nachdem ich mich in letzter Zeit an verschiedenen Ecken über die auf Bier bezogenen archäologischen Funde der Kelten informiert habe, möchte ich nun gern meinen ersten Rezeptentwurf mit euch diskutieren. Dieses Rezept soll an die gefundenen Überreste in der Heuneburg (oder Pyrene wie der Ort wohl früher geheißen hat) angelehnt sein. Das Bier soll den Spagat machen deutlich in die Richtung des "Originals" zu gehen, aber trotzdem einem modernen Gaumen zu schmecken. Mir ist dabei bewusst dass dies nur Annäherungen sein können. Ich plane es z.B. im Grainfather zu brauen, den die Kelten sicher damals nicht hatten - wobei vielleicht zu einem späteren Zeitpunkt ein Steinbierverfahren getestet werden könnte, aber erstmal gehts hier um Anderes.
Die Infos zu dem Getränk das in der Heuneburg teilweise rekonstruiert wurde habe ich aus folgenden Quellen:
- Ein Interview zu den Ausgrabungen im Deutschlandfunk: http://www.deutschlandfunk.de/keltentru ... _id=371549
- Der Blog der Archäologin Bettina Arnold: http://people.uwm.edu/barnold/category/ ... f-alcohol/
- Ein Unterkapitel zum "Hochdorfer Keltenbräu" S. 73ff. in Bier - eine Geschichte von der Steinzeit bis heute von Hirschfelder/Trummer
- Artikel von Hans-Peter Stika zu den Funden: https://journals.ub.uni-heidelberg.de/i ... 10181/4032
Der Rezeptentwurf sieht dann erstmal folgendermaßen aus:
Eckdaten
Stammwürze: 17°P (Das Gebräu soll 8-9% Alkohol enthalten haben)
Bitterkeit: 20IBU
Karbonisierung: ca 4-5g/L (entgegen der Vermutung, dass das Original wohl keine Karbonisierung jenseits der Hauptgärung erfahren hat)
Schüttung:
34% Pale Ale Malz
18% Münchner I
10% Münchner II
4% Rauchmalz
3% Caraaroma
3% Carafa II oder III
3% Melanoidinmalz
25% Honig
Anmerkungen: Bis auf den Honig ist die Schüttung von den Quellen zu den Hochdorfer Funden inspiriert. Vermutlich wurde qualitativ hochwertiges Malz verwendet, das herstellungsbedingt stellenweise geröstet war. Dazu kommt der Raucheindruck, da die Körner wahrscheinlich über offenem Feuer getrocknet wurden. Durch das vermutete Brauverfahren mit Steinen soll außerdem etwas Karamell dazu kommen. Honig werde ich überwiegend Waldhonig verwenden und ihn mit anderen Sorten mischen, da Bienen ja ursprünglich aus dem Wald kamen (da aber sicher nicht halt machten) und wohl bei den Kelten der Eisenzeit noch nicht systematisch geimkert wurde.
Maischprogramm:
Kombirast 67°C 70min (bzw. bis Jodnormal)
Abmaischen bei 78°C
Hopfenkochen: 60min
100% Saazer als Vorderwürzehopfung
5,5g/L Mädesüß (trocken) 20min kochen
2g/L Wasserminze (trocken) 15min kochen
5,5g/L Mädesüß (trocken) 5min kochen
2g/L Wasserminze (trocken) 5min kochen
Hefe: Hier kommt das schwierigste. Wir wissen nichts über den tatsächlichen Geschmack des Endproduktes und auch die Hefen in der Gegen dürften sich bis heute verändert haben. Eine isolierte Hefekultur konnte sowieso noch nicht eingesetzt werden. Hier bin ich also für eure Vorschläge dankbar. Ich dachte bisher an soetwas wie die Wyeast 3522 Belgian Ardennes ( https://www.hobbybrauerversand.de/Wyeas ... n-Ardennes ) da dieser belgische Hefestamm wohl würzige und fruchtige Estern mitbringt. Dazu könnte ich mir aber auch noch die Verwendung von Brettanomyces vorstellen. Die Hopfung macht das arbeiten mit Lactos schwer, so würde ich dem Endprodukt die Säure wohl erst nach der Gärung durch Milchsäure beigeben - oder je nach Geschmack ganz drauf verzichten (hab schon an einigen Stellen gelesen dass röstig/rauchig nicht so gut mit sauer sein soll)
So, dann bin ich mal gespannt auf eure Ideen und Gedanken dazu :)
Beste Grüße,
Alex