Kann die Kenntnis von Fehlaromen den Genuss des Bieres verderben?

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Augenfeind
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Kann die Kenntnis von Fehlaromen den Genuss des Bieres verderben?

#1

Beitrag von Augenfeind »

Hallo zusammen,

ich vergäre gerade meinen 4. (20l) Sud und habe große Freude am hobbymäßigen Bier brauen. Bisher habe ich keine Ahnung von Fehlaromen (wenngleich es mich natürlich interessieren würde, welche Fehlaromen ein Fachkundiger in meinen Bieren finden würde) und nach längerer Überlegung frage ich mich nun, ob mir vielleicht meine eigenen Biere nicht mehr so gut schmecken würden, wenn ich erst einmal die ganzen Fehlaromen zu erkennen lernen würde?
Wie ergeht es Euch damit?

Viele Grüße,
Roman.
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Bierjunge
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Re: Kann die Kenntnis von Fehlaromen den Genuss des Bieres verderben?

#2

Beitrag von Bierjunge »

Augenfeind hat geschrieben: Freitag 29. März 2019, 11:07 Kann die Kenntnis von Fehlaromen den Genuss des Bieres verderben?
Ja, ganz klar:
Bierjunge hat geschrieben: Donnerstag 23. November 2017, 10:14 Das ist (leider) bei sehr vielen Dingen so, die man trainiert:
Man erwirbt und trainiert jede Menge neuer Kenntnisse und vertieft sein Expertenwissen (was ich toll finde), entwickelt eine aufgeklärte Nüchternheit und Kritizismus, und verliert dadurch ganz automatisch die kindliche Naivität und Begeisterungsfähigkeit, sich auch mal "einfach so" über etwas freuen zu können, ohne genau zu wissen warum (was ein wenig schade ist).

Beim Bier ging es mir ganz ausgeprägt so:
Mit dem Brauhobby, einigen Seminaren und vor allem den Brauerstammtischen lernte ich immer besser,einzelne Aromen und Fehlaromen zu erschmecken, zu unterscheiden und zu benennen, und war begeistert über die neue Welt, die sich mir da auftat.
Gleichzeitig verlor ich dadurch aber unwiederbringlich die kindliche Unschuld, dass mir ein Schluck Bier "einfach nur schmeckt", ohne dass im Kopf gleich das ganze Verkostungskino herunterrasselt und ich anfange, nach Aromen und Fehler zu suchen.

Ich ertappe mich immer wieder, dass ich in der Kneipe, wenn ich eigentlich bloß ein Bier trinken will, ich zunächst versonnen am Glas schnuppere, was dann meistens sofort die Bedienung auf den Plan ruft: "Stimmt was net?"

Und am Schlimmsten war mal eine Wanderung in geselliger Runde auf dem Fünfseidlasteig, der sich als ein echtes Pandämonium der Fehlaromen erwies: Während die anderen immer vergnügter wurden und priesen, dass das Bier in jeder Brauerei so anders schmecke, wurde ich von Station zu Station immer depressiver, weil ich erkannte, warum die Biere so unterschiedlich waren.

Trotzdem gelingt es mir noch hin und wieder, diese unbefangene Freude zu erleben, zum Beispiel im Sommer im Biergarten, beim ersten tiefen Schluck aus einem Maßkrug guten Helles, ohne dabei Nachzudenken.

Moritz
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Augenfeind
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Re: Kann die Kenntnis von Fehlaromen den Genuss des Bieres verderben?

#3

Beitrag von Augenfeind »

Haha, vielen Dank Bierjunge! Ich habe zuvor nach entsprechenden Beiträgen gesucht, aber das Hobybrauer-Forum ist doch etwas unübersichtlich, sodass manche Themen doch scheinbar neu immer wieder kehren...
Ich werde also noch ein wenig damit warten, meine Kenntnisse in dieser Richtung zu verbessern.

Gruß, Roman.
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Re: Kann die Kenntnis von Fehlaromen den Genuss des Bieres verderben?

#4

Beitrag von Tomalz »

Ich bin zwar sensorisch sicher nicht so weit wie Felix, aber ich weis ganz genau was er meint.
Es kann schon zu Qual werden, mehr in einem Bier zu schmecken als einfach nur ein Bier.
Vor allem legt man dann beim selbstgebrauten ganz andere Maßstäbe an.
Man möchte ja schon ein perfektes Ergebniss erzielen bzw. ich strebe zumindest danach.
Gruß Thomas
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Re: Kann die Kenntnis von Fehlaromen den Genuss des Bieres verderben?

