Britische Hefen verstehen und nutzen - Sammelthread

Colindo
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Britische Hefen verstehen und nutzen - Sammelthread

#1

Beitrag von Colindo »

Hallo zusammen,
da die Frage vor kurzem aufkam, welche britischen Hefen sich für verschiedene Rezepte eignen, z.B. die Rezepte aus dem Buch "Brew Your Own British Real Ale", wollte ich mal einiges Wissenswerte zusammenfassen und Praxistipps geben. Meine eigene Erfahrung ist noch bei weitem nicht so ausgeprägt, wie ich es gerne hätte, weswegen ich diesen Thread auch sehr gerne zur Diskussion und zum Austausch anbiete. Ich gebe Quellen an, wo immer ich sie noch finde, aber viel kommt aus meiner Erinnerung. Bei Zweifeln einfach nachfragen. Manche Quellen sind sehr gehaltvolle Texte wie Interviews, Podcasts oder Forenthreads, deren komplette Lesung ich nur empfehlen kann.

Warum das Ganze?
Wer schon einmal in einem britischen Pub ein sogenanntes Cask Ale genossen hat, das weitreichend als die frischeste Art gilt, Bier zu servieren, weiß, worauf ich hinaus will. Der Geschmack ist so voll und liefert auch bei geringen Stammwürzen so geschmacklick intensive und gut abgerundete Biere, dass unzählige Threads besonders in englischsprachigen Foren mit den Versuchen gefüllt sind, dem letzten bisschen optimierter Gärung und Reifung nachzueilen.
Wer diesen Hintergrund nicht hat, wird sich vielleicht wundern, was das für Aromen und Geschmäcker sein sollen. Schließlich benutzen viele Leute mit der Nottingham-Hefe einen englischen Hefestamm und der gilt gemeinhin als sehr neutral. Deswegen an dieser Stelle der Hinweis, dass eine Vergärung mit der Nottingham bei 17°C ganz sicher nicht dem entspricht, was ich meine. Leider hälz englisches Flaschenbier, wie man es in einigen Getränkemärkten findet, nur selten dem Vergleich stand und eignet sich daher nicht als Lernmaterial. Vielleicht kann ja der eine oder andere Neugierige mit den Informationen aus diesem Thread ein Bier brauen, dass diesen Aha-Effekt erzeugt.

Wissenswertes:
Geschichtlich
Britisches Bier hatte historisch betrachtet schon sehr früh einen außerordentlich hohen Standard, als die Großbrauereien in London bereits Ende des 18. Jhds Porter für die ganze Welt brauten. Dabei war es damals vor allem das Stock Porter, dass 12 Monate gelagert wurde, dass die Einzigartigkeit der englischen Braukunst auszeichnete. Aus der Zeit stammten auch die enorm großen Lagertanks, über die hier vor kurzem diskutiert wurde.
Damals wurde Bier neben klassischer, obergäriger Hefe mit Brettanomyces vergoren (Brettano = Britisch, Myces = Pilz). Die Hefe bestand also damals schon aus einer Mischkultur, die explizit gewollt war und viele Nachahmer vor Probleme stellte, wenn sie Porter nachbrauen wollten. Die Nutzung von Mischkulturen - auch ohne Brettanomyces - mit gleichzeitiger Nutzung von zwei, drei oder vier Hefestämmen, sorgte lange dafür, dass die Briten den Reinzuchthefen misstrauten, da sie ihre bekannten Ergebnisse mit Reinzuchthefen nie nachstellen konnten.
Auch heute noch gibt es eine Reihe von Brauereien, die eine sogenannte Dual-Strain-Hefe nutzen, also zwei verschiedene Hefestämme gleichzeitig zur Würze geben. Dies sind zum Beispiel Adnam's und Ringwood. Fuller's wechselte in den 70er-Jahren von einer Triple-Strain-Hefe zu einer Reinzucht nachdem man einen der drei bestehenden Stämme als den geschmacklich und vergärtechnisch wichtigsten identifiziert hatte.
Einige der besonders bekannten Trockenhefen, nämlich Lallemand's Windsor, Nottingham, London und die nicht mehr verkaufte Manchester, kommen ursprünglich aus dem Hefe-Bodensatz einer einzigen Brauerei. Ich habe es noch nicht selbst probiert, aber in Kombination sollten sich die Eigenschaften der hohen Sedimentierbarkeit und des Vergärungsgrads der Nottingham gut mit dem vollen Geschmack der Windsor kombinieren lassen.

Welcher Hefestamm kommt aus welcher Brauerei?
Wenn man Biere aus England nachbrauen möchte, empfiehlt es sich, zu wissen, welche kommerziell erhältlichen Hefen aus welcher Brauerei stammen. Die erste Anlaufstelle ist dazu Kristen England's Liste auf mrmalty.com. Allerdings sind einige der Informationen, insbesondere welche Stämme des einen Herstellers denen des anderen entsprechen, nicht mehr als gut gemeinte Empfehlungen. Weder White Labs noch Wyeast haben je eigene Informationen zu den Quellen der Hefen herausgegeben. Die jüngeren Firmen Imperial Yeast, Fermentum Mobile und Escarpment sind da deutlich freizügiger und haben jeweils vergleichbare Hefestämme klar benannt, wenn auch nicht immer offiziell.

Moderne DNA-Analysen haben das Thema zum Teil vereinfacht und zum Teil verkompliziert. Es gibt zwar gute Zusammenfassungen von englischen Hobbybrauern, so dass genetische Beschreibungen von Hefestämmen aus Hefebanken einem Hersteller eindeutig zugeordnet werden können, aber die Ergebnisse sind nicht immer hilfreich. So zeigt sich zum Beispiel, dass die Fuller's-Stämme WLP002 und Wyeast 1968 zwar nah verwandt sind, der Whitbread-Stamm WLP007 aber näher and WLP002 dran ist als Wyeast 1968. Geschmacklich kann man Fuller's von Whitbread aber sehr wohl unterscheiden. Wer mehr Infos möchte, findet hier den aktuellen Stammbaum: http://beer.suregork.com/. Erwähnenswert ist auch die Tabelle von David Taylor, der auch bei uns im Forum aktiv ist. Ursprünglich bestand sie aus vielen Einträgen à la "Hefe 1 = Hefe X = Hefe IV". Durch die Aufnahme der genetischen Analysen ist das Ganze aber nur noch nach langem Studium durchschaubar.


