Was kann der Zucker, was Speise nicht kann?

tecorner
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Was kann der Zucker, was Speise nicht kann?

#1

Beitrag von tecorner »

Hallo zusammen,

ich beschäftige mich seit Tagen mit dem Thema Abfüllung, Karbonisierung und Reinheitsgebot. Ich weiß, das Reinheitsgebot ist für einige nebensächlich, aber mich beschäftigt der Prozess dahinter.

Ich habe bisher immer vom Gäreimer direkt in die Flaschen abgefüllt mit Zucker, möchte es aber auch gerne einmal mit Speise versuchen. Natürlich habe ich bei früheren Suden immer mal zwischendurch probiert nach jedem Schritt und nach der Flaschengärung war das Bier immer sehr lecker. Da stellte ich mir schnell die Frage, lag es nun am Zucker selbst, dass der Geschmack so "rund" geworden ist (bei der Abfüllung ist das Bier ja noch gerne mal deutlich bitterer) oder ist der Zucker wirklich nur für die Kohlensäure notwendig? Weil es bei der Zwangskarbonisierung ja auch keinen Zucker gibt der noch hinzugefügt wird.

Zur Speise: Ich habe großen Respekt davor, da ich sehr häufig lese, dass die Speise extrem empfänglich ist für Keime. Ist es wirklich so kritisch? Natürlich desinfiziere ich immer zu viel als zu wenig, aber es wäre ärgerlich, wenn am Ende der Sud nichts wird.

Vielleicht kann mir jemand ein paar Ratschläge zur Karbonisierung mit Speise geben und evtl. auch ein paar Erfahrungsberichte im Bezug auf Zucker VS Speise VS Zwangskarbonisierung (mit Kegs).

Besten Dank
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dieck
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Re: Was kann der Zucker, was Speise nicht kann?

#2

Beitrag von dieck »

Eine Sache die mir auch erst spät bewusst wurde: Flaschengärung mit Zucker erhöht deinen Alkoholgehalt.
Vom Zucker bleibt im Bier nichts über, der wird von der Hefe vollständig verstoffwechselt (iirc zu 50% Alkohol + 50% CO²)
Online-Rechner wie https://braureka.de/berechnungen/karbonisierung/ können dir zeigen, wieviel mehr Alkohol du mit Zucker erzeugst.

Bei (korrekter berechneter) Speise sollte der Alkoholgehalt nicht steigen - du machst ja mit der entnommenen Stammwürze nichts anderes als das was mit dem Jungbier bei der Hauptgärung schon passiert ist, nur dass das CO² diesmal nicht über einen Gärspund entweicht, sondern unter Druck gebunden wird.

Und natürlich ändert auch die Zwangskarbonisierung mit CO² nichts am Alkoholgehalt.

Wenn ich das richtig verstanden habe, ist Nachgärung mit Zucker bei obergärigen Bieren (und außerhalb von Bayern) wohl nach dem Reinheitsgebot erlaubt.
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Re: Was kann der Zucker, was Speise nicht kann?

#3

Beitrag von §11 »

Bei (korrekter berechneter) Speise sollte der Alkoholgehalt nicht steigen - du machst ja mit der entnommenen Stammwürze nichts anderes als das was mit dem Jungbier bei der Hauptgärung schon passiert ist, nur dass das CO² diesmal nicht über einen Gärspund entweicht, sondern unter Druck gebunden wird.
Bei einer an die Stammwürze angepasste Zuckerlösung steigt der Alkoholgehalt auch nicht :Wink

Gruß

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Re: Was kann der Zucker, was Speise nicht kann?

#4

Beitrag von ggansde »

Und selbst bei nicht angepasster Zuckermenge liegt der Alkohol-Zuwachs innerhalb der Fehler unserer Schätzeisen.
Meine Rangfolge:
1. Zwangskarbonisierung (wenn das Equipment vorhanden ist)
2. Grünschlauchen (wenn Erfahrung und Equipment vorhanden ist)
3. Haushaltszucker (es sei denn, du gehörst zur Zucker ist böse Fraktion)
4. Speise ( wenn es nicht anders geht)
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Re: Was kann der Zucker, was Speise nicht kann?

#5

Beitrag von bwanapombe »

Haushaltszucker ist super einfach anzuwenden, deshalb bei Flaschengärung für mich das Mittel der Wahl.

Speise ist ein bißchen anspruchsvoller. Ich habe es am Anfang einfach immer vergessen, Speise abzuzweigen, und dann Zucker genommen und bin dabei geblieben. Das Problem der Anfälligkeit für Keime löst man indem die Speise kalt lagert (oder einfriert).

Wenn man den Alkoholanstieg bei der Zuckermethode vermeiden will, kann man auch den Zucker schon bei der Schüttung berücksichtigen und nimmt dann entsprechend weniger Malz. Oder zusammen mit dem Zucker auch eine entsprechende Menge Wasser vor dem Abfüllen hinzufügen. Mache ich selbst aber nicht.

Zucker macht allerdings nichts "rund" und ist tatsächlich nur für die Kohlensäure notwendig.

Den größten Teil meines Bieres zwangskarbonisiere ich. Das ist das allersimpeltste.

Dirk
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Re: Was kann der Zucker, was Speise nicht kann?

