Erfahrungen mit Bier-Pasteurisierung?

[Palby]

Guten Morgen liebe Brauwelt

Unser lokaler Getränkehändler meint, wir sollen unser Bier pasteurisieren, damit er es auch in den warmen Sommermonaten anbieten kann im Geschäft.

Hat jemand von Euch Erfahrung damit? Nach erfolgter Hauptvergärung füllen wir das Bier in Flaschen ab und lassen es in der Flasche noch nachgären. Nach meinem Verständnis würde ich jetzt das Bier nach der Flaschengärung, also wenn das Bier eigentlich trinkfertig ist, pasteurisieren? z.B. in einem 80° heissen Wasserbad für 20-30 Sekunden je Flasche?

Hat das von Euch schon jemand gemacht? Und kann/soll man das bei allen Biersorten (ausser Weizen habe ich gehört) machen?

Vielen Dank für Eure Inputs und bierige Grüsse aus der CH
Pascal

[Commander8x]

Zum Pasteurisieren muss der kälteste Punkt der Flasche über 70°C erwärmt werden. Das braucht schon eine Menge Zeit. Meine Einschätzung ist, dass das für Kleinbrauer kaum vernünftig zu schaffen ist.
Setz lieber das MHD runter.

Gruß Matthias

[Braufex]

Bei einem durchschnittlich karbonisierten Bier mit 5g CO2/Liter hättest Du bei 70°C ca. 10 bar Druck in der Flasche, da platzt sie vorher.
Macht also mit Flaschenerwärmen absolut keinen Sinn.
Gruß Erwin

[nPlusEins]

Kann der Getränkehändler das Bier nicht einfach kalt stellen? Das wär doch deutlich angemessener für ein Craft-Bier. Manche Getränkehandler klimatisieren auch (ähnlich wie Supermärkte) ihren gesamten Verkaufsraum.

Bei einem durchschnittlich karbonisierten Bier mit 5g CO2/Liter hättest Du bei 70°C ca. 10 bar Druck in der Flasche, da platzt sie vorher.
Macht also mit Flaschenerwärmen absolut keinen Sinn.
Gruß Erwin

Die Flaschen sind doch darauf ausgelegt. In Brauereien werden die Biere auch in der Flasche pasteurisiert. Allerdings soweit ich weiß mit speziellen Maschinen und Wasserdampf und nicht im Wasserbad.

[Commander8x]

Ja, da platzen schon einige Flaschen. Und der Energieverbrauch ist auch exorbitant hoch. Deswegen meine Einschätzung, dass das im kleinen Maßstab nicht zu schaffen ist.

Alternativ gäbs noch die Kurzzeiterhitzung (KZE), aber das lässt sich nur unter Druck durchführen, wenn man die Karbonisierung erhalten will.

Gruß Matthias

[Palby]

@nPlusEins: leider kann er das Bier nicht kalt stellen und der Verkaufsraum ist auch nicht klimatisiert. Er hat gemeint, 75° für 10 - 20 Sekunden. Mit 3 Flaschen haben wir das mit 75° heissem Wasser auch mal probiert, ist auch nichts geplatzt oder so, aber ob das so pasteurisiert ist? Commander8x schreibt, dass der kälteste Punkt der Flasche über 70° erwärmt werden muss. Und das wäre ja in der kurzen Zeit so sicher nicht passiert.

[§11]

@nPlusEins: leider kann er das Bier nicht kalt stellen und der Verkaufsraum ist auch nicht klimatisiert. Er hat gemeint, 75° für 10 - 20 Sekunden. Mit 3 Flaschen haben wir das mit 75° heissem Wasser auch mal probiert, ist auch nichts geplatzt oder so, aber ob das so pasteurisiert ist? Commander8x schreibt, dass der kälteste Punkt der Flasche über 70° erwärmt werden muss. Und das wäre ja in der kurzen Zeit so sicher nicht passiert.