Praxisempfehlungen
Homebrewtalk-Forum
Wer so richtig in die Erfahrungen aus erster Hand einsteigen möchte, dem sei dieser HBT-Thread zur Lektüre empfohlen: https://www.homebrewtalk.com/threads/br ... ts.221817/
Auf 18 Seiten à 50 Posts berichten viele direkt, welche Gärführung bei welcher Hefe zum Erfolg, also zum Erreichen jener Geschmacksfülle, die ich eingangs beschrieben habe, geführt hat. In ca. fünf Tagen hat man den locker durchgelesen :Wink Ich werde aber die wichtigsten Infos hier zusammenfassen.

Offizielle Gärführungen
  • Fuller's: Ursprung der Diskussion war der Podcast Can You Brew It von Brewing Network zum Thema Fuller's ESB . Dort beschreibt der damalige Braumeister John Keeling die Gärführung wie folgt:
    Anstellen bei 17°C, gefolgt von natürlichem Aufwärmen auf 20°C (dauert bei Fuller's 8h). Ist der Extraktgehalt auf die Hälfte gefallen, wird auf 17°C gekühlt. Das soll im weiteren Verlauf die Hefe dabei bremsen, erwünschte Aromen abzubauen. Ist der Extraktgehalt auf ein Viertel bis ein Fünftel gefallen, gibt es einen Cold Crash auf 6°C, anschließend vierwöchige "warme" Reifung bei 10°C. Im HBT-Forum berichten viele davon, dass dieser Gärverlauf spürbar die Geschmacksfülle erhöht, bzw. erwünschte Geschmäcker des Jungbiers bis zum Trinkdatum erhält.
  • Meantime: Es gibt auch einen Podcast zu der Londoner Brauerei Meantime. Dort wird beschrieben, dass Meantime die Nottingham benutzt und konstant bei 22°C vergärt. Das bringt trotz neutraler Hefe einen gewissen Charakter ins Bier, ohne ins Estrige abzudriften. Allerdings leben die Meantime-Biere besonders von den langen Zutatenlisten, z.B. die sieben Malzsorten im London Porter und die zehn Hopfengaben im London IPA.
  • Shepherd Neame: Obwohl der Hefestamm von Shepherd Neame unbekannt ist, ist die offiziell mitgeteilte Gärführung für den einen oder anderen doch interessant: Anstellen bei 18°C, ansteigen lassen auf 21°C und dort lassen bis final gravity. Cold Crash auf 4°C direkt nach Beenden der Gärung. Keine Diacetylrast.
Erfahrungswerte anderere Forennutzer
  • Boddington's Wyeast 1318: Anstellen bei 17°C, dann sehr langsam auf 20°C über eine Dauer von 4 Tagen, dort eine Woche halten für einen ordentlichen Vergärgrad. Im Anschluss 2 Tage Cold Crash und Kegging.
  • Ringwood's Wyeast 1187: Anstellen bei 20°C, auf 21.5°C ansteigen lassen und dann wieder aktiv auf 20°C kühlen. Das Ganze mehrmals wiederholen, bis der gewünschte Restextrakt erreicht ist. Offene Fermentation. Pumpe für Hefe-Aufwecken (rouse the yeast) bei allen Bierstilen außer Brown Ales. Letztere brauchen kein Aufwecken. Am Ende einen Tag auf 7°C und dann ins Cask.
  • Brakspear's(?) Wyeast 1882: Die Hefe reagiert sehr empfindlich auf Temperatur, Sauerstoffgabe und Anstellrate. Bei Stress, also zu hoher Anstelltemperatur, zu wenig Sauerstoff und zuwenig Hefe erzeugt sie sehr viel Diacetyl. Vergärgrad kann dann auch sehr niedrig sein. Am besten Anstellen bei 17°C und dann die Gärung auf 18°C halten.
Meine Erfahungen mit Hefen
- Timothy-Taylor-Stamm (Wyeast 1469 und Imperial A05): Die Hefe flockt sehr gut, erzeugt dichtes Kräusen und klettert besonders gerne aus dem Gärbehälter. Der Geschmack wird oft als "Steinobst" beschrieben, allerdings konnte ich das so direkt nie schmecken. Bei 22°C habe ich bei meinem Timothy-Taylor-Landlord-Klon ein tolles Mundgefühl mit einem einzigartigen Malzgeschmack aus 100% Golden Promise bekommen. Kalt bei 16°C passte es super zu einem Porter.
- McEwan-Stamm (Wyeast 1728, Imperial A31): Die Hefe ist vom Verhalten durchschnittlich, hinterlässt aber mehr Restextrakt und sorgt für besonders malzige Biere. Besonders dunkle Malze werden fruchtiger, karamelliger und leicht Ahornsirup-artig.
Worthington-Stamm (Wyeast 1028): Sehr schlechte Sedimentation. Von drei Bieren wurde nur eines halbwegs klar. Sie wird deshalb auch als besonders gut für Hazy IPAs beworben. Mich haben besonders der sehr hohe Vergärgrad und der malzige Geschmack beeindruckt. Bei einer Flasche mit etwas weniger Kohlensäure, als der Keller im Dezember gerade auf 12°C war, habe ich exakt den vollen Geschmack erhalten, den ich immer wollte. Leider wurden die Hefe und ich durch das schlechte Sedimentieren keine Freunde.
Fuller's-Stamm (Imperial A09): Flockung und Aus-Dem-Gäreimer-Klettern wie bei Timothy Taylor. Die Hefe erzeugt einen deutlichen Geschmack nach Orangenmarmelade, der sehr gut zu bitteren, englischen Bieren passt. Leider gibt es die Gefahr, dass sich bei der Nachgärung aus unbekannten Gründen ein Geschmack nach Apfelcidre entwickelt, der alle anderen Aromen überdeckt. Das scheint bei allen Hefeherstellern auftreten zu können.

Bonus-Inhalt: Britisches Bier richtig servieren
Bitte denkt daran, dass sich viele Aromen nur bei der richtigen Temperatur im Glas ausbreiten können. Trinkt britische Biere niemals bei 4°C direkt aus dem Kühlschrank. Mir ist mal bei Bieren aus Golden Promise aufgefallen, dass diese reproduzierbar bei 4°C nach nichts geschmeckt haben, und erst bei über 10°C intensiver Malzgeschmack aufkam. Dafür kann es schon reichen, die Flasche eine halbe Stunde vor dem Trinken aus dem Kühlschrank zu nehmen. Das kann bei stiltypischen, schwach karbonisierten Bieren allerdings bedeuten, dass die Kohlensäure nicht zum Tragen kommt. Besser ist eine Aufbewahrung von mindestens 24h bei 11°C. Mein aktueller Verdacht ist, dass auch der Geschmack von der konstanten, wärmeren Lagerung profitiert. Ich habe mir dazu vor kurzem einen Mini-Kühlschrank besorgt, der so leistungsschwach ist, dass ich über den Drehregler gut einen großen Temperaturbereich durchstimmen kann. Stufe 3 ergibt 12°C, Stufe 4 10°C und Stufe 5 8°C.