#6

Beitrag von §11 »

ggansde hat geschrieben: Montag 16. August 2021, 17:10
2. Grünschlauchen (wenn Erfahrung und Equipment vorhanden ist)
Wobei man hier eine deutliche Warnung aussprechen muss. Bitte nur mit Fass/ Tank und Spundapparat Grünschlauchen und NICHT wie in so manchem Buch oder online Anleitung in Flaschen mit Restextrakt abfüllen

Aber das hat Markus sicherlich mit Equipment gemeint.

Gruß

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Re: Was kann der Zucker, was Speise nicht kann?

#7

Beitrag von ggansde »

§11 hat geschrieben: Montag 16. August 2021, 17:48
ggansde hat geschrieben: Montag 16. August 2021, 17:10
2. Grünschlauchen (wenn Erfahrung und Equipment vorhanden ist)
Wobei man hier eine deutliche Warnung aussprechen muss. Bitte nur mit Fass/ Tank und Spundapparat Grünschlauchen und NICHT wie in so manchem Buch oder online Anleitung in Flaschen mit Restextrakt abfüllen

Aber das hat Markus sicherlich mit Equipment gemeint.

Gruß

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Re: Was kann der Zucker, was Speise nicht kann?

#8

Beitrag von tecorner »

Vielen Dank für eure Antworten. Immer wieder eine Freude, hier so schnell Hilfe und Tipps zu bekommen ❤

Grünschlauchen habe ich in der Tat total außenvor gelassen. Wenn ich das Hobbybrauer Wiki richtig verstanden habe, wird das eher nur bei untergärigen Bieren angewendet? Kann es sein, dass große Brauereien es auch gerne so machen? Eine kölner Brauerei erzählte mir, dass sie es auch so machen würden mit dem Restextrakt.

Markus: Deine Rangfolge ist gut und hilft mir etwas die Sache einzuordnen, danke!
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Re: Was kann der Zucker, was Speise nicht kann?

#9

Beitrag von §11 »

tecorner hat geschrieben: Montag 16. August 2021, 18:32 Vielen Dank für eure Antworten. Immer wieder eine Freude, hier so schnell Hilfe und Tipps zu bekommen ❤

Grünschlauchen habe ich in der Tat total außenvor gelassen. Wenn ich das Hobbybrauer Wiki richtig verstanden habe, wird das eher nur bei untergärigen Bieren angewendet? Kann es sein, dass große Brauereien es auch gerne so machen? Eine kölner Brauerei erzählte mir, dass sie es auch so machen würden mit dem Restextrakt.

Markus: Deine Rangfolge ist gut und hilft mir etwas die Sache einzuordnen, danke!
Richtig, Grünschlauchen mit Spundapparat ist Stand der Technik in der Brauerei

Gruß

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Re: Was kann der Zucker, was Speise nicht kann?

#10

Beitrag von Räuber Hopfenstopf »

Ob unter- oder obergärig dürfte dabei aber egal sein. Es ist eher ein Problem genauer Prozessführung. Also nicht ganz so einfach. Zumindest sollte man gut im Blick haben, was da passiert.
Viele Grüße
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Re: Was kann der Zucker, was Speise nicht kann?

#11

Beitrag von Alt-Phex »

Als Flaschengärer nimmt man am besten Zucker. Das ist viel einfacher zu handhaben.

Speise muss man einfrieren, das ist die einzig sichere Methode, Abgesehen von einem Autoklaven, aber wer hat sowas schon. Und nein, es reicht nicht die schön heiss in Flaschen zu füllen und in den Kühlschrabk zu stellen. Die Würze ist nun mal nicht steril und bringt ihre Termobakterien bereits mit.

Wieviel Speise man benötig, weiß man erst wenn die Gärung beendet ist. Man hat also meistens zuviel oder zuwenig davon. Ganz schön blöde Situation. Und bitte nicht auf die pauschalen Speisemengen von x% einlassen. Das kann funktionieren, muss es aber nicht.

Mir fallen neben den ganzen Nachteilen leider auch keinerlei Vorteile ein. In der Würze/Speise vergärt die Hefe ja auch nur den Zucker, daher ist es für das bißchen Kohlensäure auch egal ob man ihr den direkt gibt.

Wer aus religiösen Gründen (Reinheitsgebot) keinen Zucker zur Karbonisierung verwenden darf, der muss sich halt dem umständlichen Brimborium mit der Speise stellen. Solche Leute dürfen dann aber auch nicht zwangskarbonsieren, denn das ist auch verboten. Ausser man benutzt Gärungskohlensäure.
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Re: Was kann der Zucker, was Speise nicht kann?

#12

Beitrag von DrFludribusVonZiesel »

Alt-Phex hat geschrieben: Montag 16. August 2021, 22:15 Wieviel Speise man benötig, weiß man erst wenn die Gärung beendet ist. Man hat also meistens zuviel oder zuwenig davon. Ganz schön blöde Situation. Und bitte nicht auf die pauschalen Speisemengen von x% einlassen. Das kann funktionieren, muss es aber nicht.
Darüber hab ich vorher auch nachgedacht. Wenn ich bei fabier.de den Rechner benutze und mit Speise karbonisieren will, werden mir pauschal etwa 100ml/L vorgeschlagen. Mir fehlt da aber die Angabe zur STW.

