Vom besten Bier zum fehlerbehafteten innerhalb von einer Woche

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Prototyp_Brauer
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Vom besten Bier zum fehlerbehafteten innerhalb von einer Woche

#1

Beitrag von Prototyp_Brauer »

Im Mai diesen Jahres hatte ich ein American Amber Ale gebraut, an dessen Rezept ich nun schon lange herumtüftle und herumexperimentiere.
Vergoren und gespundet wurde im Fermentasaurus, dann wurde ins CO2 gefüllte Keg umgedrückt und bei 2° gelagert. Anfang Juli wurde per Beergun in Flaschen abgefüllt. Dabei habe ich jeweils die Flaschen überschäumen lassen und sofort mit Kronkorken verschlossen. Die Flaschen wurden dann wieder bei 2° im Kühlschrank gelagert. Hin und wieder wurde natürlich probiert. Es schmeckte vielversprechend aber noch nicht gut.

Am 22.8. dann "Heureka": Das Bier schmeckt perfekt, genau so wie ich es mir vorgestellt hatte und nach vielen Versuchen kaum für möglich hielt (Bin sehr kritisch mit meinen eigenen Bieren). Es war super ausgewogen und vollmundig, dazu tolle tropische Hopfennoten. Genau richtige, nicht nachhängende Bittere. Meiner Meinung nach war kein Fehler auszumachen.

Gestern am 29.8. wieder eine Flasche probiert und die große Enttäuschung erlebt: Es war trinkbar aber weit weg von dem tollen Eindruck von der Vorwoche. In der Nase noch ganz gut (fruchtig, tropisch, wenn auch irgendwie weniger ausgewogen), im Geschmack deutlich weniger vollmundig, es zeigte sich eine breitere Bittere und ein leicht pelziges Mundgefühl. Meine Freundin, welche eine feinere Nase als ich besitzt, meinte auch "Katzenpisse" wahrzunehmen. Sicherheitshalber haben wir zwei weitere Flaschen geöffnet, welche aber keinen Deut besser waren.


Wie konnte sich das Bier in einer Woche und bei 2°gelagert derart verändern? Oder muss ich doch davon ausgehen, dass nicht alle Flaschen gleich schmecken (trotz Abfüllung aus dem Keg)?

Ich werde mich natürlich auch noch auf Fehlersuche im Rezept/Process begeben (Tannine, Oxidation, Hopfen...) und dieses auch gerne posten, aber vorerst geht es mir nicht um die Fehler an sich sondern um diese deutliche Veränderung vom Guten zum Schlechten in kürzester Zeit.

Vielen Dank für eure Hilfe
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dadr
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Re: Vom besten Bier zum fehlerbehafteten innerhalb von einer Woche

#2

Beitrag von dadr »

Manchmal ist die Wahrnehmung auch von der "Tagesform" abhängig.
Hab ich auch immer wieder.
Probiere es doch in ein paar Tagen nochmal.
Wenn du allerdings schon an catpiss denkst, wird es schwierig das nicht mehr rauszuschmecken.
OS-Schlingel
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Re: Vom besten Bier zum fehlerbehafteten innerhalb von einer Woche

#3

Beitrag von OS-Schlingel »

....im Falle einer Infektion könntest Du den Restextrakt nochmals kontrollieren.
Wenn da etwas nachgärt, könntest Du es feststellen.
Je nach Hopfenmenge, könnte man den SO4 Anteil erhöhen oder ein Antioxidationsmittel zugeben.
Ca. 3-5 mg/l Vitamin C.
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Tozzi
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Re: Vom besten Bier zum fehlerbehafteten innerhalb von einer Woche

#4

Beitrag von Tozzi »

Für mich klingt das eindeutig nach Oxidation, auch wenn die von Dir beschriebene Verfahrensweise darauf hindeutet, dass Du Dir da durchaus Gedanken gemacht hast und es versucht hast, zu vermeiden.
Wie genau hast du das Keg mit CO2 "gefüllt"? Mit Wasser befüllt und leergedrückt oder "gespült"?
Hat sich die Farbe des Bieres verändert? Dunkler geworden?
Viele Grüße aus Fasano
Stephan
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Commander8x
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Re: Vom besten Bier zum fehlerbehafteten innerhalb von einer Woche

#5

Beitrag von Commander8x »

Die "Tagesform" ist ein wichtiger Hinweis. Das geht mir auch oft so.

Und solange das Bier nicht filtriert ist, kann es durchaus sein, dass die Mikroorganismen darin unterschiedlich arbeiten. Oxidation kann darüber hinaus auch unterschiedlich stark sein.

Gruß Matthias
-----------------------------------------
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Re: Vom besten Bier zum fehlerbehafteten innerhalb von einer Woche

#6

Beitrag von Prototyp_Brauer »

dadr hat geschrieben: Montag 30. August 2021, 22:46 Manchmal ist die Wahrnehmung auch von der "Tagesform" abhängig.
Hab ich auch immer wieder.
Probiere es doch in ein paar Tagen nochmal.
Wenn du allerdings schon an catpiss denkst, wird es schwierig das nicht mehr rauszuschmecken.
Da meine Freundin einen ähnlichen Eindruck hatte halte ich die Tagesform für unwahrscheinlich. Die "Katzenpisse" war eine Assoziation meiner Freundin, ich selbst habe noch nie "Katzenpisse" in einem Bier gerochen. Ich rieche eher mal "Cassis", was ja in eine ähnliche Kategorie gehören soll. Beim jetzigen bin ich aber nicht sicher, ob ich einen Hauch Cassis rieche. Könnten auch die tropischen Hopfen sein (Amarillo, Huell Melon, Mosaic).

