 60 hoch

Diese Definition verschwindet ab den etwa 1950ern langsam aus der Literatur.

Heute gibt es keine Definition mehr, aber es sieht so aus eine würde eine um 10% nach oben verschobene Lintner Tabelle heute ganz gut passen.

Gruss

Jan
Dazu eine Frage, weil es in einem anderen Thread Unklarheiten gibt: Die Angaben der Hersteller auf den Hefetäten ist doch der traditionelle sEVG? Er wird der Einfachkeit halber als EVG angegeben.
Ja. In diesem Zusammenhang sogar richtig angewandt. Bei der Begriflichkeit des EVG liegt nämlich der Teufel im Detail und wird leider in 95% der Fälle falsch angewandt. Der EVG ist nämlich nur richtig wenn im Labor, also unter Idealbedingungen, bestimmt wird.

Die Aussage "mein Sud hat einen EVG von X% erreicht" oder "ich stehe jetzt bei einem EVG von X, lann ich abfüllen" ist sachlich falsch, da es sich beim VG der im Sud bestimmt wird, maximal um den Ausstossvergärungsgrad handelt, der meist hinter dem EVG zurück bleibt.

Aber da kämpfe ich gegen Windmühlen

Gruss

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Re: Optimaler Endvergärungsgrad

#66

Beitrag von olibaer »

§11 hat geschrieben: Donnerstag 11. Februar 2021, 17:15 AVG-EVG: Aber da kämpfe ich gegen Windmühlen
Wen Du dich schon in Richtung "VG-Quichotte" aufmachst, nimm doch das °P als Ergebniseinheit einer Spindelprobe in Bier oder Jungbier gleich mit in den Kampf auf. Hier erwartet ein ganzer Windpark deinen Lanzenstich ;-)
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Re: Optimaler Endvergärungsgrad

#67

Beitrag von rakader »

olibaer hat geschrieben: Freitag 12. Februar 2021, 13:44
§11 hat geschrieben: Donnerstag 11. Februar 2021, 17:15 AVG-EVG: Aber da kämpfe ich gegen Windmühlen
Wen Du dich schon in Richtung "VG-Quichotte" aufmachst, nimm doch das °P als Ergebniseinheit einer Spindelprobe in Bier oder Jungbier gleich mit in den Kampf auf. Hier erwartet ein ganzer Windpark deinen Lanzenstich ;-)
Dann geht doch mal in den Galopp und klärt Neugierige ohne zu viel Abkürzungen auf: Was hat es mit dem Ausstossvergärungsgrad auf sich?
Ich fand nur das hierzu, wenig erschöpfend: https://www.mug-mikrobrauerei.ch/glossa ... echnologie
Ich sehe bei den vielen Arten von Vergärungsgraden ehrlich gesagt kein Land:
http://www.brewrecipedeveloper.de/misc/ ... grade.html
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Re: Optimaler Endvergärungsgrad

#68

Beitrag von Ladeberger »

Im Grunde steht bei Oli alles, aber ich versuch's mal in eigenen Worten.

Der Ausstoßvergärungsgrad (AVG) beschreibt den scheinbaren Vergärungsgrad (VGs) zum Zeitpunkt des Ausstoßes; also einem Zeitpunkt, an dem das Bier im weitesten Sinne "verkaufsreif" konditioniert ist. Vulgo: Das Bier ist fertig und geht so raus. Zur Bestimmung des AVG muss sich das Bier nicht notwendigerweise im finalen Gebinde befinden, aber in einem Zustand sein, an dem sich im Extraktgefüge nichts mehr ändert.

Der Endvergärungsgrad (EVG) ist der im Labor mittels Vergärung mit Betriebshefe ermittelte, maximale VGs der Würze. Er wird bei uns mittels Schnellvergärungsprobe ermittelt. Dieser Wert ist also in der Würze fixiert, ganz unabhängig davon was im Gärkeller dann passiert. Eine Würzecharge hat folglich genau einen EVG. Genau wie eine Würze nur einen Stammwürzegehalt (°P) hat. Hat man den EVG nicht ermittelt, bleibt er unbekannt.

In der Regel möchte der Brauer den AVG möglichst nahe am EVG halten, also alles vergären, was zu vergären geht. Der AVG eines Bieres muss aber nicht immer dessen EVG entsprechen, kleine Differenzen sind möglich, vertretbar und werden teilweise sogar angestrebt. Die Differenz AVG zu EVG ist z.B. eine der Möglichkeiten, die Biere im Sortiment weiter zu differenzieren.