Wenn ich einen Doppelbock gebraut habe und diesen mit Speise karbonisieren will, brauche ich bestimmt weniger als bei einem Sommerbier mit 9°P. Insofern ist das irgendwie russisch Roulette mit Flaschenbomben.

Ich hab selber noch nie Speise benutzt, hauptsächlich weil mein TK Fach mit Hopfen gefüllt ist und ich keinen Platz für 2-3L Flüssigkeit habe.
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Re: Was kann der Zucker, was Speise nicht kann?

#13

Beitrag von Alt-Phex »

DrFludribusVonZiesel hat geschrieben: Montag 16. August 2021, 22:27 Darüber hab ich vorher auch nachgedacht. Wenn ich bei fabier.de den Rechner benutze und mit Speise karbonisieren will, werden mir pauschal etwa 100ml/L vorgeschlagen. Mir fehlt da aber die Angabe zur STW.
Stammwürze der Speise sollte die gleiche sein wie der der Würze. Zumindest geht der Rechner davon aus. Und natürlich kommt in der Relation zum Restextrakt auch immer eine andere Spiesemenge dabei raus. Das ist einfach extrem Umständlich, für das bißchen Kohlensäure.
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Re: Was kann der Zucker, was Speise nicht kann?

#14

Beitrag von DrFludribusVonZiesel »

Mea Culpa, ich habe nicht beachtet, dass man die STW und den Restextrakt eingeben kann/muss beim Rechner von fabier.

Nicht genau genug geschaut.
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Re: Was kann der Zucker, was Speise nicht kann?

#15

Beitrag von tecorner »

Ich denke am Ende wird es wirklich auf den Zucker oder Zwangskarbonisierung hinauslaufen. Mit der Speise ist sicher mal etwas, was ich mal bei etwas Ruhe probieren werde.

Sobald Zucker drin ist, Reinheitsgebot hin oder her, muss es aber ja auch auf einem Etikett (Zutaten) vermerkt sein, sollte man es in Umlauf bringen. Oder sehe ich das falsch? Weil ich das glaube ich noch nie irgendwo gelesen habe auf einem Etikett.

Vielen Dank für eure Antworten, ihr seid wirklich klasse!
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Re: Was kann der Zucker, was Speise nicht kann?

#16

Beitrag von bwanapombe »

tecorner hat geschrieben: Dienstag 17. August 2021, 11:18 ...

Sobald Zucker drin ist, Reinheitsgebot hin oder her, muss es aber ja auch auf einem Etikett (Zutaten) vermerkt sein, sollte man es in Umlauf bringen. Oder sehe ich das falsch? Weil ich das glaube ich noch nie irgendwo gelesen habe auf einem Etikett.
...
Wie oben geschrieben werden Brauereien, die ihr Bier verkaufen, in der Regel Grünschlauchen. Deshalb steht dann da nichts von Zucker drauf.

Dirk
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Re: Was kann der Zucker, was Speise nicht kann?

#17

Beitrag von DrFludribusVonZiesel »

Bei der Inselbrauerei Rügen stehts drauf. Mit Verweis auf die Tradition der Methode.
Zutaten
Brauwasser, GERSTENMALZ, WEIZENMALZ, Traubenzucker, Naturhopfen, Hefe (Traubenzucker vollständig vergoren in Flaschenreifung, Traditionelle Methode)
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Re: Was kann der Zucker, was Speise nicht kann?

#18

Beitrag von coyote77 »

Wir Heimbrauer müssen ja zum Glück gar nichts auf Etiketten schreiben...
Grüße, Andreas :Drink

Zum Biere drängt, am Biere hängt doch alles.
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Re: Was kann der Zucker, was Speise nicht kann?

#19

Beitrag von C.M.Burns »

Ich sehe das eher pragmatisch.

Mein erstes Weißbier habe ich auch mit Zucker karbonisiert - trotz dem "Nagel im Kopf" von wegen Reinheitsgebot.

Mein nächstes Weißbier, dass ich am WE gebraut habe, werde ich mit Speise karbonisieren. Ganz einfach aus dem Grund weil ich mich so weit es geht ans Reinheitsgebot halten WILL. Ich habe 2 Liter der Würze in ein abgekochtes und mit gefühlt 3 Liter Isopropanol behandeltes Weckglas abgezapft und in die Kühlung gestellt.

Grundsätzlich sollte man sich auch immer ins Gedächtnis rufen, warum das Reinheitsgebot damals eingeführt wurde. Damals hatte man ganz andere Hygienische Möglichkeiten (...so gut wie gar keine...) und auch von der Verfügbarkeit der Rohstoffe wars nicht so weit her wie heute. Da hat man halt allzuoft alles was nicht Niet- und Nagelfest war mit in den Sud geworfen.

...Das das Zeug dann mal nicht so geschmeckt hat war da noch das kleinere Problem...Wenn Du nach dem Biergenuss dann halb- oder ganztot umgefallen bist war das dann schon eher problematisch...

Da wir heute natürlich von ganz anderen Gegebenheiten ausgehen können und müssen halten viele das Reinheitsgebot für überholt.
Nichts desto trotz gibt es natürlich auch viele Leute (so wie ich), die sich zumindest weitestgehend dran halten wollen...

Als Hobbyist kann ich tun und lassen was ich will - wenn jemand möglichst "sauber" brauen will, kann er das genau so tun, wie wenn er Früchte oder sonstiges Zeug mit vergärt. Solange es schmeckt - alles easy!