#5

Beitrag von Malzmagen »

Auch von mir ein klares JA.
:crying
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Re: Kann die Kenntnis von Fehlaromen den Genuss des Bieres verderben?

#6

Beitrag von Detorice »

Ich denke was den reinen Genuss angeht, kann man sich da schon einiges verbauen. Gerade wenn es um Biere aus fremder Herstellung (industriell, Wirtschaften, halt nicht selbst gebraut) geht. Hier kann man in der Regel wenig tun um es zu verbessern (außer es nicht mehr zu trinken). Es ist aber bei weitem nicht so, dass einem Nichts mehr schmeckt. Man merkt halt nur, das was nicht stimmt und wie man es hätte verhindern können.

Ich bin absoluter Einsteiger was das Thema Fehlaromen angeht. Ich habe den Einsteigerkurs bei der HBCon dieses Jahr mitgemacht und dies ist meine einzige Erfahrung bisher zu dem Thema. Der Kurs war morgens und Abends wurden viele Hobbybrauerbiere ausgeschenkt. Ich habe schon gemerkt, dass ich mit dem neuen Wissen ganz anders an das Bier herangegangen bin. Aufgrund der frischen Erfahrung habe ich tatsächlich gezielt nach Fehlaromen gesucht (und teilweise auch gefunden), was dem Genuss aber größtenteils nicht geschadet hat. Den Abend habe ich mich eher gefreut, wenn ich es erkannt habe. Das kann mit mehr Wissen um das Thema sicher kippen und der Genuss tritt weiter in den Hintergrund.
Trotzdem habe ich weiterhin viel Spaß am probieren.

Für meine eigenen Brauversuche war das Seminar aber ein Meilenstein. Ich habe gemerkt, was alles noch zu verbessern ist (aktuell erstmal hauptsächlich Oxidation) und was ich tun muss, um es zu verbessern. Für mich war es ein Motivationsschub das eigene Tun zu verbessern und das nötige Handwerkszeug wurde mir mit auf den Weg gegeben.

Für mich überwiegen die Vorteile momentan noch die Nachteile. Deshalb bin ich der Meinung, dass man sich zumindest mit den Grundlagen beschäftigen sollte.

Gruß Matthias
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Johnny H
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Re: Kann die Kenntnis von Fehlaromen den Genuss des Bieres verderben?

#7

Beitrag von Johnny H »

Zur Frage: ja, definitiv!

Auch ich kenne das von Moritz geschilderte Phänomen nur zu gut: in der Kneipe sitzen und am Bier schnüffeln! Bei mir ist es dann aber eher die Partnerin, die mich mit "Jetzt hör doch mal auf!" aus meinen Erkundigungen reißt...

Nach meinen ersten Fehlgeschmackseminaren hat mir übrigens eine ganze Weile das Pilsner Urquell-Tankbier nicht mehr geschmeckt! Vor den Seminaren war das Diacetyl einfach eine unbekannte geschmacksbereichernde Komponente, die ich nicht mal bewusst wahrgenommen habe, nach den Seminaren ein böser Bierfehler...
Jubel erscholl, als sich die Trinker von dem schneidigen, köstlichen, bei dem früher in Pilsen erzeugten nie wahrgenommenen Geschmack überzeugten. Die Geburt des Pilsner Bieres!
(E. Jalowetz, Pilsner Bier im Lichte von Praxis und Wissenschaft, 1930)
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Re: Kann die Kenntnis von Fehlaromen den Genuss des Bieres verderben?

#8

Beitrag von Malzwein »

Johnny H hat geschrieben: Freitag 29. März 2019, 12:22 ...
Nach meinen ersten Fehlgeschmackseminaren hat mir übrigens eine ganze Weile das Pilsner Urquell-Tankbier nicht mehr geschmeckt! Vor den Seminaren war das Diacetyl einfach eine unbekannte geschmacksbereichernde Komponente, die ich nicht mal bewusst wahrgenommen habe, nach den Seminaren ein böser Bierfehler...
Das ist ja das lustige an den Aromen: In dem einen Bier ist es ein typisches Geschmacksprofil und in dem anderen ein Fehler.

