Warum explodiert Bier bei der Flaschengärung?

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PeterKoe
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Warum explodiert Bier bei der Flaschengärung?

#1

Beitrag von PeterKoe »

Hallo Forum,

folgende Frage: Warum explodiert manchmal Bier bei der Flaschengärung, wenn der Vergärungsgrad zu gering und der Restextrakt zu hoch ist? Das Grundprinzip ist mir natürlich klar: Hefe wandelt Zucker in Akohol plus Kohlensäure um, mithin entsteht druckt, also Explosionsgefahr. Was mich verwirrt: Wenn der Restextrakt hoch ist, liegt dies doch in der Regel daran, dass der verbliebene Zucker von der Hefe nicht verstoffwechselt werden kann. Also dürfte dann doch mit diesem Zucker auch bei der Gärung in der Flasche nichts mehr passieren. Die Hefe müsste doch nur den für die Flaschengärung hinzugefügten Zucker verstoffwechseln. Also: Warum besteht bei zu geringem Vergärungsgrad Explosionsgefahr, wenn doch selbiger darauf zurückzuführen ist, dass der verbleibende Zucke gerade nicht mehr verstoffwechselt werden kann. Kann mir das jemand erklären? Wo ist mein (chemischer) Denkfehler?

Etwas Hintergrund: Ich bin ziemlicher Dilettant, braue kleine Mengen mit den Utensilien von 'Besserbrauer' und nutze dazu einfach meinen Herd. Tendenziell produziere ich oft Bier mit zu hohen Restextrakt, vermutlich weil ich auf meinem Herd die Temperatur nicht so gut regulieren kann (nehme auch hierzu Tipps entgegen ;) ). Der Themenkomplex 'Restextrakt und Explosionsgefahr' ist daher relevant für mich. Hab hier gerade mal wieder ein Jungbier rumstehen mit stabil 6° Plato Restextrakt bei 12,5° Stammwürze (gespindelt) und frag mich, wie/ob ich daraus noch ein süffiges, nicht-explodierendes Light-Bier produzieren kann.

Schönen Sonntag und Danke vorab für eure Tipps

Peter
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Re: Warum explodiert Bier bei der Flaschengärung?

#2

Beitrag von §11 »

Deine Idee das der Restextrakt nur aus unvergärbarem Extrakt besteht ist nur dann richtig wenn das Bier den Ausstoßvergärungsgrad erreicht hat. Ist die Gärung noch nicht abgeschlossen, ist der Restextrakt eine bunte Mischung aus vergärbarem und unvergärbarem Zucker.

Nur Messen, ideal in Kombination mit einer Schnellvergärprobe, kann hier Gewissheit geben.

Gruß

Jan
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Re: Warum explodiert Bier bei der Flaschengärung?

#3

Beitrag von §11 »

Ein anderer Grund ist natürlich eine erhöhte Infektionsgefahr. Bier ist ja unter anderem so stabil, weil es wenig Nährstoffe enthält mit denen Bierverderber etwas anfangen können. Bei einem hohen Restextrakt kann das, je nach Hefe, anders aussehen.

Z.B. können nicht alle Hefen Maltotriose verstoffwechseln. Hast du mit einer solchen Hefe angestellt und viel Maltotriose im Jungbier, bleibt die Gärung bei hohem Restextrakt stehen. Fängst Du dir nun eine Hefe ein die Maltotriose kann, geht die Gärung weiter.
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Johnny H
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Re: Warum explodiert Bier bei der Flaschengärung?

#4

Beitrag von Johnny H »

PeterKoe hat geschrieben: Sonntag 8. Mai 2022, 13:45 [...]
Tendenziell produziere ich oft Bier mit zu hohen Restextrakt, vermutlich weil ich auf meinem Herd die Temperatur nicht so gut regulieren kann (nehme auch hierzu Tipps entgegen ;) ). Der Themenkomplex 'Restextrakt und Explosionsgefahr' ist daher relevant für mich. Hab hier gerade mal wieder ein Jungbier rumstehen mit stabil 6° Plato Restextrakt bei 12,5° Stammwürze (gespindelt) und frag mich, wie/ob ich daraus noch ein süffiges, nicht-explodierendes Light-Bier produzieren kann.

Schönen Sonntag und Danke vorab für eure Tipps

Peter
Hallo Peter,

6°P (bzw. genaugenommen 6% Restextrakt, °P ist eine Einheit, die nur bei der Stammwürze zum Einsatz kommt) sind viel zu viel! Hier wäre zunächst mal zu fragen, wie dieser Wert überhaupt gemessen wurde - mit Spindel oder mit Refraktometer (aus dem Text ist das nicht ganz eindeutig)? Falls ein Refraktometer zum Einsatz kam, muss der Wert zunächst um den Alkoholfehler bereinigt werden. Dazu findet man hier Hilfe.

Auch bei Verwendung einer Spindel ist immer ein Messfehler möglich.