So, und jetzt seid ihr dran! Habt ihr schon Erfahrungen beim Brauen britischer Biere? Welche Hefe bevorzugt ihr? Kennt ihr den Geschmack, den ich oben so kläglich zu beschreiben versucht habe?
Zuletzt geändert von Colindo am Mittwoch 23. März 2022, 11:08, insgesamt 3-mal geändert.
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Re: Britische Hefen verstehen und einsetzen - Sammelthread

#2

Beitrag von Shoegazer »

Sehr spannendes Thema und vielen Dank für die Mühe.

Ich bin recht neu im Thema und entdeckte die britischen Biere im Homebrew Bereich gerade für mich. Bisher taste ich mich heran, mache Kombirasten und verwende Maris Otter und Golden Promise. Vergoren habe ich bisher nur mit der Safale S04 und war immer recht begeistert. Sie sedimentiert hervorragend und die Fruchtester passten immer gut zu den Bieren, die ich gerne trinke.

Eher stark gehopft, bitter und doch fruchtig. Karbonisierung eher moderat.

In England und Schottland war ich schon öfter und bin regelmäßig von den ausgeschenkten Bieren begeistert. Eigentlich war nie ein Ausfall dabei. In der Regel süffig, vollmundig und eins bleibt nie alleine :Bigsmile

Ich habe auch schon über das Handpump System nachgedacht (Stichtwort Pint365) und Stickstoff, aber da wird mir das Ganze dann doch zu viel. Mein Bedarf ist mit drei/vier Suden im Jahr a 15L einfach zu gering für diesen Weg.

Ich bin sehr gespannt, was sich hier in diesem Thread ergibt, die Hefe ist ganz sicher ein wichtiger Bestandteil auf dem Weg zum authentischen britischen Bier.

Liebe Grüße, Henning
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Re: Britische Hefen verstehen und einsetzen - Sammelthread

#3

Beitrag von DrFludribusVonZiesel »

Erstmal danke für den ausführlichen Text! Dass die drei Trockenhefen von Lallemand aus der selben Brauerei stammen, ist auch interessant.
Ich habe gestern auch begonnen, mich durch den HBT Thread zu arbeiten (dank der Zusammenfassung von Colindo muss ich dazu jetzt nix weiter schreiben) und habe außerdem eine Liste angelegt mit sämtlichen verfügbaren britischen Hefen, die da wären:

Wyeast:
1026-PC British Cask Ale
1028 London Ale (Worthington White Shield)
1084 Irish Ale (Guinness)
1098 British Ale (Whitbread dry)
1099 Whitbread Ale (Whitbread)
1187 Ringwood Ale (Ringwood)
1203-PC Burton IPA Blend
1275 Thames Valley Ale (Henley of Thames – Brakspear Bitter)
1318 London Ale III (Boddington’s)
1332 Northwest Ale
1335 British Ale II
1469 West Yorkshire Ale (Timothy Taylor)
1728 Scottish Ale (McEwan)
1768-PC English Special Bitter (Young’s)
1882-PC Thames Valley Ale II
1968 London ESB Ale (Fuller’s)
9097-PC Old Ale Blend (Sacch.+Brett.)

WLP:
WLP002 English (Fuller's)
WLP004 Irish (Guinness)
WLP005 British (Ringwood)
WLP006 Bedford (Charles Wells)
WLP007 Dry English (Whitbread dry)
WLP013 London (Worthington White Shield)
WLP017 Whitbread II
WLP022 Essex (Ridley’s Ale)
WLP023 Burton (Henley of Thames - Brakspear Bitter)
WLP025 Southwold
WLP026 Premium Bitter (Marston’s)
WLP028 Edinburgh/Scottish (McEwan)
WLP030 Thames Valley
WLP037 Yorkshire Square
WLP038 Manchester
WLP039 East Midlands/Nottingham
WLP066 London Fog
WLP085 English Blend
WLP099 Super High Gravity (Thomas Hardy)

Escarpment Labs:
English Ale I (Fuller's)
English Ale II (Whitbread dry)
Foggy London (Boddington)
Irish Ale (Guinness)
Ringwood
Sterling Ale (Worthington White Shield)

Imperial Yeast:
A01 House (Whitbread)
A09 Pub (Fuller's)
A10 Darkness (Guinness)
A31 Tartan (McEwan)
A38 Juice (Boddington)

Fermentum Mobile:
FM10 Wind and the willows (Henley of Thames - Brakspear Bitter)
FM11 Heathery hights (Timothy Taylor)
FM12 Scottish Tartan (McEwan)
FM13 Irish Darkness (Guinness)

Trocken:
Lallemand London
Lallemand Windsor
Lallemand Nottingham
Lallemand Verdant IPA
MJ M15 Empire Ale
MJ M36 Liberty Bell
Safale S-04
Safale S-33

Nun sind viele davon in der Wyeast Private Collection und nicht immer verfügbar oder generell schwer zu bekommen, die 9097 gibts aber derzeit noch bei HuM.
Derzeit in aller Munde ist zweifelsohne die WY1318, sie wird sehr viel in NEIPAs eingesetzt, hier wären Berichte zu klassischen britischen Stilen interessant. Ich denke, dass dies mein nächster Flüssighefekauf wird, da vor Ort verfügbar und im BYOBRA ist auch ein Rezept für das Boddington Bitter drin, bietet sich also an. Leider kann man das nicht mehr gegenverkosten, da es die Brauerei seit 10 Jahren nicht mehr gibt.

Ich selbst habe bisher die S04, die Nottingham vor vielen Jahren verwendet und am relevantesten für diesen Thread:
ein Splitsud. 20L Porter mit der Windsor, die Hälfte danach mit Brettanomyces Bruxellensis (Funk Weapon #2) vergoren. Ich wollte ein klassisches, echtes Porter mit Brett nachbrauen und fand es auch interessant herauszufinden, wie sich die beiden Biere unterscheiden würden nur durch Zugabe einer anderen Hefe. Ich habe leider keine aktuellen Verkostungsnotizen, weil alkoholfreie Zeit (wird nachgereicht), aber der Unterschied ist eklatant.
Durch die Brett. wird der Malzgeschmack nochmal deutlich hervorgehoben, das Bier ist komplexer und auch fordernder, nix zum schnell runterspülen.

