FAZ-Artikel: Leergut im Steuerrecht: „Ein Schlag gegen das Pfandsystem“

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Johnny H
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FAZ-Artikel: Leergut im Steuerrecht: „Ein Schlag gegen das Pfandsystem“

#1

Beitrag von Johnny H »

Leergut im Steuerrecht: „Ein Schlag gegen das Pfandsystem“

Eine weitere Maßnahme, die das Pfandflaschen-Mehrwegsystem in Deutschland untergräbt: Poolflaschen sollen ihren steuerlichen Vorteil gegenüber Individualflaschen verlieren. Damit werden gerade den zumeist kleineren Brauereien, die den ökologisch vorteilhaften Flaschenpool pflegen, zusätzliche Steuerlasten aufgebürdet.

Ich zitiere dazu Holger Eichele aus dem Artikel:
„Als Kollateralschaden trifft es jetzt die Brauer“, sagt Holger Eichele, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Brauerbunds. [...] Falls die Pläne tatsächlich umgesetzt werden, hätte das „fatale Auswirkungen für unser Mehrwegsystem“, sagt Eichele.
[...]
Der Brauerverband rechnet mit Kosten für die Branche im deutlich zweistelligen Millionenbereich. „Das werden manche kleine und mittelständische Brauereien nicht überleben“, warnt Eichele.
Ich hatte das Thema Pfandflaschen-Mehrwegsystem vor einigen Monaten bereits mitbehandelt in meinem Artikel "Dose, Glas – oder nur noch Fass?" im Braumagazin und kam zu dem Schluss:
Es ist sehr bedau­er­lich, dass ein aus öko­lo­gi­schen und logis­ti­schen Gesichts­punk­ten her­vor­ra­gen­des und gleich­zei­tig ein­fa­ches Sys­tem sich nun auf­grund von Über­kom­ple­xi­tät in einer Kri­se befin­det und die Wie­der­be­herrsch­bar­keit des Sys­tems von Markt­teil­neh­mern als immense Her­aus­for­de­rung ange­se­hen wird.
Es sieht leider so aus, als ob meine Schlussfolgerungen bestärkt werden: man verschlimmbessert immer weiter!
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Ladeberger
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Re: FAZ-Artikel: Leergut im Steuerrecht: „Ein Schlag gegen das Pfandsystem“

#2

Beitrag von Ladeberger »

Ich muss zugeben, ich war gerade vor allem erstaunt, dass man dafür überhaupt eine Rückstellung bilden kann. Wenn ich das richtig verstehe, geht es darum, dass Brauereien einen (mit ihrem Flaschenpool wachsenden) Rückstellungsposten über Verbindlichkeiten zur Pfandrückzahlung gebildet haben, dessen Auflösung zum Sankt Nimmerleinstag aufgeschoben wird. Anders kann ich mir nicht erklären, warum bei dem ansonsten mehr oder weniger erfolgsneutralen Pfandkonzept plötzlich und einmalig "Millionenforderungen" auf die Brauereien zukommen sollten.

Dass einem so eine Steuerstrategie irgendwann um die Ohren fliegen könnte, nunja...

Trotzdem bitter für die Betroffenen und auch unverständlich, dass die Finanzverwaltung dieses Ungemach überhaupt erst großgezogen hat.

Gruß
Andy
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Johnny H
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Re: FAZ-Artikel: Leergut im Steuerrecht: „Ein Schlag gegen das Pfandsystem“

#3

Beitrag von Johnny H »

Ich habe das auch zum ersten Mal gelesen.

So wie ich es verstehe, reduziert der Rückstellungsposten den ausgewiesenen Gewinn und damit die zu zahlenden Steuern. Dieser Posten wird natürlich nie vollständig aufgelöst, da ständig Flaschen im Umlauf sind.

So wie das bisher praktiziert wird, ist das in meinem Rechtsempfinden auch nicht richtig bzw. nachvollziehbar, aber wenn man das nun korrigiert, dann beschädigt man das bereits lt. Marktteilnehmern "in der Krise befindliche" bzw. momentan nicht mehr "beherrschbare" Pfandsystem weiter, was ich persönlich schlimmer finde.

Leider kann ich den Brauwelt-Artikel "Wie haltet Ihr es mit dem Leergut?" nicht mehr verlinken, da hinter der Bezahlschranke.

Edit: was nachgetragen
Zuletzt geändert von Johnny H am Mittwoch 4. Dezember 2019, 21:09, insgesamt 2-mal geändert.
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Re: FAZ-Artikel: Leergut im Steuerrecht: „Ein Schlag gegen das Pfandsystem“

#4

Beitrag von Barney Gumble »

Die Ursache allen Übels ist genauso wie in unserem schönen Krankenkassensystem dass man halt immer wieder mit irgendwelchen juristischen Mitteln ein gemeinsames Solidarsystem wunderschön durch Individualsysteme untergräbt indem man Ausnahmen von Ausnahmen von Ausnahmen.. schafft.
Mich verbittert sowas
Als ich von den schlimmen Folgen des Trinkens las, gab ich es sofort auf - das Lesen! (frei nach Henry Youngman)
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Johnny H
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Re: FAZ-Artikel: Leergut im Steuerrecht: „Ein Schlag gegen das Pfandsystem“

#5

Beitrag von Johnny H »

Barney Gumble hat geschrieben: Mittwoch 4. Dezember 2019, 21:05 [...] ein gemeinsames Solidarsystem wunderschön durch Individualsysteme untergräbt indem man Ausnahmen von Ausnahmen von Ausnahmen.. schafft.
Mich verbittert sowas
Diesen Ärger teile ich.

Der immens gewordene logistische Aufwand (Transport, Sortierung) aufgrund der ca. 1500 unterschiedlichen Flaschenformen ist das Hauptproblem des Pfandsystems. Dieser ist m.E. auch die Hauptursache für immer wieder beklagte Probleme mit fehlendem Leergut oder dass man Kisten nicht mehr los wird.

