Erster Starter aus Erntehefe - ein paar Fragen

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Arkaduus
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Erster Starter aus Erntehefe - ein paar Fragen

#1

Beitrag von Arkaduus »

Hallo zusammen,

ich habe meine ersten 6 Sude mit Trockenhefe gebraut und möchte bei meinem morgigen Sud eigentlich einen Hefestarter aus Erntehefe nutzen.
Allerdings haben sich auf den Hochkräusen des ersten Starters seltsame, dunkle Verfärbungen gebildet. Da ich keine Trockenhefe als Notfall-Alternative da habe, bin ich mir jetzt unsicher ob es eine gute Idee ist morgen Mittag mit dem Brauen zu beginnen und diesen Starter anschließend zum Anstellen zu verwenden. Ich habe euch ein paar Bilder angehängt.

Ich habe auf Hochkräusen schon öfters dunkle Flecken gesehen, welche sich meine ich durch die Hopfenöle ergeben (Achtung - Halbwissen). Allerdings sollten in diesem Starter ja nur sehr geringe Mengen Hopfenöle vorhanden sein - hab ich mir eventuell zuviele Fremdkeime oder einen Pilz eingefangen?

Mir ist außerdem aufgefallen, dass scheinbar kleine schwarze Stückchen (scheinbar dünne Platten) im Starter schwimmen. Das verunsichert mich in Verbindung mit der Verfärbung, denn ich habe keine Ahnung wo die herkommen könnten.
Ich habe zum Ansetzen nur klare Würze aus hellem Malzextrakt (30 min abgekocht) und den dickbreiigen Bodensatz der Erntehefe (Verdant IPA von LalBrew) verwendet. Die Gefäße waren natürlich alle sauber und wurden ebenfalls 30 min abgekocht. Alle weiteren Gerätschaften wurden mit 70% Alkohol desinfiziert. Die Würze wurde beim Einfüllen in das Gärfass durch einen Hopfenfilter gegeben und die Erntehefe wurde nach 5 Tagen vor dem Hopfenstopfen entnommen.

Sind solche schwarzen Stückcken in der Erntehefe normal oder habe ich mir irgendwo "Dreck" eingefangen?
Die müssen ja in der breiigen Erntehefe gewesen sein, sonst hätte ich die ja vorher gesehen.
Ich hatte bisher keine Probleme mit der Hygiene.
Mache ich mir zu viele Sorgen, oder sollte ich diesen Starter besser nicht verwenden?

Riechen tut alles normal nach Hefe und leicht fruchtig (das liegt am Hefestamm, denke ich). Die Aktivität der Hefe "scheint" eigentlich auch gut zu sein - habe halt keinen Vergleich, aber es haben sich ja innerhalb von 20h sehr viel Kräusen gebildet.
Der Magnetrührer ist am Anfang 2h auf hoher Geschwindigkeit gelaufen um Sauerstoff einzubringen, anschließend wurde die Geschwindigkeit reduziert und es wird nur noch "umgerührt".


EDIT: Äh ja - ein _paar_ Fragen ;) Leider hab ich es vorhin geschafft, meinen Entwurf beim Einloggen zu verlieren :thumbdown
Ich bin mir beim ersten Propagationsschritt sehr unsicher. Ich habe mich an diesen Rechner gehalten: https://www.brewersfriend.com/yeast-pit ... alculator/ und folgenden Artikel gehalten: https://braumagazin.de/article/hefebank-weihenstephan/.

Wenn man sich bezüglich der Keimfreiheit unsicher ist, sollen die Propagationsschritte ja eher klein sein.
Die Erntehefe ist etwa 3 Wochen im Marmeladenglas im Kühlschrank gelagert worden. Ich habe 2 gehäufte Esslöffel (etwa 30-50ml) der Hefe auf 400ml 8°P Würze gegeben. Laut dem Rechner Starte ich mit etwa 50 Billionen Hefezellen und erreiche etwa 100 Billionen Hefezellen, also ein Verhältnis von 1:2.
Ich bin mir allerdings auf Grund der sehr grob geschätzten Ausgangszahl der Hefezellen unsicher, es könnten ja durchaus 100 Billionen Hefezellen in meinen beiden gehäuften EL gewesen sein. 30-50ml ist grob geschätzt und auch die Anzahl der Hefezellen mit 1*10^6/ml ist ja nur ein Richtwert, der teilweise höher angesetzt wird.
Der Rechner gibt bei 100 Billionen Hefezellen Ausgangswert einen Endwert von 113 Billionen Hefezellen an, das Wachstum ist also sehr gering. Wirkt sich dies negativ auf den Starter aus? Die Hefezellen vermehren sich ja kaum. Ich habe es so verstanden, dass ein geringes Wachtum eigentlich schlecht für die Vitalität des Starters ist. Oder erübrigt sich dieser Effekt dadurch, dass das Verhältnis im Zuge der späteren Propagationsschritte vor dem Anstellen schrittweise erhöht wird?

