Weizen - Schwefel - Was tun?

Antworten
Benutzeravatar
LedePilsener
Neuling
Neuling
Beiträge: 9
Registriert: Sonntag 5. Juli 2020, 18:35
Kontaktdaten:

Weizen - Schwefel - Was tun?

#1

Beitrag von LedePilsener »

Hallo zusammen,

TL;DR
Nach 7 Pilsener Suden sind wir nun auf Weizen umgestiegen, aber auch nach 21 Tagen Flaschenreifung riecht es sehr schwefelig. Was kann ich tun um z.B. die Flaschen zu Entlüften?

Rezept Weizen hell (20Liter): 1.7 kg Pilsener Malz, 2.5 kg, Einmaischen 35°C
Keine Eiweisrast
1. Rast 64°C 35min
2. Rast 72°C 20min
3. Endverzuckerung 78°C 20 min.
4. Obergärige Hefe Zymofern GERMAN WHEAT brav untergerührt bei Sud Temp. 20°C
Nach 4 Tagen war die Gärung bei 20°C Raumtemperatur durch. Bei Abfüllung wurden noch 2L Speise hinzugefügt, die dieselbe Temperatur hatten.

RIESENFEHLER Meinerseits: Ich hatte dummerweise einen der zwei Kisten abgefülltes Bier nach einer Woche in den Kühlschrank gestellt ("Macht der Gewohnheit aus der Pilsener Zeit"). Das Bier ist aktuell ungeniessbar. Aber auch das bei 20°C Raumtemperatur gereifte ist nach 20 Tagen noch schwefelig.
Während ich bei der Raumtemperatur gereiften Bier davon ausgehe, dass es sich von alleine in ein paar Wochen ausheilt, frage ich mich, was ich bei den im Kühlschrank (nicht-)gereiften machen kann?

Ich habe von Lüften und dann "Schütteln" gehört. Aber wie geht das genau vonstatten, wie macht man das? Bei drei aus dem Kühlschrank Entnommenen und auf Raumtemperatur angewärmten, habe ich z.B. die Flasche geöffnet, Luft entweichen lassen, wieder verschlossen und vorsichtig einmal gedreht. Meine Hoffnung ist nun, dass die Hefe wieder "erwacht" und CO2 produziert, der wiederum den Schwefel abbaut. Ist das richtig?

Was gibt es noch für Möglichkeiten den Schwefelgeruch loszuwerden? Auch wenn im Rezept etwas von 2-3 Wochen Reifezeit steht, was ist da eure Erfahrung als "Küchenbrauer" wie lange dauert es wirklich? Beim Pilsener war meine Erfahrung das es mind. 8 Wochen sein sollte, jede zusätzliche Woche noch besser.
Benutzeravatar
Terlon
Posting Klettermax
Posting Klettermax
Beiträge: 235
Registriert: Samstag 13. Juni 2015, 19:52

Re: Weizen - Schwefel - Was tun?

#2

Beitrag von Terlon »

Moin,

hast du die Kisten denn jetzt mal bei Raumtemperatur stehen lassen?
Die Hefe ist ja nicht tot. Flaschen schütteln und bei RT stehen lassen.
Solange das Bier nur bein Einschänken kurz bach Schwefel rieht wäre das für mich kein Problem.
Gruß
Olli
*******
Ich braue nicht nach dem RHG, aber ohne Chemie!
Benutzeravatar
DevilsHole82
Posting Freak
Posting Freak
Beiträge: 1861
Registriert: Dienstag 13. Oktober 2015, 10:03
Wohnort: Neunkirchen (Siegerland)

Re: Weizen - Schwefel - Was tun?

#3

Beitrag von DevilsHole82 »

Wenn es schon in den Flaschen ist bekommst Du ihn nur sehr schwer raus. Der Schwefel lagert sich nicht so schnell aus und wird auch nur sehr langsam von der Hefe verstoffwechselt.

Siehe hier: https://braumagazin.de/article/bierfehl ... schwefeln/
Gruß, Daniel

Was von Herzen kommt gelingt, weil's einen gibt, der die Kelle schwingt. Heute back ich, morgen brau ich, wer heimlich nascht, den verhau ich.
Benutzeravatar
Ladeberger
Moderator
Moderator
Beiträge: 7293
Registriert: Dienstag 20. November 2012, 18:29

Re: Weizen - Schwefel - Was tun?