Falls die 6% Restextrakt tatsächlich stimmen, ist eine sehr naheliegende Vermutung, dass die Gärung noch nicht abgeschlossen war (wie lange lief denn die Gärung, und wie lange war der Restextrakt stabil?) oder aus irgendwelchen Gründen zum Stillstand kam. Ich würde da insgesamt gerne mehr zum Rezept wissen wollen, und zwar am besten die hier im Abschnitt "Schnelle und gezielte Hilfe" aufgelisteten Informationen.
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Re: Warum explodiert Bier bei der Flaschengärung?

#5

Beitrag von Colindo »

Wenn du so hohen Restextrakt über hast, ist deine Gärung eingeschlafen. Die Hefe wacht dann irgendwann in der Flasche wieder auf und gärt weiter. Wenn du zwischendurch Zucker für die Flaschengärung hinzugefügt hast, erzeugst du damit zuviel CO2.

Mein großer Fehler war, das Wasser nicht aufzubereiten. Das hat dafür gesorgt, dass dunkle Biere sauber durchvergärten, aber helle Biere durch den hohen Maische-pH oft in der Gärung einschliefen. Seit ich das Wasser per Rechner immer bei Maische-pH=5,4-5,5 habe (rechnerisch, nicht gemessen) ist das Problem verschwunden. Ohne Wasseraufbereitung ergab sich ein berechneter Maische-pH-Wert von 5,8.
Zuletzt geändert von Colindo am Sonntag 8. Mai 2022, 18:04, insgesamt 2-mal geändert.
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Re: Warum explodiert Bier bei der Flaschengärung?

#6

Beitrag von Sebasstian »

Colindo hat geschrieben: Sonntag 8. Mai 2022, 15:12 Seit ich das Wasser per Rechner immer bei ph=5,4-5,5 habe (rechnerisch, nicht gemessen) ist das Problem verschwunden. Ohne Wasseraufbereitung ergab sich ein berechneter pH-Wert von 5,8.
Hi,
du meinst hier sicherlich den pH Wert der Maische, oder?
Ich hake hier nur mal nach, weil diese sprachliche Unsauberkeit sehr häufig bei Wasseraufvereitungs-Neulingen zu großer Verwirrung führt.
Zuletzt geändert von Sebasstian am Sonntag 8. Mai 2022, 18:04, insgesamt 1-mal geändert.
Grüße,
Sebastian
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Re: Warum explodiert Bier bei der Flaschengärung?

#7

Beitrag von Colindo »

Sebasstian hat geschrieben: Sonntag 8. Mai 2022, 17:56 Ich hake hier mal nach, weil diese sprachliche Unsauberkeit sehr häufig bei Wasseraufvereitungs-Neulingen zu großer Verwirrung führt.
Es steht zwar im Satz vorher, aber prinzipiell hast du Recht. Ich habe mal überall zu "Maische-pH" korrigiert.
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Re: Warum explodiert Bier bei der Flaschengärung?

#8

Beitrag von PeterKoe »

Vielen Dank euch allen für eure Antworten! Sehr erhellend. Hier noch mal einige weitere Hintergrund-Infos:

- Das Bier hat 3 Wochen gegärt und ist seit 1 Woche stabil bei 6° Plato. Deswegen gehe ich davon aus, dass da nicht mehr viel passiert. Laut Anweisung soll das Jungbier 'mindestens 1 Woche' gären.
- Das Rezept (bzw. die Anleitung) für das IPA, an dem ich mich versucht habe, findet sich hier (pdf): https://www.besserbrauer.de/uploads/bra ... ng_ipa.pdf
- Gemessen habe ich mit einer Spindel. Ich habe dabei die nötige Korrektur bei Abweichung von der Eichtemperatur vorgenommen und drauf geachtet, dass an der Spindel keine Bläschen hängen, die das Ergebnis verfälschen könnten.

Eine Option ist natürlich, dass die Hefe eingeschlafen ist. Das würde auch die ganze Explosions-Chose erklären, wenn nämlich die Hefe bei der Flaschengärung wieder aufwacht. Da es, wie gesagt, gar nicht so leicht ist, mit gewöhnlichen Küchenutensilien (Herd, Kochtopf) beim Maischen die richtige Temperatur zu erreichen, hatte ich - nach Lektüre diverser Forenbeiträge - geschlossen, dass das Problem vermutlich eher ist, dass ich zu viel unvergärbaren Zucker produziert habe. Dann dürfte es aber ja normaleweise keine Explosionsgefahr geben, richtig?.

Ich kann berichten, dass bei einem früheren Brauversuch von mir bei der Flaschengärung tatsächlich erheblicher Druck entstanden ist (die Flaschen sind nicht explodiert, aber das Bier sehr wohl beim Öffnen der Flaschen). Kann ich daraus schließen, dass das Problem nicht war, dass zu viel unvergärbarer Zucker im Jungbier war, sondern dass das Jungbier nicht ausgegoren war/die Hefe eingeschlafen ist? Das Bier hat allerdings auch recht alkoholarm und süffig geschmeckt. Sollte tatsächlich einfach die Hefe eingeschlafen sein, kann man sie wiederbeleben?

Ansonsten noch: Danke für die Hinweise auf 1) Infektionsgefahr 2) Wasseraufbereitung. Die Optionen hatte ich nicht auf dem Schirm.
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Re: Warum explodiert Bier bei der Flaschengärung?