Edit: Rechtschreibung
Zuletzt geändert von Johnny H am Mittwoch 4. Dezember 2019, 21:40, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: FAZ-Artikel: Leergut im Steuerrecht: „Ein Schlag gegen das Pfandsystem“

#6

Beitrag von §11 »

Johnny H hat geschrieben: Mittwoch 4. Dezember 2019, 21:27
Barney Gumble hat geschrieben: Mittwoch 4. Dezember 2019, 21:05 [...] ein gemeinsames Solidarsystem wunderschön durch Individualsysteme untergräbt indem man Ausnahmen von Ausnahmen von Ausnahmen.. schafft.
Mich verbittert sowas
Diesen Ärger teile ich.

Der immense gewordene logistische Aufwand (Transport, Sortierung) aufgrund der ca. 1500 unterschiedlichen Flaschenformen ist das Hauptproblem des Pfandsystems. Dieser ist m.E. auch die Hauptursache für immer wieder beklagte Probleme mit fehlendem Leergut oder dass man Kisten nicht mehr los wird.
Es ist halt vor allem alle andere als umweltverträglich denn in der Realität wird ja der Kasten Becks, der in Bayern als "Beimengung" in der Brauerei landet dem Altglas zugeführt und der Kasten nicht selten geschreddert. Das heisst eine relative schwere, resourcen- und energieaufwendige Flasche, da zur Wiederverwendung gemacht, wird durch die Republik gekarrt um dann doch neben der Einwegflasche im Altglas zu landen. Und diese "Beimengung" ist nicht gering und wird meist schön in der Mitte der Palette plaziert.
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Re: FAZ-Artikel: Leergut im Steuerrecht: „Ein Schlag gegen das Pfandsystem“

#7

Beitrag von hyper472 »

Barney Gumble hat geschrieben: Mittwoch 4. Dezember 2019, 21:05 Die Ursache allen Übels ist genauso wie in unserem schönen Krankenkassensystem dass man halt immer wieder mit irgendwelchen juristischen Mitteln ein gemeinsames Solidarsystem wunderschön durch Individualsysteme untergräbt indem man Ausnahmen von Ausnahmen von Ausnahmen.. schafft.
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Schließe mich weitgehend an. Wobei die Ursache, der Hinweis sei erlaubt, nicht „juristische Mittel“ sondern politische Wünsche sind. Welcher Hirntote sich sowas wünscht, erschließt sich mir leider nicht.

Viele Grüße, Henning
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Re: FAZ-Artikel: Leergut im Steuerrecht: „Ein Schlag gegen das Pfandsystem“

#8

Beitrag von hkpdererste »

Der Krampf geht doch meiner Meinung nach schon bei der Verwendung von einheitlichen Kästen los. Ob jetzt die Flaschen da drin individuelle sind oder Poolflaschen ist doch in dem Moment wo der Kasten 800 km von Nord nach Süd muss schon egal.

Schade um das ehemals gut funktionierende System, aber langfristig wirds eben auf Aludose und die im Braumagazin vernachlässigte PET-Flaschen rauslaufen. Ob das dann Ökobilanztechnisch wirklich ein grosses Problem darstellt, steht wieder auf einem anderen Blatt.
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Re: FAZ-Artikel: Leergut im Steuerrecht: „Ein Schlag gegen das Pfandsystem“

#9

Beitrag von Bilbobreu »

hyper472 hat geschrieben: Mittwoch 4. Dezember 2019, 22:35
Barney Gumble hat geschrieben: Mittwoch 4. Dezember 2019, 21:05 Die Ursache allen Übels ist genauso wie in unserem schönen Krankenkassensystem dass man halt immer wieder mit irgendwelchen juristischen Mitteln ein gemeinsames Solidarsystem wunderschön durch Individualsysteme untergräbt indem man Ausnahmen von Ausnahmen von Ausnahmen.. schafft.
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Aber die Frage ist sowohl hinsichtlich Pfandsystem als auch Sozialsystem durchaus berechtigt. Wenn ich das als Richter am Sozialgericht mal sagen darf.
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Re: FAZ-Artikel: Leergut im Steuerrecht: „Ein Schlag gegen das Pfandsystem“

#10

Beitrag von Johnny H »

Mir ist eben noch ein weiterer Aspekt aufgefallen: ich hatte vor ein paar Monaten eine kurze Debatte über das Flaschenpfand und den Sortieraufwand und bin danach davon ausgegangen, dass aufgrund der Kostenneutralität ein höheres Flaschenpfand keine positiven Folgen für das Pfandsystem haben kann. Es entsteht ja "eigentlich" kein zusätzlicher Gewinn, wenn Flaschenpfand bezahlt wird! Allenfalls wird die umlaufende Liquidität erhöht.

"Eigentlich", denn: wenn es nun so ist, dass sich (wie bisher) ein steuerlicher Vorteil für Brauereien dadurch ergibt, dass man die Rückstellungen für Poolflaschen steuerlich geltend machen kann, dann wäre eben doch ein höherer Flaschenpfandbetrag eine Möglichkeit, das Poolsystem und dessen immer weiter ausufernden logistischen Herausforderungen zu stärken!! Eventuell würde auch die eine oder andere Großbrauerei aufgrund des steuerlichen Vorteils wieder von Individualflaschen Abstand nehmen, was auch positive Auswirkungen auf das Poolsystem hätte!

