Ich wollte schon immer mal eine Braudokumentation schreiben und bebildern. Eigentlich im Wesentlichen für mich, damit man Bilder hat, wenn jemand „Wie machst du das eigentlich?“ wissen will.
Der Brautag ist jetzt schon im vergangenen August gewesen und ich habe das Aufbereiten der Fotos und das Verfassen des Textes immer vor mir hergeschoben, weil das doch erhebliche Arbeit ist. Das Zusammenstellen der Collagen hat etwa anderthalb Stunden gedauert, das Schreiben des Textes noch mal zwei.
Rezept
Gebraut habe ich zusammen mit Julian. Wir haben uns über den Essener Hobbybrauerstammtisch kennen gelernt. Ich freue mich immer, wenn ich nicht alleine brauen muss. Das macht mir deutlich weniger Spaß. Rezept war mein „It’s a Girl“. Halb Pilsner und halb Weizenmalz mit jeder Menge Himbeeren.
Ort
Ich braue zu allen Jahreszeiten auf unserem Balkon. Der ist teilüberdacht durch den darüberliegenden Balkon und so bei eigentlich jedem Wetter ganz gut geeignet. Daran angrenzend ist unsere Küche, die im Winter zum Aufwärmen dient und außerdem mit Herd und Waschbecken auch mitgenutzt wird.
Ausrüstung
Der größte Teil meiner Ausrüstung steht im Keller und muss zwei Etagen hochgetragen werden. Ich räume den Küchentisch auf den Balkon, so dass er überdacht ist und nutze diesen als Brautisch. Als Einstieg mal eine hoffentlich für den ein oder anderen nützliche Ausrüstungsliste, der von mir verwendeten Anlage, die eigentlich immer noch aus sehr viel Einsteigerteilen besteht. Die Liste ist ungefähr nach Zeitpunkt des Einsatzes im Brauprozess sortiert.
- Soehnle Page Profi 67080 Küchenwaage. Sehr praktisch, weil die 15kg mit 1g-Skalierung kann und vor allem nicht damit nervt, dass sie alle dreieinhalb Sekunden abschaltet, wenn man gerade nichts tut.
- MattMill Kompakt mit Plastiktrichter, montiert auf Holzplatte und Plastikeimer (Danke Papa! ). Ohne Akkuschrauber – ich kurble selbst!
- Einkocher Weck Wat 14A. Der ist emailliert und hat dafür aber 2000 Watt und ein Auslassloch für...
- ...einen dreiteiligen Edelstahlkugelhahn von Amihopfen, den man zum Reinigen komplett zerlegen kann.
- Isoliert ist der mit einer zugeschnittenen, billigen Isomatte von Decathlon und einem Gummi-Expander, der eigentlich fürs Auto ist.
- Gelegentlich nutze ich noch zusätzlich einen Rommelsbacher TS 1001 Tauchsieder Edelstahl mit 1000 Watt, wenn ich das Hauptgusswasser etwas schneller erhitzen möchte. Das ist aber eigentlich ein echt nicht notwendiges Teil. Zum Hopfenkochen brauche ich ihn nicht.
- Maischepaddel
- Thermapen 3 zur Temperaturüberwachung. Mein Lieblingsausrüstungsteil. Misst super genau, zuverlässig und vor allem schnell. Habe ich damals für 30,60 EUR bei Amazon geschossen. Dort und bei Ebay (ggf. UK) gibt es immer wieder mal Modelle in Auslauffarben zum Schnäppchenpreis.
- Standard-30-Liter-Gäreimer zum Läutern mit...
- ...MattMill Läuterhexe 1000
- Mostlöffel zum Umschöpfen. Super praktisches Teil – auch zum Austrebern!
- Silikonschläuche in verschiedenen Längen (10 x 1,5 mm)
- Deckel von einem alten Einkocher mit Löchern für den Nachguss
- 20-Liter Edelstahltopf für den Nachguss auf dem Induktionsherd. Wird gelegentlich auch mal für Familienfeiern genutzt.
- G&G 200g/0,01g MS-B Feinwaage. Kostet 10 EUR und nutze ich für Hopfen, Brausalze, etc.
- Caso VC10 Vakuumierer für den Hopfen
- Ventilator zum Kühlen
- Monofilamentfilter
- Speidel-Gäreimer. Wenn ich stopfe nutze ich aber auch oft den klassischen Eimer vom Läutern.
- Refraktometer. Meine Spindel nutze ich nicht mehr.
- Abfüllröhrchen
- Zuckerdosierhilfe
- Kronenkorkenverschließer Emily & Kronkorken
- Kleinteile: Pipette, Messbecher, Trichter, Draht, Wäschenetze, Mehrfachsteckdosenleiste mit Kippschalter
- Verbrauchszutaten: Brausalze, Milchsäure, Braujod, Irisch Moos
- Desinfektion/Reinigung: Starsan, Isopropanol 70%, Chemipro Oxi
Oft erledige ich das Abwiegen und Schroten schon am Abend zuvor und hole dann auch die restliche Ausrüstung aus dem Keller hoch. Das spart am Brauttag bestimmt 45-60 Minuten. Dann bleibt die schwere Mühle auch gleich im Keller.