Aber, um auf den Threadtitel zurückzukommen: "Was kann Zucker, was Speise nicht kann?"
...einfacher sein... :Wink

Viele Grüße
Rainer
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Re: Was kann der Zucker, was Speise nicht kann?

#20

Beitrag von Ladeberger »

Da du von den hygienischen Umständen und vogelwilden Zutaten von "damals" schreibst, vermute ich, du beziehst dich auf Reinheitsgebot/Landesordnung von 1516. Nur: Wie verträgt sich damit dein Weizenbier? Seinerzeit war ja nur von Gerste, Hopfen und Wasser die Rede.

:Grübel

Gruß
Andy
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Re: Was kann der Zucker, was Speise nicht kann?

#21

Beitrag von ggansde »

:goodpost:
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Re: Was kann der Zucker, was Speise nicht kann?

#22

Beitrag von tecorner »

Rainer: Genau das ist auch der Aufhänger für mich gewesen. Einfach geht es ja, aber am Ende ist das Handwerk als solches das was mich an der ganzen Sache so reizt. Am Ende muss man sehen wie es für einen am besten funktioniert. Auf lange Sicht ist gleichbleibende Qualität und Geschmack die Königsdisziplin. Kein Bier schmeckt wie das andere, aber es sollte möglichst nah dran kommen.

Habe die Speise-Methode für den kommenden Sud eingeplant. Ich werde berichten! :)
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Re: Was kann der Zucker, was Speise nicht kann?

#23

Beitrag von bwanapombe »

C.M.Burns hat geschrieben: Dienstag 17. August 2021, 13:23 ...

Grundsätzlich sollte man sich auch immer ins Gedächtnis rufen, warum das Reinheitsgebot damals eingeführt wurde. Damals hatte man ganz andere Hygienische Möglichkeiten (...so gut wie gar keine...) und auch von der Verfügbarkeit der Rohstoffe wars nicht so weit her wie heute. Da hat man halt allzuoft alles was nicht Niet- und Nagelfest war mit in den Sud geworfen.

...Das das Zeug dann mal nicht so geschmeckt hat war da noch das kleinere Problem...Wenn Du nach dem Biergenuss dann halb- oder ganztot umgefallen bist war das dann schon eher problematisch...

...
Hallo Rainer,

das ist historisch nicht richtig. Die Bayrische Landesordnung von 1516, auf die Du Dich wahrscheinlich berufst, zielte nur indirekt auf Hygiene ab.

Und wo Regelungen nicht galten, sind die Leute nicht tot umgefallen, weil sie Bier aus Hafer oder Weizen getrunken hatten. Hygienische und geschmackliche Probleme können Reinheitsgebote nicht verhindern und auch außerhalb muß das Bier nicht problematisch sein, wenn man ein paar andere Regeln beherzigt.

Mit Hygiene hatte die BLO 1516 allenfalls was am Hut, insofern der Bierpreis geregelt und Weizen als Zutat ausgeschlossen war, damit möglichst viele Menschen Zugang zu Bier bekommen. Wie zielführend solche Regelungen sind, darüber kann man streiten.

Unstrittig dürfte sein, dass die Landstriche und Zeiträume, in den die BLO 1516 nicht galt, nicht von größerer Sterblichkeit wegen des Bierkonsums geplagt waren. Man könnte sogar sagen, Bier wurde überhaupt nicht Gesundheitsproblem wahrgenommen, sondern als eine Lösung. Deshalb beschäftigen sich in alten Zeugnissen vorwiegend Mediziner (Placotomus, Hagecius, Caius) mit dem Thema Bier als Beitrag zur Gesundheit, unabhängig ob sie unter BLO 1516 standen oder nicht. Ich bezweifle, dass sie die BLO überhaupt kannten.

Dirk
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Re: Was kann der Zucker, was Speise nicht kann?

#24

Beitrag von §11 »

Mit Hygiene hatte die BLO 1516 allenfalls was am Hut, insofern der Bierpreis geregelt und Weizen als Zutat ausgeschlossen war, damit möglichst viele Menschen Zugang zu Bier bekommen. Wie zielführend solche Regelungen sind, darüber kann man streiten.

Unstrittig dürfte sein, dass die Landstriche und Zeiträume, in den die BLO 1516 nicht galt, nicht von größerer Sterblichkeit wegen des Bierkonsums geplagt waren. Man könnte sogar sagen, Bier wurde überhaupt nicht Gesundheitsproblem wahrgenommen, sondern als eine Lösung.
Ich gehe sogar, auf ein paar Studien gestützt, eine Schritt weiter. Die BLO von 1516 ist vor allem eins, ein machtpolitisches Gesetzespaket. Meiner Meinung nach ist es kein Zufall das, das was wir heute als RHG verstehen Teil einer sehr umfangreichen Polizeiordnung war.

Es ging meiner Meinung nach schon in erster Linie darum die Qualität zu verbessern, aber nicht aus Menschenfreundlichkeit, sondern aus politischen Gründen. Die Qualität des bayrischen Bieres war verrufen und es wurde sehr viel Bier nach Bayern eingeführt. Die BLO von 1516, deren Neuerung ja nicht der Inhalt war, sondern das es erstmals eine Ordnung gültig für ganz Bayern gab (es gibt ja wesentlich ältere Brauordnungen in Bayern, die aber eben nicht flächendeckend galten), zielt darauf ab diesem Import Herr zu werden. Im selben Zeitraum sehen wir ja auch Einfuhrverbote bzw. hohe Abgaben auf die Einfuhr von Bier.