Soweit vorerst von meiner Seite, zukünftige Berichte zu verschiedenen Hefen werden sicherlich folgen.
Zuletzt geändert von DrFludribusVonZiesel am Freitag 25. März 2022, 21:04, insgesamt 6-mal geändert.
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Re: Britische Hefen verstehen und einsetzen - Sammelthread

#4

Beitrag von Colindo »

Hi Fludribus,
lass mich dich an dieser Stelle direkt warnen vor der Erstellung eigener Listen mit Äquivalenten. Die von mir verlinkte Liste von Kristen England ist die Primärquelle. Alles andere ist rumgerate, selbst wenn die Leute das mit Überzeugung vortragen. Leider testen nämlich die wenigsten ihre Vermutungen mit Splitsuden aus. Also ist es für die Leser dieses Threads besser, auf die Originalliste zuzugreifen und sich nicht auf deine zu verlassen. Auch wenn du wahrscheinlich vieles von ihm übernommen hast.

Dazu kommt noch folgendes Problem: Manche Äquivalenzien von Kristen England habe ich in diversen Forenthreads als widerlegt gefunden, wo Leute tatsächlich Splitsude angefertigt haben. Berühmtestes Beispiel sind die beiden schottischen Stämme WLP028 und WY1728. Diese sind anscheinend fundamental unterschiedlich was Geschmack, Gärverhalten und Genetik angehen. Und von denen, die du aufgeschrieben hast, fallen mir WLP037<->WY1469 und WLP025<->WY1335 auf, die so auch bei Kristen England nicht stehen. Gefährliches Halbwissen. Den aktuellsten Stand findest du in der Tabelle von David, allerdings eben naturgemäß chaotisch und unübersichtlich.

Deine Erfahrungen mit der Brett finde ich sehr interessant und hoffe auf kommende Verkostungsnotizen. Meinen ersten Brettsud habe ich auch in der Mache, dauert aber noch, bis der fertig ist. Die WY1318 habe ich auch bereits auf der Einkaufsliste. Tipps zur Gärführung sind in meiner Zusammenfassung des HBT-Threads.

Nachtrag: Boddington's Bitter aus der Dose habe ich mal getrunken. Da das Bier heutzutage von Guinness gebraut und vermarktet wird, wurde das Ganze mit Nitro-Kapsel verpackt. Der Geschmack war mit Abstand das widerlichste, was ich je von einem englischen Bier getrunken habe. Extrem wässrig. Wahrscheinlich auch, weil Stickstoff viele Aromen unterdrückt.
Zuletzt geändert von Colindo am Mittwoch 23. März 2022, 11:11, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Britische Hefen verstehen und nutzen - Sammelthread

#5

Beitrag von DrFludribusVonZiesel »

Ziel der Liste war letztendlich nur eine Übersicht über die verfügbaren Hefen. Habe die Äquivalente nun rausgelöscht und die Liste erfüllt nun wieder den ursprünglich gedachten Zweck: eine Übersicht.
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Re: Britische Hefen verstehen und nutzen - Sammelthread

#6

Beitrag von Colindo »

Ah, verstehe! Das ist deutlich sinnvoller und, solange du die Liste regelmäßig aktualisierst, auch echt hilfreich. Welche Shops hast du alles geprüft?
Und eigentlich müsstest du die anderen Hersteller noch mit reinnehmen, weil manchmal eben die seltenen Hefen der großen Hersteller von den kleineren verfügbar sind.

Edit: Nochmal "ah, verstehe!" Du hast einfach alle Hefen britischen Ursprungs aus den langen Listen aller Hefen herausgeschrieben. Jetzt richtig? Also was verfügbar ist und was nicht muss man sowieso immer prüfen.
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Re: Britische Hefen verstehen und nutzen - Sammelthread

#7

Beitrag von DrFludribusVonZiesel »

Korrekt, ja. Ich habe die Daten von den jeweiligen Herstellern (WY+WLP) bekommen, indem ich die Datenbanken durchforstet hab. Bei Shops ist eben vieles nicht lieferbar und unvollständig.

Edit: noch ein kurzer Nachtrag zu Boddington's. Ron Pattinson hat heute ein Rezept aus 1901 für Boddington IPA veröffentlicht: https://barclayperkins.blogspot.com/202 ... n-ipa.html

Edit2: Liste oben ergänzt mit Imperial und FM
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Re: Britische Hefen verstehen und nutzen - Sammelthread

#8

Beitrag von Colindo »

Da kommt noch A13 Sovereign dazu. Da die Firma von ehemaligen Mitarbeitern von Wyeast gegründet wurde, kann man davon ausgehen, dass die Stämme exakt denen von Wyeast entsprechen, also
A01 House - Fuller's
A09 Pub - Whitbread Dry
A10 Darkness - Guinness
A13 Sovereign - Worthington
A31 Tartan - McEwan

Nachtrag 1: Interessantes Rezept von Ron, wenn die Hefe ankommt nutze ich das vielleicht mal als historisches Bier.
Nachtrag 2: Dir fehlt noch die WLP099 Super High Gravity von Thomas Hardy
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Re: Britische Hefen verstehen und nutzen - Sammelthread

#9

Beitrag von DrFludribusVonZiesel »

https://www.imperialyeast.com/organic-y ... /homebrew/

Die A13 ist hier nichtmal aufgelistet, auch nicht für kommerzielle Brauereien:
https://www.imperialyeast.com/organic-yeast-strains/
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Re: Britische Hefen verstehen und nutzen - Sammelthread

#10

Beitrag von Colindo »

Ach wie doof, dann ist die, ähnlich wie die A05, mittlerweile nicht mehr erhältlich. Hatte auf meine eigene Liste geschaut.

Dann gibt's aber noch die A38 Juice - Boddington's. Hat auch den Hinweis, dass man viel Sauerstoff braucht.
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Re: Britische Hefen verstehen und nutzen - Sammelthread

#11

Beitrag von emjay2812 »

Ich braue ja nur obergärig und habe schon etliche Hefesorten durch. Das die anscheinend alle englischen Ursprungs sind, war mir so nicht bewusst. Die S-33 ist einer meiner Lieblingshefen, die einen schönen Malzcharakter hervorhebt.