Hinzu kommt m.E. die emotianale Beeinflussungen von Geschmack: Wenn ich überzeugend genug höre und erfahre, das etwas ein Fehler ist, verbinde ich auch "falsch", "schlecht" und "unangenehm" damit. Ein Gulasch aus Hund wird wenigen von uns schmecken, wenn wir von dem Hund wissen, mit Schweinen haben wir weniger Probleme, obwohl diese viel intelligenter und einfühlsamer sind.
Gruß Matthias

Jep, Bier wird´s immer... meist auch trinkbar und manchmal ist es richtig gut!
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Re: Kann die Kenntnis von Fehlaromen den Genuss des Bieres verderben?

#9

Beitrag von Sura »

Nein. Fehlgeschmäcker decken Braufehler auf, und sind manchmal auch Programm.
Wenn das der Fall sein sollte, dann bescheisst man sich hinterher, oder hat sich vorher was schöngeredet.

- Ich bin mit Bier in grünen Flaschen großgeworden. Ich mag Pappe und Lichtgeschmack. Bis zu einem gewissen Grad, hat sich nicht geändert.
- Diacetyl gehört für mich bei einem böhmischen Pils irgendwie dazu. Eher Schade, das ich das selbst nicht so gut hinbekomme.....
- Leichte Oxidation gibt einem schwarzdunklem Doppelbock nochmal den Extrageschmack den er haben muss. Ich mag das so.

Bei vielen anderen merkt man natürlich erst was man für Mist gebaut hat. Ein oxidierendes Pils ist absolut keine Freude, gut das man weiss was das ist. Acetaldehyd ist kein Grund zur Panik (warten reicht), nur zur Verbesserung der Garführung beim nächstenmal.

Das einzige auf was ich garnicht kann ist Eisen, wirkliche Infektionen, Pale Ale mit hartem Wasser (kein klassischer Fehlgeschmack, aber ein erheblicher Braufehler)

Ausserdem ist es deutlich einfacher zu kommunieren, wenn man sein Bier nicht hilflos mit "schmeckt komisch" zurückgehen lässt, sondern mit "deine Leitungen und Anschlüsse gammeln, ich schmecke (und rieche) den Rost"

Ein Fehlaromenseminar hilft.
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Re: Kann die Kenntnis von Fehlaromen den Genuss des Bieres verderben?

#10

Beitrag von Boludo »

Augenfeind hat geschrieben: Freitag 29. März 2019, 11:37
Ich werde also noch ein wenig damit warten, meine Kenntnisse in dieser Richtung zu verbessern.
Das ist wie wenn man versucht ein Musikinstrument zu lernen und dabei freiwillig Gehöhrschutz trägt, damit man nicht hört was man falsch macht. Meiner Meinung nach ist das nicht besonders zielführend.
Und warum so negativ?
Wenn man sich mit Fehlaromen auskennt kann das auch bedeuten, dass man sich um so mehr an einem Bier erfreut, das fehlerfrei ist.
Es ist ja zum Glück nicht so, dass es nur missratene Biere gibt.
Außerdem sollte man schon ein wenig Ahnung von dem Produkt haben, das man herstellt.
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Re: Kann die Kenntnis von Fehlaromen den Genuss des Bieres verderben?

#11

Beitrag von Svenk »

Ja kann das auch nur bestätigen und ich braue ja auch noch nicht lange.

Seid einigen Suden opfere ich immer 2 l um bewusst Fehler zu produzieren bzw. bewusst Sachen komplett falsch zu machen, zum Beispiel:
-Eigentlich untergäriges bei min 24° vergoren (zeitweise noch wärmer wenn der Kaminofen an war)
-Zwei Wochen lang offen in der Küche, neben der Küchenmaschine vergoren (wir backen viel Brot und Kochen jeden Tag)
-Einmal habe ich den Braubehälter extra nicht richtig sauber gemacht (nur einmal kurz mich Wasser durch) und mit dem dreckigen Behälter drei Wochen später ein anderes Bier vergoren
-Einfach mal reingespuckt :Shocked
-Ein ganzes Päckchen Trockenhefe auf die 2l gegeben

Das nächste möchte ich nach 2/3 der Hauptgärung ständig belüften und mal schauen ob ich es schaffe die 2 l komplett zu oxidieren :puzz

Auf der Liste stehen auch noch:
-Beim ersten 1/3 der Hauptgärung ständig belüften
-Brotkruste Stopfen <- da freue ich mich richtig drauf :Bigsmile
-Ständig messen (alle 6-8 h)
-Hauptgärung bei 2/3 abbrechen und das Bier nach dem Abfüllen pasteurisieren und nach 10 Wochen mit dem "richtigen" Bier vergleichen

Würde gerne auch andere Sachen mal ausprobieren, zum Beispiel einen Blausud, oder einfach mal gar keinen Hopfen zugeben - aber da streube ich mich noch vor dem Aufwand.

