Weizenbock - Lösungsmittelgeschmack

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Sylex
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Weizenbock - Lösungsmittelgeschmack

#1

Beitrag von Sylex »

Hallo zusammen,

ich habe vor einigen Wochen meinen 7. Sud gebraut.
Es ist ein Weizenbock nach Hanghofer.

Es sollten 20 Liter werden mit folgenden Zutaten:
3 kg Weizenmalz
1,5 kg PiMA
1,5 kg MüMa

Rasten wie im Buch, jedoch hab ich mich für Dekoktion entschieden.
Einmaischen bei 50°C, Weizenrast 30 min. bei 43°C, dann Dekoktion auf 65°C Maltoserast 30 min. und Verzuckerung bei 71 und 75 °C (je 15 min.), anschließend Abmaischen.

Die Stammwürze war genau 18°P.

Hopfen Tettnanger 18 gr. VW und 18 g bei 70 Minuten.

Beim Brauen lief alles glatt; ich hatte keine Zwischenfälle.

Nach dem Kochen auf 20°C abgekühlt und die Hefe rein.
Es ist die Zymoferm W68, von der ich 250 ml reingekippt habe.

Nach etwa 2 Stunden war eine weiße Schaumdecke zu sehen, nach weiteren 2 Stunden ging die Gärung richtig ab.

Nach 3 Tagen hab ich mal gespindelt: 5,5 °P, was einem RE von etwa 5,5% entspricht.
EVG wären knapp 70%
Der RE wäre mir zu hoch, allerdings dachte ich, dass ich zu viel nichtvergärbaren Zucker produziert habe.

Dieser Wert hat sich allerdings 2 Wochen lang nicht mehr geändert.
2 Wochen lang waren auch wilde Kräusen zu sehen - die waren aber dann plötzlich weg.
Beim Öffnen des Edelstahlgärbehälters schlug mir ein beißender Geruch entgegen - ich dachte zunächst, dass es sich um CO2 handelt.

Ich habe dann in Flaschen abgefüllt, mit Zucker karbonisiert auf 6,5 CO2.

Das Flaschenmanometer ist nach 2 Tagen auf 0,2 bar gestiegen, dann allerdings hat es sich eine Woche Zeit gelassen um schlussendlich bei 0,35 stehen zu bleiben. So blieb es dann 2 Wochen lang.

Ja, Geduld ist des Brauers beste Eigenschaft, aber ich habe mich dann entschlossen, eine Flasche zu öffnen.

Bäh! Es schmeckt nach Lösungsmittel, das Bier ist (nachdem ich es 1 Tag kalt bei 7°C gestellt hatte) irgendwie milchig-trüb. Ungenießbar.

Was ist schief gelaufen?

Mir schwant, dass es vielleicht an der Gärtemperatur lag.
Der Sud hatte 20°C als ich anstellte und ich hab das Gärgefäß in einen Raum mit 21 °C gestellt.
Da ich bei meiner Recherche nun feststellen musste (was ich irgendwie die letzten Jahre nicht auf dem Schirm hatte) ist, dass die Gärung ja eine exotherme Reaktion ist, bei der der Kern des Sudes durchaus ein paar Grade wärmer ist.
Auf einer Seite im Netz, welche Ursachen für Fehlaromen beschreibt, stieß ich auf die Möglichkeit der zu warmen Vergärung.
Dabei fiel mir ein, dass als ich zum Spindeln das Gefäß öffnete, mir ein deutlich wahrnehmbarer Wärmestrom entgegen kam.
Wie stelle ich dann korrekt an? Sud hat 20°C, aber ich stell ihn in einen Raum der so 17°C hat? Und dann nach der stürmischen Phase wärmer stellen?

Ich habe damals zusammen mit einem Kumpel das gleiche Bier gebraut. Die Zutaten stammen alle aus der gleichen Quelle, wir haben sie geteilt.
Bei ihm zeigt das Flaschenmanometer jetzt 3,2 bar, er hat auf meine Misere hin eine Flasche geöffnet und kann nichts Falsches feststellen.
Noch nicht richtig fertig, da es erst noch kalt gestellt werden muss und reifen, aber nicht ungenießbar.
Er hat mit Speise karbonisiert. Mir ist durchaus bewusst, dass ein Haushaltszucker eine etwas andere Mahlzeit für die Hefe ist und die vielleicht ihre Ernährung erst mal umstellen muss.

Ist der Sud verloren?
Oder brauch ich einfach noch mehr Geduld? Aber da läuft ja in den Flaschen nix mehr.

Infektion könnte ja auch ein Thema sein, allerdings konnte ich auf dem Sud vor dem Abfüllen keine negativen Erscheinungen feststellen.
Zudem arbeite ich schon hygienisch.

Vielen Dank wenn mir jemand ein paar Gedanken zuwerfen könnte!
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Ladeberger
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Re: Weizenbock - Lösungsmittelgeschmack

#2

Beitrag von Ladeberger »

Hallo,

wie hast du belüftet?

Gruß
Andy
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Re: Weizenbock - Lösungsmittelgeschmack

#3

Beitrag von Sylex »

Gar nicht. Ich will ja Oxidation vermeiden und ich dachte das brauch ich bei der Hefemenge gar nicht.
War das ein Foul?
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Ladeberger
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Re: Weizenbock - Lösungsmittelgeschmack

#4

Beitrag von Ladeberger »

Ja. Ohne Belüftung gehen einem die Ester durch die Decke, weil mangels Sauerstoff weniger Acetyl-CoA für den Baustoffwechsel verbraucht wird. Die hohe Stammwürze und die hohe Hefegabe forcieren die Vorgänge wieter in diese Richtung.