Auch hier könnte das Verbot von Weizenbier eine Rolle spielen, da viele bekannte Biere dieser Zeit Weizenbiere waren (Hamburg, Broyhan, Böhmen,…). Da passt dann auch das Weizenbierregal des bayrischen Adel ins Bild, mit dem, ganz nebenbei, auch das Sommerbrauverbot ausgehebelt wurde.

Gruß

Jan
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Re: Was kann der Zucker, was Speise nicht kann?

#25

Beitrag von C.M.Burns »

Hi Dirk,

ja, das hast Du natürlich recht - meine Darstellung war nur sehr, sehr einfach. Wenn man so liest was damals alles für "Wunderkräuter" in den Sud kamen, hatte das ja teilweise mehr mit Giftmischen als mit Brauen zu tun ;)

Nachtrag:
Das das, wie Jan geschrieben hat, auch als Politisches Instrument genutzt hat/wurde, war sicherlich auch ein nicht ganz unerwünschter Nebeneffekt, vorsichtig ausgedrückt... :Wink

VIele Grüße
Rainer
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Re: Was kann der Zucker, was Speise nicht kann?

#26

Beitrag von Sura »

DIE BLO 1516 ist doch eh neumodischer Kram den die Bayern woanders abgeschrieben haben. :P

Brauordnungen gabs woanders schon seit dem 12ten Jahrhundert, und auch was verwendet werden durfte wurde teilweise aufgezählt. Die Verordnung von Lübeck muss ich mal raussuchen, die ging meines Wissens nach noch weiter und gabs auch früher.

Und welchen Bezug hat das zur heutigen Biersteuerverordnung? Keinen. Das ausserhalb von Bayern die BLO 1516 1:1 irgendwann mal längere Zeit Gültigkeit hatte ist lediglich ein Werbegag. :Greets


edit:
Ach sch..... nun hab ich in einem Reinheitsgebotkaperthred gepostet.... :Ahh
"Es ist schon alles gesagt, nur noch nicht von jedem."
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Re: Was kann der Zucker, was Speise nicht kann?

#27

Beitrag von §11 »

Sura hat geschrieben: Dienstag 17. August 2021, 16:19 DIE BLO 1516 ist doch eh neumodischer Kram den die Bayern woanders abgeschrieben haben. :P
Das ist ein wichtiger Punkt, den aber die wenigsten verstehen. Das bahnbrechende der BLO von 1516, und zwar nicht beschränkt auf den verschwindend kleinen Teil der sich mit Bier beschäftigt, ist das es eine landesweite Ordnung ist. Sie gibt in gewisser Weise Rechtssicherheit in ganz Bayern und eben nicht unterschiedliche Regelungen in jeder einzelnen Stadt. Das war das wirklich bahnbrechende, nicht das was über Bier drin steht.

Gruß

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Re: Was kann der Zucker, was Speise nicht kann?

#28

Beitrag von bwanapombe »

Sura hat geschrieben: Dienstag 17. August 2021, 16:19 ...
Brauordnungen gabs woanders schon seit dem 12ten Jahrhundert, und auch was verwendet werden durfte wurde teilweise aufgezählt. Die Verordnung von Lübeck muss ich mal raussuchen, die ging meines Wissens nach noch weiter und gabs auch früher.

...
Ach sch..... nun hab ich in einem Reinheitsgebotkaperthred gepostet.... :Ahh
Meinst Du die Lübecker Zunftrollen? Die wurden mal in einem anderen Thread behandelt.

https://hobbybrauer.de/forum/viewtopic. ... 72#p427572

Dirk
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Re: Was kann der Zucker, was Speise nicht kann?

#29

Beitrag von Boludo »

Bevor das hier wieder eine RHG Diskussion wird und um nochmal auf die Frage einzugehen, die hier gestellt wurde:
Was kann der Zucker, was Speise nicht kann?
Zucker kann nicht vergammeln.


Stefan
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Re: Was kann der Zucker, was Speise nicht kann?

#30

Beitrag von olibaer »

Boludo hat geschrieben: Dienstag 17. August 2021, 17:47 Zucker kann nicht vergammeln.
Stefan
Was Zucker aber super kann, das ist Wasser aufnehmen(stark hygroskopisch).

Die ganzen Berechnungen gehen ja davon aus, dass die eingewogene/berechnete Zuckermenge genau 0% Wassergehalt hat.
Klar, so schon völliger Irrsinn. Dass die Packungsanbrüche oft wochenlang im Küchenschrank rumstehen und währenddessen fleissig "Wasser ziehen", das kommt zusätzlich on top.

... da kann ich mich doch auch mal um 2%-Speisezugabe vertun, ohne dass gleich die ganze Karbonisierungswelt darüber zusammenbricht, oder? ;-)
Gruss
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Re: Was kann der Zucker, was Speise nicht kann?

#31

Beitrag von schwarzwaldbrauer »

Das ist der Punkt für einen neuen thread:
"Zucker vor der Zugabe in den Backofen"

Grüßle Dieter
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Re: Was kann der Zucker, was Speise nicht kann?

