Verständnis CO2-Wiederbefüllen: Warum abnehmende Füllmenge?

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Bierjunge
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Verständnis CO2-Wiederbefüllen: Warum abnehmende Füllmenge?

#1

Beitrag von Bierjunge »

Ich hoffe, dass mir jemand, der fitter in Thermodynamik ist als ich, mir bei folgender Verständnisfrage helfen kann:

Ich habe eine 10 kg-Steigrohrflasche CO2, aus der ich meine kleineren CO2-Flaschen (Sodastream; 0,5 kg; 2 kg) wiederbefülle. Dazu friere ich die Empfängerflasche zunächst in der Tiefkühltruhe ein, schraube sie dann per Adapter an die bei Raumtemperatur gelagerte Steigrohrflasche und fülle sie. Soweit so gut. Mein bisheriges Verständnis ging davon aus,
  • dass solange in der Steigrohrflasche füssiges CO2 vorhanden ist, darin (bei konstanter Temperatur) ein Füllstands-unabhängiger Druck herrscht,
  • und dass, solange das Steigrohr in die flüssige Phase eintaucht, ich daraus Füllstands-unabhängig befüllen kann.
Nun beobachte ich aber regelmäßiges Folgendes:
  • Anfangs klappt das problemlos, und ich muss sogar aufpassen, die Empfängerflaschen nicht zu überfüllen.
  • Wenn die Steigrohrflasche aber bereits zu etwa 3/4 geleert ist (also noch knapp 3 kg darin sind, so dass noch flüssiges CO2 darin sein muss), bekomme ich die Empfängerflaschen nicht mehr ganz voll. Erst wenn ich sie ein weiteres mal einfriere und nochmals nachfülle, bekomme ich sie befüllt, wenn auch nicht mehr vollständig. Mit abnehmendem Füllstand in der Steigrohrflasche ist dieses Zwischen-Einfrieren erst einmal notwendig, dann zwei oder gar drei Mal. Dann sind aber immer noch ca. 2 kg CO2 in der Steigrohrflasche übrig, so dass ich noch zu geizig bin, diese zu tauschen.
Ich würde gerne die Physik dahinter verstehen, scheitere aber bislang daran.

Danke! Moritz
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Boludo
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Re: Verständnis CO2-Wiederbefüllen: Warum abnehmende Füllmen

#2

Beitrag von Boludo »

Wie kalt wird denn die Spenderflasche?
Gasflaschen mit verflüssigtem Gas können beim Entleeren so kalt werden, dass sie sogar einen Unterdruck erzeigen können und dann kommt nichts mehr raus. Im Gegentel, die Flasche saugt etwas ein. Darum ist es in der präperativen Chemie wichtig, dass man beim Gaseinleiten eine entsprechende Falle zwischenschaltet. Sonst kann es den Ansatz in die Flasche einsaugen.
Ich denke, das Kühlen der Zielflasche hat nur bewirkt, dass sich so lange die Spenderflasche wieder erwärmt hat. Du solltest diese eher im warmen Wasserbad erwärmen.
Dass dies nur bei relativ leerer Flasche passiert liegt vermutlich daran, dass weniger Masse schneller abkühlt.
Vielleicht spielt es auch noch eine Rolle wie hoch oder tief die Empfängerflasche im Vergleich zur Spenderflasche steht.


Stefan
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Bierjunge
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Re: Verständnis CO2-Wiederbefüllen: Warum abnehmende Füllmen

#3

Beitrag von Bierjunge »

Da könnte wirklich was dran sein. Ich danke Dir!
Das nächste Mal stelle ich die Spenderflasche in einen Kübel warmen Wassers und schaue, ob das was ändert.

Moritz
Slaughtercult
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Re: Verständnis CO2-Wiederbefüllen: Warum abnehmende Füllmen

#4

Beitrag von Slaughtercult »

Moin,

die Physik dahinter ist eigentlich gar nicht sooo wild, es sind aber mehrere Dinge, die da zeitgleich passieren.
Besonders das Zusammenspiel aus Gasgleichungen und Phasenzustand macht das ganze ein bißchen tricky. Dazu kommen dann noch die Wärmeleitfähigkeit der Flasche und natürlich der Druckunterschied zwischen Spender und Empfängerflasche.

oder kurz gesagt: je leerer deine Spenderflasche, desto schnell kühlt sie auf den gleichen Druck wie des Empfängers und dann ist erstmal Schluß mit füllen.

Gruß
Kubus
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Re: Verständnis CO2-Wiederbefüllen: Warum abnehmende Füllmen

#5

Beitrag von Kubus »

Hallo Moritz,

Alles richtig, was die Vorredner da schreiben. Hinzuzufügen ist noch der hydrostatische Druck bei voller und fast leerer Spenderflasche.

Schöne Grüße aus Kamerun

Ludwig
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Ruthard
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Re: Verständnis CO2-Wiederbefüllen: Warum abnehmende Füllmen

#6

Beitrag von Ruthard »

Dieses Phänomen gehört zu meinen Prüfungsfragen wenn ich einen Flugschüler unbedingt durchfallen lassen will :Bigsmile

Richtig ist, dass der Flaschendruck immer gleich bleibt (bei gegebener Temperatur), solange noch mindestens 1 Tropfen flüssiges CO2 in der Flasche ist - in der Theorie.