Dann hatte ich mal die Gozdawa Whitebread, die mir sehr gut gefallen hat. Schöne Betonung der Hopfenbittere, schöne Balance aus Malz und Hopfen. Stimmt es, dass die mit der S-04 identisch ist?
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Re: Britische Hefen verstehen und nutzen - Sammelthread

#12

Beitrag von DerDallmann »

Bei Hefevergleich Annahmen gucke ich immer hier.
http://beer.suregork.com/
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Re: Britische Hefen verstehen und nutzen - Sammelthread

#13

Beitrag von Colindo »

emjay2812 hat geschrieben: Mittwoch 23. März 2022, 19:58 Dann hatte ich mal die Gozdawa Whitebread, die mir sehr gut gefallen hat. Schöne Betonung der Hopfenbittere, schöne Balance aus Malz und Hopfen. Stimmt es, dass die mit der S-04 identisch ist?
Ja genau, die Brauerei hieß Whitbread. Einst eine der drei Londoner Riesenbrauereien zur Porterzeit.
DerDallmann hat geschrieben: Mittwoch 23. März 2022, 21:07 http://beer.suregork.com/
Wie hilfreich findest du die Stammbäume? Zum Beispiel die Tatsache, dass WLP002 näher verwandt ist mit WLP007 als mit den anderen Fuller's-Stämmen finde ich recht verwirrend. Das ist eben mehr Genetik als geschmackliche Nähe.
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Re: Britische Hefen verstehen und nutzen - Sammelthread

#14

Beitrag von emjay2812 »

Wirklich faszinierend, das Hefen von nicht mehr existierenden Brauereien weiterhin kultiviert wurden. Da fragt man sich, wie das in der Praxis funktioniert hat. Andererseits verstehe ich nicht, warum in GB die Vielfalt an Ales noch heute Tradition hat, während in Deutschland obergäriges Bier nahezu ausgestorben ist (Bis auf Kölsch, Alt, Weizen und die ein oder andere lokale Spezialität).
DerDallmann

Re: Britische Hefen verstehen und nutzen - Sammelthread

#15

Beitrag von DerDallmann »

Colindo hat geschrieben: Mittwoch 23. März 2022, 22:11 Wie hilfreich findest du die Stammbäume? Zum Beispiel die Tatsache, dass WLP002 näher verwandt ist mit WLP007 als mit den anderen Fuller's-Stämmen finde ich recht verwirrend. Das ist eben mehr Genetik als geschmackliche Nähe.
Ich finde das total interessant und hab schon oft mal was nachgesehen und gedacht "ok, das ergibt Sinn."
z.B. bei der "Weizenhefe" WB06. Die ist genetisch im Bereich einiger Belgier angeordnet, wie kann die als dt. Weizenhefe vermarktet werden? Passt einfach nicht, auch geschmacklich.
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Re: Britische Hefen verstehen und nutzen - Sammelthread

#16

Beitrag von Colindo »

Zum Thema Boddington Bitter habe ich diesen Link hier gefunden, der das Bier zu dem Zeitpunkt nachstellt, als es noch besonders gut gewesen sein soll: https://boakandbailey.com/2016/08/tonys ... ne-recipe/
Siehe dazu auch: https://barclayperkins.blogspot.com/202 ... -1987.html

Sehr interessant zum Thema "Was ist das Besondere an englischem Bier?" kann man hier nachlesen https://barclayperkins.blogspot.com/202 ... -in_7.html

@DerDallmann Ja, so generelle Tendenzen kann man schon gut da herausnehmen.

@emjay2812 Es gab eine goldene Zeit zwischen den 70ern und 90ern als jede Menge Biere flaschengereift in die USA geliefert wurden und die Hefen aus dem Bodensatz gewonnen werden konnten. Vorher gab es zuwenig Interesse an der Nutzung der Hefen, nachher war keine lebende Hefe mehr in den Bieren. Aber die Hefebanken mit vielen verschiedenen Hefen (anonym, leider) gibt es in England wie in Deutschland.
Und was Vielfalt an Obergärigem angeht, hat Deutschland dafür mehr Vielfalt untergärig. Das tut sich nicht viel.
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Re: Britische Hefen verstehen und nutzen - Sammelthread

#17

Beitrag von Colindo »

Ich habe mal wieder mit der Wyeast 1469 West Yorkshire Ale gebraut und wollte das Gärverhalten dokumentieren. Die Hefe flockuliert sehr stark, ich kenne sonst nur die Fuller's Hefen, die ähnlich stark sind. Dadurch bleibt sie sehr lange oben.

Am ersten Tag kräftige Gärung mit viel weißem Schaum und erster brauner Hefe:
Fermentation Tag 1.jpg
Am dritten Tag schwächt sich die Kohlensäureproduktion ab und der Schaum fällt zusammen:
Fermentation Tag 3.jpg
Am vierten Tag sieht man schön, dass die Hefezellen so stark zusammenhängen, dass weiterhin eine Art klebriges Kräusen sichtbar ist. Das Bier darunter ist schon fast klar:
Fermentation Tag 4.jpg
Jetzt gilt es abzuwarten, wie lange es dauert, bis der letzte Rest an CO2 raus ist und die Hefe doch absinkt. Sie wehrt sich aber weiterhin tapfer.
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Re: Britische Hefen verstehen und nutzen - Sammelthread

#18

Beitrag von HubertBräu »

Vielen Dank :thumbup
Mit der Wyeast #1469 werde ich demnächst ein Yorkshire Bitter brauen. Bin schon sehr gespannt.
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Re: Britische Hefen verstehen und nutzen - Sammelthread

#19

Beitrag von Colindo »

Klingt gut! Sag uns Bescheid wie's wird. Bei Fragen zum Rezept ist dieser Thread der richtige Ort.
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Re: Britische Hefen verstehen und nutzen - Sammelthread

#20

Beitrag von HubertBräu »

Rezept ist sehr einfach .. Golden Promise Pale Ale Malz und etwas Cara hell .. Kombirast bei 67°C für 60 Minuten und als Hopfen Bramling Cross und East Kent Golding.
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Re: Britische Hefen verstehen und nutzen - Sammelthread

#21

Beitrag von emjay2812 »

Mal zwei kurze Frage am Rande. Ich bin ja bisher davon ausgegangen, dass belgische Hersteller belgische Hefen vertreiben.
So war ich der Meinung dass die S-33 belgischen Ursprungs ist.