#4

Beitrag von Ladeberger »

LedePilsener hat geschrieben: Mittwoch 27. Oktober 2021, 14:46
4. Obergärige Hefe Zymofern GERMAN WHEAT brav untergerührt bei Sud Temp. 20°C
Hallo,

wurde die Würze auch brav belüftet? :Wink

Vitale Hefe mit ausreichender Sauerstoffversorgung ist die beste Schwefelprävention.
Ich habe von Lüften und dann "Schütteln" gehört. Aber wie geht das genau vonstatten, wie macht man das? Bei drei aus dem Kühlschrank Entnommenen und auf Raumtemperatur angewärmten, habe ich z.B. die Flasche geöffnet, Luft entweichen lassen, wieder verschlossen und vorsichtig einmal gedreht.
Schwierig, wie schon von Daniel zitiert. Ich würde die Flaschen kräftig schütteln und warm stellen. Vielleicht hast du Glück und die Hefe lässt sich noch zur Mitarbeit bewegen, indem sie den Schwefel resorbiert. Entlüften wird nicht besonders viel bringen, zudem geht Karbonisierung verloren.
Meine Hoffnung ist nun, dass die Hefe wieder "erwacht" und CO2 produziert, der wiederum den Schwefel abbaut. Ist das richtig?
Hm, nein. Zum einen wird sie nur CO2 produzieren, wenn noch Restextrakt vorhanden ist, was ich nicht hoffe (-> Überkarbonisierung, Flaschenbombe). Zum anderen baut CO2 nicht aktiv H2S ab, sondern kann es im Rahmen einer intensiven Hauptgärung austreiben (-> Gaswäsche).

Gruß
Andy
Benutzeravatar
DrFludribusVonZiesel
Posting Freak
Posting Freak
Beiträge: 1768
Registriert: Dienstag 10. November 2020, 17:48
Wohnort: Wien

Re: Weizen - Schwefel - Was tun?

#5

Beitrag von DrFludribusVonZiesel »

Ladeberger hat geschrieben: Donnerstag 28. Oktober 2021, 10:38 Hallo,

wurde die Würze auch brav belüftet? :Wink

Vitale Hefe mit ausreichender Sauerstoffversorgung ist die beste Schwefelprävention.
Welche Rolle spielt hier FAN? Da bei 35°C eingemaischt wurde, sollte sich beim Durchheizen genügend gebildet haben, trotz fehlender Eiweißrast.

Nur eine kleine Zusatzfrage, da ich gestern einen Weizenbock angestellt habe und bei der Recherche dazu auch oft auf schwefeln und stockende Gärung gestoßen bin (neben anderen Problemen).

Gruß,
Mario
Best practice is practice.
Benutzeravatar
gulp
Moderator
Moderator
Beiträge: 10457
Registriert: Montag 20. Juli 2009, 21:57
Wohnort: Nürnberg
Kontaktdaten:

Re: Weizen - Schwefel - Was tun?

#6

Beitrag von gulp »

Hallo,

wurde die Würze auch brav belüftet? :Wink

Vitale Hefe mit ausreichender Sauerstoffversorgung ist die beste Schwefelprävention.
Servus Andi,

ich dachte immer "nicht belüften" ist der Tipp für viel Banane. Schwefel sollte man doch mit einer 10 min. Eiweißrast bei 57° und/ oder etwas Hefenahrung im Griff haben.

@ LedePilsener: Wenn das in Fässern wäre, könnte man noch eine C02 Spülung machen und den Stinker austreiben.

Gruß
Peter
>>Impfung rettet Leben und Kultur!<<

Ein Bayer ohne Bier ist ein gefährlich Thier!

https://biergrantler.de
https://stixbraeu.de
Benutzeravatar
LedePilsener
Neuling
Neuling
Beiträge: 9
Registriert: Sonntag 5. Juli 2020, 18:35
Kontaktdaten:

Re: Weizen - Schwefel - Was tun?

#7

Beitrag von LedePilsener »

Vielen herzlichen Dank für eure Hinweise und Tipps.
Terlon hat geschrieben: Donnerstag 28. Oktober 2021, 10:06 Moin,

hast du die Kisten denn jetzt mal bei Raumtemperatur stehen lassen?
Die Hefe ist ja nicht tot. Flaschen schütteln und bei RT stehen lassen.
Solange das Bier nur bein Einschänken kurz bach Schwefel rieht wäre das für mich kein Problem.
Ja, habe ich. Ein Kasten stand schon eh bei Raumtemperatur (ZUM GLÜCK). Ich werde das genauso machen und mich einfach in Geduld üben. Was mir wirklich Grosses abverlangt.
DevilsHole82 hat geschrieben: Donnerstag 28. Oktober 2021, 10:22 Wenn es schon in den Flaschen ist bekommst Du ihn nur sehr schwer raus. Der Schwefel lagert sich nicht so schnell aus und wird auch nur sehr langsam von der Hefe verstoffwechselt.