Zu hohe und unerwünschte Differenzen deuten aber auf Probleme im Bereich Hefemanagement, Anstelltechnik und Gärführung hin.

Würde man diese Bezeichnungen als Hobbybrauer von Anfang an internalisieren, fielen meines Erachtens sehr viele Unsicherheiten und Beratungsanlässe rund um den Gärverlauf und den ermittelten Vergärungsgrad weg.

Gruß
Andy

P.S.
Man liest im Forum in letzter Zeit häufiger vom "sEVG". Ich denke das ist nicht per se falsch, solange der EVG und nicht der AVG gemeint ist. Es ist im Grunde aber überflüssig, da der AVG und EVG Konzepte aus der betrieblichen Praxis sind, in denen immer mit den scheinbaren Werten gearbeitet wird. Insofern trägt es m.E. eher zur Verwirrung bei oder erweckt beim Anfänger den fatalen Eindruck, dass "scheinbar" eine Vorstufe (=gärt noch) zu "wahr" (=fertig gegoren) ist.
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Re: Optimaler Endvergärungsgrad

#69

Beitrag von rakader »

Ladeberger hat geschrieben: Freitag 12. Februar 2021, 15:24 [toll erklärt]

P.S.
Man liest im Forum in letzter Zeit häufiger vom "sEVG". Ich denke das ist nicht per se falsch, solange der EVG und nicht der AVG gemeint ist. Es ist im Grunde aber überflüssig, da der AVG und EVG Konzepte aus der betrieblichen Praxis sind, in denen immer mit den scheinbaren Werten gearbeitet wird. Insofern trägt es m.E. eher zur Verwirrung bei oder erweckt beim Anfänger den fatalen Eindruck, dass "scheinbar" eine Vorstufe (=gärt noch) zu "wahr" (=fertig gegoren) ist.
Lieber Andy, vielen herzlichen Dank. Damit habe ich es verstanden. Olis Ausführungen sind mir (oft) zu komprimiert und zu technisch, wenn man nicht einen entsprechenden Hintergrund hat.

Ich fragte genau wegen des Begriffs sEVG. Den verwende ich und finde ihn nach Deinen Ausführungen praxistauglich. Ich engagiere mich beim Kleinen Brauhelfer, und da war gerade die Diskussion, ob tEVG oder sEVG in der Praxis wichtiger ist. Ich meine eben sEVG - und meine damit den AVG: der Brauer vergleicht den Vergärungsgrad auf der Hefetüte mit seinem Jungbier und leitet daraus ab, wie gut seine Hefe arbeitet. (Hefehersteller wie Wyeast oder WLP sprechen in ihren Datenblättern auch von "scheinbarer Endvergärungsgrad" - daran orientieren sich die Leute.) tEVG ist für mich der VG zur Berechnung des Alkoholgehaltes, also der EVG im Labor.

Die Problematik ist die, dass der AVG als Begriff korrekt, aber nahezu unbekannt ist. (Ich habe im Zuge dieses Threads zum ersten Mal davon gehört.) Man würde also bei Verwendung, wie Du auch anmerkst, Verwirrung stiften. Aber gut, man kann es in der Doku erklären.

Viele Grüße
Radulph
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Re: Optimaler Endvergärungsgrad

#70

Beitrag von §11 »

Hefehersteller wie Wyeast oder WLP sprechen in ihren Datenblättern auch von "scheinbarer Endvergärungsgrad" - daran orientieren sich die Leute.
Da ist er auch richtig, weil dieser VG im Labor unter Laborbedingungen ermittelt wurde. Der Ausdruck EVG ist aber eben genau nur da richtig.

Der Unterschied ist einfach erklaert. Der EVG wird meist mit der Schnellvergaerprobe mitbestimmt oder nach MEBAK (2.8.1. - 2.8.3.). Dabei wird Hefe in einem absoluten Ueberschuss gegeben und bei Raumtemperatur auf dem Magnetruehrer vergoren. Diesen VG erreicht man in der Regel unter Betriebsbedingungen im Keller aber nicht.

Gruss

Jan
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Re: Optimaler Endvergärungsgrad

#71

Beitrag von §11 »

rakader hat geschrieben: Freitag 12. Februar 2021, 15:39

Die Problematik ist die, dass der AVG als Begriff korrekt, aber nahezu unbekannt ist. (Ich habe im Zuge dieses Threads zum ersten Mal davon gehört.) Man würde also bei Verwendung, wie Du auch anmerkst, Verwirrung stiften. Aber gut, man kann es in der Doku erklären.