1.) Die Ester/Charakter hatte ich in einigen Belgiern wiedergefunden.
2.) Wurde von einem völlig unbedarftem Biertrinker bestätigt "das schmeckt wie belgisches Bier",
kenne ich aus dem Urlaub (habe dem einfach mein Bier vorgesetzt).

Brauen die Belgier mit englischen Hefen? Gibt es explizite belgische Hefen abseits der Spezialisten (Saison/Abbaye)?
Wo kommt eigentlich die Brewferm Top her? Taucht hier nicht auf. Also englischer Einwanderer oder belgischer Ureinwohner.
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Re: Britische Hefen verstehen und nutzen - Sammelthread

#22

Beitrag von Colindo »

Ich habe mal irgendwo gelesen, dass es regen Austausch zwischen belgischen und englischen Brauern gab. Das war in Zusammenhang mit einem Ersatz für die schwierig zu bekommende WLP037 Yorkshire Square Ale, die geschmacklich sehr nahe an der WLP550 Belgian Ale ist. Einige englische Hefestämme haben auch das phenolische, dass typisch für Belgien ist. Tatsächlich schmeckt die S-33 für mich auch eher belgisch, wahrscheinlich wegen des hohen Restextrakts, der das Bier so süß macht, wie ich es von einigen belgischen Stilen kenne.

Die Brewferm Top soll sehr nah verwandt mit der S-33 und der Lallemand Windsor sein, so dass einige sagen, es sei der gleiche Stamm.
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Re: Britische Hefen verstehen und nutzen - Sammelthread

#23

Beitrag von emjay2812 »

Vielen Dank für die Informationen. Wirklich alles sehr spannend.
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Re: Britische Hefen verstehen und nutzen - Sammelthread

#24

Beitrag von Commander8x »

emjay2812 hat geschrieben: Freitag 1. April 2022, 20:58 Mal zwei kurze Frage am Rande. Ich bin ja bisher davon ausgegangen, dass belgische Hersteller belgische Hefen vertreiben.
So war ich der Meinung dass die S-33 belgischen Ursprungs ist.
Bisher war ich der Meinung, dass Fermentis ein französischer Hersteller ist.... :Grübel

Gruß Matthias
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Re: Britische Hefen verstehen und nutzen - Sammelthread

#25

Beitrag von flying »

Man sagt die S-33 ist einer der EDME- Strains, die den Malzkonzentraten beigelegt wurde. Dazu muss man aber etwas ausholen. Hausbrauen hatte in Großbrittanien im 19. Jahrhundert eine große Tradition. Hefen wurden unter Hausbrauern getauscht, gepäppelt und weitergereicht. Das muss eine unglaubliche Vielfalt gewesen sein.
1880 wurde allerding die bis dato übliche Malzsteuer gegen eine Biersteuer ersetzt. Man brauchte also eine Lizenz. Das brachte das offizielle Hausbrauen praktisch zum erliegen. Um 1960 gab es laut Erhebungen noch 250 angemeldete Hausbrauer in GB. Die Dunkelziffer der "Schwarzbrauer" war allerdings noch ziemlich groß und so wurden unbescholtene Bürger die das traditionelle Hausbrauen noch durchführten oft vor den Richter gezerrt.
Das brachte die Regierung dazu das Gesetz 1963 zu ändern. Man brauchte keine Lizenz mehr. Die EDME-Corp. (English Diastatic Malt Extract) brachte in den Folgejahren ihre Braukits in großen Mengen unter das Volk. Die S-33 (bzw. der Stamm) soll eine der beigelegten Trockenhefen gewesen sein. Wahrscheinlich weil sie sich super für die Trocknung eignete..
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Re: Britische Hefen verstehen und nutzen - Sammelthread

#26

Beitrag von Colindo »

Super Eklärung, danke dafür. Teile davon habe ich an vielen Stellen erwähnt gesehen, aber hättest du eine Quelle für die ganze Geschichte? Habe ich bisher nicht finden können.
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Re: Britische Hefen verstehen und nutzen - Sammelthread

#27

Beitrag von Colindo »

Mal ein Ergebnis meines aktuellen Fuller's-Klon, den ich gerade vor der Kamera verkostet habe: Letztes Jahr mit der Bulldog Brew B4, einer Trockenhefe die ähnlich der Fuller's Hefe scheint, gab es ein ordentliches Ergebnis. Dieses Jahr mit der Imperial Yeast A09, die geschmacklich am nähesten sein soll, aber unter bestimmten Umständen Fehlaromen erzeugt: Das ganze Bier riecht nach rotem Apfel. Bin sehr von der Hefe enttäuscht, und im Internet weiß keiner, wann dieses Aroma entsteht und wie man es vermeidet :crying
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Re: Britische Hefen verstehen und nutzen - Sammelthread

#28

Beitrag von Shoegazer »

Hm… roter Apfel deutet aber ganz deutlich auf die Hefe hin. Wie wurde es denn vergoren?
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Re: Britische Hefen verstehen und nutzen - Sammelthread

#29

Beitrag von Colindo »

Standard-Fuller's-Prozedur wie im ersten Post beschrieben. Die Hefe ist bekannt dafür, dass sie diesen Fehlgeschmack produzieren kann, anscheinend weiß keiner, warum.
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Re: Britische Hefen verstehen und nutzen - Sammelthread

#30

Beitrag von Shoegazer »

Auf den Seiten des Hobbybrauer Versandes findet sich folgender Passus:

„ Ebenso produziert die Hefe sehr viel mehr Ester als andere Ale-Hefen.

Achte darauf, das eine ausreichende Diacteyl-Rast mit dieser Hefe gemacht wird.“

Vielleicht mal zwei Tage in die gute Stube stellen…
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Re: Britische Hefen verstehen und nutzen - Sammelthread

#31

Beitrag von §11 »

Commander8x hat geschrieben: Samstag 2. April 2022, 09:45
emjay2812 hat geschrieben: Freitag 1. April 2022, 20:58 Mal zwei kurze Frage am Rande. Ich bin ja bisher davon ausgegangen, dass belgische Hersteller belgische Hefen vertreiben.
So war ich der Meinung dass die S-33 belgischen Ursprungs ist.
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Re: Britische Hefen verstehen und nutzen - Sammelthread

#32

Beitrag von Seed7 »

Colindo hat geschrieben: Freitag 1. April 2022, 21:46 Ich habe mal irgendwo gelesen, dass es regen Austausch zwischen belgischen und englischen Brauern gab.
Das gab es zwei mal. Das erste mal war es als man in die "lage landen" (Niederlande, Belgien, Luxemburg und ein stueckchen Deutschland) vergessen hatte wie qualitaets biere zu brauen. Dan haben die "Belgischen" (ab 1830) braumeister es in England wieder gelernt und haben die hefe mitgenommen. Hier aus soll u.a. Rodenbach entstanden sein.

