angeregt durch Markus' Schritt-für-Schritt Braubericht und die dort gerade wieder aufkommenden Fragen zum Starter möchte ich nochmal ein in der Vergangenheit hier sehr kontrovers diskutiertes Thema hervorholen, in der Hoffnung, kompetente Meinungen oder besser Fakten zum Thema zu bekommen.
Genereller Konsens in den US-Foren und Publikationen scheint zu sein: Starter werden grundsätzlich nach Cold Crash dekantiert.
So steht das sogar in den White Labs FAQs und wird auch in deren offiziellem Youtube Video so gelehrt.
Chris White ist ja nun kein Anfänger, was das betrifft...
Die hier meist vehement vertretene Meinung ist: "Mach das, wenn Du die ganze aktive Hefe in den Gully kippen und nur Greise und Leichen an die Front schicken willst und auf Marmite stehst".
Ich selber habe bisher kaum Unterschiede festgestellt, was die Gärung und den EVG betrifft (natürlich nur bei gut sedimentierenden Hefen und auch da nur klaren Überstand verworfen, wohlgemerkt).
Mit einer Einschränkung: Die Gärung scheint schneller anzukommen, wenn ich den Starter direkt überführe, und zwar innerhalb von 24-36 Stunden (also direkt vom Magnetrührer in die Würze).
Bei obergärigen Bieren leuchtet das ja auch ein; erstens ist die erforderliche Anstell- (also Starter-) Menge geringer, zweitens entspricht die Temperatur eher der gewünschten Anstelltemperatur, drittens sind natürlich in dem Fall die "frischesten" Hefezellen noch in Schwebe.
Aber da ich nun vorhabe, zum ersten mal ein untergäriges Bier (wenn auch "nur" einen Bock und kein Helles) zu brauen, und meinen Starter gerade in die zweite Phase überführe (also nochmal anfüttere), stellt sich die Frage nochmal ganz anders:
- Ein nicht dekantierter Starter würde gut 10 bis knapp 20% meines Bieres ausmachen
- Der Starter wurde bei einer definitiv nicht zu UG passenden Temperatur angestellt und vergoren, enthält damit also jede Menge unerwünschter Ester und anderer Nebenprodukte, die sich nachher eben nicht mehr abbauen
- Die Starterwürze ist nach 24-36 Stunden auf dem Rührer komplett durchoxidiert
- Die Hefe ist ja untergärig...
1 Packung Wyeast WY 2206 ("Bavarian Lager"), Produktionsdatum September 2017, vor ca. 1 Woche mit 1 Liter Starter (100g DME, 1/2 TL Nutrient, 1 TL Glucose) für 48 Stunden gerührt und dann bis heute im Kühlschrank aufbewahrt.
Der Überstand ist komplett klar, der Bodensatz steinhart.
Ich dekantiere jetzt und gebe 1,2 Liter Würze dazu, mit 120 g DME, um das Ganze wieder "aufzuwecken".
Nach 24 Stunden wird es in 4 Liter Würze gleichen Extraktgehalts überführt und nochmal 24 Stunden gerührt.
Danach möchte ich das für 24 Stunden im Kühlschrank absetzen lassen, dann so gut wie es geht dekantieren und direkt zu 25 Litern Anstellwürze bei 8˚C geben.
Anmerken möchte ich noch, dass ich die typischen Gärnebenprodukte der mir bekannten Lagerhefen absolut hassenswert finde...
(Ich mache auch noch einen identischen Vergleichssud, mit Danstar Diamond Trockenhefe, da stellt sich die Frage nicht).