#32

Beitrag von integrator »

olibaer hat geschrieben: Dienstag 17. August 2021, 21:25
Boludo hat geschrieben: Dienstag 17. August 2021, 17:47 Zucker kann nicht vergammeln.
Stefan
Was Zucker aber super kann, das ist Wasser aufnehmen(stark hygroskopisch).

Die ganzen Berechnungen gehen ja davon aus, dass die eingewogene/berechnete Zuckermenge genau 0% Wassergehalt hat.
Klar, so schon völliger Irrsinn. Dass die Packungsanbrüche oft wochenlang im Küchenschrank rumstehen und währenddessen fleissig "Wasser ziehen", das kommt zusätzlich on top.

... da kann ich mich doch auch mal um 2%-Speisezugabe vertun, ohne dass gleich die ganze Karbonisierungswelt darüber zusammenbricht, oder? ;-)
Nichts gegen deine These aber ich habe meinen Zucker nicht im Kühlschrank :Wink
:Bigsmile Selbstgespräche sind nicht schlimm solange du nichts Neues erfährst. :Bigsmile
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Re: Was kann der Zucker, was Speise nicht kann?

#33

Beitrag von afri »

Speise ist in meinen Augen die einfachste Variante mit den genannten Nachteilen (kann gammeln), aber wenn man/frau immer das gleiche braut oder brauen will, ist die %-Angabe ein verlässliches Ding, ohne den Alk-Gehalt zu erhöhen. Ich friere die Speise sogleich nach der Entnahme in PET-Flaschen ein, für mich ein recht gangbares Verfahren. Allerdings kann ich damit leben, die Carbo damit nicht aufs Zehntelprozent genau steuern zu können.

Ich bin Fan der Speise, aber habe auch bereits Zucker für die Carbo genommen, nämlich bei einem kürzlich verarbeiteten Kitbier, da ist so oder so schon mehr Rübenzucker als alles andere drin, auf die 0,5%Vol kommt's da auch nicht mehr an. Dieses ist übrigens gar nicht mal so schlecht geworden, aber das gehört hier nicht her.
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Re: Was kann der Zucker, was Speise nicht kann?

#34

Beitrag von Boludo »

olibaer hat geschrieben: Dienstag 17. August 2021, 21:25
... da kann ich mich doch auch mal um 2%-Speisezugabe vertun, ohne dass gleich die ganze Karbonisierungswelt darüber zusammenbricht, oder? ;-)
Meine Karbonisierungswelt ist relativ entspannt. Ich habe mich mittlerweile nämlich von der Illusion verabschiedet, dass ich das egal mit welcher Aufspeisung besonders exakt hinbekomme.
Und zwar schon alleine deswegen, weil man nie wirklich genau weiß, wieviel CO2 beim Aufspeisen wirklich noch gebunden ist.
Direkt nach Gärende ist das durch leichte Übersättigung auch bei identischer Temperatur sicher mehr als eine Woche danach wenn durch Diffusion bereits ein Gasaustausch stattgefunden hat. Falls ich mich da irre, darf man mich gerne korrigieren.
Richtig exakt wird es wohl nur mit einem Spundventil.
Ich finde Zucker einfach praktischer, und wenn jemand wie Achim Speise einfacher findet, ist das für ihn doch auch eine schöne Lösung.

Stefan
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Re: Was kann der Zucker, was Speise nicht kann?

#35

Beitrag von olibaer »

Boludo hat geschrieben: Dienstag 17. August 2021, 22:49 Ich finde Zucker einfach praktischer...
Das trifft zumindest für "Flaschengärer" zu. Im Fass nachvergoren kommt er eher lästig und unnötig daher.
Gruss
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Re: Was kann der Zucker, was Speise nicht kann?

#36

Beitrag von Alt-Phex »

Die ganze Diskussion führt doch zu nichts. Haben wir die nicht gefühlt auch schon 100x durch?

Der RHG-Jünger schwört auf seine Speise, der Brau-Atheist nimmt Zucker. Unterm Strich vergärt die Hefe nichts anderes als Zucker. Egal ob in Reinform oder Speise gegeben. Am Ende ist doch nur wichtig, dass die Karbonisierung stimmt und keinem die Flaschen um die Ohren fliegen.

Wer glaubt das seit 500 Jahren nur mit Wasser, Malz, Hopfen und Hefe gebraut wurde, dem vermittelt man auch nicht mehr das Zucker kein Problem darstellt. Eher überzeuge ich einen Zeugen Jehovas vom Darwinismus, als das jemand von seinem Stammtisch-Reinheitsgebot ablässt.

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Re: Was kann der Zucker, was Speise nicht kann?

#37

Beitrag von Colindo »

Ich finde es ja viel sinnvoller, nach dem Free Mash-Tun Act von 1880 zu brauen. Der erlaubt alles im Bier, was nicht gesundheitsgefährdend ist. Ist die aktuell gültige britische Gesetzgebung.
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Re: Was kann der Zucker, was Speise nicht kann?

#38

Beitrag von DrFludribusVonZiesel »

schwarzwaldbrauer hat geschrieben: Dienstag 17. August 2021, 21:43 Das ist der Punkt für einen neuen thread:
"Zucker vor der Zugabe in den Backofen"

Grüßle Dieter
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Re: Was kann der Zucker, was Speise nicht kann?

