Energieabgabe "Gärung"

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olibaer
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Energieabgabe "Gärung"

#1

Beitrag von olibaer »

Hallo zusammen,

der Forenbeitrag hier hat für einigen privaten Traffic gesorgt.

Die diesbezüglichen Rückfragen könnte man in etwa so zusammenfassen:

"Um wie viel °C kann sich durch die Hauptgärung meine Gärtemperatur (theoretisch) erhöhen" (-> keine Rücksichtnahme auf Raumtemperatur, Isolierung, Tankgeometrie, zeitlichen Verlauf der Gärung usw.)

Um die Frage nicht für jeden Einzelfall beantworten zu müssen, habe ich nach einem allgemeinen Ansatz gesucht.
Für Biere zwischen 12 und 16 °P und scheinbaren Vergärungsgraden zwischen 65 und 78 % gilt folgender Ansatz:

°C plus durch Gärung(theoretisch) = °P vor der Gärung x Vergärungsgrad scheinbar VGs[%] / 86


Im "Faktor" 86 ist "vernuldelt":
  • die überschlägige Umrechnung von VGs[%] auf VGw[%]
  • die spezifische Wärmekapazität von Wasser mit 4,19 kJ pro kg und K
  • pro Mol D-Glucose(180 g) wird Energie von ca. 100 kJ (24 kcal) an die Umgebung abgegeben
Für die angegebenen Stammwürzen und Vergärungsgrade liegt die "Genauigkeit" bei +/- 0,25 °C


Viel Spaß damit.

Gruß
Oli
Gruss
Oli
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Enfield
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Re: Energieabgabe "Gärung"

#2

Beitrag von Enfield »

Danke, sehr interessant!

Kannst Du da noch ein Rechenbeispiel geben? Irgendwie verstehe ich es nämlich nicht...

z.B. ich habe 12° Ausgangsstammwürze bei 70 % EVG müsste doch eigentlich sein

12 x 70 / 86 = 9,76, das wäre wohl etwas viel...
12 x 0,7 / 86 = 0,0976 °, kommt mir aber SEHR wenig vor

Wo hab ich den Fehler?
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falk
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Re: Energieabgabe "Gärung"

#3

Beitrag von falk »

Enfield hat geschrieben: 12 x 70 / 86 = 9,76, das wäre wohl etwas viel...
12 x 0,7 / 86 = 0,0976 °, kommt mir aber SEHR wenig vor

Wo hab ich den Fehler?

Na der OP schreibt ja "keine Rücksichtnahme auf Raumtemperatur, Isolierung, Tankgeometrie, zeitlichen Verlauf der Gärung usw." Das ist ne obere Grenze bzw. Schranke, wie ich das verstehe. Das heißt, er rechnet einfach aus, wie viel Wärmeenergie bei der Gärung enststeht und geht davon aus, dass diese Energie im Bier verbleibt, also nicht teilweise an an die Umgebung abgegeben wird. In deinem Beispiel heißt das, dass der Sud sich keines Falls mehr als 9,76°C durch die Gärung erwärmen kann. Je größer der Sud, je weniger Kühlung durch Umgebungsluft und je schneller die Gärung abläuft, desdo mehr wird man sich dieser Formel annähern. Bei kleinen Suden, die unisoliert und kühl stehen, ist die Formel wohl nicht zu gebrauchen. (Z.B. bei mir neulich: ca. 20L, Plasteeimer, OG, Kellertemperatur 18C° hat sich der Sud in den ersten 2 Tagen auf max 21-22°C aufgeheizt (also ca. +3-4°C) und kühlte dann schnell auf Umgebungstemperatur ab.)
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Flothe
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Re: Energieabgabe "Gärung"

#4

Beitrag von Flothe »

Wäre dein Gärtank eine perfekte Thermoskanne, dann würde sich die Würze vielleicht um 10 °C erwärmen.

Oli, wenn ich das richtig sehe vernachlässigt dein Modell die Temperaturabgabe von der Würze an die Umgebungsluft, oder?

LG Florian

Edit: Da war jemand schneller und es steht tatsächlich auch schon in Olis Eröffungspost :)

Jeder Tag ohne Bier ist ein Gesundheitsrisiko.
- Zitat: Hildegard von Bingen in ihrem Buch über Heilverfahren "Causae et Curae"
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Re: Energieabgabe "Gärung"

#5

Beitrag von Tozzi »

Das kommt schon ganz gut hin! :thumbup
Bei sehr stürmischer Gärung (röstige Platobomben) hatte ich manchmal auch schon kurzzeitig knapp 5˚C über Raumtemperatur, und das bei nur 23 Litern.
Im Brewbucket ist ja ein Thermowell eingebaut (heißt das so?) und man misst die Würzetemperatur, nicht die Außentemperatur des Eimers.
Mit steigender Differenz erhöht sich aber dann natürlich auch umgekehrt wieder die Wärmeabgabe an die Umgebungsluft.
Viele Grüße aus Fasano
Stephan
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Re: Energieabgabe "Gärung"

#6

Beitrag von Tozzi »

Persönlicher Rekord heute:
25˚C Jungbier Temperatur bei 19˚C Raumtemperatur und 14˚P mit Wyeast #3787.
23 Liter im Edelstahl Fermenter.
Viele Grüße aus Fasano
Stephan
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