Jan82 hat geschrieben: ↑Dienstag 20. Oktober 2020, 09:24
Oh man, danke für all die Infos. Spätestens bei "Kampfmittel" hab ich geschluckt ;) Wobei ich mir schon gut vorstellen kann, dass das was ich da fabriziert hatte ein 1A Pfefferspray abgegeben hätte. Nunja, nun ists im Ausguss.
Ich werde auf jeden Fall nochmal etwas weiter herum probieren, allerdings erstmal nur mit wässrigem Sud. Bevor ich irgendetwas nach der Hauptgärung hinzufüge muss ich erstmal ein besseres Gefühl für die Mengen bekommen.
Vollkommen richtige Vorgehensweise. Gehe aber noch einen Schritt mehr zurück. Warum? All diese Zutaten sind kein Selbstzweck. Dein Ziel wird es sein einen bestimmten Geschmack im Bier zu erreichen. In diesem Fall Pfeffer. Nun ist es so, dass das naheliegende Gewürz beim Bier oft nicht die erste Wahl ist. Beispiel Koriander: Es ist das Gewürz, um Orangengeschmack einzutragen. Wie kann das sein? Nun, kochst Du es mit, degenerieren die darin enthaltenen Öle, es wird seifig. Gibst Du es dagegen in den Whirlpool oder in die Nachgärung, wird es orangig. Wie bei ganz vielen Zutaten ist eine thermische Reaktion der entscheidende Faktor. Im Fall von Pfeffer bieten sich beispielsweise mehrere belgische Hefen an, deren Ester einen pfeffrigen Geschmack haben. Andeutungsweise wäre das die French Saison, und deren sensorischen Eindruck könntest Du mit Pfeffer verstärken. Eine pfeffrige Lösung ist dabei ein unnötiger Schritt, der Dir die Mengenbestimmung erschwert. Nimm einfach ein paar Hopfensäckchen oder Teebeutel und hänge genau bemessene Mengen in ein paar Glas Kaufbier, am besten Bügelflaschen, die Du wieder verschließt. Die trinkst Du nach und nach am Abend. Oder mache es wie wir mit unserem Kaffee Stout: Körner abzählen, in je 100ml Testsud, verkosten. Wenn OK, hochrechnen.
Jan82 hat geschrieben: ↑Dienstag 20. Oktober 2020, 09:24
Generell würde mich interessieren, wie man denn herausfindet, welche "Dinge" man besser nicht mazerieren sollte? Woher hast Du Dein Wissen? Hab gestern Abend einmal kurz versucht mehr Informationen über Pfeffer-Oleoresin zu finden, aber die Infos im Netz sind natürlich spärlich. Dass Waldmeister nicht zu hoch konzentriert werden darf wusste ich tatsächlich schon vorher, aber auch nur zufällig. Frag mich einfach wie ich das nächste Mal ggf selber herausfinde, wie ich bei welchem Kraut vorgehe oder nicht...
Gute Frage. Zuerst: Ich bin wie die meisten hier kein Lebensmittelchemiker, Food-Designer, Lebenmittelingenieur oder sonstnochwas, die gibt es hier aber auch. Ich habe weltweit Restaurants testen dürfen, da nimmt einen der Chef schon mal zur Seite und gibt auf dem Markt eine Einführung in Warenkunde – ein riesiges Feld; zusätzlich bin ich ein Spinner, der Gewürze sammelt. Mit der Zeit entwickelt man ein Gefühl. Wenn Du so etwas ganz speziell für Pfeffer wissen möchtest, ist ein Bierforum die falsche Adresse. Da wirst Du eher bei Lebensmittelchemikern und ihren Foren fündig, an Universitäten. Generell musst Du Dir dabei auch gewiss sein, dass man da oft am Bereich von Betriebsgeheimnissen kratzt. Neben Büchern ist mein Ausgangspunkt immer auch Wikipedia und da schaut man am besten in die Fußnoten und fokussiert sich auf Fachbegriffe. Mit denen kommt man ganz schnell in den naturwissenschaftlichen und rechtlichen Bereich. Bei Pfeffer und Capsaicinen ist das gut dokumentiert.
Bei mir kommt aber zuerst die Frage nach dem Geschmack, dann die, wie setze ich es um? Dazu helfen mir ein paar Bücher wie Chemie in Lebensmitteln und ganz wichtig "Aroma – die Kunst des Würzens", Das ist mehr ein Chemiebuch, da stehen die Begriffe, und die recherchiert man dann. Generell ist es gut zu wissen, dass die meisten Kräuter seit Hildegard von Bingen als Drogen bekannt sind, und dass eben mit Mazeration, Destillation, wässrige Lösung, chemisch-thermisch, mechanisch-thermisch, photochemisch, Oxidation und all diesen Verfahren tolle, aber nicht immer ungefährliche Ergebnisse erzielt werden. Oft macht es die Menge. Du siehst das hier an der Diskussion um das Cumarin. Generell ist es so, dass man bei vielen Stoffen einfach noch zu wenig weiß, viele Jobs in Forschung und Pharmaindustrie würde es sonst gar nicht geben. Und das ist das Schöne an solch einem Forum: Wenn man nett fragt, hat man hernach ein viel deutlicheres Bild als am Anfang und kommt schneller mit weniger Rückschlägen ans Ziel. Klingt jetzt sehr allgemein, aber vielleicht hilft Dir das ein wenig.
Radulph