Fragen zum Zapfdruck Jockey-Box

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metaler143
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Fragen zum Zapfdruck Jockey-Box

#1

Beitrag von metaler143 »

Hallo zusammen,

in ein paar Wochen geht es auf einen Camping-Trip, da darf die neue Jockey-Box natürlich nicht fehlen, um kühles Selbstgebrautes servieren zu können.
Mir stellen sich nun ein paar Fragen zur Berechnung des korrekten Zapfdrucks. Dazu erstmal die Daten zur Jockey-Box:
  • Große Kühlbox mit 50 Liter Volumen, 2-leitig
  • je 18 Meter Leitungslänge (16,5 Meter Kühlspirale + 1,5 Meter Zuleitung zur Box); ID 7 mm
  • ca. 0,5 Meter Förderhöhe (Keg steht auf dem Boden, Jockey-Box auf einem Tisch)
  • Kolbenschankhahn (kann gegen Kompensatorhahn getauscht werden)
  • ca. 5 g/l Karbonisierung im Bier
  • Anfangs ca. 12 Grad Biertemperatur, langsam steigend auf Umgebungstemperatur (vmtl. irgendwas um die 20 Grad)
Nun ist mir klar, dass ich am Keg mindestens den Sättigungsdruck anliegen haben sollte (1,4 bar bei 12 Grad, 2,1 bar bei 20 Grad).
Die gebräulichen Formeln geben vor, dass je Meter 7 mm Bierleitung 0,05 bar auf den Zapfdruck aufgeschlagen werden sollen, je Meter Förderhöhe 0,1 bar plus am Ende noch eine Reserve von ca. 0,1 bar. Hier wäre ja dann das Ergebnis, dass genau so viel mehr Druck auf das Fass gebe, dass ich den Sättigungsdruck plus ggf. eine kleine Reserve von 0,1 bar am Schankhahn anliegen habe. Mit 1,4 bar am Kolbenschankhahn würde das aber eine ganz schöne Schaumorgie werden, fürchte ich.

Im Braumagazin wird nun in einem Arikel beschrieben, dass der Druck durch eine Beruhigungsspirale wieder abgebaut werden kann, um auf einen vernünftigen Druck von ca. 0,5 bar am Schankhahn zu kommen.
Jetzt frage ich mich, welchen Sinn dann überhaupt dieses Aufschlagen von Drücken auf den Sättigungsdruck hat, wenn ich den sowieso wieder abbaue.
Sollte man hier nicht eigentlich vom Sättigungsdruck plus einer kleinen Reserve ausgehend die nötige Länge der Bierleitung errechnen?

Vielleicht könnte jemand hier Licht ins Dunkel bringen, ich würde gerne genauer verstehen, wie ich hier am besten rechne.

Viele Grüße
Jakob
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Ladeberger
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Re: Fragen zum Zapfdruck Jockey-Box

#2

Beitrag von Ladeberger »

Hallo Jakob,

Kompensatorhähne reagieren empfindlich auf CO2 im Ringspalt, daher müssen die Druckverluste des Schanksystems bis zum Kompensatorhahn ihrerseits kompensiert werden, indem man sie dem Sättigungsdruck hinzuaddiert. So kann bis zum Kompensatorhahn nichts ausperlen. Beim Kolbenschankhahn ist das Spiel gerade andersherum, hier will man den Druck bis zum Schankhahn möglichst weit abgebaut haben, damit die finale Druckdifferenz zur Atmosphäre möglichst klein ist.

In einem Setup mit Kolbenschankhahn zapft man daher in der Regel immer mit dem Sättigungsdruck(*) und muss den Druckabbau per "Hardware" erledigen (Leitungslänge und -durchmesser, Förderhöhe, ggf. Beruhigungsschlange). Da diese Hardware mehr oder weniger fixiert ist, sind schwankende Temperaturen und unterschiedliche Karbonisierungen schwer beherrschbar. Bei 20 °C wird der Betriebsdruck in deinem Setup von 2,1 bar bei einem Druckverlust von rund 1 bar dazu führen, dass dein Bier mit 1,1 bar am Kolbenschankhahn ankommt. Ja, das wird eine Schaumorgie.

In einer Jockey Box würde ich daher einen Kompensatorhahn vorziehen, da man hier allen Eventualitäten mit dem CO2-Betriebsdruck begegnen kann. Du wirst hier auch vermutlich nicht die rechnerischem > 3 bar brauchen, da das Bier zum Kompensatorhahn hin immer kälter wird.

Gruß
Andy

(*) Höher als Sättigungsdruck müsste man nur gehen, wenn die Druckverluste so hoch sind, dass kein oder zu wenig Bier am Hahn ankommt, das dann zeitlich bedingt auch gerne stark schäumt.
metaler143
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Re: Fragen zum Zapfdruck Jockey-Box

#3

Beitrag von metaler143 »

Servus Andy,
Ladeberger hat geschrieben: Dienstag 19. April 2022, 10:15 Kompensatorhähne reagieren empfindlich auf CO2 im Ringspalt, daher müssen die Druckverluste des Schanksystems bis zum Kompensatorhahn ihrerseits kompensiert werden, indem man sie dem Sättigungsdruck hinzuaddiert. So kann bis zum Kompensatorhahn nichts ausperlen. Beim Kolbenschankhahn ist das Spiel gerade andersherum, hier will man den Druck bis zum Schankhahn möglichst weit abgebaut haben, damit die finale Druckdifferenz zur Atmosphäre möglichst klein ist.
Genau dieser Zusammenhang hatte mir gefehlt, danke!
Ladeberger hat geschrieben: Dienstag 19. April 2022, 10:15 Du wirst hier auch vermutlich nicht die rechnerischem > 3 bar brauchen, da das Bier zum Kompensatorhahn hin immer kälter wird.
Daran hatte ich auch schon gedacht. Die Kühlspirale fasst etwas mehr als 600 ml, sodass quasi immer ein eiskaltes Bier aufs Zapfen wartet, ausreichende Pausen zwischen zwei gezapften Gläsern vorausgesetzt. Bei bspw. 2 °C Zapftemperatur liegt der Sättigungsdruck dann auch nur noch bei ca. 0,7 bar. Eigentlich sollte man dann bei der Berechnung des Zapfdrucks mit einem Kompensatorhahn immer den Sättigungsdruck bei Zapftemperatur (inkl. kleiner Reserve, z.B. für schwankende Temperaturen) als Ziel-Druck am Hahn anpeilen? Das betrifft im Grunde ja dann auch alle Arten von Zapfanlagen, egal ob es eine Jockey-Box, ein Trocken- oder ein Nasskühler ist.

Grüße
Jakob
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Ladeberger
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Re: Fragen zum Zapfdruck Jockey-Box

#4

Beitrag von Ladeberger »

Das kommt auf die ganze Schankanlage an. Es müssen eben Abschnitte vermieden werden, in denen der dort notwendige Sättigungsdruck unterschritten werden kann. Das kann z.B. vorkommen, wenn das Fass warm im Keller steht und dann erst 3 m höher nach 10 m Leitung gekühlt wird. Oder auch, wenn das Fass gekühlt steht, eine recht lange Leitung aber keine Begleitkühlung hat.

Den Betriebsdruck nur anhand der Zapftemperatur auszurechnen dürfte daher meistens zu wenig sein.

Gruß
Andy
metaler143
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Re: Fragen zum Zapfdruck Jockey-Box

#5

Beitrag von metaler143 »

Klingt einleuchtend, danke Andy!

Grüße
Jakob
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