Hefe ernten - welche Schicht muss verworfen werden?

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bassdscho
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Hefe ernten - welche Schicht muss verworfen werden?

#1

Beitrag von bassdscho »

Hallo liebe Hobbybrauergemeinde,

ich ernte regelmässig Hefe und verwende diese 2 Wochen später im nächsten Sud,
bis ich keinen Bock mehr auf die Hefe habe bzw. maximal 6 Führungen, sowohl UG als auch OG.
Ich habe hier im Forum des öfteren gelesen, dass gewisse Schichten der Erntehefe
verworfen werden sollten. Bei anderen Hobbybrauern verläuft diese Schichtbildung scheinbar in Stunden.
Bei mir dauert das Tage.

Meine Frage: welche der Schichten muss verworfen werden? Muss überhaupt eine Schicht verworfen werden?

Bisher habe ich die Hefe im Glas einfach stehen gelassen (bei ca. 2°C im Kühlschrank) und nichts gemacht.

Ich möchte hier noch mein Vorgehen beschreiben und ein paar Bilder einfügen.

Ich kühle die Würze bis auf Anstelltemperatur (Kühlspirale mit Leitungs- und Eiswasser).
Beim Ausschlagen verwende ich zwei Moltontücher als Trubfilter.
Die Würze plätschert anschliessend in den Gärtopf (Belüftung).
Ich verwende die Erntehefe vom letzen Sud direkt weiter.
Ich setze keinen Starter an.
Der Überstand wird weggekippt, vom Bodensatz wird das notwendige Hefe Volumen
abgemessen, anschliessend ein wenig aufgezogen und schrittweise mit Würze angefüttert.
Dann kommt die Hefe in den Gärbottich.
Ich vergäre mit Temperatursteuerung (Kühlschrank).
Ich schöpfe in den ersten 3 - 4 Tagen der Hauptgärung die Hopfenharze ab.
Hopfenstopfen kommt bei mir bisher nicht zur Anwendung.
Die Hauptgärung (OG und UG) dauert bei mir 7 - 10 Tage.
Zur Karbonisierung verwende ich Speise.

Nach dem Schlauchen bleibt im Gärtopf die sedimentierte Hefe mit Jungbier und Speise im Topf zurück:
2021_10_22_15_04_IMG_2334.JPG
Das ganze wird dann von mir aufgeschwenkt:
2021_10_22_15_09_IMG_2338.JPG
Und in ein 1.7 Liter IKEA Glas abgefüllt.
In den Bildern ist die Fermentis S-23 (UG) zu sehen.
Hier der zeitliche Verlauf der Schichtbildung.
1) direkt nach der Abfüllung:
2021_10_22_15_11_IMG_2341.JPG
2) nach ca. 20 Minuten:
2021_10_22_15_29_IMG_2343.JPG
3) nach ca. 2.5 Stunden:
2021_10_22_17_35_IMG_2346.JPG
4) nach 1 Tag:
2021_10_23_17_36_IMG_2348.JPG
5) nach 2 Tagen:
2021_10_24_18_20_IMG_2352.JPG
6) nach 4 Tagen:
2021_10_26_19_54_IMG_2364.JPG
7) nach 6 Tagen:
2021_10_28_19_38_IMG_2369.JPG

Danach verdichtet sich die untere Schicht noch etwas weiter
und die oben schwimmende, schaumige Schicht sinkt irgendwann ab.

Dieses Bild ergibt sich bei mir mit UG als auch mit OG Hefe.

Vielen Dank schon einmal für Eure Hilfe!

Gruß, Stephan
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hyper472
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Re: Hefe ernten - welche Schicht muss verworfen werden?

#2

Beitrag von hyper472 »

Das ist das, was ich nehme:
AD3F31AA-D49E-4491-9567-90854EFE8E8B.jpeg
Viele Grüße, Henning
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Re: Hefe ernten - welche Schicht muss verworfen werden?

#3

Beitrag von Alt-Phex »

Genau, Überstand verwerfen und den mittleren Teil verwenden. Am Boden sammeln sich ggf. noch Trubstoffe und Hopfenharze. Die verwirfst du auch.

Noch ein Tipp: Die Gläser nicht dicht verschliessen. Das bei dir oben so eine Schicht aufschwimmt, deutet darauf hin dass die durch Kohlensäure aufschwimmt. Je nach dem wieviel CO2 da noch produziert wird, kann es dir die Gläser zerreissen.

Ich verschliesse die immer mit Frischhaltefolie und einem Gummi. Es kann nichts reinkommen, aber der Druck kann entweichen.
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Re: Hefe ernten - welche Schicht muss verworfen werden?

#4

Beitrag von BrauSachse »

hyper472 hat geschrieben: Samstag 30. Oktober 2021, 14:08 Das ist das, was ich nehme:
AD3F31AA-D49E-4491-9567-90854EFE8E8B.jpeg
Viele Grüße, Henning
So mache ich es auch. Wenn mir die Oberseite der untersten Schicht :puzz zu dunkel erscheint, hebe ich sie auch noch mit einem Löffel ab.

Viele Grüße
Tilo
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bassdscho
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Re: Hefe ernten - welche Schicht muss verworfen werden?

#5

Beitrag von bassdscho »

Hallo zusammen,

vielen Dank für Eure Rückmeldungen! Ich habe die oberste, schaumige Schicht abgehoben bevor sie absinkt.
Das hat mir sehr geholfen!