#9

Beitrag von Colindo »

Ich habe auch mit Besserbrauer angefangen und mir ist beim Birnencidre damals eine Flasche (zugegebenermaßen eine Saftflasche, keine druckfeste Bierflasche) geplatzt. Damals hatte ich auch 2 Wochen gewartet, bis die Hauptgärung durch war, aber die Hefe lag so dicht oben auf dem Saft dass sie in der Zeit nicht die ganze Würze durchvergoren hatte. Die Wahrscheinlichkeit, dass du mit hoher Maischtemperatur 6°P Restextrakt hinkriegst, ist sehr gering. Typisch sind 3°P, wenn viel Restextrakt da ist.
PeterKoe hat geschrieben: Montag 9. Mai 2022, 08:24 Sollte tatsächlich einfach die Hefe eingeschlafen sein, kann man sie wiederbeleben?
Am besten wäre es, wenn du frische Trockenhefe rehydrierst und neu dazu gibst. Die wird fit genug sein, um sich um den Restextrakt zu kümmern. Bei deinem Bier wird das die Fermentis Safale US-05 gewesen sein; die kannst du einfach nachkaufen.
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Johnny H
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Re: Warum explodiert Bier bei der Flaschengärung?

#10

Beitrag von Johnny H »

Hallo Peter,

ok, das klingt zumindest so, als hättest Du dem Bier ausreichend Zeit gegeben. Alkoholfehler aufgrund von Refraktometermessung können wir auch ausschließen, sehr gut.

Ich würde allerdings trotzdem die Möglichkeit eines Messfehlers nicht ganz ausschließen wollen. Was für eine Spindel hast Du denn verwendet? Wir haben vor einigen Jahren mal einen tollen Ringversuch durchgeführt (nachzulesen hier), und da gab es auch bei den Spindeln erhebliche Abweichungen. Hast Du denn die besagte Spindel vorher schon mal verwendet? Ggf. auch mal in Wasser (20°C) überprüfen, ob sie tatsächlich 0°P anzeigt.

Zum dem Rezept bzw. Braupaket kann ich leider nicht viel sagen, außer dass es sich dabei um eine Art "Black Box" handelt. Die US-05 (sollte diese Hefe tatsächlich Teil dieses Braupakets sein) ist eigentlich eine unkomplizierte Standardhefe und nicht bekannt dafür, dass sie Gärprobleme verursacht, aber wenn hier eine Umverpackung stattgefunden haben sollte, weiß man das natürlich nicht so genau, ob hier was schiefgelaufen sein könnte. Vielleicht war auch das (vermutlich vorgeschrotete) Malz nicht mehr in optimalem Zustand - das ist von außen sehr, sehr schwer zu sagen. In jedem Fall ist ein so niedriger Vergärgrad sehr, sehr untypisch und m.E. auch schlecht mit Temperaturschwankungen während des Maischens zu erklären - letzteres kann aber bei so kleinen Suden auf dem Herd gerne mal passieren, weswegen ich es auch nicht vollständig als Ursache ausschließen möchte.

Trockenhefe aufzustreuen ist auch suboptimal - das könnte auch zum Problem beigetragen haben. War denn der Sud vollständig abgekühlt, als das Anstellen erfolgt ist? Wurde die Temperatur durch Messung bestätigt?

Zu #9: Eine oben aufliegende Hefe ist normalerweise auch kein Problem - deswegen heißen diese Hefestämme ja im Grunde genommen auch "obergärig".

Als mögliche Lösung kann ich auch nur vorschlagen, nochmal mit korrekt rehydrierter Hefe anzustellen (Anleitung auf der Packung, 10fache Menge Wasser, T wie auf Packung angegeben). Dazu sollte man auch kein ganzes Päckchen verwenden, sondern ca. 0,5g Trockenhefe/l.

edit: kleine sprachliche Präzisierung des Texts
Zuletzt geändert von Johnny H am Montag 9. Mai 2022, 13:58, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Warum explodiert Bier bei der Flaschengärung?

#11

Beitrag von Colindo »

Johnny H hat geschrieben: Montag 9. Mai 2022, 11:17 Eine oben aufliegende Hefe ist normalerweise auch kein Problem - deswegen heißen diese Hefestämme ja im Grunde genommen auch "obergärig".
Normalerweise hast du Recht, aber es kann die Gärung verlangsamen, wenn sich die Hefe nicht mehr richtig mit der Würze vermischt. Ich hatte das Problem tatsächlich nur dieses eine Mal. Da ich damals aber nicht wusste, dass man mehrmals hintereinander messen muss, um das Ende der Gärung richtig zu erkennen, war das Ergebnis trotzdem unschön.

Für Peter hast du ja jede Menge guter Tipps gegeben.
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Re: Warum explodiert Bier bei der Flaschengärung?

#12

Beitrag von PeterKoe »

Danke noch mal euch beiden für die hilfreichen Einschätzungen.

Ich benutze diese Spindel https://www.hobbybrauerversand.de/Sacch ... el-0-20-05. Gegen die Messfehler-Theorie spricht, dass mein Bier (inkl. mein aktuelles Jungbier) typischerweise relativ süß und alkoholarm schmeckt. Ich habe die Spindel auch mal mit Wasser bei 20° getestet - alles in Ordnung.