Wieso wächst die Anzahl der Hefezellen bei einer hohen Ausgangsmenge laut diesem Rechner nur so gering?
Auf dem Starter bilden sich ja ordentlich Kräusen - dabei muss doch eine entsprechende Vermehrung der Hefezellen stattfinden?
Oder sterben auf Grund der begrenzten Würzemenge/Restzucker bei einer hohen Ausgangszahl von Hefezellen später auch wieder viele Hefen?
Ich hätte gedacht nein, weil man ja nach 24h in eine größere Würzemenge überführt und erneut belüftet. Dies soll die Hefen doch am Ende der Log-Phase bzw. beim Übergang in die stationäre Phase erwischen. Auch wenn dieser Zeitpunkt bei festen 24h-Intervall wohl nicht optimal getroffen wird, die Hefe sollte doch noch lange nicht in die letale Phase übergehen - oder?
Oder heißt Hefeaktivität bei verfügbarem Sauerstoff & Hochkräusen nicht zwangsläufig Hefevermehrung?

Die letzte Frage wäre - 24h zwischen den Propagationsschritten ist ja nur ein Richtwert. Kann man den optimalen Zeitpunkt für den nächsten Propagationsschritt bzw. den "aktuellen Zustand des Starters" nicht besser an der Entwicklung der Hochkräusen festmachen?
Nach meinem Verständnis sorgt eine größere Ausgangsanzahl von Hefen dafür, dass bei gleicher Würzemenge und Zuckergehalt das Ende der Logphase deutlich schneller errreicht wird. Falls man mal einen größeren Esslöffel erwischt, müsste der zweite Propagationsschritt also eigentlich früher angestellt werden. Ich vermute, dass die stationäre Phase auf Grund der vorhandenen Zuckermenge so lang ist, dass die Hefen im Normalfall nicht in die letale Phase übergehen und der Zeitunterschied in der Praxis daher "nicht so wichtig" ist. Liege ich da richtig?

Grüße
Patrick
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Re: Erster Starter aus Erntehefe - ein paar Fragen

#2

Beitrag von marsabba »

Puh, das sind aber viele Fragen. Ich versuche mal, wenigstens ein paar zu beantworten.
- die dunklen stellen sind wohl Hopfenharze und Brandhefe, das sollte sich normalerweise am Rand des Gärbottichs festkleben, machnchmal schwimmts halt auch in dem Bodensatz rum. Nicht schön, aber auch nicht wirklich schlimm
- Propagation von 1:2 ist nicht optimal, denn nachher hast du ja immer noch 50% der alten Hefezellen im Starter. Folgen dann aber noch weitere Schritte mit 1:10 , dann spielt der erste Schritt keine grosse Rolle mehr. Deine Abschätzung klingt jedenfalls plausibel (ohne das jetzt nachgerechnet zu haben).
- Du scheinst wirklich das Thema im Detail verstehen zu wollen; kauf dir am besten mal ein gutes Buch, das ist zielführender als Seitenlange Forenbeiträge. Empfehlung: White, C: Yeast: The Practical Guide to Beer Fermentation
- und natürlich das hier : https://braumagazin.de/article/hefebank-weihenstephan

Grüße
Martin
Arkaduus
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Re: Erster Starter aus Erntehefe - ein paar Fragen

#3

Beitrag von Arkaduus »

Ich glaub, ich hätt den Edit besser weglassen sollen :Bigsmile

Danke für die schnelle Antwort!
Ich bin wegen der Flecken verwundert, weil der Malzextrakt nicht gehopft ist (zumindest ist nichts angegeben, Marke ist Gozdawa). Klar war die Würze gehopft aus der die Erntehefe stammt - aber im dickbreiigen Rest sollte doch kaum noch etwas von den Hopfenölen über sein, oder?
Anscheinend besteht "Brandhefe" aus Hopfenharzen, Proteinen und getrockneten Kräusen. Proteine sind im Malzextrakt auch vorhanden und Kräusen sind ja auch da.
Dann mach ich mir erstmal keine Sorgen, Danke! ;)

Ich habe dann denke ich mit zu viel Hefe gestartet. Ich hätte erst etwas weniger Hefe und Flüssigkeit nehmen sollen, damit der Schritt vorm Anstellen größer ist (jetzt nur von 100 Billionen auf 300 Billionen).
So richtig habe ich zur anfänglichen Hefemenge nichts gefunden, aber jetzt hats Klick gemacht ;)
Man legt die gewünschte Anzahl von Hefezellen für den Starter fest (z.B. 300 Billionen) und rechnet dann einfach runter.
Vorletzte Anzahl Hefezellen: 37,5 Billionen (Verhältnis 1:8)
Vorheriger Schritt: 12,5 Billionen (Verhältnis 1:3) (ca. 1 kleiner Esslöffel)
Optionaler Schritt: 5 Billionen (Verhältnis ca. 1:2) (ca. 1Teelöffel)

Das Buch habe ich direkt mal bestellt, finde das Thema interessant und es wird in vielen Threads zur Hefe erwähnt ;) Scheint ja sowas wie der Narzis für die Hefe zu sein :thumbup
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Re: Erster Starter aus Erntehefe - ein paar Fragen

#4

Beitrag von marsabba »

Exakt. Zurückrechnen ist das Geheimnis.
Beim letzten Schritt sollte das Verhältnis eher gross (also 1:8 ist OK) sein, damit man möglichst viel junge Hefezellen hat.
Bei den Schritten vorher und speziell dem ersten sollte man etwas konservativer vorgehen, damit die hefe möglichst schnell die Nährstoffe aufbraucht und der "konkurrenz" keine Chance lässt.

Martin
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