Ich schrote ziemlich fein, was auf dem Bild vielleicht nicht so scheint, da dort viel Weizenmalz enthalten ist. Übrigens kein Spaß mit der feinen Spalteinstellung! Das mache ich so auch nicht wieder, aber ich werde auch nie wieder den Spalt an der MattMill verstellen, da ich den Einstellprozess furchtbar nervig finde. Ich vermisse da an den Einstellrädern zumindest eine zahlenlose Skalierung. Vermutlich werde ich mir für Weizen noch mal so einen 20-Euro-Corona-Clone besorgen.
2. Aufheizen und Wasseraufbereitung
Wenn ich nicht noch was aus dem Keller holen muss oder bequem nebenher frühstücken will, benutze ich den Tauchsieder, damit das Aufheizen etwas schneller geht. Oft nutze ich die Zeit aber zum Frühstücken.
Zur Wasseraufbereitung nutze ich Bru’nWater. Ein pH-Meter besitze und nutze ich nicht. Ich verlasse mich da auf die Berechnungen, was bisher offenbar immer gut hingehauen hat. Seitdem ich mich um Wasseraufbereitung kümmere, habe ich auf jeden Fall auch eine konstantere und etwas höhere Sudhausausbeute, wobei der Anlass mich damit zu beschäftigen mehr die geschmacklichen Einflüsse waren. Ich benutze 80%ige Milchsäure, Calciumsulfat, Calciumchlorid und sehr selten Magnesiumsulfat.
3. Einmaischen und Jodprobe
Nach Erreichen der gewünschten Temperatur wird eingemaischt. Ich habe kein Rührwerk und kontrolliere alle 15-20 Minuten die Temperatur und rühre dabei die Maische immer mal wieder auf. Meist muss ich einmal oder keinmal eine Minute nachheizen. Eine Minute heizen gibt ungefähr ein Grad. Durch die Isolierung mit einer Isomatte ist der Temperaturverlust aber auch gering. Der Einkocher steht immer auf voller Leistung und wird durch einen Kippschalter im Mehrfachstecker ein- und ausgeschaltet.
4. Abmaischen
Geläutert wird mit klassischem 30-Liter-Plaste-Gärbottich mit Läuterhexe. Dazu schöpfe ich die Maische mit einem Mostlöffel (sehr, sehr praktisch) um. Den allerletzten Rest kippe ich.
5. Läutern
Geläutert wird, nach dem Vorschießenlassen und dem Abziehen der Vorderwürze, meist klassisch mit Fly Sparging. Dabei leistet ein alter Einkocherdeckel mit kleinen Löchern gute Dienste für den Nachguss. Der passt umgedreht perfekt auf den Läutereimer. Am Hahn ist ein Schlauch und an dem der Trichter, um Saugzug zu vermeiden (siehe Braumagazin).
Zuletzt habe ich auch öfter mit Batch Sparge nach Oli geläutert. Das spart nicht unbedingt viel Zeit, aber entspannt den Brautag, da man nicht ständig auf den Balkon muss, um konstanten Nachguss zu geben.
6. Nachguss
Hier sieht man das Erwärmen des Nachgusses im 20-Liter-Kochtopf auf dem Induktionsherd und das Aufbereiten mit Milchsäure und Brausalzen. Das andere Bild zeigt meine Läuterkonstruktion. So kann der Einkocher beim Läutern schon aufheizen und nach dem Kochen kann ich aus ihm, ohne ihn umzustellen in einen Gäreimer, der dann auf dem Boden steht, ausschlagen.
7. Pfanne voll
Das Bild zeigt die volle Pfanne kurz vor Läuterende und das Treberbett in dem man rautenförmige Schnitte sieht. Es lohnt sich auf jeden Fall ein- oder zweimal beim Läutern mit einem Küchenmesser tief bis kurz vor der Läuterhexe rautenförmig das Treberbett einzuschneiden, um mehr Extrakt zu gewinnen.
8. Zutaten kochen
Während es läutert wiege ich die Zutaten, die ich beim Kochen brauche, ab. Hier nur eine kleine Hopfengabe bei Kochbeginn und Irisch Moos für kurz vor Kochende.
9. Hopfengabe/Kochen
Hier sieht man die Hopfengabe, den Kochbeginn und den Eiweißbruch. Das Bild oben rechts zeigt meine prima funktionierende Low-Cost-Lösung gegen überhitzende Elektronik im Einkocher, der ohne Kühlung per Ventilator gelegentlich mal abschaltete. Der Luftstrom sollte nur den Plastikunterbau unter dem eigentlichen Kessel kühlen in dem die Elektronik sitzt. Das funktioniert echt zuverlässig und man muss nichts an der Elektronik herumfummeln.
10. Whirlpool
So drehe ich den Whirlpool an. Etwa eine Minute wird kräftig gerührt. Das hat bisher immer top funktioniert und ergibt dann so einen schönen Trubkegel.