Ja, der Sud war bei ~25°, als ich die Hefe hinzugefügt habe. Die Temperatur messe ich übrigens mit so einem Fleischthermometer dieser Art https://www.amazon.de/ThermoPro-Fleisch ... 07CB8JG21/. Vielleicht nicht ideal, aber Flüssigkeiten müsste es ja schon halbwegs akkurat messen können.

Ich werde jetzt einfach mal besagte Hefe nachkaufen und rehydriert hinzugeben. Viel kaputtmachen kann ich ja jetzt auch nicht. Und dann habe ich was zu berichten ;)
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Re: Warum explodiert Bier bei der Flaschengärung?

#13

Beitrag von olibaer »

Johnny H hat geschrieben: Montag 9. Mai 2022, 11:17 ... und da gab es auch bei den Spindeln erhebliche Abweichungen. Hast Du denn die besagte Spindel vorher schon mal verwendet?
Tatsächlich lässt sich in sehr guter Näherung ein linearer Zusammenhang zwischen Vergärungsgrad scheinbar Vs[%] und resultierender CO2-Konzentration je Extraktprozent [1] über den Faktor 0,038 herstellen:

CO2 [g/l] = Vs[%] * 0,038

Damit lassen sich erhebliche und unerhebliche Abweichungen für Extraktprozente in g/L CO2 qualifizieren und quantifizieren.
Beispiel:

Soll/Rezept
°P = 12,0
Vs% = 75
Es% = 3,0

Ist(man glaubt, das Jungbier ist endvergoren)
°P = 12,0
Vs% = 69,2
Es% = 3,7

CO2-Overload:
(3,7 - 3,0) x 75 x 0,038 = 1,99 g/L CO2

In Worte gefasst:
Hab' ich mich um 0,7% verspindelt oder habe ich angenommen, dass das Bier mit 3,7 Extraktprozenten endvergoren ist(-> hat 3 Tage nix getan), dann wird jede Art von berechneter Aufkarbonisation zu einer Überkarbonisation von ~ 2,0 g/L CO2 führen.

P.S.: Wer schon immer mal wissen wollte was maximal drin ist ... Beispiel:
°P = 12,0
Vs% = 75

12 x 75 x 0,038 = 34 g/L CO2

~ 2 g/L CO2 verbleiben im Bier, der Rest geht in den Raum!!!



Verweise:
[1] Extraktprozent, kontextfrei, basierend auf g Extrakt in 100 g wässriger Lösung.
Gruss
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Johnny H
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Re: Warum explodiert Bier bei der Flaschengärung?

#14

Beitrag von Johnny H »

PeterKoe hat geschrieben: Montag 9. Mai 2022, 22:49 [...] Gegen die Messfehler-Theorie spricht, dass mein Bier (inkl. mein aktuelles Jungbier) typischerweise relativ süß und alkoholarm schmeckt. Ich habe die Spindel auch mal mit Wasser bei 20° getestet - alles in Ordnung.

Ja, der Sud war bei ~25°, als ich die Hefe hinzugefügt habe. [...]
Hallo Peter,

das sind gute Hinweise. Da würde ich wahrscheinlich den gespindelten Messwerten auch glauben.

25°C beim Anstellen ist hingegen relativ hoch, auch im Hinblick auf unerwünschte geschmackliche Noten. Für das Rehydrieren in Wasser mag eine solche Temperatur angemessen sein, für das Anstellen des Sudes wäre ich vorsichtiger. Ob die Kombination aus dieser recht hohen Anstelltemperatur und Aufstreuen der Hefe für Dein Problem verantwortlich ist, weiß ich nicht. Wie gesagt, das Aufstreuen der Hefe ist mit Vorsicht zu genießen. Stichwort: osmotischer Druck, die Hefe kann im getrockneten Zustand nicht steuern, was durch ihre Membran kommt. Mittlerweile kann man aber auch nicht mehr pauschal sagen, dass Aufstreuen generell falsch wäre (es gibt da m.W. auch Veröffentlichungen dazu von Trockenhefe-Herstellern).

Was an ungeklärten Faktoren insgesamt bleibt, ist die "Black Box" im Sinne Deiner Rohstoffe (Malz und Hefe).

Den Plan mit neuer Hefe finde ich auf jeden Fall ganz gut. Einen Versuch ist es auf jeden Fall wert.
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Re: Warum explodiert Bier bei der Flaschengärung?

#15

Beitrag von PeterKoe »

Alles klar. Mir war nicht bewusst, dass Hefen so sensible Tierchen (oder eher: Pilzchen) sind und das Aufstreuen der Hefe daher ein Knackpunkt sein könnte. '

Danke olibaer für die Rechnung. Die Rechnung trifft natürlich nur zu, wenn der Restextrakt tatsächlich noch vergärbar ist. Aber das ist ja gerade die Arbeitshypothese.
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Re: Warum explodiert Bier bei der Flaschengärung?