Muss ehrlich sagen, mittlerweile freue ich mich auf die Ergebnisse mehr als auf meine "richtigen". Ärgere mich auch ein bisschen das ich die Experimente bis jetzt nicht dokumentiert habe, würde mal eine lustige Sammlung ergeben.
Bei manchen Sachen, wie der offenen Vergärung in der Küche, wurde ich auch echt positiv überrascht. Durchfall oder ähnliche Vergiftungserscheinungen sind bis jetzt auch ausgeblieben :thumbsup

Also wenn Du dir die Neugierde und den Spaß erhalten willst kannst Du aus dem Nachteil mehr zu wissen als vorher ja auch einen Vorteil machen und es auch mal probieren...
Zuletzt geändert von Svenk am Freitag 29. März 2019, 13:40, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Kann die Kenntnis von Fehlaromen den Genuss des Bieres verderben?

#12

Beitrag von Detorice »

Na das nenne ich mal Experimentierfreudig :)

Aber was zum...
Svenk hat geschrieben: Freitag 29. März 2019, 13:26 -Einfach mal reingespuckt :Shocked
:Shocked warum?
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Re: Kann die Kenntnis von Fehlaromen den Genuss des Bieres verderben?

#13

Beitrag von Svenk »

Detorice hat geschrieben: Freitag 29. März 2019, 13:32 Na das nenne ich mal Experimentierfreudig :)

Aber was zum...
Svenk hat geschrieben: Freitag 29. März 2019, 13:26 -Einfach mal reingespuckt :Shocked
:Shocked warum?
Reine Neugierde...
Wollte damit einfach mal eine Infektion mit Körper eigenen Bakterien simulieren. Wie es halt passieren kann, wenn man sich nicht die Hände wäscht oder Niest oder so ...
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Re: Kann die Kenntnis von Fehlaromen den Genuss des Bieres verderben?

#14

Beitrag von §11 »

Das klingt jetzt eventuell etwas negativ, aber seit ich frische hopfenbetonte Biere von Brauereien trinke die extremen Wert auf die Vermeidung von Oxidation legen, tu ich mich mit vielen hopfenbetonte Bieren schwer, egal ob home brew oder kommerziell. Viele sind einfach oxidiert und haben das ganz typische Aroma.
„porro bibitur!“
Die Seite zum Buch "Bier brauen" https://www.jan-bruecklmeier.com/
Die Seite zur HBCon https://heimbrauconvention.de/
https://headlessbrewer.wordpress.com/
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Re: Kann die Kenntnis von Fehlaromen den Genuss des Bieres verderben?

#15

Beitrag von Augenfeind »

Ok, da habe ich wie erwartet eine längere Diskussion losgetreten, aber ich finde Eure Antworten alle sehr interessant und lerne gerade wieder mal viel dazu.
Zu meinen Experimenten bisher kann ich nur sagen: Ich vergäre gerade meinen 4. Sud, aber ich habe bisher ausschließlich das gleiche Rezept genommen. Variationen gab es dank meiner Anfängerfehler genug und es ist interessant zu sehen, wie mein Bier mit jedem Sud wieder etwas anders schmeckt.
Am leckersten fand ich bisher das, bei dem mir der Hahn am Gärbottich abgebrochen ist und ich schnellstens in alle von meiner Frau bereit gestellten Kochtöpfe umschütten und von dort dann in Flaschen abfüllen musste. Da ist bestimmt am meisten Sauerstoff dazu gekommen, aber das Bier habe ich auch nicht lange reifen lassen, weil es so lecker war.
Jedenfalls habe ich gelernt, dass man für ein konsistentes Ergebnis extrem viel Genauigkeit, Reinlichkeit und Erfahrung benötigt...
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Re: Kann die Kenntnis von Fehlaromen den Genuss des Bieres verderben?

#16

Beitrag von Johnny H »

Svenk hat geschrieben: Freitag 29. März 2019, 13:39
Detorice hat geschrieben: Freitag 29. März 2019, 13:32 Na das nenne ich mal Experimentierfreudig :)

Aber was zum...
Svenk hat geschrieben: Freitag 29. März 2019, 13:26 -Einfach mal reingespuckt :Shocked
:Shocked warum?
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Re: Kann die Kenntnis von Fehlaromen den Genuss des Bieres verderben?