Viel wichtiger fuer die aktuellen hefen war das zweite mal, nach dem grossen krieg (der erste weltkrieg). Danach gab es keine sudhaueser mehr, das metal war zu wertvoll. Wieder hat man das brauen wieder in England gelernt und hefe mitgenommen. Die bekannteste ist wohl Duvel, aber auch de Koninck und moeglich Palm haben Englischen ursprung.

Auch in rezeptur gibt es aehlichkeiten, nimm ein klassisches Dubbel und teile es durch zwei und mann hat ein klassisches Mild Ale (helles malz und dunkel gebranntes zucker). Oder diese Tally Ho rezeptur und die von Duvel. Ueberhaupt das brauen mit (viel) zucker sieht mann besonders in England und Belgien.

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Re: Britische Hefen verstehen und nutzen - Sammelthread

#33

Beitrag von Commander8x »

Danke Dir Ingo, sehr interessant!

Gruß Matthias
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Re: Britische Hefen verstehen und nutzen - Sammelthread

#34

Beitrag von Colindo »

Nochmal ein Nachtrag zu meiner Apfelaroma-produzierenden Fuller's-Hefe. Mit viel Konzentration konnte ich festmachen, dass das dunklere Bier, ein Klon vom Fuller's London Porter, das Apfelaroma enthält, der hellere Klon vom Fuller's ESB aber nicht. Das ist einerseits schön, andererseits macht es das Rätsel, woher das Fehlaroma kommt, noch merkwürdiger. Beide Biere wurden zur gleichen Zeit im gleichen Raum mit gleichem Gärprofil vergoren.
Mögliche Ursachen:
- Das dunkle Malz liefert irgendeine Vorstufe des Aromas
- Das dunklere Bier wurde etwas höher angestellt (Gleiche Anstellrate, aber niedrigere Stammwürze)

Jetzt nach 2 Wochen ist das Apfelaroma etwas reduziert. Man bemerkt es aber noch gut.
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Re: Britische Hefen verstehen und nutzen - Sammelthread

#35

Beitrag von HubertBräu »

Ich habe soeben mein Yorkshire Bitter mit der Wyeast 1469 abgefüllt.
Das Verhalten der Hefe kann ich wie in #17 von Colindo weiter oben beschrieben bestätigen. Ich bin aber bei 79% Vergärungsgrad gelandet, angegeben wir sie mit 67-71%. Das wundert mich jetzt bissl. Welchen Vergärungsgrad habt ihr erreicht? Das Jungbier schmeckt schon Klasse .. freue mich schon, wenn es fertig karbonisiert ist.

Gruß
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Re: Britische Hefen verstehen und nutzen - Sammelthread

#36

Beitrag von Colindo »

Ich komme auch immer so auf knapp 80%. Bin übrigens gerade in Yorkshire und werde mal versuchen, das Original Timothy Taylor Landlord zu finden.
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Re: Britische Hefen verstehen und nutzen - Sammelthread

#37

Beitrag von Colindo »

Am Sonntag habe ich einen Klon des Theakston Old Peculier versucht. Laut Webseite benutzen die eine Twin Strain (also mixen zwei Hefen), die ein Aroma nach Kirschen und Banane geben. Kirsche habe ich neben Pflaume bei WLP500 und WLP530 (beides belgische Hefen) in der Beschreibung gefunden. Wyeast erwähnt Steinobst bei der 1469 und der 1882. Ich habe jetzt aus meinen vorhandenen Hefen eine Mischung aus 50% Fuller's und 50% West Yorkshire gemacht und damit angestellt. Bin mal gespannt, wie es wird.

Zwischendurch hatte ich auch überlegt, die Fuller's mit der 1728 Scottish Ale zu mischen. Aber meine Scottish Ale war tot (roch nach Heftpflaster). Die belgischen Stämme von White Labs habe ich leider beide nicht.
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Re: Britische Hefen verstehen und nutzen - Sammelthread

#38

Beitrag von Seed7 »

S-04 macht etwas banane.

ingo
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Re: Britische Hefen verstehen und nutzen - Sammelthread

#39

Beitrag von Colindo »

Danke Ingo. Das habe ich auch schonmal gehört. Die Banane selbst war mir aber nicht so wichtig, und beim Verkosten des Bieres in England vor zwei Wochen war sie mir auch nicht aufgefallen. Also konzentriere ich mich mehr auf die Kirsche.

Banane gibt es manchmal auch bei völlig überstresster Hefe. Dann kann das plötzlich fast jeder Hefestamm :Wink
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Re: Britische Hefen verstehen und nutzen - Sammelthread

#40

Beitrag von Johnny H »

Ich tue mich sehr schwer mit der Vorstellung, dass eine traditionell englische Brauerei wie Theakston belgische Hefestämme verwendet. Da wird aus meiner Sicht das Geheimnis eher irgendwo in der Gärführung liegen. Leider habe ich aber keine näheren Einblicke in die Brauerei selbst.
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Re: Britische Hefen verstehen und nutzen - Sammelthread

#41

Beitrag von Colindo »

Johnny H hat geschrieben: Dienstag 5. Juli 2022, 13:11 Ich tue mich sehr schwer mit der Vorstellung, dass eine traditionell englische Brauerei wie Theakston belgische Hefestämme verwendet. Da wird aus meiner Sicht das Geheimnis eher irgendwo in der Gärführung liegen. Leider habe ich aber keine näheren Einblicke in die Brauerei selbst.
Wenn du etwas höher scrollst wirst du einen Beitrag von Ingo finden, wo er beschreibt, warum die Hefen zwischen England und Belgien teilweise extrem nahe verwandt sind. Im Internet finden sich viele Berichte, dass Yorkshire-Hefen durch belgische ersetzt werden können.

Am präzisesten ist natürlich trotzdem ausprobieren und verkosten.
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Re: Britische Hefen verstehen und nutzen - Sammelthread

#42

Beitrag von Johnny H »

Ok, das ist natürlich spannend dann. Das war mir so nicht bekannt, danke!