#16

Beitrag von IronHosch »

Kurzer Hinweis zu den Zutaten:
Ein Bekannter von mir hat vor kurzem auch das 20l IPA-Paket von besserbrauer gebraut.
Hab mir das Paket bei ihm kurz angeschaut. Da war eine original verpackte US-05 von Fermentis (11g) dabei.
Bezüglich Hopfen und Schüttung war keine Info zu sehen.
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Re: Warum explodiert Bier bei der Flaschengärung?

#17

Beitrag von Colindo »

Früher stand beim Hopfen auch die Sorte drauf. Beim Pale Ale war es nur Cascade, könnte beim IPA auch so sein (nur eben in größeren Mengen).
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Re: Warum explodiert Bier bei der Flaschengärung?

#18

Beitrag von olibaer »

PeterKoe hat geschrieben: Dienstag 10. Mai 2022, 16:00 Danke olibaer für die Rechnung. Die Rechnung trifft natürlich nur zu, wenn der Restextrakt tatsächlich noch vergärbar ist. Aber das ist ja gerade die Arbeitshypothese.
Naja, wozu soll eine Arbeitshypothese hier noch gut sein?

Du hast den Endvergärungsgrad nicht bestimmt und hängst in der Nummer fest:
"ist die Gärung durch oder geht noch was"

Das Formelwerk qualifiziert Schieflagen ganz allgemein und kommt ganz ohne Betrachtung eines Einzelfalls aus.
Gruss
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Re: Warum explodiert Bier bei der Flaschengärung?

#19

Beitrag von Peter1860 »

Ich habe auch die letzte Zeit damit etwas Probleme.
Beim vorigen Weissbier habe ich nach 2 Wochen und 3 Tage gleichem Wert bei 4 Plato abgefüllt. Stammwürze lag bei 12,5. Nach 3 Wochen und 3 Bar Druck auf dem Flaschenmanometer, "kroch" mir der Schaum entgegen.
Ich habe heute nochmal ein Weizen abgefüllt. 1 Woche Gärung mit Gozdawa Bavarian Wheat. Stammwürze 13,1 dann 3 mal 2,9 gemessen. Was einen EVG von 77,9% bedeutet.
Ich habe irgendwo gelesen, dass der EVG immer über 80% betragen sollte. Die Bavarian Wheat ist von Gozdawa mit max. 75% angegeben . Gibt es da irgendwelche Angaben oder Tabellen? Die Angaben zum EVG bei den Händlern sind mit "Mittel" oder "Hoch" nicht gerade hilfreich.

Ich reinige die Flaschen vor der Befüllung erst mit einem Oxy-Reiniger und dann nochmal mit einem Dampfreiniger. Beim Umfüllen versuche ich das "Lätschern" komplett zu vermeiden, indem ich einen Silikonschlauch bis zum Boden des Abfüllbehälters benutze. So fließt das Jungbier sauber auf die Speise, die ich eingefroren hatte.
Ich vermute das es zumindest am zu geringen EVG liegt.
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Re: Warum explodiert Bier bei der Flaschengärung?

#20

Beitrag von metaler143 »

Pauschal zu sagen, dass der EVG immer bei über 80% liegen sollte macht denke ich wenig bis keinen Sinn. 77,9% AVG klingen für mich normal, sofern sich der Extrakt nicht mehr geändert hatte klingt das für mich nach abgeschlossener Gärung.
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Re: Warum explodiert Bier bei der Flaschengärung?

#21

Beitrag von schwarzwaldbrauer »

Peter1860 hat geschrieben: Sonntag 15. Mai 2022, 15:25 Ich habe auch die letzte Zeit damit etwas Probleme.
Beim vorigen Weissbier habe ich nach 2 Wochen und 3 Tage gleichem Wert bei 4 Plato abgefüllt. Stammwürze lag bei 12,5. Nach 3 Wochen und 3 Bar Druck auf dem Flaschenmanometer, "kroch" mir der Schaum entgegen.
Ich habe heute nochmal ein Weizen abgefüllt. 1 Woche Gärung mit Gozdawa Bavarian Wheat. Stammwürze 13,1 dann 3 mal 2,9 gemessen. Was einen EVG von 77,9% bedeutet.
Ich habe irgendwo gelesen, dass der EVG immer über 80% betragen sollte. Die Bavarian Wheat ist von Gozdawa mit max. 75% angegeben . Gibt es da irgendwelche Angaben oder Tabellen? Die Angaben zum EVG bei den Händlern sind mit "Mittel" oder "Hoch" nicht gerade hilfreich.

Ich reinige die Flaschen vor der Befüllung erst mit einem Oxy-Reiniger und dann nochmal mit einem Dampfreiniger. Beim Umfüllen versuche ich das "Lätschern" komplett zu vermeiden, indem ich einen Silikonschlauch bis zum Boden des Abfüllbehälters benutze. So fließt das Jungbier sauber auf die Speise, die ich eingefroren hatte.
Ich vermute das es zumindest am zu geringen EVG liegt.
Schau dir mal die betroffenen Flaschen nach dem Einschenken an.
Ich fand bei vielen davon einen Belag in der Innenfläche.
https://hobbybrauer.de/forum/viewtopic. ... 40#p458740
#42

Grüßle Dieter
Brau, schau wem.
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Re: Warum explodiert Bier bei der Flaschengärung?