Dazu müsste man aber natürlich zuallererst von den im FAZ-Artikel angesprochenen Plänen wieder Abstand nehmen!!
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Re: FAZ-Artikel: Leergut im Steuerrecht: „Ein Schlag gegen das Pfandsystem“

#11

Beitrag von §11 »

Johnny H hat geschrieben: Donnerstag 5. Dezember 2019, 16:47 Mir ist eben noch ein weiterer Aspekt aufgefallen: ich hatte vor ein paar Monaten eine kurze Debatte über das Flaschenpfand und den Sortieraufwand und bin danach davon ausgegangen, dass aufgrund der Kostenneutralität ein höheres Flaschenpfand keine positiven Folgen für das Pfandsystem haben kann. Es entsteht ja "eigentlich" kein zusätzlicher Gewinn, wenn Flaschenpfand bezahlt wird! Allenfalls wird die umlaufende Liquidität erhöht.

"Eigentlich", denn: wenn es nun so ist, dass sich (wie bisher) ein steuerlicher Vorteil für Brauereien dadurch ergibt, dass man die Rückstellungen für Poolflaschen steuerlich geltend machen kann, dann wäre eben doch ein höherer Flaschenpfandbetrag eine Möglichkeit, das Poolsystem und dessen immer weiter ausufernden logistischen Herausforderungen zu stärken!! Eventuell würde auch die eine oder andere Großbrauerei aufgrund des steuerlichen Vorteils wieder von Individualflaschen Abstand nehmen, was auch positive Auswirkungen auf das Poolsystem hätte!

Dazu müsste man aber natürlich zuallererst von den im FAZ-Artikel angesprochenen Plänen wieder Abstand nehmen!!
Es hat noch einen anderen Grund warum eine Erhöhung des Pfandes gefordert wird.
Eine 0,33l Longneckflasche kostet im Einkauf etwa 15ct, während nur 8ct Pfand verlangt warden. Das heisst, wenn eine Brauerei eben weniger Flaschen aus dem Kreislauf zurück bekommt als sie eingespeist hat, entstehen je Flasche die ersetzt wird rechnerisch Kosten von 7ct.
Eine Bierkiste kostet im EK etwa 4-5 Euro und es sind 1.50 Euro Pfand drauf. Heisst jede verlorene Kiste die ersetzt werden muss kostet die Brauerei zwischen 2.50 und 3.50.

Wenn das nicht schon schlimm wäre, so hat die ganze Sache ein zusätzliches "G'schmäckle" bekommen seit sich Brauereigruppen in Sortierbetrieben einkaufen und damit praktisch direkten Einfluss darauf nehmen wie die Flaschen wieder "zurück" fließen und vor allem wann (und ob)
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Re: FAZ-Artikel: Leergut im Steuerrecht: „Ein Schlag gegen das Pfandsystem“

#12

Beitrag von Johnny H »

Auch das wäre für mich ein nachvollziehbarer Grund, das Flaschenpfand zu erhöhen!

Wie sich das dann auswirken würde, muss man sehen. Man griffe da in ein komplexes System ein und würde die Anreizstruktur verändern. Wenn man das Pfand zu sehr erhöht, lohnt sich irgendwann der Aufwand für die Wiederverwendung nicht mehr, weil Neuflaschen billiger sind!
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Re: FAZ-Artikel: Leergut im Steuerrecht: „Ein Schlag gegen das Pfandsystem“

#13

Beitrag von §11 »

Ich hab Gestern eine Schulung für ein neues Tool erhalten, das verschiedene Nachhaltigskeitsfaktoren berleuchtet. Nimmt man nur den Aspekt der CO2 Äquivalente, wird deutlich wie die Umläufe der Pfandflasche die Gleichung verschieben.

Hier sind ist die Menge CO2 Äquivalente, die je kg Verpackung entstehen. Dabei ist der Transport der Rohstoffe, die Energie und die Umwandlung in die Verpackung bereits enthalten. Bezugssystem ist Europa
1Kg Glas neu = 1.3168 Kg CO2 equivalents per kg
1Kg Glas recycling = 0.89167
1Kg Alu neu = 21.219
1Kg Alu recycled = 10.083
1Kg Dosenstahl (Weissblech) neu = 0.23519
1Kg Dosenstahl (Weissblech) recyceled = 0.10276

Gewichte:
NRW Flasche: 370g
0,5l Alu Dose: 12.2g (Ball)
0,5l Stahl Dose: 26g (Crown)

Daraus ergeben sich für die Herstellung folgende CO2 Äquivalente:
NRW Flasche: 0.487216 Kg CO2
Alu Dose neu: 0.2588718
Alu Dose rec.: 0.1230126
Stahl Dose neu: 0.00611494
Stahl Dose rec.: 0.00267176


Jetzt kann man problemlos die CO2 Äquivalente für die Herstellung in Bezug stellen und betrachten ab wievielen Umläufen sich die Flasche "rentiert". Die Rechnung ist sehr, sehr konservativ, weil weder der Flaschenrücktransport, noch die Reinigung einbezogen wird. Dazu kommt, das die Flasche, auf Grund des höheren Gewichts und der Bierkisten, einen weitaus schlechteres Verhältnis von Biervolumen zu Gewicht hat.

Alu Dose neu - NRW Flasche braucht 1,882 Umläufe
Alu Dose rec - NRW Flasche braucht 3,961 Umläufe
Stahl Dose neu - NRW Flasche braucht 79.676 Umläufe
Stahl Dose rec - NRW Flasche braucht 182.358 Umläufe

Die 80 Umläufe passen meines Wissens zu dem, für was Mehrwegflaschen mal konzipiert wurden. Allerding ist das lange überholt. Folgende Zahlen habe ich für Deutschland gefunden:
Poolflaschen werden im Schnitt 36 mal wiederbefüllt
Individualflaschen im Schnitt 23 mal

Wie gesagt, das ist eine reine Betrachtung der CO2 Äquivalente der Herstellung. Der Transport spricht nochmal ein

Betrachtet man hier nur die Unterschiede (also Palette etc. nicht). Muss man folgende Massen für ein Liter Bier bewegen. Bezug wieder die 0,5l NRW Flasche in der Standardkiste, gegen eine 0,5 Dose im 24 Dosen Tray.
NRW Flasche: 1980g je Liter Bier
Dose Alu: 1029g je Liter Bier
Dose Stahl: 1086.5g je Liter