#39

Beitrag von C.M.Burns »

DrFludribusVonZiesel hat geschrieben: Mittwoch 18. August 2021, 12:45
Tipp vom Profi: Zucker direkt in die Flaschen vorlegen und gemeinsam ab in den Backofen. Trockener Zucker und desinfizierte Flaschen. :thumbup

:puzz
...reicht es da, wenn mein Backofen 250° kann? Oder soll ich ihn besser auf Pyrolyse stellen?? :redhead :Bigsmile
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Re: Was kann der Zucker, was Speise nicht kann?

#40

Beitrag von Stubbi_33 »

Um da auch noch etwas zu sagen, wenn man Haushaltszucker verwendet, dann wird dieser NICHT komplett verstoffwechselt und es bleibt eine Restsüüse übrig.
Umgehen kann man das mit Traubenzucker, der komplett von der Hefe umgewandelt wird.
Wusste ich bis dato auch nicht, aber habe bei der aktell in der Reifung befindlichen Abfüllung Traubenzucker verwendet.
Gruß
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Re: Was kann der Zucker, was Speise nicht kann?

#41

Beitrag von Boludo »

Stubbi_33 hat geschrieben: Mittwoch 18. August 2021, 13:16 Um da auch noch etwas zu sagen, wenn man Haushaltszucker verwendet, dann wird dieser NICHT komplett verstoffwechselt und es bleibt eine Restsüüse übrig.
Umgehen kann man das mit Traubenzucker, der komplett von der Hefe umgewandelt wird.
Wusste ich bis dato auch nicht, aber habe bei der aktell in der Reifung befindlichen Abfüllung Traubenzucker verwendet.
Gruß
Mario
Das entspricht nicht der Realität.
Was genau bleibt denn deiner Meinung nach übrig?
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Re: Was kann der Zucker, was Speise nicht kann?

#42

Beitrag von C.M.Burns »

Stubbi_33 hat geschrieben: Mittwoch 18. August 2021, 13:16 Um da auch noch etwas zu sagen, wenn man Haushaltszucker verwendet, dann wird dieser NICHT komplett verstoffwechselt und es bleibt eine Restsüüse übrig.
Echt??
Also, mein Weißbier letztens hatte ich mit normalem Haushaltszucker gespeist, und da war keine, oder zumindest keine schmeckbare, Restsüße drin...

Viele Grüße
Rainer
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Re: Was kann der Zucker, was Speise nicht kann?

#43

Beitrag von Boludo »

C.M.Burns hat geschrieben: Mittwoch 18. August 2021, 13:26
Stubbi_33 hat geschrieben: Mittwoch 18. August 2021, 13:16 Um da auch noch etwas zu sagen, wenn man Haushaltszucker verwendet, dann wird dieser NICHT komplett verstoffwechselt und es bleibt eine Restsüüse übrig.
Echt??
Also, mein Weißbier letztens hatte ich mit normalem Haushaltszucker gespeist, und da war keine, oder zumindest keine schmeckbare, Restsüße drin...

Viele Grüße
Rainer
Haushaltszucker bzw Saccharose ist ein Disaccharid aus Glucose und Fructose. Die Hefe spaltet die Saccharose in die beiden Einfachzucker auf, welche von jeder normalen Hefe vollständig vergoren werden können.
Es macht biologisch keinen Sinn und entspricht auch keinerlei Erfahrungswerten, dass da eine Restsüße zurück bleiben soll.
Ich nehm trotzdem Glucose, weil ich es der Hefe so einfach wie möglich machen will. Keine Ahnung ob das sinnvoll ist, es ist eigentlich nicht nötig.

Stefan
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Re: Was kann der Zucker, was Speise nicht kann?

#44

Beitrag von Alt-Phex »

Stubbi_33 hat geschrieben: Mittwoch 18. August 2021, 13:16 Um da auch noch etwas zu sagen, wenn man Haushaltszucker verwendet, dann wird dieser NICHT komplett verstoffwechselt und es bleibt eine Restsüüse übrig.
Sorry, aber das ist Quatsch. Wo hast das denn her?

Haushaltszucker wird vollständig vergoren. Da bleibt keine Restsüße übrig.
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Re: Was kann der Zucker, was Speise nicht kann?

#45

Beitrag von Stubbi_33 »

HAt mir der hier ansässige Braumeister gesagt, als ich die Hefe abgeholt habe und er mich fragte wie ich "karbonisiere".

Und daraufhin meinte er, dass Traubenzucker im Gegensatz zu Haushaltsazucker komplett vergoren wird.

Gruß
Mario
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Re: Was kann der Zucker, was Speise nicht kann?

#46

Beitrag von olibaer »

Hallo zusammen,

eine Anmerkung zur Vergärbarkeit von Glucose und Saccharose:

Glucose(Traubenzucker) wird industriell, vozugsweise enzymatisch, aus Stärke hergestellt. Saccharose(Haushaltszucker) hingegen wird aus Pflanzen gewonnen, die Saccharose bereits fertig synthetisiert und in hoher Kontzentration enthalten(Zuckerrübe, Zuckerrohr, ...).