Weiter probieren werde ich auf jeden Fall ;-)
Prototyp_Brauer
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Re: Vom besten Bier zum fehlerbehafteten innerhalb von einer Woche

#7

Beitrag von Prototyp_Brauer »

OS-Schlingel hat geschrieben: Montag 30. August 2021, 23:19 ....im Falle einer Infektion könntest Du den Restextrakt nochmals kontrollieren.
Wenn da etwas nachgärt, könntest Du es feststellen.
Je nach Hopfenmenge, könnte man den SO4 Anteil erhöhen oder ein Antioxidationsmittel zugeben.
Ca. 3-5 mg/l Vitamin C.
Gute Idee mit dem Restextrakt, soeben gemessen: Unverändert.
Könnte den ein Antioxidationsmittel eine bereits stattgefundene Oxidation rückgängig machen? Das würde mich überraschen.
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Re: Vom besten Bier zum fehlerbehafteten innerhalb von einer Woche

#8

Beitrag von Prototyp_Brauer »

Tozzi hat geschrieben: Dienstag 31. August 2021, 01:18 Für mich klingt das eindeutig nach Oxidation, auch wenn die von Dir beschriebene Verfahrensweise darauf hindeutet, dass Du Dir da durchaus Gedanken gemacht hast und es versucht hast, zu vermeiden.
Wie genau hast du das Keg mit CO2 "gefüllt"? Mit Wasser befüllt und leergedrückt oder "gespült"?
Hat sich die Farbe des Bieres verändert? Dunkler geworden?
Keg war mit Wasser gefüllt und mit CO2 leergedrückt. Dunkler ist es meines Erachtens nicht geworden.
Ich würde selber die Oxidation verdächtigen, wenn ich nicht wüsste, dass ich vieles mache um diese zu verhindern.

- Ich braue im BM20+ mit LOB, bereits im Heissbereich sollte also wenig Sauerstoff eingetragen werden.
- Vergoren wurde im Fermentasaurus. 24h nach Hefegabe wurde dieser 1x kurz geöffnet um eine kleine Menge Stopfhopfen (0.5g/L Cryo Mosaic) beizugeben, ab dann war es bis zur Flaschenabfüllung ein geschlossenes System.
- Karbonisiert im Saurus durch Spunden am Ende der HG.
- Flaschen bei der Abfüllung überschäumen lassen und Kronkorken auf den Schaum setzen.
OS-Schlingel
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Re: Vom besten Bier zum fehlerbehafteten innerhalb von einer Woche

#9

Beitrag von OS-Schlingel »

....das Vitamin C ist bei hohem Hopfeneinsatz eine Option, die Aromastabilität zu verlängern.
Wenn Du beim Maischen und besonders im Heißbereich "plätscherst", gibst Du der Oxidation die Basis.
Natürlich behaupte ich das nicht von Dir, ich habe meine Arbeitsweise in dieser Richtung überarbeitet.
Bei besonders hellen Bieren, kannst du in Deinem Gärbehälter auch CO2 vorlegen oder gleich nach dem Hopfenkochen auf Anstelltemperatur runterkühlen. Im Kaltbereich trägt sich O2 in die Würze ein, führt aber nicht zur Oxidation, wie im Heißbereich.

Ich denke, an dieser Stelle solltest du Dein Vorgehen prüfen.

Ich habe keine Glaskugel, in der ich Dein Vorgehen sehe. Es ist nur ein Vorschlag aus der Ferne.

Gruß Stephen
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Prototyp_Brauer
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Re: Vom besten Bier zum fehlerbehafteten innerhalb von einer Woche

#10

Beitrag von Prototyp_Brauer »

OS-Schlingel hat geschrieben: Dienstag 31. August 2021, 19:05 ....das Vitamin C ist bei hohem Hopfeneinsatz eine Option, die Aromastabilität zu verlängern.
Wenn Du beim Maischen und besonders im Heißbereich "plätscherst", gibst Du der Oxidation die Basis.
Natürlich behaupte ich das nicht von Dir, ich habe meine Arbeitsweise in dieser Richtung überarbeitet.
Bei besonders hellen Bieren, kannst du in Deinem Gärbehälter auch CO2 vorlegen oder gleich nach dem Hopfenkochen auf Anstelltemperatur runterkühlen. Im Kaltbereich trägt sich O2 in die Würze ein, führt aber nicht zur Oxidation, wie im Heißbereich.

Ich denke, an dieser Stelle solltest du Dein Vorgehen prüfen.

Ich habe keine Glaskugel, in der ich Dein Vorgehen sehe. Es ist nur ein Vorschlag aus der Ferne.

Gruß Stephen
Vielen Dank aber ich sehe hier eigentlich kein Problem. Wie gesagt braue ich mit LOB-Set von Speidel, während des Maischens ist also immer der Schwimmdeckel drauf und es plätschert auch nichts. Nach dem Kochen kühle ich per Doppelmantel auf 80°, dann kommt der WP-Hopfen rein und anschliessend wieder der Schwimmdeckel drauf, bis die Anstelltemperatur erreicht ist.

Belüften tue ich (nur bei Flüssighefe) nach dem Anstellen mittels Aquarienpumpe und Belüftungsstein für 30min.
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Hans A.
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Re: Vom besten Bier zum fehlerbehafteten innerhalb von einer Woche

#11

Beitrag von Hans A. »

Nur am Rande: Bei einer Aquarienpumpe reichen 5 Minuten Belüftung (Quelle: Wyeast). (Denke aber nicht, dass das die Ursache ist, da man mit normaler Umgebungsluft eigentlich nicht überbelüften kann.)

"Catpiss" kann auch Lichtgeschmack sein. Meine aber, dass sich das sofort ausbildet. Wo stand denn der Fermenter?
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