Bei Entnahme von flüssigem Gas wird der Kopfraum über der Flüssigkeit größer, dieser muss mit mit frischem Gas zu Flaschendruck aufgefüllt werden. Dieses frische Gas
kommt per Verdunstung aus der Flüssigphase. Verdunsten verbraucht Energie, diese Energie kommt ebenfalls aus der Flüssigphase und bewirkt Abkühlung.

Während dem ersten Drittel Kopfraum noch 6kg flüssiges Gas zur Energieentnahme zur Verfügung stehen, hat das zweite Drittel nur noch 3kg davon. Die Energieentnahme ist gleich,
den 3kg geht das aber mehr an die Substanz als den 6kg, d.h. je geringer der Flascheninhalt wird, desto größer ist die Temperaturabnahme - damit sinkt der Flaschendruck.
Das geht soweit, dass der unkundige Betrachter (und der aussichtslose Prüfungskandidat) meint, den Flascheninhalt am Druckmanometer ablesen zu können.

Statt die Empfängerflasche erneut einzufrieren kannst du die Spenderflasche auch aufwärmen, zweckmäßigerweise mit warmem Wasser.

Cheers, Ruthard
Manchmal braucht es nicht viel für einen guten Tag, ein kühles Bier und 5 Millionen EuroBild
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hollyw
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Re: Verständnis CO2-Wiederbefüllen: Warum abnehmende Füllmenge?

#7

Beitrag von hollyw »

3 Jahre ist der Thread alt und beantwortet perfekt und bis ins letzte Detail die Frage, die ich gerade stellen wollte! Grandios!!! :-)
KCSteevo
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Re: Verständnis CO2-Wiederbefüllen: Warum abnehmende Füllmenge?

#8

Beitrag von KCSteevo »

Kurze Ergänzungsfrage. Wann ist denn die Flasche wirklich leer? Wenn ich das Tara erreicht hab oder komm ich gar nicht soweit runter? Oder ab wann tauscht ihr oder lässt die Flasche bei füllen?

Klar leer ist wen nix mehr raus kommt aber wenn ich n 30 Liter fass anzapf mit 400 g in ner 10 kg Flasche und ab 300 g nix mehr kommt ist halt die Frage ob ich nicht lieber vor der Party hätte füllen sollen...
Sind die Hühner flach wie Teller, war der Traktor wieder schneller. Prost!
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San

Re: Verständnis CO2-Wiederbefüllen: Warum abnehmende Füllmenge?

#9

Beitrag von San »

Bei kompletter Entleerung solltest du bis auf Tara (von Flasche plus Ventil!) runterkommen. Das Gewicht des restlichen CO2 bei Umgebungsdruck dürfte in der Messungenauigkeit untergehen.
Wenn man keinen TÜV braucht, sollte immer ein gewisser Restüberdruck in der Flasche verbleiben, damit eintretende Luft keine Feuchtigkeit (Korrosionsgefahr) eintragen kann.

Die weiter oben genannten Punkte beziehen sich auf schnelle Umfüllvorgänge großer Mengen CO2, bei denen der Temperaturausgleich mit der Umgebung nicht (ganz) stattfindet und wo höherer Gegendruck auftritt.
Beim Zapfen ist das anders, da sollte man die Flasche bis zum Zapfdruck leeren können. Dann ist sie aber auch praktisch leer.
KCSteevo
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Re: Verständnis CO2-Wiederbefüllen: Warum abnehmende Füllmenge?

#10

Beitrag von KCSteevo »

Alles klar. Das mit dem Ventil erklärt auch 2 Tara Werte auf der Flasche. Danke. Dann nehm ich die wohl noch zum abfüllen. TÜV hat die eh keinen mehr.
Sind die Hühner flach wie Teller, war der Traktor wieder schneller. Prost!
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hattorihanspeter
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Re: Verständnis CO2-Wiederbefüllen: Warum abnehmende Füllmenge?

#11

Beitrag von hattorihanspeter »

Muss den hier auch nochmal ausgraben. Zunächst mal danke für die Erläuterung. War/ bin ebenfalls damit konfrontiert.
Lt. Gesamtgewicht abzüglich Tara (mit Ventil) sollten noch knapp 2Kg in der Flasche sein. Hatte gestern dann eine 2Kg (davor im Gefrierfach) angeschlossen, lt. Wage sind nur 200gr. rüber. Dann die Spenderflasche in einen Eimer mit warmem Wasser gestellt und 5 Min. gewartet. Leider ohne messbaren Erfolg.
Wäre es hilfreich die Flaschen einfach über einen längeren Zeitraum (1-2 Tage) miteinander verbunden zu lassen um die Füllmenge der Empfängerflasche zu erhöhen?

Edit: weiter befüllen funktioniert nur mit Temperaturunterschied (Spender wärmer als Empfänger), oder?
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