@Alt-Phex: das Glas verschliesst nicht dicht. Der Glasdeckel hat eine Silikondichtung und verschliesst durch das Eigengewicht.
Bei einem unfreiwilligen Experiment habe ich das herausfinden müssen.
Ich dachte ich bin schlau und gebe übrig geblieben Speise vom Schlauchen in das Hefeglas, als Zusatznahrung sozusagen.
Haha! Die "Gärung" ging dann los und hat den Deckel abgehoben. Der Schaum ist ringsum am Glas runtergelaufen und der Kühlschrank war versaut.
:Ahh

Das Hefeglas sieht jetzt so aus:
IMG_2418 (960x1280).jpg
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Re: Hefe ernten - welche Schicht muss verworfen werden?

#6

Beitrag von reib »

Alt-Phex hat geschrieben: Samstag 30. Oktober 2021, 15:07
Noch ein Tipp: Die Gläser nicht dicht verschliessen. Das bei dir oben so eine Schicht aufschwimmt, deutet darauf hin dass die durch Kohlensäure aufschwimmt. Je nach dem wieviel CO2 da noch produziert wird, kann es dir die Gläser zerreissen.

Ich verschliesse die immer mit Frischhaltefolie und einem Gummi. Es kann nichts reinkommen, aber der Druck kann entweichen.
Diesen Tip lese ich hier seit Jahren immer wieder. Den Sinn habe ich nie verstanden. Was soll da noch an Kohlensäure entstehen. Das ist Erntehefe mit etwas Jungbier. Ich fülle die Hefe in eine Flasche bis in Hals und verschließe diese dann. Selbst wenn ein Anfänger zu früh abfüllt, wird das Glas mit der Erntehefe erst explodieren, nachdem alle anderen Bierflaschen explodiert sind.
Falls ich hier falsch denke, bitte ich um Aufklärung.
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Johnny H
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Re: Hefe ernten - welche Schicht muss verworfen werden?

#7

Beitrag von Johnny H »

Ich ernte ja auch oft Hefe. Deine sieht schon mal von Grund auf sauberer aus als meine, weil Du a) den Trub vor der Gärung abfiltrierst, und b) die Hopfenharze abschöpfst, wenn ich Deine Aussagen oben korrekt verstanden habe.

Von daher sieht das doch schon sehr gut bei Dir aus, würde ich sagen.

Ich trenne auch nach 1-2 Stunden Absitzen im Glas die oberste und unterste Schicht ab, aber bei mir sind da oft noch Hopfenharze zu sehen, von daher ergibt das für mich direkt einen Sinn. Ob sich in dieser kurzen Zeit allerdings auch tote und lebendige Hefezellen signifikant in ihrem Absetzverhalten unterscheiden, darf man sicher bezweifeln.

Ich denke, die Hauptsache ist, dass Du eine optisch gut aussehende und homogene Hefeschicht erntest.

Aus zusätzlichen Tipp kann ich noch etwas mitgeben, was ich mir von olibaer (Oli) abgeschaut habe: für das Aufschlämmen und Waschen der Erntehefe empfiehlt es sich, 0,9%ige Kochsalzlösung zu verwenden. Das ist aus osmotischen Gründen besser für die Hefe.

Hier habe ich übrigens mein Verfahren beschrieben, wie ich die Hefe aufschlämme und wasche. Nicht sehr raffiniert, aber es tut seinen Zweck.

Hier hat olibaer sein Verfahren beschrieben (mit ein paar Bildern). Hier für untergärige Hefe.
Jubel erscholl, als sich die Trinker von dem schneidigen, köstlichen, bei dem früher in Pilsen erzeugten nie wahrgenommenen Geschmack überzeugten. Die Geburt des Pilsner Bieres!
(E. Jalowetz, Pilsner Bier im Lichte von Praxis und Wissenschaft, 1930)
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Re: Hefe ernten - welche Schicht muss verworfen werden?

#8

Beitrag von Kolbäck »

Letzte Woche kam mir dieses Video zum Thema unter; argumentiert v.a. dafür, nicht zu spät zu ernten, also nicht erst nach cold-crash, wie es anscheinend in USA üblicher ist. Auf die Schichten wird aber auch eingegangen.
Viele Grüße, Thomas
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Re: Hefe ernten - welche Schicht muss verworfen werden?

#9

Beitrag von Shortbreaker »

Bin weiß Gott kein Hefe-Profi, aber ich mache dass immer ähnlich wie du. Allerdings ernte ich stets nach dem Abfüllen (also ggf. nach dem Cold-Crash) und fülle dann die Hefe in mehrere (meistens 3) Gurkengläser. Am nächsten Brautag nehme ich dann diese Gläser morgens aus dem Kühlschrank, damit sie auf Zimmertemperatur kommen. Diese versetzte ich dann mit auf 10° Plato verdünnter Vorderwürze, so wie das in Jan Brücklmeiers Buch auch beschrieben wird. Selbst nach 4 Woche oder länger muss man dabei aufpassen, dass man das Gefäß nicht unbeobachtet stehen lässt, weil selbst 5l Töpfe zu klein werden, wenn die Erntehefe erstamal wieder loslegt. Ich nehme auch immer mehr oder weniger denn Teil unter dem Jungbier bis dann der schmutzige Teil mit den Hopfenharzen kommt. Ich würde sagen, dass ich also gut 80-90% des braunen Teils wieder anstelle…
Mundschenk XXL + Kloßtopf auf Kochplatte für Dekoktion;
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wohl schlechtester Hopfenbauer aller Zeiten (bisher) :-)
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