#17

Beitrag von Svenk »

Johnny H hat geschrieben: Freitag 29. März 2019, 13:49
Svenk hat geschrieben: Freitag 29. März 2019, 13:39
Detorice hat geschrieben: Freitag 29. März 2019, 13:32 Na das nenne ich mal Experimentierfreudig :)

Aber was zum...


:Shocked warum?
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Wollte damit einfach mal eine Infektion mit Körper eigenen Bakterien simulieren. Wie es halt passieren kann, wenn man sich nicht die Hände wäscht oder Niest oder so ...
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Wobei ich es danach noch mit Hefe vergoren habe, ist bei Chicha ja nicht so. Also war es wohl eher ein Chicha mit Hefe-Fehlaroma <- um nicht ganz so Offtopic zu werden :Angel
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Re: Kann die Kenntnis von Fehlaromen den Genuss des Bieres verderben?

#18

Beitrag von Sura »

Ergänzend zu den Fehlaromen muss man noch erwähnen, das es doch irgendwann eine Schwelle gibt, bei der bestimmte Biere einfach nicht mehr schmecken. Erstens weil man davon nur zu selten ein brauchbares bekommt, und andererseits weil man sich selbst beim Geschmack auch entwickelt.

Pale Ale z.b., ist seit einer konzentrierten Verkostung vieler im bestenfall mäßiger Pale Ales, bei mir sowas von unten durch, daß ich lieber ein 0815 Kaufhauspils trinke als die meistens Pale Ales mit Fruchhopfen. Ich reagiere auf die kleinste Wasserunstimmigkeit da schon sehr empfindlich, zudem mag ich Citra jetzt nun eher weniger, und der ist in viele drin. Citra, hartes Wasser und gestopft..... gruselig. Meistens drohen sich diese Pale Ales schon mit einer erheblichen Fruchthopfennote an.

Da entwickelt man sich also, und das finde ich insofern gut, weil man nur dann wissen kann wie man etwas brauen möchte, wenn man weiss wo welcher Geschmack herkommt.
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Re: Kann die Kenntnis von Fehlaromen den Genuss des Bieres verderben?

#19

Beitrag von afri »

Augenfeind hat geschrieben: Freitag 29. März 2019, 13:48Da ist bestimmt am meisten Sauerstoff dazu gekommen, aber das Bier habe ich auch nicht lange reifen lassen, weil es so lecker war.
Oxidation hin oder her, hier jedenfalls hat es geschmeckt. Wird einen Grund haben :-)
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Re: Kann die Kenntnis von Fehlaromen den Genuss des Bieres verderben?

#20

Beitrag von afri »

Svenk hat geschrieben: Freitag 29. März 2019, 13:39 Reine Neugierde...
Wollte damit einfach mal eine Infektion mit Körper eigenen Bakterien simulieren. Wie es halt passieren kann, wenn man sich nicht die Hände wäscht oder Niest oder so ...
Daumen hoch für dich, gefällt mir überaus.
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Re: Kann die Kenntnis von Fehlaromen den Genuss des Bieres verderben?

#21

Beitrag von afri »

Um nicht falsch verstanden zu werden: ich will keine Fehlaromen in Frage stellen, ich will nur eine Lanze brechen für "schmeckt mir". Gerade weil im Moment "durchoxidiert" als Buzzword herumgeistert. Ich vermeide plätschern, wo es geht, fülle mit recht wenig O2 ab, aber die Diskussion driftet in für mich die falsche Richtung ab. Schmeckt's oder nicht ist die Frage (offtopic).

Ontopic würde ich zustimmen, je mehr man nach Fehlern sucht, desto mehr finden sie sich, Kaufbier oder Selbstbräu nehmen sich da vermutlich nicht viel. Insofern würde eine Verkostung meiner Biere nicht viel bringen, da ich sie kaum kategorisieren könnte. Welchen Fehler sollte mein Bier haben, wenn ich nicht mal benennen könnte, was es sein sollte?
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Mein Fazit

#22

Beitrag von Augenfeind »

Hallo zusammen,

dieser Thread hat mich enorm weiter gebracht.