Diese "Transportkosten" lassen sich ebenfalls in CO2 Äquivalente umrechnen. Dabei fallen je Liter folgende CO2 Äquivalente an
Je Liter in der NRW Flasche je 100 km: 0.018041166
Je Liter in der Alu Dose je 100 km: 0.00964929
Je Liter in der Stahl Dose je 100 km: 0.009900537

Wenn ich jetzt das Leergut zurück fahre, dann bewege ich je "Liter" 980g das entspricht 0.00820053 CO2 Äquivalente je 100km

So, vergleicht man diese Transportzahlen, zwischen Leergut und den Dosen, kann sich jeder ausmahlen an welche dünnen Faden dich Nachhaltigkeit der Pfandflasche hängt. Leergut benötigt fast 90% der CO2 Äquivalente, die eine volle Alu Dose verbraucht. Das heisst jeder zu viel gefahrene Kilometer schmerzt hier.
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Re: FAZ-Artikel: Leergut im Steuerrecht: „Ein Schlag gegen das Pfandsystem“

#14

Beitrag von heizungsrohr »

Daher wäre es sinnvoll, die Flaschenformen und Kisten auf wenige ungebrandete Varianten zu regulieren. Meinetwegen sechs verschiedene Kistenvarianten (Farbe oder Form) und sechs Flaschenformen (3x 0,33 und 3x 0,5). Ohne Logos, ohne Prägung. Etiketten können sowohl an Kisten als auch an Flaschen entfernbar angebracht werden.
Ich bezweifle stark, dass der Absatz dadurch dramatisch einbrechen würde. Die Transportwege des Leerguts dürften aber drastisch sinken
Gruß
Magnus
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Re: FAZ-Artikel: Leergut im Steuerrecht: „Ein Schlag gegen das Pfandsystem“

#15

Beitrag von Ruthard »

Nunja, wenn die NRW Flasche 182 Umläufe braucht, um die recycelte Stahldose zu schlagen, wird das auch bei höchstmöglicher Optimierung nicht einzuholen sein. Leergutvolumen sind in die obige Rechnung noch gar nicht eingeflossen. Ein 40 Tonner LKW mit NRW Leergut ist gewichtsmäßig nur halb ausgelastet, verbraucht aber nur unwesentlich weniger Sprit und Straße als ein mit vollen Flaschen beladener. Die vom Füllvolumen her äquvalente Menge gepresster Stahldosen passen dagegen in einen Sprinter.

Cheers, Ruthard
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Re: FAZ-Artikel: Leergut im Steuerrecht: „Ein Schlag gegen das Pfandsystem“

#16

Beitrag von monsti88 »

Eindrucksvolle Zahlen! Wenn man mal mit spitzem Bleistift rechnet, dann sieht die Welt doch oft ganz anders aus - und so spitz war der Bleistift ja noch nicht mal...

Leider wird - wie so oft - mal wieder nichts passieren, da die entsprechenden Lobbys zu stark sind. Das elende Einwegpfand hat den Dosen ohnehin den Todesstoß versetzt.

Immerhin: die Anschaffung eines Cannular kann ich so noch auf die lange Bank schieben... :redhead
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Re: FAZ-Artikel: Leergut im Steuerrecht: „Ein Schlag gegen das Pfandsystem“

#17

Beitrag von hiasl »

Ich weiß es zwar nicht, aber gefühlt sind doch heute hauptsächlich Alu-Dosen im Umlauf, oder? Weißblech gibt's doch nur noch bei Konserven.
Zudem sollte man einrechnen, dass laut DUH (ja, ich weiß, das ist eine "schwierige" Quelle) ca. 10 % des Materials nicht mehr recyclebar sind. Selbst wenn die Quelle ggf. übertreibt, wäre das zumindest mal der worst case.
Dass das deutsche Mehrwegsystem krankt und die politischen Entscheidungen nicht immer ökologisch sinnvoll sind, ist eh klar...
Gruß
Matthias
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Re: FAZ-Artikel: Leergut im Steuerrecht: „Ein Schlag gegen das Pfandsystem“

#18

Beitrag von ggansde »

Ich sehe hier im Urlaub gerade, wie eindeutige Glas-Pfandflaschen aus Deutschland den Weg in den Glascontainer finden. Es gibt halt Länder, die kommen komplett ohne Pfandsystem aus. Bestimmt wurde das alles auch mal durchgerechnet.
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Re: FAZ-Artikel: Leergut im Steuerrecht: „Ein Schlag gegen das Pfandsystem“

#19

Beitrag von heizungsrohr »

Die ganzen Abfüllanlagen für Dosen müssten aber auch erst mal gebaut und angeschafft werden. Abzüglich der gesparten Kosten für die Flaschenspülung dürfte es trotzdem eine Weile dauern, bis sich das ökologisch lohnt.
Gruß
Magnus
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Re: FAZ-Artikel: Leergut im Steuerrecht: „Ein Schlag gegen das Pfandsystem“

#20

Beitrag von DerDerDasBierBraut »

CO2 ist "nur" eines der zu berücksichtigenden Probleme.
Würde man Glas abschaffen, dann bräuchte man sicher mehr Aluminium, bei dessen Produktion Unmengen an hochgiftigem Bauxitschlamm anfallen.
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Re: FAZ-Artikel: Leergut im Steuerrecht: „Ein Schlag gegen das Pfandsystem“

#21

Beitrag von Johnny H »

§11 hat geschrieben: Dienstag 21. Juli 2020, 20:47 [...]
Die 80 Umläufe passen meines Wissens zu dem, für was Mehrwegflaschen mal konzipiert wurden. Allerding ist das lange überholt. Folgende Zahlen habe ich für Deutschland gefunden:
Poolflaschen werden im Schnitt 36 mal wiederbefüllt
Individualflaschen im Schnitt 23 mal

