Zu hoher Restextrakt / Gushing

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Stefflsteff
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Zu hoher Restextrakt / Gushing

#1

Beitrag von Stefflsteff »

Liebe Alle,

Ich hab vor gut einem Jahr mit dem Bierbrauen begonnen, anfangs mit Sets, 5 Liter, später mit Rezepten von MashCamp und bin vor paar Monaten auf 20L Sude umgestiegen. Hierbei habe ich bisher nur Rezepte gebraut, die ich vorher in 5L gebraut habe und auch gut geworden sind.
Jetzt habe ich schon beim 2. 20 L Sud ein Problem mit wirklich deutlichem Überschießen von Schaum, so dass selbst bei sehr sehr vorsichtigem Einschenken ca 1 cm Bier und dann gut 10 cm Schaum zu sehen war. Beim ersten Sud konnte ich mir das durch nicht ausreichende Gärung erklären, diese war UG (Märzen) und ich hatte Probleme, die optimale Temperatur zu bekommen. Jetzt habe ich ein zweites mal, diesmal ein OG Weißbier, gut auf die Gär-Temperatur geachtet, habe nach 2 Wochen (inkl 5 Tage konstantem Restextrakt laut Refraktometer -> genauere Infos kommen) abgefüllt, und wieder viel Schaum. Zwar nicht ganz so viel wie beim Märzen, trotzdem so, dass es ein bisschen "mühsam im Genuss" ist, weil man beim aufmachen direkt ganz vorsichtig ins Glas einschenken (weil sonst gleich einiges an Schaum aus der Flasche quillen würde) muss und auch dann noch relativ viel Schaum hat. Bei beiden Biersorten hat es das in der Form nicht gegeben, als ich sie im 5L Sud probiert hatte.

Jetzt zu den Facts:
Weizen Malz hell = 2,3kg
Wiener Malz = 1,1kg
Buchenrauchmalz = 0,55kg
Münchner Malz = 0,4kg
CaraAroma® = 0,09kg

1. Einmaischen bei 45°C
2. Rast bei 45°C für 5 min
3. Rast bei 63°C für 30 min
4. Rast bei 72°C für 35 min, wenn Jodnormal weiter zu
4. Abmaischen 78°C für 1 min (ganzes Rezept, falls ich noch relevante Infos vergessen habe: https://mashcamp.shop/portfolio_page/sm ... einkocher/

Ergab 23l mit 12 Brix, dann Zugabe 1 Pkg M20 Bavarian Wheat (nach Rehydrierung). Gärung bei 22°, laut Rezept, gab auch kräftiges Blubbern in der ersten Woche
Am Tag 9 war ich bei 7 Brix, und bis Tag 14 blieb der auf 7, in der Zwischenzeit auch kein Blubbern bemerkt.

Also habe ich abgefüllt, in 0,5l Kronkorkenflaschen, dazu nach Anleitung je zwei Karbonisierungsdrops (https://mashcamp.shop/shop/abfuellen/ka ... ungsdrops/), und 4 Wochen bei gleicher Temperatur reifen lassen, dann gekühlt, dann getrunken, hierbei eben sehr viel Schaum.

Ich tue mir jetzt relativ schwer, mein Problem einzuordnen:
Meine Theorien:
1.: zuckere ich zu stark nach? Sollte ich nur einen Drop nehmen, damit weniger Kohlensäure entsteht?
oder 2.: Haut meine Hauptgärung nicht ganz hin? Ich lese hier sehr viele verschiedene Restextrakt-werte, die gefühlt alle deutlich unter meinem (bzw unter all denen liegen, die ich bei verschiedenen Bier- und Hefesorten je hatte: habe normal zwischen 6 und 7 Brix Restextrakt) und überlege deswegen, ob ich hierbei etwas grundlegendes falsch mache. Daraus könnte ich mir dann erklären, dass eben zu viel Zucker insgesamt noch drin ist, ich noch kräftig nachzuckere, und daher zu viel CO2 entsteht. Aber was mache ich dann am Gär & Reifeprozess falsch?

PS: 2 weiter Sude mit 20 L waren komplett Problemlos, mit ähnlichen "Zuckergefällen zw. Würze und Restextrakt".