Der Lösungsmittelgeschmack könnte von Ethylacetat kommen. Ein recht stabiler Ester, den herauszulagern wird Monate dauern. Die typische Weißbieraromatik sind bis dahin natürlich längst über die Wupper. Andererseits berichten Foristen auch immer mal wieder über die positive Entwicklung uralter Weizenböcke...

Gruß
Andy
Sylex
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Re: Weizenbock - Lösungsmittelgeschmack

#5

Beitrag von Sylex »

Hmmm. Aber die stockende Nachgärung in den Flaschen macht mich auch ratlos.
Auch mein Freund hat nicht belüftet.
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coyote77
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Re: Weizenbock - Lösungsmittelgeschmack

#6

Beitrag von coyote77 »

Vielleicht eine Kombination. Ich habe mein erstes Weißbier auch viel zu warm vergoren, es entwickelte einen Geschmack nach Pflaster, medizinisch, lösungsmittelartig.
Zu deiner Frage: viele nutzen zur Temperatur-Steuerung einen Kühlschrank mit Inkbird. Zusammen mit einer Wärmequelle (z.B. ein TerrarienHeizkabel) vergären ich so UG und OG.
Grüße, Andreas :Drink

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Re: Weizenbock - Lösungsmittelgeschmack

#7

Beitrag von schwarzwaldbrauer »

Ladeberger hat geschrieben: Sonntag 7. März 2021, 13:14
Der Lösungsmittelgeschmack könnte von Ethylacetat kommen. Ein recht stabiler Ester, den herauszulagern wird Monate dauern.
Gruß
Andy
Hatte das Mal bei einem Pils, das ich zu warm angestellt habe. Hat wirklich über 3 Monate gedauert, aber dann war's weg.

Grüßle Dieter
Brau, schau wem.
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Re: Weizenbock - Lösungsmittelgeschmack

#8

Beitrag von Sylex »

coyote77 hat geschrieben: Sonntag 7. März 2021, 13:55 Vielleicht eine Kombination. Ich habe mein erstes Weißbier auch viel zu warm vergoren, es entwickelte einen Geschmack nach Pflaster, medizinisch, lösungsmittelartig.
Zu deiner Frage: viele nutzen zur Temperatur-Steuerung einen Kühlschrank mit Inkbird. Zusammen mit einer Wärmequelle (z.B. ein TerrarienHeizkabel) vergären ich so UG und OG.
Die Raumtemperatur kann ich gut steuern. Die Frage ist, bei welcher Sudtemperatur stelle an und welche Raumtemperatur sollte herrschen?
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coyote77
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Re: Weizenbock - Lösungsmittelgeschmack

#9

Beitrag von coyote77 »

Mmh, das ist schwierig. Du sagst, du kannst die RT gut steuern - die Würze ist träge, was Temperaturanpassung betrifft. Dann noch mit einzubeziehen, um wie viel K die Würze Temperatur durch die Gärung steigt... ?
Näherungsweise kannst du das so machen, wie du oben beschrieben hast, also bei 19 oder 20 °C anstellen und sobald die Gärung anspringt mit niedrigerer RT gegensteuern. Musst halt nur aufpassen, dass es nicht zu kühl wird und dir die Gärung einschläft.
Ich habe anfangs Mal bei großer Hitze den Eimer in ein Wasserbad gestellt und mit Kühpacks gekühlt. Die Schwankungen sind nicht ohne und das mag die Hefe nicht so.
D
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Re: Weizenbock - Lösungsmittelgeschmack

#10

Beitrag von Sylex »

Erstmal Danke für Eure Hilfe!

Ist es also so, dass das Ethylacetat die Gärung behindert und weil zu viel drin ist, die Nachgärung stockt?

Kann ich den Sud noch retten? Also warten bis das Zeug verschwunden ist und dann setzt die Gärung wieder ein bzw. dann mit frischer Hefe aufimpfen?
Sylex
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Re: Weizenbock - Lösungsmittelgeschmack

#11

Beitrag von Sylex »

Hallo, ich nochmal:

Liegt es an der fehlenden Belüftung, dass ich einen so hohen Restextrakt hatte? Der hohe Esthergehalt lässt die Gärung stocken und daher kann auch keine Nachgärung mehr statt finden?
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Re: Weizenbock - Lösungsmittelgeschmack

#12

Beitrag von gulp »

Sylex hat geschrieben: Sonntag 7. März 2021, 15:47 Erstmal Danke für Eure Hilfe!

Ist es also so, dass das Ethylacetat die Gärung behindert und weil zu viel drin ist, die Nachgärung stockt?

Kann ich den Sud noch retten? Also warten bis das Zeug verschwunden ist und dann setzt die Gärung wieder ein bzw. dann mit frischer Hefe aufimpfen?

Siehe Antwort 4, oder du lässt noch eine "Bretthefe" ran und harrst der Dinge, die dann kommen.

Gruß
Peter
>>Impfung rettet Leben und Kultur!<<

Ein Bayer ohne Bier ist ein gefährlich Thier!

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