11. Ausschlagen
Während die Würze kocht, koche ich auf dem Herd einen Silkonschlauch, einen Monofilamentfilter und etwas Draht ab. Außerdem desinfiziere ich ein Gärfass mit Starsan. Der Schlauch wird möglichst weit auf den Hahn gesteckt, damit kein Sauerstoff gezogen wird. Er endet auf dem Boden des Gäreimers in dem Monofilamentfilter. Dieser ist mit Draht hochgebunden und wird während des Ausschlagens immer etwas weiter hochgezogen, damit sein Rand immer über dem Flüssigkeitsspiegel ist.
12. Fertig!
Stammwürzemessungen mache ich nur noch per Refraktometer. Das ist so viel praktischer als mit der Spindel zu arbeiten und ich brauche immer nur ein paar Tropfen, die ich mir per Glaspipette ziehe. Falls ich bei einer zu hohen Stammwürze gelandet sein sollte, verdünne ich mit unabgekochtem kaltem Wasser aus dem Hahn.
Das Foto unten links zeigt das Abkühlen auf dem Balkon über Nacht. Auch ist der Ventilator wieder nützlich für schnelleres Abkühlen. Das Gärfass steht hier auf blauen Kühlakkus. Man sieht auch, dass in dem Gärspund noch kein Wasser, sondern nur (mit Isopropanol besprühte) Watte ist, damit das beim Abkühlen kein Wasser zieht.
13. Rehydrieren
Die Bilder sind jetzt am Morgen oder Vormittag nach dem Brautag entstanden, wenn die Würze auf 20 °C abgekühlt ist. Sie zeigen die Hefe nach 0 Minuten, nach Umrühren nach 15 Minuten und nach 30 Minuten, wo sie dann fertig fürs Anstellen ist. Ich nutze einfach unabgekochtes Leitungswasser dafür, dessen Temperatur ich direkt richtig einstelle.
Anfängern würde ich auch immer empfehlen, sich das Rehydrieren zu klemmen. Ich habe das anfangs auch nie gemacht. Funktioniert einwandfrei und verhindert bei Anfängern einen potentiellen Keimeintrag oder das Eimern der Hefe mit viel zu heißem Wasser. Fermentis bewirbt das beispielsweise ja mit Easy2Use. (Ja, ich weiß. Streitiges Thema. Bitte keine Glaubenskriege. )
14. Anstellen und Gärung
Würze mit und ohne Hefegabe und jetzt gefüllter Gärspund.
In der Regel schaue ich das erste Mal nach 10-14 Tagen überhaupt ins Gärfass. Ich lasse meine Biere also ziemlich lange auf der Hefe. Nach 2-3 Tagen kontrolliere ich den Restextrakt ein weiteres Mal, bevor ich dann abfülle. Einen Kühlschrank zur aktiven Gärführung habe ich aus Platzgründen leider nicht. Im Winter kann ich für Untergäriges auf einen 8-12 °C kalten Keller zurückgreifen, was erstaunlich gut funktioniert.
15. Kalthimbeerung
Nach Abschluss der Hauptgärung wurden diesem Bier größere Mengen Tiefkühlhimbeeren zugesetzt. Dazu habe ich die Himbeeren in unbehandelt und tiefgekühlt in ein abgekochtes dm-Wäschenetz gegeben. Achtung: Ich hatte letztens auch ein anderes Wäschenetz, das nach dem ersten Abkochen ekelhaft nach Plastik gestunken hat. Das habe ich entsorgt. Dieses hier war aber fein.
Hier sieht man auch, dass hier der schmale Schraubverschlussdeckel des Speideleimers nervt. Da nehme ich nächstes Mal wieder so einen Standardeimer für. Die Gärung springt dann noch mal nur kurz an, da die Himbeeren nicht besonders viel Zucker enthalten. Ich habe das Bier eine Woche auf den Himbeeren gelassen.
16. Umschlauchen
Wegen der feinen Himbeerpartikel, habe ich das Bier vor dem Abfüllen noch einmal in einen mit Starsan behandelten Eimer umgeschlaucht. Filter, Schlauch und Draht wurden wieder abgekocht. Ansonsten bin ich jetzt zuletzt bei ungestopften Bieren wieder dazu übergegangen, nicht umzuschlauchen und direkt aus dem Gäreimer über den Hahn abzufüllen und die letzte Flasche mit mehr Hefesatz halt zu markieren. Das klappt super und verhindert zusätzlichen Sauerstoffeintrag.
17. Schlonze
Leckere Himberrpampe.
18. Abfüllen
Beim Abfüllen nutze ich die Zuckerdosierhilfe und ein Abfüllröhrchen und Stubbis (#stubbiliebe) mit Kronkorken. Die Bügelflaschen sind Julians.
19. Jeder nor einen wönzigen Schlock!
Den letzten Rest mussten wir natürlich probieren.
20. Prost!
Und so sieht es dann fertig aus.