In der Hoffnung, dass mir irgendjemand helfen kann verbleibe ich im Vorhinein lieben Grüßen und Vielen Dank,
Stefflsteff
Till
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Re: Zu hoher Restextrakt / Gushing

#2

Beitrag von Till »

Mit fällt kein offensichtlicher Fehler auf. Du köntest folgendes mal durchdenken/prüfen:

- Die Zuckerdrops kannst Du mal nachwiegen und in einem Karbonisierungsrechner nachsehen, wo Du da eigentlich landest.
- Um sicherzugehen, dass die Gärung durch ist, könntest Du tendenziell mit steigender Gärtemperatur arbeiten und ab und zu das Gärfass etwas schwenken und Hefe aufwirbeln.
- Ich hatte bei zwei Suden das Problem, dass zuviel Schaum da war. Nach meinen Empfinden war dabei die Karbonisierung normal/unauffällig. Eins war ein Fruchtbier (sehr trüb) und eins ein stark gestopftes Brewdog-Klonbier. Beide hatten das Problem, dass nach dem Öffnen der Schaum aus der Flasche "kriecht". Mmn waren bei beiden Bieren zu viele Partikel in der Schwebe, an denen die Kohlensäure ausperlt und Schaum produziert. Da achte ich jetzt etwas besser drauf. Meist reicht ein Cold Crash, oder man lässt das Bier vor dem Abfüllen durch ein Sieb/Monofilamentfilter laufen um Hopfenpartikel rauszuhalten. In Deinem Rezept gibt es weder Stopfhopfen noch Obst, aber vielleicht sind irgendwelche anderen Partikel mitgekommen?
Palby
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Re: Zu hoher Restextrakt / Gushing

#3

Beitrag von Palby »

Hallo Stefflsteff. Ich hatte früher auch solche Probleme und habe dies mit folgenden Änderungen/Brauschritten etc. lösen können:

- Gärung: ich lasse den Sud (obergärige Biere) wirklich genug lange ausgären (3-4 Wochen) bei Temperaturen um die +/- 20° (je nach Jahreszeit). Danach kann ich sicher sein, dass die Gärung wohl wirklich durch ist.

- Schlauchen/Zucker: damit das Bier von der Gärung bis in die Flasche möglichst wenig Sauerstoff bekommt, schlauche ich. Ich fülle nicht vom Gärtank direkt ab, sondern schlauche das Bier in einen Abfülltank. Den nötigen Zucker koche ich vorher als Sirup (z.B. wenn man 5gr Zucker/Liter rechnet, bei meinen 50-Liter-Sudern somit 250 gr. Zucker auf 250 Ml Wasser). Der Zuckersirup kommt dann zuerst in den Abfülltank. Das Bier wird dann durch das Schlauchen auf den Zuckersirup gegeben. Schlauchen wie ich es mache: Schlauch (aus der Tierhandlung/Aquaristik) an Gärtankausflusshahn anringen und dann in den Abfülltank/Topf auf den Boden legen, so dass das Bier möglichst wenig Sauerstoff erhält, und so auf den Zucker giessen. Ich kippe den Gärtank auch nicht um den letzten Rest Bier rauszupressen. Höhe Zapfhahn, wenn das Bier nicht mehr selber fliesst, höre ich auf und lasse die Sauce im Gärtank. Danach kurz und vorsichtigt umrühren und dann in Flaschen abfüllen.

Seither keine Probleme mehr mit Überschäumen. Du musst aber während der Gärungszeit schauen, dass die Raumtemperatur nicht unter die gem. Hefe empfohlene Temperatur fällt (kann im Winter je nachdem zum Problem werden).

Gruss Palby
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afri
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Re: Zu hoher Restextrakt / Gushing

#4

Beitrag von afri »

Flaschen sind wirklich kalt beim Eingießen ins Glas? Ich kenne das langsame Kriechen von Schaum aus der Flasche eigentlich nur, wenn sie zu warm geworden ist. Allein daher kommen bei mir nur Flaschen zum Ausschank, die direkt aus dem Kühli sind. Bei Flaschennachgärung ist einfach noch zuviel drin, an dem sich CO2 entbinden kann, die Gegendruckabfüller haben's da etwas leichter.
Achim
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Stefflsteff
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Re: Zu hoher Restextrakt / Gushing

#5

Beitrag von Stefflsteff »

@Till, Danke für die Tipps. Die Drops wiegen angeblich 1,5g (produktbeschreibung, nicht selber gemessen), ich verwendete beide male 2 pro 0,5 l, als 3g -> 6g pro l, das sollte nicht enorm viel sein sein (mein rechner sagt mir bei Weißbier mit gewünschten 6gCo2/l bräuchte ich 10,3l Zucker/L).
Vielleicht liegt es, wie du sagst, am trüben Bier. das Weißbier ist ja an sich trüb, das Märzen ist mir auch etwas zu trüb geraten. Vielleicht achte ich einmal auf so etwas.