Auch wenn man weiter zurückgeht, findet man Überlappungen. Das Brauen mit Hopfen in England wurde m.W. durch flämische Brauer eingeführt (ca. 14./15. Jh.) - von daher auch die lange gültige Unterscheidung zwischen "Beer" (mit Hopfen) und "Ale" (ohne Hopfen), und es ging m.W. dann mit dem Austausch lange Zeit hin und her, auch bzgl. Export und Import von Bier.

Von daher ergibt das einen gewissen Sinn, dass die Überlappungen vielleicht teilweise bis in die Gegenwart fortbestehen.
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#43

Beitrag von gulp »

Man kann auch belgische und englische Hefen mischen. Habe ich mal mit der Notti und der Maitre Brasseur gemacht. Das Bier hat recht ähnlich wie der Brugse Zot geschmeckt.

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Re: Britische Hefen verstehen und nutzen - Sammelthread

#44

Beitrag von Colindo »

Diese hier? Klingt wie eine gute Kombi mit der Notti.
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#45

Beitrag von gulp »

Colindo hat geschrieben: Dienstag 5. Juli 2022, 13:38 Diese hier? Klingt wie eine gute Kombi mit der Notti.
Richtig!
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#46

Beitrag von Christian002 »

@Colindo Ich will gerne dein Yorkshire Bitter Clone nachbrauen (siehe Rezept).

Dazu zwei Fragen:
1. Bist du dir mit den IBU-Angaben sicher? Wenn ich die Werte bei maischemalzundmehr eingebe (siehe IBU-Rechner) komme ich auf ca. 43 IBU. Das klingt mir etwas hoch, kenn mich mit dem Stil aber nicht aus. Angegeben hast du im Rezept 30 IBU. Was meinst du?

2. Vergärgrad von 79%? Kann das bei der Wyeast 1469 sein?

Hab vielen Dank
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Re: Britische Hefen verstehen und nutzen - Sammelthread

#47

Beitrag von Jan82 »

Ich habe Anfang des Jahres einen Landlord Klon gebraut, nach einem Rezept was zu etwa 90% dem von Colindo entspricht. Ich hatte 34 IBU anvisiert und bin bei einem Vergärgrad von 78% mit der Hefe gelandet. Mit immer mal wieder aufrühren. Also der Vergärgrad stimmt schon.
Das Resultat war wahnsinnig gut. Ist mein liebstes Bier der letzten Jahre...
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#48

Beitrag von Colindo »

Christian002 hat geschrieben: Sonntag 18. Dezember 2022, 08:50 1. Bist du dir mit den IBU-Angaben sicher?
Hmm, die Angaben der Hopfen habe ich aus dem Buch Brew Your Own British Real Ale. Dort wird immer mit einer Nachisomerisierungszeit von 0 Minuten gerechnet. Allerdings erscheinen die Gaben auch damit im MMuM-IBU-Rechner deutlich zu hoch. Ich würde auf einen Rechen- oder Übertragungsfehler von mir tippen und die Bittergaben lieber reduzieren.
Christian002 hat geschrieben: Sonntag 18. Dezember 2022, 08:50 2. Vergärgrad von 79%? Kann das bei der Wyeast 1469 sein?
Die Wyeast 1469 vergärt wirklich deutlich höher als vom Hersteller angegeben.
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Re: Britische Hefen verstehen und nutzen - Sammelthread

#49

Beitrag von HubertBräu »

Ich bin beim meinem Yorkshire Bitter mit der Wyeast #1469 auch bei 79% Vergärungsgrad gelandet (70min Kombirast bei 67°C).
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Re: Britische Hefen verstehen und nutzen - Sammelthread

#50

Beitrag von Johnny H »

Colindo hat geschrieben: Freitag 15. April 2022, 15:59 Nochmal ein Nachtrag zu meiner Apfelaroma-produzierenden Fuller's-Hefe. Mit viel Konzentration konnte ich festmachen, dass das dunklere Bier, ein Klon vom Fuller's London Porter, das Apfelaroma enthält, der hellere Klon vom Fuller's ESB aber nicht. Das ist einerseits schön, andererseits macht es das Rätsel, woher das Fehlaroma kommt, noch merkwürdiger. Beide Biere wurden zur gleichen Zeit im gleichen Raum mit gleichem Gärprofil vergoren.
Mögliche Ursachen:
- Das dunkle Malz liefert irgendeine Vorstufe des Aromas
- Das dunklere Bier wurde etwas höher angestellt (Gleiche Anstellrate, aber niedrigere Stammwürze)

Jetzt nach 2 Wochen ist das Apfelaroma etwas reduziert. Man bemerkt es aber noch gut.
Hallo Colindo,

Dein Post ist ja schon eine Weile her: keine Ahnung, ob Du mittlerweile weitergekommen bist in punkto Deines Fehlaromas "roter Apfel", aber eine Substanz, die mit dieser Wahrnehmung assoziiert wird, ist Ethylhexanoat. Das ist ein Ester, der auch mit den Wahrnehmungen "Lakritz/Süßholz" oder auch "Sternanis" beschrieben wird.

Die Esterbildung in Bieren ist allerdings eine komplizierte Angelegenheit. Einerseits hefestammabhängig, dann auch aufgrund von zu warmer Gärung oder auch als Folge der Stoffwechselumstellung im Verlauf der Gärung (was wiederum von der Anstellrate abhängig ist).

Laut meinen Unterlagen fördert man Esterbildung durch z.B. Underpitching, wenig Belüftung vor der Gärung oder auch flache Gärbehälter. Förderlich soll sich auch auswirken, wenn man die Temperatur zum Ende der Gärung kommen lässt (da die Ester eher gegen Ende der Gärung entstehen), und höhere Stammwürzen bewirken auch mehr Esterbildung. Für die Unterdrückung sollte man dann umgekehrt verfahren.

Auf den ersten Blick scheint das jetzt nicht so ganz zu Deinen Ergebnissen zu passen, aber geschmackliche Wahrnehmung ist ja immer ein wenig kompliziert, kann auch eine Kombination verschiedener Aromen sein, und vielleicht ist auch Acetaldehyd (eigentlich "grüner Apfel") im Spiel.

Einige Deiner fleißig gesammelten Links zu Hefevergleichen unterschiedlicher Hersteller habe ich übrigens ins Wiki eingepflegt, ebenso Deinen offenbar erfolgreichen Versuch, den Fuller's-Stamm aus einem IPA hochzuziehen.
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