Wie gesagt, das ist eine reine Betrachtung der CO2 Äquivalente der Herstellung. Der Transport spricht nochmal ein
[...]
Ich hatte einige Quellen zu Umlaufzahlen in meinem Artikel im Braumagazin verlinkt. Ich weiß es nicht mehr genau, aber ich glaube, meine Quellen für Poolflaschen kamen auf weniger. Außerdem steigen die Distributionsentfernungen durch die ganze Sortiererei.
DerDerDasBierBraut hat geschrieben: Mittwoch 22. Juli 2020, 10:14 CO2 ist "nur" eines der zu berücksichtigenden Probleme.
Würde man Glas abschaffen, dann bräuchte man sicher mehr Aluminium, bei dessen Produktion Unmengen an hochgiftigem Bauxitschlamm anfallen.
Man muss m.E. alle Faktoren, die auf die Umwelt Einfluss nehmen, in solchen Vergleichen berücksichtigen. Dazu gehören Aspekte wie der Energieverbrauch, Treibhauseffekte (aka CO2-Äquivalente), Boden- und Luftverschmutzung (Bauxitschlamm ist ein großes Thema), Landverbrauch, Bodenversäuerung, Eutrophierung/Überdüngung, Humantoxizitätspotential etc.pp.

Außerdem muss der gesamte Weg des Produkts "von der Wiege bis zur Bahre" berücksichtigt werden - d.h. auch Transport, Recyclingquoten, Müll etc. sind wichtige Aspekte.

Gesamtökobilanzen versuchen, alle diese Faktoren aufzugreifen und versuchen auch, Schwankungen im Modell über sogenannte Sensitivitätsanalysen zu berücksichtigen. Eine ausschließliche Betrachtung von z.B. lediglich CO2-Äquivalenten in der Herstellung greift hier m.E. zu kurz.

Wenn bzw. weil man das selten ganzheitlich betrachtet, gibt es auch ständig (m.E. oft fruchtlose) Debatten darüber, weil sich verschiedene Interessengruppen den für sie jeweils passenden Teilaspekt heraussuchen und aus dem Gesamtkontext rausisolieren.

Natürlich sind Gesamtökobilanzen schwierig und sicher auch fehleranfällig. Etwas besseres kenne ich aber in diesem Kontext nicht.
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Re: FAZ-Artikel: Leergut im Steuerrecht: „Ein Schlag gegen das Pfandsystem“

#22

Beitrag von Johnny H »

heizungsrohr hat geschrieben: Dienstag 21. Juli 2020, 22:18 Daher wäre es sinnvoll, die Flaschenformen und Kisten auf wenige ungebrandete Varianten zu regulieren. Meinetwegen sechs verschiedene Kistenvarianten (Farbe oder Form) und sechs Flaschenformen (3x 0,33 und 3x 0,5). Ohne Logos, ohne Prägung. Etiketten können sowohl an Kisten als auch an Flaschen entfernbar angebracht werden.
Ich bezweifle stark, dass der Absatz dadurch dramatisch einbrechen würde. Die Transportwege des Leerguts dürften aber drastisch sinken
Das sehe ich ganz ähnlich. Man könnte auch den zahllosen Individualflaschenverwendern genügend Zeit geben, ihre Bestände auszuschleichen - die sollten ihre Umlaufzahlen kennen und um die Lebensdauer einer Flasche gut Bescheid wissen.
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Re: FAZ-Artikel: Leergut im Steuerrecht: „Ein Schlag gegen das Pfandsystem“

#23

Beitrag von hkpdererste »

§11 hat geschrieben: Dienstag 21. Juli 2020, 20:47
Alu Dose neu - NRW Flasche braucht 1,882 Umläufe
Alu Dose rec - NRW Flasche braucht 3,961 Umläufe
Stahl Dose neu - NRW Flasche braucht 79.676 Umläufe
Stahl Dose rec - NRW Flasche braucht 182.358 Umläufe
Bist du dir sicher, dass das so stimmen kann? In sämtlichen mir bekannten Umweltbilanzen steht die Aludose im Ergebnis vor der Weissblechdose.
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Johnny H
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Re: FAZ-Artikel: Leergut im Steuerrecht: „Ein Schlag gegen das Pfandsystem“

#24

Beitrag von Johnny H »

hkpdererste hat geschrieben: Mittwoch 22. Juli 2020, 12:14
§11 hat geschrieben: Dienstag 21. Juli 2020, 20:47
Alu Dose neu - NRW Flasche braucht 1,882 Umläufe
Alu Dose rec - NRW Flasche braucht 3,961 Umläufe
Stahl Dose neu - NRW Flasche braucht 79.676 Umläufe
Stahl Dose rec - NRW Flasche braucht 182.358 Umläufe
Bist du dir sicher, dass das so stimmen kann? In sämtlichen mir bekannten Umweltbilanzen steht die Aludose im Ergebnis vor der Weissblechdose.
Mir ist Ähnliches bekannt.
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Re: FAZ-Artikel: Leergut im Steuerrecht: „Ein Schlag gegen das Pfandsystem“

#25

Beitrag von §11 »

Daher wäre es sinnvoll, die Flaschenformen und Kisten auf wenige ungebrandete Varianten zu regulieren. Meinetwegen sechs verschiedene Kistenvarianten (Farbe oder Form) und sechs Flaschenformen (3x 0,33 und 3x 0,5). Ohne Logos, ohne Prägung. Etiketten können sowohl an Kisten als auch an Flaschen entfernbar angebracht werden.
Ich bezweifle stark, dass der Absatz dadurch dramatisch einbrechen würde. Die Transportwege des Leerguts dürften aber drastisch sinken
Absolut. Hier gehen mir aber die Forderungen oft nicht weit genug. In der Diskussion ist immer die Erhöhung des Pfandes und die "bösen" Individualflaschen im Vordergrund. Das Problem lässt sich damit aber nicht lösen. Bleibt man beim Beispiel das ein Münchner ein Bier aus Bremen trinkt, dann könnten zwar einheitliche Poolflaschen in München wiederbefüllt werden, aber die leere Bierkiste müsste trotzdem nach Bremen zurück.