Naja, die Aussage 75°C 10-20 Sekunden kommt eben auch von deinem Getränkehändler und nicht vom Brauer

Sie ist auch nicht 100% falsch, aber wie schon gesagt wurde muss das Bier halt 75°C erreichen und diese Temperatur für 10-20 Sekunden gehalten werden. Stell mal dein Bier für 20 Sekunden in ein Wasserbad mit 75°C und miss danach die Temperatur des Bieres. Die wird sich merklich nicht verändert haben.

Gruß

Jan

[Ladeberger]

Halte ich auch für schwer beherrschbar in diesem Maßstab. Wie füllt ihr denn ab? Flaschengärung bei Kleinbrauereien ist ja oft eine Sauerstoffschlacht; nix für ungut. Sowas im Gebinde pasteurisiert ist dann vielleicht mikrobiologisch stabil, aber kommt schon durchoxidiert und quasi "forciert gealtert" beim Getränkehändler an.

Würde hier auch eher geringeres MHD geben und lieber öfter nachliefern. Gab es denn bzgl. Mikrobiologie überhaupt schon Beanstandungen?

Gruß
Andy

[nPlusEins]

Mein Vorschlag wäre noch mit dem Getränkemarkt zu reden, dass einer oder mehrere Getränkekühlschränke für die Craft-Biere aufgestellt werden. Hat doch nur Vorteile:

• Bier hält sich auch zu anderen Jahreszeiten länger
• Bier hebt sich von den anderen "normalen" ungekühlten Biersorten im Getränkemarkt ab
• Billiger als eine Anlage und die Arbeit zur Pasteurisation im kleinen Maßstab (das muss ja sonst auch eingepreist werden)
• Mitnahmeeffekte bei schönem Wetter

Ansonsten würde ich auch lieber das MHD verringern.

[danieldee]

Hab ich schon gemacht. Flaschen in einen Einkochtopf und Deckel drauf und zum kochen bringen. Einen Temperaturfühler in eine gefüllte Flasche. Sobald 70° erreicht sind kannst wieder ausschalten. Unbedingt aber Deckel drauf lassen und eventuell mit etwas beschweren. Höchste Vorsicht ist hier geboten! Außerdem erst wieder öffnen wenn abgekühlt. So hab ich das gemacht und soll keine Anleitung sein ;-)

[Boludo]

Solange mikrobiologisch alles ok ist, macht eine Pasteurisierung doch keinen Sinn. Bzw wenn das Bier im Sommer sauer wird, habt ihr ein Hygieneproblem in der Brauerei.
Die hohen Temperaturen im Sommer fördern eher die Alterung des Bieres. Und da hilft dann auch keine Pasteurisierung. Die sich übrigens nicht wirklich positiv auf den Geschmack auswirkt und daher eventuell kontraproduktiv ist.

Stefan

[hiasl]

Wenn der Getränkehändler ein Entgegenkommen braucht: Mal darüber nachdenken, ob ihr als Brauerei z.B. den Kühli stellt und der Händler nur die Stromkosten. Dann wäre es win-win. Ihr profitiert davon, dass eure Biere immer frisch und gut gekühlt an den Verbraucher kommen und müsst euch nicht mit der bescheidenen Pasteurisation herumschlagen.

[Palby]

Ich danke Euch allen für Eure Inputs und Rückmeldungen. Wir sind eine wirklich kleine Mikrobrauerei und beliefern den Getränkehändler in bescheidenen Mengen. Aber nicht nur wir, auch andere kleine Mikrobrauereien aus der Umgebung tun das. Es hart dort so eine Art regionalen-Bier-Ausstellungsstand. Daher lohnt es sich für uns nicht, einen Kühlschrank zu stellen. Wir werden halt einfach von Juni-August weniger liefern, und lassen das mit der Pasteurisierung sein :-). Vielen Dank und allseits gut Sud.
Gruss èPascal

[renzbräu]

Eine Überlegung wäre noch, gemeinsam mit den anderen Mikrobrauereien zusammen einen Kühlschrank stellen. Die sollten das "Problem" ja auch haben.