Siehe hier: https://braumagazin.de/article/bierfehl ... schwefeln/
Tja, dass ist dann wohl so. Ich werde die Flaschen etwas aufwecken und einfach noch ein paar (4) Wochen warten.
Ladeberger hat geschrieben: Donnerstag 28. Oktober 2021, 10:38 wurde die Würze auch brav belüftet?
Wir hatten den Eimer nur mit einem T-Shirt leicht abgedeckt, um zu verhindern dass Fliegen o.ä. drankommen. Ich würde deshalb behaupten: ja.
Benutzeravatar
Terlon
Posting Klettermax
Posting Klettermax
Beiträge: 235
Registriert: Samstag 13. Juni 2015, 19:52

Re: Weizen - Schwefel - Was tun?

#8

Beitrag von Terlon »

Moin,
Wir hatten den Eimer nur mit einem T-Shirt leicht abgedeckt, um zu verhindern dass Fliegen o.ä. drankommen. Ich würde deshalb behaupten: ja.
?

Unter Belüften versteht man das Einbringen von Sauerstoff durch z-B. starkes Rühren mitdem Braupadel bei Zugabe der Hefe, oder mit Pumpe und Sinterstein.
Der Gärspund sollte danach schon drauf.
Gruß
Olli
*******
Ich braue nicht nach dem RHG, aber ohne Chemie!
Benutzeravatar
Ladeberger
Moderator
Moderator
Beiträge: 7293
Registriert: Dienstag 20. November 2012, 18:29

Re: Weizen - Schwefel - Was tun?

#9

Beitrag von Ladeberger »

DrFludribusVonZiesel hat geschrieben: Donnerstag 28. Oktober 2021, 11:01 Welche Rolle spielt hier FAN? Da bei 35°C eingemaischt wurde, sollte sich beim Durchheizen genügend gebildet haben, trotz fehlender Eiweißrast.

Nur eine kleine Zusatzfrage, da ich gestern einen Weizenbock angestellt habe und bei der Recherche dazu auch oft auf schwefeln und stockende Gärung gestoßen bin (neben anderen Problemen).
Ja, FAN sollte nicht im Mangel sein, sonst kann sich die H2S-Konzentration je nach Genetik des Hefestamms sehr stark erhöhen. In der Regel ist in einer Normalwürze aber genug FAN vorhanden, selbst ohne Eiweißrast und tiefes Einmaischen. Ich habe bei Weizenbier seit bestimmt 2 Jahren keine FAN-bezogene Eiweißrast mehr gemacht und habe keine Probleme mit Schwefel. Ich würde mir da erst bei Rohfruchtanteilen > 30 % einen Kopf machen.

Ob im umgekehrten Fall mehr malzeigenes FAN die H2S-Konzentration senkt, ist weniger eindeutig, da es auch auf die Konzentration der einzelnen Aminosäuren und ihr Verhältnis zueinander ankommt. Wenn man wegen Schwefelbildung FAN substituieren will, dann vermutlich besser aus anorganischer Quelle in Form von Ammoniumsalzen, wie sie in Nährsalzen für Weingärungen enthalten sind.

Aber wie gesagt, normalerweise ist das unnötig, wenn die Hefe vital und gut sauerstoffversorgt ist.
gulp hat geschrieben: Donnerstag 28. Oktober 2021, 12:51 Servus Andi,

ich dachte immer "nicht belüften" ist der Tipp für viel Banane. Schwefel sollte man doch mit einer 10 min. Eiweißrast bei 57° und/ oder etwas Hefenahrung im Griff haben.
Moin Peter,

grundsätzlich schon, aber zwischen "Banane unterstützt" und hängenbleibenden Katastrophengärungen ist es ganz ohne Belüftung oft nur ein schmaler Grat. Ich würde beim Weißbier zumindest geringfügig belüften. Es kommt zusätzlich auch darauf an, in welchem Zustand die Hefe vor dem Anstellen ist. Eine Propagationshefe braucht z.B. nicht unbedingt Sauerstoff, wenn der Starter gut belüftet wurde. Ganz frische Erntehefe u.U. auch nicht, aber die überaltert mit jeder derartigen Führung.

Ich denke es gibt schonendere Methoden an der Banane zu arbeiten als der Hefe die Luft ganz abzudrehen.

Gruß
Andy
Pappelbräu
Posting Klettermax
Posting Klettermax
Beiträge: 175
Registriert: Donnerstag 23. April 2020, 16:26

Re: Weizen - Schwefel - Was tun?

#10

Beitrag von Pappelbräu »

Verstehe ich das recht, dass Ihr nach vier Tagen abgefüllt habt? Das ist zu früh, vor allem wegen der Flaschenbombengefahr, aber auch der Schwefel könnte sich da noch verziehen. Während der Gärung riecht es schon mal schwefelig, wenn man dann aber wartet mit dem Abfüllen ist das meist kein Problem mehr.
Tobias
Antworten