Viele Grüße
Radulph
Das sehe ich anders. Durch die konsequente falsche Nutzung bereits anders vorbelegter Fachausdruecke sorgt man eben genau dafuer das der "Hobbyist" verloren ist, wenn er auf "Profi-Wissen" zurueckgreift, weil er ploetzlich nur noch Bahnhof versteht. Die Brauersprache ist recht "bildreich" aber sie ist auch sehr präzise und beschreibt, in den aller meisten Faellen, genau einen Zustand. Spreche ich von EVGs, muss ich meinem Gegenueber nicht erklaeren wo und wann dieser gemessen wurde. Spreche ich von Bruch- und Staubhefe weiss mein Gegenueber das ich von UG Hefe spreche. Nutze ich diese Begriffe willkuerlich, muss ich sie "normieren" bevor ich Wissen nutze das auf diesen "normierten" Begriffen basiert und genau das fuehrt immer wieder zu Problemen (bestes Beispiel, die unsaegliche Diskussion um SHA und Brew House Efficiency, hier sind 1/3 der Angaben im Netz schlichtweg durcheinander gewuerfelt).

Gruss

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Re: Optimaler Endvergärungsgrad

#72

Beitrag von rakader »

Da hast Du sicher recht und ich habe gerade bei Begrifflichkeiten von Dir und einigen anderen viel dazu gelernt, z.B. die Namen der Rasten. Es ist ein Henne-Ei-Problem. Ich kann schon verstehen, dass den Fachleuten da manchmal die Hutschnur platzt. Wir Nicht-studierten Nicht-Brauingenieure sind aber lernwillig :Bigsmile

Grüße
Radulph
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Re: Optimaler Endvergärungsgrad

#73

Beitrag von hiasl »

Ich habe mal schnell in der MEBAK (WüBiBimi) nachgelesen:
Methode 2.8.2 Endevergärungsgrad von Würze und Bier:
Gekochte Würze oder Bier wird mit Hefe versetzt und unter Rühren endvergoren. Anschließend wird Es,End = Extrakt, scheinbar, endvergoren in GV-% gemessen. Der Vs,End in % = (p - Es,End) x 100 / p
p = Stammwürze in GV-%

Methode 2.8.4 Gärkeller- und Ausstoßvergärungsgrad:
Berechnung identisch, die Probe wird nur direkt aus Jungbier oder fertigem Bier genommen. Offiz. Bezeichnung: Vs.

Vs <= Vs,End

Ich denke, dass hier auch die Nutzung der Abkürzung EVG (meist als universelle Abkürzung) und AVG zu Missverständnissen geführt hat.
Muss gestehen, dass beide bei mir in der Regel übereinstimmen (insbesondere bei Lagerbieren) und ich daher auch keine Unterscheidung getroffen habe.

Bei der ganz korrekten Berechnung müssen allerdings immer die GV-% herangezogen werden (Rohrzuckertafel). Mit unseren Messinstrumenten messen wir normalerweise GG-%. Denn Würze =/= Bier!
Gruß
Matthias
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Re: Optimaler Endvergärungsgrad

#74

Beitrag von rakader »

Sicher ein guter Beitrag hiasl, ich muss aber gestehen, dass ich auch nach mehrmaligem Durchlesen wegen der Abkürzungen nichts verstehe, außer dass EVG und AVG bei Lagerbieren übereinstimmen. Das kann ich bei Ales bestätigen.

Kann man das auch weniger mathematisch darstellen?

LG
Radulph

Edit: Wenn EVG und AVG so dicht beieinander liegen, ist das doch eher eine theoretische Diskussion um Meßwerte im Labor als eine braupraktische. Somit ist sEVG = AVG einfach praktikabel, ohne dass man sich einen weiteren Kopf machen muss. Oder nicht? Ich brauche meinen scheinbaren EVG, um zu erfahren, ob meine Hefe innerhalb der erwarteten Parameter arbeitet. Mehr nicht…
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hiasl
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Re: Optimaler Endvergärungsgrad

#75

Beitrag von hiasl »

rakader hat geschrieben: Mittwoch 3. März 2021, 15:15 Sicher ein guter Beitrag hiasl, ich muss aber gestehen, dass ich auch nach mehrmaligem Durchlesen wegen der Abkürzungen nichts verstehe, außer dass EVG und AVG bei Lagerbieren übereinstimmen. Das kann ich bei Ales bestätigen.

Kann man das auch weniger mathematisch darstellen?