Es gab/ gibt ein System: Unica. Da sind die Kisten so ausgeschnitten das der Kunde die Etiketten der Flaschen sehen kann. Als ich bei Kaiserdom war, haben wir in Unica abgefüllt. Es gab da sogar eine Maschine nach dem Kastenpacker, der die äussere Reihe der Flaschen so gedreht hat, das das Etikett ideal sichtbar war. Leider hat hier das vermeindlich bessere Marketing vor dem "common sense" gewonnen.
Nunja, wenn die NRW Flasche 182 Umläufe braucht, um die recycelte Stahldose zu schlagen, wird das auch bei höchstmöglicher Optimierung nicht einzuholen sein. Leergutvolumen sind in die obige Rechnung noch gar nicht eingeflossen. Ein 40 Tonner LKW mit NRW Leergut ist gewichtsmäßig nur halb ausgelastet, verbraucht aber nur unwesentlich weniger Sprit und Straße als ein mit vollen Flaschen beladener. Die vom Füllvolumen her äquvalente Menge gepresster Stahldosen passen dagegen in einen Sprinter.

Cheers, Ruthard
Absolut. Das Fazit kann eigentlich nur heissen, wenn man etwas nachhaltiges tun will, trink regional und zwar am besten beim Wirt. :Wink Fassbier sieht noch besser aus. Regionalität hat hier noch einen wichtigen Aspekt, neben dem Wegfall/ Verkürzung unnötiger Transporte, "halten" die Flaschen wesentlich besser. Es gibt Studien die sehr eindrucksvoll zeigen wie die Anzahl der Umläufe mit der Entfernung zur Brauerei abnimmt, eben gerade bei Individualflaschen, weil die dann meistens im Altglas landen.
Ich weiß es zwar nicht, aber gefühlt sind doch heute hauptsächlich Alu-Dosen im Umlauf, oder? Weißblech gibt's doch nur noch bei Konserven.
Zudem sollte man einrechnen, dass laut DUH (ja, ich weiß, das ist eine "schwierige" Quelle) ca. 10 % des Materials nicht mehr recyclebar sind. Selbst wenn die Quelle ggf. übertreibt, wäre das zumindest mal der worst case.
Dass das deutsche Mehrwegsystem krankt und die politischen Entscheidungen nicht immer ökologisch sinnvoll sind, ist eh klar...
In Deutschland gibt es beides bei Getränken Alu und Weissblech. Sieht man am "Al" oder "Fe" im Recyclinglogo. Wie ich ja schon schrieb ist das Tool eine Abschätzung aus der ich auch nur einen Teil (CO2 Äquvalente) betrachtet habe, da diese Diskussion ja immer wieder aufkam. Die Zahlen stammen aus der Ecoinvent Datenbank. Ich weiss das sie einen Faktor für die Recyclingquote berücksichtigen und einen "Scrapfactor". Ob der bei 10% liegt, kann ich nicht sagen. Die Zahl gilt für Europa, aber auch Europa ist gross.
Ich sehe hier im Urlaub gerade, wie eindeutige Glas-Pfandflaschen aus Deutschland den Weg in den Glascontainer finden. Es gibt halt Länder, die kommen komplett ohne Pfandsystem aus. Bestimmt wurde das alles auch mal durchgerechnet.
VG, Markus
Das gleiche gilt für die USA. Deutsche Biere kommen hier in der schweren Mehrwegflasche an, die dann ins Recycling wandert. Also bei mir nicht, weil ich sie natürlich wiederverwende :Wink
In den USA ist die Situation aber noch bescheidener. Die Recyclingquote ist wesentlich schlechter, weil "curbside" recycling, also das Abholen der Recyclingtonne von zu Hause, eher die Ausnahme ist. Dazu kommt das idiotische "single stream recycling", also alles wandert in eine Tonne und wird dann sortiert. Hier ist der Verlustfaktor wesentlich höher. Zu guter Letzt, der Glaspreis ist sehr niedrig und Glas sehr schwer, deshalb lohnt sich in vielen Gegenden das Glasrecycling nicht und es lander auf der Halde.
Die ganzen Abfüllanlagen für Dosen müssten aber auch erst mal gebaut und angeschafft werden. Abzüglich der gesparten Kosten für die Flaschenspülung dürfte es trotzdem eine Weile dauern, bis sich das ökologisch lohnt.
Die Abfüllanlagen für Flaschen mussten auch erstmal gebaut werden. Zumal ja Flaschen ein "Mehr" an Anlagen benötigen. Aber das hab ich hier, wie gesagt, gar nicht berücksichtigt, geschweige denn berücksichtigen wollen. Es ist keine LCA.
CO2 ist "nur" eines der zu berücksichtigenden Probleme.
Würde man Glas abschaffen, dann bräuchte man sicher mehr Aluminium, bei dessen Produktion Unmengen an hochgiftigem Bauxitschlamm anfallen.
Absolut richtig. Das schrieb ich ja, das es sich hier nicht um eine komplette LCA handelt sondern nur um die Betrachtung eines Teilaspekts. Das Tool selbst berücksichtigt wesentlich mehr:
- Land use biodiversity impacts
- Non renewable minerals & fuels
- Freshwater consumption scarcity (also Wasserverbrauch im Bezug auf Wasserverfügbarkeit)
- Ecosystems quality
Ich habe mir aber, wie beschrieben, nur mit den GHG beschäftigt, weil wir diese Diskussion hier schon häufiger hatten. Das Tool erstellt auch keine kompletten LCA, sondern "Abschätzungen". Eine vollständige LCA ist in einem einfachen Tool nicht möglich. Das würde, als Beispiel, bei der Pfandflasche an die Grenzen stossen, wenn es um den Reinigungvorgang geht, denn hier müssten ja zum Beispiel die Reinigungmittel, deren Verpackung, deren Transport, der Energieverbrauch usw. mit einfliessen. Dafür gibt es Agenturen die sowas machen und zwar nichts anderes. Da würde sich aber mein Controler wundern wenn er Geld für eine LCA von Bierdosen und Flaschen zahlen soll :Bigsmile
Ich hatte einige Quellen zu Umlaufzahlen in meinem Artikel im Braumagazin verlinkt. Ich weiß es nicht mehr genau, aber ich glaube, meine Quellen für Poolflaschen kamen auf weniger. Außerdem steigen die Distributionsentfernungen durch die ganze Sortiererei.
Meine Zahlen kommen hier her https://einweg-mit-pfand.de/ und beruhen auf der Studie ""Umlaufzahlen und Transportentfernungen in der Getränkeindustrie", Deloitte, Dezember 2013". Da die Studie 7 Jahre alt ist, sind die Zahlen ganz sicher nicht mehr die aktuellesten. War aber eine Studie, die ich gefunden habe, die beides, Pool und Individual, gleichzeitig erfasst hat.
Man muss m.E. alle Faktoren, die auf die Umwelt Einfluss nehmen, in solchen Vergleichen berücksichtigen. Dazu gehören Aspekte wie der Energieverbrauch, Treibhauseffekte (aka CO2-Äquivalente), Boden- und Luftverschmutzung (Bauxitschlamm ist ein großes Thema), Landverbrauch, Bodenversäuerung, Eutrophierung/Überdüngung, Humantoxizitätspotential etc.pp.