Wie jeder andere Herstellprozess ist auch die Herstellung von Glucose mit Ausbeuten verbunden. So liegt die Umsetzungsrate Stärke -> Glucose längst nicht bei 100%. Bis in die frühen 80er lag die Umsetzungsrate gar nur bei 90%(heute wohl etwas besser). Für den "Kauf-Traubenzucker" der damaligen Zeit bedeutet das für die Reinheit des Produktes: 90% Glucose / 10% Stärke[1].

Saccharose[2] schneidet hier besser ab, da sie nicht hergestellt, sondern nur gewonnen wird. Verluste äussern sich hier nicht in der Reinheit des Produktes, sondern eher in einem Rohstoffverlust der Geld kostet - ganz ähnlich schlechter Ausbeuten im Sudhaus, wenn der Extrakt im Treber landet und nicht in der Würze.

Versuche zur Vergärbarkeit von Glucose und Saccharose mit Kulturhefen haben gezeigt, dass die "Kauf-Saccharose" gegenüber der "Kauf-Glucose" unerwartet besser vergärt(-> erzeugt mehr CO2, mehr Alkohol). Erklärt wird dieser Umstand mit der Aussage, dass die "Kauf-Glucose" nicht zu 100% aus Glucose besteht, sondern immer noch einen Anteil Stärke enthält, den die Hefe nicht vergären kann.
Verfügbare Quellen zu diesem Thema sind schwer zu finden, eine habe ich dennoch aufgetan[3]. Beiläufig findet sich dort erwähnt, dass man von Trauberzucker-Produkten hinsichtlich der Vergärbarkeit besser die Finger lassen sollte.


Nachtrag:
Dass Traubenzucker(Glucose) im Handel ohenhin nur in einer Mono-Hydratform (~9% Wasser je Glucosemolekül) erhältlich ist, wird durch die bekannten Speiserechner bereits berücksichtigt. Eine berechnete Menge Haushaltszucker(Saccharose) g/l x 1.085 ergibt das Äquivalent für die Einsatzmenge g/l Traubenzucker(Glucose)

Quellen:
[1] https://de.wikipedia.org/wiki/Glucose#I ... _Erzeugung
[2] https://de.wikipedia.org/wiki/Saccharose
[3] https://docplayer.org/33375059-Vergaerb ... chnis.html
Gruss
Oli
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Re: Was kann der Zucker, was Speise nicht kann?

#47

Beitrag von Alt-Phex »

Stubbi_33 hat geschrieben: Mittwoch 18. August 2021, 17:07 HAt mir der hier ansässige Braumeister gesagt, als ich die Hefe abgeholt habe und er mich fragte wie ich "karbonisiere".
Dann hat er dir wohl Quatsch erzählt. Gutes Beispiel dafür, dass man dem Braumeister ums Eck nicht alles glauben sollte. :Greets

Vieleicht hat er das aber auch einfach mit braunem Rohrzucker verwechselt. Der hinterlässt durchaus eine süßliche, karamellige Note.

Natürlich kannst du auch mit Traubenzucker karbonisieren. Ich habe da aber keine guten Erfahrungen mit gemacht. Die Biere hatten alle eine sprittige, alkoholische (Jan beschreibt das als "weinige") Note. Seitdem ich wieder mit Haushaltszucker karbonsisiere, ist dieser Fehlgeschmack nie wieder aufgetreten.

In dem Zusammenhang natürlich mal wieder sehr interessant, was Oli dazu geschrieben hat. :thumbup
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Re: Was kann der Zucker, was Speise nicht kann?

#48

Beitrag von Stubbi_33 »

An Beide..
vielen Dank..sehr hilf- und lehrreich. :thumbsup :thumbsup :goodpost:

Jetzt hoffe ich mal, das ich mr mein "Pils" nicht versaut habe - werde das aber im jetzigen gerade vergärenden Sud testen und halbe/halbe Karbonisieren. Nachdem ich den Sud schon geteilt habe um OG und UG Geschmacksvariatnen zu erkennen - kann ich den Weg der verschiedenen Vergärung auch gehen.
Wenn ich Olis Beitrag richtig verstehe, wenn ich mit 6g/l Haushaltszucker karbonisiere müssten das entsprechend 6,51g Trauebnzucker sein.
Und was die Aussagen des Braumeisters angehen..das werde ich bei der Abgabe einer "probeflascshe" zur Analyse nochmals hinterfragen.

Gruß
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Re: Was kann der Zucker, was Speise nicht kann?

#49

Beitrag von DrFludribusVonZiesel »

Laut fabier brauche ich für eine Wunschkarbonisierung von 4,72g CO2 bei 20°C 6g Haushaltszucker, aber 6,96g Traubenzucker. Dies entspricht einem Faktor von 1,16.

mashcamp verwendet ebenso diesen Wert zur Umrechnung auf Traubenzucker. Bei MMuM ist der Wert aber 1,092. :Grübel :puzz
C.M.Burns hat geschrieben: Mittwoch 18. August 2021, 13:09 ...reicht es da, wenn mein Backofen 250° kann? Oder soll ich ihn besser auf Pyrolyse stellen?? :redhead :Bigsmile
Am besten 160°C für eine Stunde, dann hat man eine schöne Karamellschicht am Flaschenboden.
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Re: Was kann der Zucker, was Speise nicht kann?

#50

Beitrag von ggansde »

Moin,
wird dann so eine Art Steinbier, nur ohne die gefährlichen glühenden Steine. :Wink
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