Der wichtigste Lernfortschritt für mich persönlich ist, dass ich mit meiner ursprünglichen Vorstellung "Fehlaroma ist gleichbedeutend mit schlechtem Bier" aufgeräumt habe. So lange mir mein Bier lecker schmeckt, bin ich glücklich. Vorerst.
Mit fortgeschrittenem Hobby-Level kommen dann auch höhere Ansprüche - dann wird es mir nicht mehr reichen, dass mir mein "American Pale Ale" lecker schmeckt, denn dann möchte ich es schaffen, dass mein "APA" auch so schmeckt, wie es "offiziell" schmecken sollte. Das ist dann wieder ein ganz anderes Level und hat wenig mit "schmeckt mir und meinen Freunden gut" zu tun.

Für mich habe ich entschieden (wie jeder Andere Hobbybrauer wohl auch), dass ich meine persönliche Reihenfolge an Veränderungen, die ich mir als Verbesserungen gemäß meiner eigenen Vorlieben vorstelle, habe: Da steht noch immer die technische Ausrüstung an erster Stelle - ich habe jetzt eine Ausstattung, mit der ich einen 2. Sud machen kann, während der erste noch am gären ist, als Nächstes kommen genauere Spindeln mit 0,1°P-Skalen, und dann steht ein Kühlschrank mit Inkbird auf der Wunschliste. Dann habe ich vorerst alles, um einigermaßen konsistente Ergebnisse zu erzielen - insbesondere durch geeignete Messmöglichkeiten.

Sobald das alles steht, werde ich mich an die Verminderung der Oxidierung machen... Einem Fehlgeschmacksseminar stehe ich nun nicht mehr kritisch gegenüber, aber das hat noch ein wenig Zeit.

Stets an erster Stelle bleibt die Freude am Hobby. Vielen Dank allen, die zu diesem Thread beigetragen haben!

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Re: Kann die Kenntnis von Fehlaromen den Genuss des Bieres verderben?

#23

Beitrag von Boludo »

afri hat geschrieben: Freitag 29. März 2019, 22:52 Um nicht falsch verstanden zu werden: ich will keine Fehlaromen in Frage stellen, ich will nur eine Lanze brechen für "schmeckt mir". Gerade weil im Moment "durchoxidiert" als Buzzword herumgeistert.
Natürlich kannst du nach den Prinzip "schmeckt mir" brauen.
Du solltest dann nur bitte nicht ständig behaupten, dass es bei dir keine Oxidation gibt.
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Re: Kann die Kenntnis von Fehlaromen den Genuss des Bieres verderben?

#24

Beitrag von afri »

Boludo hat geschrieben: Sonntag 31. März 2019, 14:02 Du solltest dann nur bitte nicht ständig behaupten, dass es bei dir keine Oxidation gibt.
OK, tue ich ab sofort nicht mehr.
Achim
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Re: Kann die Kenntnis von Fehlaromen den Genuss des Bieres verderben?

#25

Beitrag von danieldee »

Ich hatte, bevor ich ein Fehlaromenseminar besucht habe, ganz viele Fehlaromen in realen Bieren kennenlernen "dürfen".
Für mich war dann klar da passt was nicht und ich hab das Bier dann sensorisch näher betrachtet.
Viel geholfen hat mir dabei die Müggelland Übersicht. https://brauerei.mueggelland.de/bieraromen.html
Im Fehlaromenseminar hatte ich nicht wirklich neue Erkenntnisse erlangt (außer der Aromastift Isovaleriansäure der da rumlag :-/ )

Ich würde es anders sehen, die Kenntnis des Fehlaromas steigert den Genuss an guten Bieren
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Re: Kann die Kenntnis von Fehlaromen den Genuss des Bieres verderben?

#26

Beitrag von xjoex »

Für mich wurde das Biertrinken "anstrengender" mit wachsendem Wissen, da es sich immer stärker zu Bier verkosten gewandelt hat. :)
Man wird kritischer, braucht länger um ein Glas zu leeren, wartet gezielt darauf das es sicher erwärmt, etc. Das führte bei mir dazu, dass ich öfters von einem Bier entäuscht werde und so manch gelobte Biermarke plötzlich nicht mehr so top ist wie früher.
Auf der anderen Seite weiß man ein gutes, fehlerfreies Bier mehr zu schätzen.
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Re: Kann die Kenntnis von Fehlaromen den Genuss des Bieres verderben?

#27

Beitrag von olibaer »

Man lässt doch seine Harley nicht stehen, nur weil mal eine Ampel auf rot steht !
Gruss
Oli
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