Außerdem muss der gesamte Weg des Produkts "von der Wiege bis zur Bahre" berücksichtigt werden - d.h. auch Transport, Recyclingquoten, Müll etc. sind wichtige Aspekte.

Gesamtökobilanzen versuchen, alle diese Faktoren aufzugreifen und versuchen auch, Schwankungen im Modell über sogenannte Sensitivitätsanalysen zu berücksichtigen. Eine ausschließliche Betrachtung von z.B. lediglich CO2-Äquivalenten in der Herstellung greift hier m.E. zu kurz.

Wenn bzw. weil man das selten ganzheitlich betrachtet, gibt es auch ständig (m.E. oft fruchtlose) Debatten darüber, weil sich verschiedene Interessengruppen den für sie jeweils passenden Teilaspekt heraussuchen und aus dem Gesamtkontext rausisolieren.

Natürlich sind Gesamtökobilanzen schwierig und sicher auch fehleranfällig. Etwas besseres kenne ich aber in diesem Kontext nicht.
Ja, deshalb schrieb ich das bereits in der Einleitung meines Beitrages das es keine LCA ist und das ich nur einen, von vielen, Aspekten beleuchte.
Bist du dir sicher, dass das so stimmen kann? In sämtlichen mir bekannten Umweltbilanzen steht die Aludose im Ergebnis vor der Weissblechdose.
Wie gesagt, die Zahlen kommen aus einer Datenbank einer Agentur die nichts anderes machen. Ich hab sie nicht selber überprüft. Ich verstehe aber auch die Aussage nicht. Zur Herstellung einer Tonne Stahl benötigt man durchschnittlich 5600 kWh für eine Tonne Alu 15700 kWh. Demnach muss die NRW Flasche öfter "routieren" bevor sie mit Stahl gleich zieht. Glas benötigt etwa 1350 kWh je Tonne, aber eine Flasche ist halt etwa 14 mal so schwer wie eine Stahldose.
Wie gesagt, das ist hier nur eine Betrachtung der GHG die durch die Herstellung verursacht werden. Den Transport betrachte ich im Anschluss und hier ist die Aludose vorn, weil sie nur etwa halb so viel wiegt wie die Weissblechdose.
Vereinfacht gesagt,verteile ich den höheren Energiebedarf zur Herstellung einer Glasflasche auf 1,882 Umläufen, ist er gleichhoch wie der zur Herstellung der Aludose benötigten.
Oder seid Ihr verwirrt weil ich manchmal , und manchmal . verwende? Das tut mir leid, aber das liegt am "amerikanischen" Excel vs. einem europäischen Tool.

Fazit:
Ich sag hier nicht das wir jetzt alles Bier nur noch in Aludosen füllen sollen. Ich sag eigentlich gar nichts und hab lediglich die Zahlen geliefert. Was ich sage, es gibt wohl weder für das Eine noch für das Andere eine pauschale Aussage. Die Nachhaltigkeit kann sich in beide Richtungen verschieben, je nach Situation. Aber eine "Dose ist ein Umweltproblem"- Aussage ist zu stark verkürzt.

Gruss

Jan
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Re: FAZ-Artikel: Leergut im Steuerrecht: „Ein Schlag gegen das Pfandsystem“

#26

Beitrag von TheCK »

Was mich in der Hinsicht mal interessiert - da ja der Trend hierzulande auch wieder Richtung Mehrweg-Glasflaschen in allen Lebenslagen geht: gibt es solche vergleichbaren Daten auch für PET? Verfechter jeder Ansicht halten sich ja mit Daten zu Alternativen leider sehr zurück und somit wird ein Vergleich für uns "Laien" ohne Zugang zu solchen Tools verunmöglicht.
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Re: FAZ-Artikel: Leergut im Steuerrecht: „Ein Schlag gegen das Pfandsystem“

#27

Beitrag von Johnny H »