#22

Beitrag von Peter1860 »

Das werde ich machen Dieter! Danke ....auch wenn es eine "Sau Arbeit" werden dürfte.
Ich spüle zwar meine Flaschen immer nach dem Einschenken sofort und reinige Sie am nächsten Brautag mit Oxy....lagere Sie über Kopf und bevor ich abfülle nochmal Oxy und dampfe Sie mit einem Dampfreinigeraufsatz aus...aber das reicht wohl nicht 😔

Mit dem Teil reinige ich die Flaschen
https://brauen.de/flaschenspueler-monster-cleaner?c=83
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Re: Warum explodiert Bier bei der Flaschengärung?

#23

Beitrag von PeterKoe »

Kleines Zwischenupdate: Ich habe behutsam rehydrierte Hefe hinzugefügt. Wirklich viel scheint sich jetzt aber nicht zu tun. Ein paar kleinere Bläschen, aber das wars. Ich werde in einer Woche noch mal Spindeln.
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Re: Warum explodiert Bier bei der Flaschengärung?

#24

Beitrag von Alt-Phex »

Peter1860 hat geschrieben: Sonntag 15. Mai 2022, 15:25 Beim Umfüllen versuche ich das "Lätschern" komplett zu vermeiden, indem ich einen Silikonschlauch bis zum Boden des Abfüllbehälters benutze. So fließt das Jungbier sauber auf die Speise, die ich eingefroren hatte.
Wie stellst du denn sicher, dass sich die Speise auch wirklich gleichmäßig mit dem Jungbier vermischt? Und berechnest du die Speisemenge oder gehst du von irgendwelchen pauschalen Angaben, wie z.b. 10% aus?
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Re: Warum explodiert Bier bei der Flaschengärung?

#25

Beitrag von Peter1860 »

Ich lasse die Würze auf die Speise fließen und verühre dann mit einem sterilen Braupaddel das Ganze nochmal. Lasse es dann etwa 20 - 30 min. stehen und rühre nochmals um.
Ob sich das alles komplett richtig vermischt hat, stellt sich ja eh erst nach dem Genießen des letzten Bieres heraus. ;) So etwa die ersten 5 Sude hatte ich da 0,0 Probleme.
Meine Berechnungen stelle ich mit Fabier oder Mumm an.
Ich bin aber schon auf dem Trichter in Zukunft nur noch mit Zucker zu vergären. Das ich aber irgendwie bedaure.
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Re: Warum explodiert Bier bei der Flaschengärung?

#26

Beitrag von afri »

Peter1860 hat geschrieben: Montag 16. Mai 2022, 18:42 Ich lasse die Würze auf die Speise fließen und verühre dann mit einem sterilen Braupaddel das Ganze nochmal. Lasse es dann etwa 20 - 30 min. stehen und rühre nochmals um.
Das machst du genau richtig so, kein Grund von Speise auf Zucker zu wechseln.
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Re: Warum explodiert Bier bei der Flaschengärung?

#27

Beitrag von Johnny H »

PeterKoe hat geschrieben: Sonntag 15. Mai 2022, 20:49 Kleines Zwischenupdate: Ich habe behutsam rehydrierte Hefe hinzugefügt. Wirklich viel scheint sich jetzt aber nicht zu tun. Ein paar kleinere Bläschen, aber das wars. Ich werde in einer Woche noch mal Spindeln.
Viel Erfolg!

Wenn's nicht klappt, gebe ich Deinen Rohstoffen (insbesondere dem Malz) die Schuld.

Bei Deinen kleinen Sudvolumina lohnt sich evtl. auch die Anschaffung eines Refraktometers. Ansonsten tun die ständigen Probenahmen von 100-200 ml irgendwann weh.
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Räuber Hopfenstopf
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Re: Warum explodiert Bier bei der Flaschengärung?

#28

Beitrag von Räuber Hopfenstopf »

Ich habe irgendwo gelesen, dass der EVG immer über 80% betragen sollte.
Das hast Du was missverstanden. Wahrscheinlich beziehst Du Dich hierauf:
Die meisten werden insbesondere bei obergärigen Bieren mangels SVP keinen EVG bestimmen können. Schauen wir uns daher als grobe Orientierung direkt den AVG / VGs zum Ende der Gärung an:
≥ 80 %: Alles richtig gemacht!
Das bedeutet, dass der Ausstossvergärungsgrad nach Möglichkeit mindestens 80 % des scheinbaren Vergärungsgrades der Schbellvergärprobe erreichen soll (mehr ist besser). Dabei kann natürlich der VG der verwendeten Hefen sehr unterschiedlich sein. Aber der VG des Bieres im Gärbehälter sollte mindestens 80 % der parallel gestarteten SVP erreichen. Mehr bedeutet das nicht. Ich bin da auch mal auf den falschen Dampfer gekommen und dachte, ich hätte mit der Windsor alles falsch gemacht.
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Re: Warum explodiert Bier bei der Flaschengärung?