@Palby: ja das wird mein erster Ansatz sein, das bier einfach noch eine Woche länger gären zu lassen. um wirklich sicher zu gehen (komisch, der Restextrakt hatte sich ja schon 3 Tage nicht geändert, aber wer weiß).
Ich schlauche bisher nicht, habe aber ein abfüllröhrchen, mit dem ich direkt aus dem Ablasshahn des Gärtanks in die Flaschen fülle, dabei kommt es zu kaum Übermäßigen Sauerstoffkontakt. Dabei kippe ich zwar am Ende schon für die letzten Flaschen, aber das würde ja kaum das Problem von allen schäumenden flaschen erklären. Aber vielleicht probiere ich auch das Umschlauchen einmal.

@Afri: Ja Flaschen sind kalt, so gut wie immer direkt aus dem Kühlschrank.

Vielen Dank für alle Antworten. Ich habe irgendwie das Gefühl, irgendwas noch übersehen zu haben, aber vielleicht findet sich ja noch ein Profihobbybrauer, der einen guten Tipp parat hat!

LG, Stefflsteff
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Re: Zu hoher Restextrakt / Gushing

#6

Beitrag von Palby »

Noch als Ergänzung: ich habe früher auch Drops benutzt und bin dann, bevor ich mit dem Schlauchen begonnen habe, auf normalen Zucker umgestiegen (gibt ja Messlöffel). Nur schon von da an wurde es besser. Meiner Meinung/Erfahrung nach, sind die Drops zu konzentriert. Ich würde sonst mal nur ein Drop für ein paar 0.5l-Flaschen verwenden zum Vergleich.
LG Palby
Till
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Re: Zu hoher Restextrakt / Gushing

#7

Beitrag von Till »

Es gibt sicher Gründe für das Schlauchen vor dem Abfüllen und das "Zuckern" des gesamten Sudes statt der einzelnen Flaschen. Es wird hier aber wenigstens kontrovers diskutiert. Vor allem, weil die Vermischung von Zuckersirup mit dem Sud schwierig ist und in anderen Fällen zu sehr inhomogener Karbonisierung und platzenden Flaschen geführt hat. Wenn ich das jemals machen sollte, würde ich nicht "kurz und vorsichtig" rühren, sondern eher lang und sorgfältig. Dass das Schlauchen sauerstoffärmer sein soll, leuchtet mit auch nicht ein. Im Gegenteil. Ich würde annehmen, dass das Direktabfüllen hier Vorteile hat.

Was die Trübung angeht: Ich glaube nicht, dass Trübung generell das Problem ist. Ich denke da eher an Partikel vom Stopfhopfen oder den vergorenen Früchten. Ich kann mir auch vorstellen, dass man bei etwas sorglosem Maischen und Umschlauchen in den Gärbehälter zu viele Partikel vom Malz mitnimmt. Das ist aber Spekulation.
Palby
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Re: Zu hoher Restextrakt / Gushing

#8

Beitrag von Palby »

@Till. Für mich selber die beste Methode, welche ich nicht mehr missen möchte (und ich habe alles ausprobiert vorher und kenne Gushing leider). Ich habe auch vorher immer vom Gärtank in einen Abfülltank umgefüllt. Durch das Schlauchen fliesst das Bier schön in den Tank, erzeugt eine Art Strom und vermengt den Zuckersirup durch das Fliessen sehr schön. Danach noch langsam etwas umrühren und gut ist. Seither nur noch gute Ergebnisse erzielt. Flaschenbomben schon mal gar nicht (aber eben, ich lasse das Bier auch 3-4 Wochen im Gärtank richtig, richtig ausgären). Seit kurzem wird auch die Physik genutzt: Gärtank steht erhöht, Schlauch vom Gärtank an den Abflusshahn Abfülltank montiert und das Bier fliesst direkt von Tank zu Tank. Klappt wunderbar. Weiterer Vorteil gegenüber dem Befüllen jeder einzelnen Flasche mit Zucker: geht viel schneller. Aber schlussendlich muss jeder für sich selber die führ ihn stimmige Methode finden :-). Allzeit Gut-Sud :-)
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