LG
Radulph

Edit: Wenn EVG und AVG so dicht beieinander liegen, ist das doch eher eine theoretische Diskussion um Meßwerte im Labor als eine braupraktische. Somit ist sEVG = AVG einfach praktikabel, ohne dass man sich einen weiteren Kopf machen muss. Oder nicht? Ich brauche meinen scheinbaren EVG, um zu erfahren, ob meine Hefe innerhalb der erwarteten Parameter arbeitet. Mehr nicht…
Ich habe eigentlich fast nichts neues beigetragen, jedoch festgestellt, dass in der einschlägigen Literatur der scheinbare Endvergärungsgrad als Vs,End bezeichnet wird und alles andere ohne das terminale "End". Hier im Forum wurde ja EVG synonym zu AVG verwendet. Das hat zu Missverständnissen geführt. Der "normale" Hobbybrauer meint in der Regel wohl immer den Vs zum Zeitpunkt des Abfüllens (= AVG), daneben gibt es noch den Vs beim Grünschlauchen (= Gärkellervergärungsgrad), der selbstverständlich < Vs,End sein sollte.

Im Übrigen habe ich gesagt, dass Vs,End und AVG bei Lagerbieren bei mir i.d.R. übereinstimmen. Ich habe das nicht verallgemeinert.

Und nochmal: Das "scheinbar" kommt vom scheinbaren Restextrakt (Es), welcher so bezeichnet wird, weil Alkohol die Dichte beeinflusst und der Dichtemesser somit einen falsch zu niedrigen Extrakt anzeigt. Das hat per se nichts mit der Endvergärung zu tun! Da man die Zahlen gewohnt ist, wird eigentlich aus praktischen Gründen nie mit dem Ew (tatsächlicher Extrakt) gerechnet.

Edit: Typos
Zuletzt geändert von hiasl am Mittwoch 3. März 2021, 21:55, insgesamt 1-mal geändert.
Gruß
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rakader
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Re: Optimaler Endvergärungsgrad

#76

Beitrag von rakader »

OK, danke. Wenn man die Arbeit mit Formeln nicht gewohnt ist, ist das harte Kost. Jetzt ist es gut erklärt. In dem Sinne bin ich ein "normaler" Hobbybrauer, der den Begriff AVG viel passender, klarer und weniger verwirrend findet. :Smile
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Re: Optimaler Endvergärungsgrad

#77

Beitrag von olibaer »

Toll erklärt hiasl (#73, #75).

Ein allgemeiner Ansatz könnte sein, dass der Hobbybrauer den Präfix und den Suffix "end" im Umgang mit (aktuellen)Messwerten und berechneten Vergärungsgraden aus seinem Sprachgebrauch streicht, solange "Ende" nicht im Labormaßstab und nach Vorschrift bestimmt wurde.

Das liest sich "Schulmeisterisch", aber genau hier findet die Trennung zwischen EVG und AVG statt.
Nicht nur hier und im Prozess, sondern auch in der Abgrenzung zur Fachliteratur und zum allgemein üblichen Sprachgebrauch unter Brauern.
Mehrwert: man tut sich im Konsum von Fachliteratur leichter, Mißverständnisse halten sich in Grenzen, die Aussenwirkung des Hobbybrauers wäre gestärkt.

Nicht zu vergessen:
Die Differenz zwischen AVG und EVG ist genau das, was wir nicht immer messen und ermitteln können, aber gerne mal' als "Überkarbonisierung" wahrnehmen.

2 ct
Gruss
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Re: Optimaler Endvergärungsgrad

#78

Beitrag von rakader »

olibaer hat geschrieben: Mittwoch 3. März 2021, 21:23 Das liest sich "Schulmeisterisch", aber genau hier findet die Trennung zwischen EVG und AVG statt.
Nicht nur hier und im Prozess, sondern auch in der Abgrenzung zur Fachliteratur und zum allgemein üblichen Sprachgebrauch unter Brauern.
Mehrwert: man tut sich im Konsum von Fachliteratur leichter, Mißverständnisse halten sich in Grenzen, die Aussenwirkung des Hobbybrauers wäre gestärkt.
Bist Du manchmal, hier aber nicht. Sorry, wenn ich das so unverblümt sage. :Greets Ich hatte als Nicht-Ingenieur und Nicht-Zahlenmensch jahrelang Schwierigkeiten mit dem Begriff EVG, weil man als Anfänger aus einer ganz anderen wissenschaftlichen Ecke nicht beurteilen kann, wer fachlich recht hat, wer nicht. sEVG kann man noch verstehen, schwierig wird es, wenn der Begriff EVG unterschiedlos benutzt wird. Und das tun leider viele.
Ich wäre sehr stark für AVG zur Klarstellung, auch und gerade bei Programmen wie dem Kleinen Brauhelfer und allen möglichen Excel-Sheets die hier im Forum herumgereicht werden - eben aus den von Dir genannten Gründen:
- leichteres Verständnis der Fachliteratur
- weniger Missverständnisse untereinander