#29

Beitrag von Seed7 »

Weil der druck zu hoch wird und die flasche beschaedigt ist. Eine unbeschaedigte neue flasche haelt 6-8 bar druck. Bevor das erreicht ist sollte die kappe schon druck ablassen, etwa 4 bar. Wen der druck etwa 7-8 bar ist macht auch die hefe schon nicht mehr mit (suessmost).

(Zahlen ohne gewaer, es ist schon lange her das ich mich damit beschaeftigt habe)

ingo
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Re: Warum explodiert Bier bei der Flaschengärung?

#30

Beitrag von Frommersbraeu »

Da kann ich mich nur Ingo anschließen, wer ordentliche, neue Flaschen hat, dürfte keine Probleme mit Glasbruch haben. Bei 8 bar hat die Hefe keine Lust mehr, darum ist das für Bierflaschen auch der Prüfdruck.
Schöne Grüße
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Re: Warum explodiert Bier bei der Flaschengärung?

#31

Beitrag von PeterKoe »

So, ein bisschen hat sich noch getan, aber nicht viel: Hab jetzt 5° Plato gespindelt. Ist wahrscheinlich immer noch zu viel. Ich frage mich halt, ob ich das jetzt bedenklos abfüllen kann (würde halt ein eher süßes Bier). Das war ja auch meine ursprüngliche Frage: Wenn der Restextrakt scheinbar (?) nicht vergärbar ist, warum sollte er dann in der Flasche plötzlich doch vergoren werden?
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Re: Warum explodiert Bier bei der Flaschengärung?

#32

Beitrag von Alt-Phex »

PeterKoe hat geschrieben: Sonntag 22. Mai 2022, 15:02 So, ein bisschen hat sich noch getan, aber nicht viel: Hab jetzt 5° Plato gespindelt.
Solange der Restextrakt noch abnimmt, ist das ja offensichtlich noch nicht endvergoren. Und 5% ist schon noch recht viel. Kann aber, je nach dem wie du so rumgemaischt hast, auch das Ende darstellen. Miss einfach in 3 Tagen noch mal.
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Re: Warum explodiert Bier bei der Flaschengärung?

#33

Beitrag von Johnny H »

1% Abnahme (von 6% auf 5%)* in etwa einer Woche (15-22.5.)* ist nicht gerade viel, aber immerhin scheint noch was zu gehen. Schon ein komischer Sud, aber zum Schluss hin kann es bei der Gärung schon mal langsam werden.

* Ich hoffe, ich habe mir die Daten richtig zusammengesucht.
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Re: Warum explodiert Bier bei der Flaschengärung?

#34

Beitrag von PeterKoe »

Danke euch beiden für die Einschätzungen. Dann warte ich einfach noch mal ein paar Tage - why not.
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Re: Warum explodiert Bier bei der Flaschengärung?

#35

Beitrag von BummlerD »

Räuber Hopfenstopf hat geschrieben: Freitag 20. Mai 2022, 22:14
Das bedeutet, dass der Ausstossvergärungsgrad nach Möglichkeit mindestens 80 % des scheinbaren Vergärungsgrades der Schbellvergärprobe erreichen soll (mehr ist besser). Dabei kann natürlich der VG der verwendeten Hefen sehr unterschiedlich sein. Aber der VG des Bieres im Gärbehälter sollte mindestens 80 % der parallel gestarteten SVP erreichen.
Geht es in dem Absatz nicht explizit um den Fall, dass keine SVP vorhanden ist? Wären AVG=80%EVG nicht viel zu gering? Wenn die Differenz vom AVG zum EVG 20% betrüge, müsste doch etwas schief gelaufen sein.
Olibaer sprach hier einmal von 3% Differenz zum EVG.
Gruß Matthias
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Ladeberger
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Re: Warum explodiert Bier bei der Flaschengärung?

#36

Beitrag von Ladeberger »

Räuber Hopfenstopf hat geschrieben: Freitag 20. Mai 2022, 22:14
Ich habe irgendwo gelesen, dass der EVG immer über 80% betragen sollte.
Das hast Du was missverstanden. Wahrscheinlich beziehst Du Dich hierauf:
Die meisten werden insbesondere bei obergärigen Bieren mangels SVP keinen EVG bestimmen können. Schauen wir uns daher als grobe Orientierung direkt den AVG / VGs zum Ende der Gärung an:
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Hallo,

das ist so nicht gemeint. Vielleicht habe ich mit dem "/" im Satz für Verwirrung gesorgt, das war als Alternativbezeichnung, nicht als Division zu verstehen. Diese Werten sollen eine Orientierung geben für den Fall, dass kein EVG bekannt ist. Wenn man einen scheinbaren Vergärungsgrad beim Abfüllen (=AVG) von > 80 % erreicht hat, dann kann man für die Praxis davon ausgehen, dass die Gärung abgeschlossen ist bzw. im worst-case keine Extraktabbau mehr zu erwarten ist, der mir die Flaschen um die Ohren fliegen lässt.

Eine solcher Wert ist immer nochmal um Erfahrungswerte mit Rezept und Hefe zu kalibrieren. Ich weiß z.B. für mein jährliches Blonde Ale mit der US-05, das der AVG hier auch mal auf 85 - 86 % gehen kann, da würde ich den Sud bei 80 % natürlich noch nicht in eine Flasche drücken.

Bei der Windsor Hefe muss man in die andere Richtung korrigieren. Wie bei Lallemand nachzulesen, verwertet dieser Stamm keine Maltotriose. Dieser Dreifachzucker macht ca. 10 - 15 % des gesamten Extrakts aus, d.h. der erzielbare (wirkliche) Vergärungsgrad sinkt um 10 - 15 %, entsprechend der scheinbare Vergärungsgrad um ca. 12 - 18 %. Neue untere Grenze sind damit ca. 62 - 68 % AVG. Habe ich einen VGs in diesem Bereich erreicht und der Extraktabbau kommt zum Erliegen, dann kann man das so durchwinken. Natürlich kann ein Sud mit der Windsor auch höhere AVG erreichen, da sind wir wieder beim Thema Rezeptkontext.

Gruß
Andy
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Re: Warum explodiert Bier bei der Flaschengärung?

#37

Beitrag von Räuber Hopfenstopf »

Alles klar, ich habe mir das nochmal durchgelesen. Das habe ich tatsächlich falsch verstanden. Bei meinen Suden habe ich in der Regel AVG von 72-80 %. Über 80 % empfinde ich sensorisch schon als recht hoch vergoren. Bei S-33 etc. sind es meist knapp unter 70 %. Das hängt bestimmt auch sehr stark vom Bierstil ab. Ich habe z. B. noch nie ein Pils oder Helles gebraut. Bei Schüttungen ohne Caramalze und niedrigeren Stammwürzen können das bestimmt auch deutlich über 80 % werden. Wichtig ist ja, dass man ein Gefühl für die eigene Brauerei bekommt. Wenn ich bei 71-78 % lande, ist je nach Schüttung alles ok.
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Re: Warum explodiert Bier bei der Flaschengärung?

#38

Beitrag von PeterKoe »

Jo, eine Woche später, und es hat sich nichts mehr getan. Immer noch bei 5° Plato. Ist natürlich nicht ideal, aber das müsste doch *eigentlich* heißen, dass der Sud ausgegoren ist und dass *eigentlich* bei der Flaschengärung nur der hinzugefügte Zucker vergoren wird, oder?
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Re: Warum explodiert Bier bei der Flaschengärung?

#39

Beitrag von Johnny H »

Ja, "eigentlich" sollte es durch sein.

Als mögliche Ursache kann ich nur auf die "Black Box" Deiner Rohstoffe verweisen. Schon sehr seltsam, aber es ist wie es ist.

Ich habe sie schon lange nicht mehr verwendet, aber mit der S04 hatte ich auch mehrfach recht niedrige Vergärgrade (67-70%). mit der US-05 allerdings noch nie. Bei Dir sind es jetzt (1 - 5/12,5)% = 60%, das ist schon bzw. immer noch sehr, sehr niedrig.
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Re: Warum explodiert Bier bei der Flaschengärung?

#40

Beitrag von PeterKoe »

Ich bin noch das Resultat schuldig: Das Bier ist nicht explodiert, weder während der Flaschengärung noch beim Öffnen der Flaschen. Letzteres war bisher das Problem und hat schon so manch unschöne Flecken an der Küchendecke hinterlassen. Jetzt alles gut. Ich vermute also tatsächlich, dass frühere Bier einfach nicht ausgegoren waren. Das Bier schmeckt ganz gut, auch wenn ihm etwas mehr Alkohol vielleicht gar nicht schlecht täte. Danke noch mal für eure alle Hilfe und Einschätzunge!
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Re: Warum explodiert Bier bei der Flaschengärung?

#41

Beitrag von Johnny H »

Gut, danke für das Update.

Ich habe immer noch nicht so recht verstanden, warum Du so einen niedrigen scheinbaren Vergärgrad (60%) erzielt hast.

Deine Rohstoffe bzw. Dein Maischeprogramm kann man da als Ursache sicher nicht ausschließen, aber ich würde Dir auf jeden Fall auch raten, Deine Spindel nach Möglichkeit mal bei einem Kollegen in einer Bierwürze oder einem Jungbier zu prüfen. Sprich: zeigt die Spindel wirklich echte Werte an?

Oder ein Refraktometer anschaffen. Das ist zwar rechnerisch (Alkoholfehler) mit ein wenig Umrechnung verbunden, aber lohnt sich sicherlich auch im Hinblick auf die kleinen Mengen, die Du braust. Zum Messen brauchst Du dann nur noch ein paar Tropfen.

Und in Zukunft immer drauf achten, dass das Bier ausgegoren ist vor der Abfüllung.
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Re: Warum explodiert Bier bei der Flaschengärung?

#42

Beitrag von PeterKoe »

Ja, ich werde zukünftig drauf achten, dass das Bier vor der Abfüllung gut ausgegoren ist.
Tendenziell schmecken meine Biere halt auch etwas alkohol-arm. Ich tippe also, die Spindel zeigt korrekte Werte an. Aber ich werde mal alles prüfen. Bin erst mal froh, dass die Explosionsgefahr gebannt ist :Smile
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