Ausstossvergärungsgrad ist vom Wort her schon unmissverständlich. Den tatsächlichen Endvergärungsgrad braucht man dann zur Alkoholbestimmung. Der wird sehr gerne tEVG genannt. Es sollte letztlich ein so starker Begriff wie AVG sein. EVG ist einfach zu ungenau, der Begriff ist für mich verbrannt (auf die Gefahr, dass ich mich in die Nesseln setze). Ich denke wenn sich da die Aktiven im Forum auf eine Sprachregelung einigen, ist auf lange Sicht viel gewonnen.

:Drink
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Re: Optimaler Endvergärungsgrad

#79

Beitrag von olibaer »

rakader hat geschrieben: Mittwoch 3. März 2021, 21:41 Bist Du manchmal, hier aber nicht. Sorry, wenn ich das so unverblümt sage.

Kein Problem.
rakader hat geschrieben: Mittwoch 3. März 2021, 21:41 sEVG kann man noch verstehen
Das "s" als Präfix braucht es schon mal gar nicht. EVG genügt an dieser Stelle.

Im alltäglichen Umgang mit Meß- oder Ergebniswerten ist für den Brauer alles scheinbar. Einer zusätzlichen Kennzeichnung bedarf es nur, wenn ein Meß- und Ergebniswert als "wirklich" verstanden werden soll. Hier kommt der Präfix/Suffix "w" zum Einsatz.
In Bieranalysen z.B. sieht man solche Unterscheidungen gerne:
  • Es %w/w
  • Ew %w/w
  • Vs % (AVG)
  • Vw %
Im Sprachgebrauch des Brauers reduziert sich das auf diese Ergebniswerte
  • Es %w/w
  • Vs %
und er nennt das "Spindelwert/Restextraktgehalt(Es)" und "Vergärungsgrad(Vs)" - das "scheinbar" geht völlig unter.

So wie oben dargestellt geht der Brauer davon aus, dass es sich um "Ist-Werte" aus der Produktion handelt. Für im Labor ermittelte Ergebniswerte im Umfeld Vergärung kommt der Suffix "End" zum Einsatz:
  • EsEnd %w/w
  • EwEnd %w/w
  • VsEnd % (EVG)
  • VwEnd %
Im Abgleich zwischen Es %w/w und EsEnd %w/w, bzw. zwischen Vs % (AVG) und VsEnd % (EVG) ist ein Bier dann endvergoren, wenn die Differenz der beiden Wert 0 ist. Solche Themen werden nach dem 2.Lehrjahr in Zwischenprüfungen abgefragt und müssen sitzen, sofern Interesse an einem Gesellenbrief besteht. Ich habe das nicht erfunden. Das ist uralter Käse.
rakader hat geschrieben: Mittwoch 3. März 2021, 21:41 schwierig wird es, wenn der Begriff EVG unterschiedlos benutzt wird. Und das tun leider viele.
Ich wäre sehr stark für AVG zur Klarstellung
"Ich habe einen AVG(früher EVG) von 75% und trotzdem ist mein Bier überkarbonisert"
Und jetzt?

rakader hat geschrieben: Mittwoch 3. März 2021, 21:41 Den tatsächlichen Endvergärungsgrad braucht man dann zur Alkoholbestimmung. der wird sehr gerne tEVG genannt
Zur Alkoholbestimmung benötigt man, wenn dann, den Extrakt wirklich Ew %w/w und nicht den tatsächlichen Endvergärungsgrad(Vw %). Siehe Ballingformel. Man sagt auch nicht tatsächlichen Endvergärungsgrad, man sagt Endvergärungsgrad wirklich.
rakader hat geschrieben: Mittwoch 3. März 2021, 21:41 Ich denke wenn man sich da die Aktiven im Forum auf eine Sprachregelung einigen, ist auf lange Sicht viel gewonnen
Wozu? Es gibt eine Sprachregelung.
Bestenfalls verständigt man sich darauf, dass die allgemein übliche Sprachregelung auch im Forum verwendet wird.

Nimm mal dein von dir verwendetes tEnd, dass deiner Aussage nach sehr gerne verwendet wird.
tEnd lässt sich weder g***** noch findet sich tEnd in einschlägiger Fachliteratur.
Ich habe keine Ahnung, wo du dieses "tEnd wird sehr gerne verwendet" her hast.

Jetzt macht der "Schulmeister" Feierabend ;-)
Gruss
Oli
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