§11 hat geschrieben: Mittwoch 22. Juli 2020, 14:40 [...]
Ich hatte einige Quellen zu Umlaufzahlen in meinem Artikel im Braumagazin verlinkt. Ich weiß es nicht mehr genau, aber ich glaube, meine Quellen für Poolflaschen kamen auf weniger. Außerdem steigen die Distributionsentfernungen durch die ganze Sortiererei.
Meine Zahlen kommen hier her https://einweg-mit-pfand.de/ und beruhen auf der Studie ""Umlaufzahlen und Transportentfernungen in der Getränkeindustrie", Deloitte, Dezember 2013". Da die Studie 7 Jahre alt ist, sind die Zahlen ganz sicher nicht mehr die aktuellesten. War aber eine Studie, die ich gefunden habe, die beides, Pool und Individual, gleichzeitig erfasst hat.
Ich habe jetzt gerade nachgeschaut: die beiden großen Umweltbilanzen, die ich hauptsächlich für meinen Artikel verwendet habe, gehen beide von etwa 25 aus. Eine Deloitte-Studie habe ich nicht verwendet, aber irgendwo in der teilweise sehr emotional geführten Debatte hat jemand über eine solche hergezogen, was aber auch nichts heißen muss.
[...]
Fazit:
Ich sag hier nicht das wir jetzt alles Bier nur noch in Aludosen füllen sollen. Ich sag eigentlich gar nichts und hab lediglich die Zahlen geliefert. Was ich sage, es gibt wohl weder für das Eine noch für das Andere eine pauschale Aussage. Die Nachhaltigkeit kann sich in beide Richtungen verschieben, je nach Situation. Aber eine "Dose ist ein Umweltproblem"- Aussage ist zu stark verkürzt.
Sehe ich auch genau so und gilt natürlich auch umgekehrt für Pfandflaschen.
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Re: FAZ-Artikel: Leergut im Steuerrecht: „Ein Schlag gegen das Pfandsystem“

#28

Beitrag von §11 »

TheCK hat geschrieben: Mittwoch 22. Juli 2020, 15:02 Was mich in der Hinsicht mal interessiert - da ja der Trend hierzulande auch wieder Richtung Mehrweg-Glasflaschen in allen Lebenslagen geht: gibt es solche vergleichbaren Daten auch für PET? Verfechter jeder Ansicht halten sich ja mit Daten zu Alternativen leider sehr zurück und somit wird ein Vergleich für uns "Laien" ohne Zugang zu solchen Tools verunmöglicht.
Ja, gibt es. Aber auch hier gilt das Gleiche. Man muss sehr genau anschauen was man betrachtet und wo.
Vor kurzem gab es im ZDF den Vergleich zwischen einem Wasser in PET, das aus Frankreich nach Deutschland kommt. Verglichen wurde es mit einem lokal abgefüllten Wasser in der Mehrwegflasche. Die Basis ist, Wasser ist ja Wasser.

Das ist natürlich keine Grundlage für einen ernsthaften Vergleich. In unseren Kreisen ist ja Bier auch nicht gleich Bier. Es bleibt sicherlich absolut richtig sich die Frage zu stellen ob man nun in Frankfurt ein Wasser aus Frankreich trinken muss, aber das ist eine andere Diskussion.

Hier fällt ja zu dem sehr oft das Argument man solle doch einfach das Wasser aus der Leitung trinken und Wasser in Flaschen ist und bleibt problematisch. Das ist ein Argument das sich vom hohen Ross in Deutschland, mit hervoragender Trinkwasserqualität problemlos vorbringen lässt, aber leider vollkommen übersieht das die Wasserqualität, die in Deutschland aus dem Hahn sprudelt, global die Ausnahme und nicht die Regel ist.

Ich beschäftige mich seit seit etwa einem Jahr mit wenig anderem als dem Thema Kunsstoffverpackungen, Recyclingfähigkeit und Einsatz von recyceltem Material. Es sieht von Aussen meist einfacher aus als es ist. Unser globales Problem derzeit ist nicht unbedingt der Einsatz von Kunsstoffen unser Problem ist das Recycling und das ist grösstenteils ein wirtschaftliches Problem.

Sowohl in Europa als auch in Amerika kann das Volumen auf dem Markt für recyclte Materialien den Bedarf nicht decken. Das liegt aber nicht am Materialmangel (sowohl in Europa als auch in USA werden nach wie vor grosse Mengen bereits sortiertes bzw. gesammeltes Recyclingmaterial thermisch verwertet) sondern an der reinen Wirtschaftlichkeit. Da Öl und Steuern "virgin" (also neues) Material billiger machen als das recycelte Material, das zudem unwirtschaftlicher in der Verarbeitung und kritischer im Kontakt mit Lebensmitteln ist, werden die Anwender derzeit faktisch "bestraft" wenn sie Recyclate verwenden.

Diese Konstelation führt natürlich auch dazu das Recycling- Unternehmen gar kein Interesse haben Kapazitäten aufzubauen oder neue Technologien aus dem Labotmassstab in die Industrielle Anwendung zu bringen.

Auch wenn ich kein Freund staatlicher Regelungen bin, aber hier wären verbindliche Quoten für den Einsatz von recyceltem Material absolut hilfreich diesen Teufelskreis zu durchbrechen.

Gruss

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Re: FAZ-Artikel: Leergut im Steuerrecht: „Ein Schlag gegen das Pfandsystem“

#29

Beitrag von hkpdererste »

Ich bleib bei meinem Zweifel. Irgendwas kann an den Zahlen nicht stimmen.

Bei Neumaterial Alu gegen Weissblech mag letzteres noch besser dastehen, weil die energieintensive Elektrolyse hier zuschlägt. Aber beim Recycling muss Aluminium allein schon aufgrund der weit niedrigeren Schmelztemperatur besser dastehen.

Edit

Zu der Frage bezüglich der PET Flaschen: irgendwo hatte ich mal eine relativ aktuelle Umweltbilanz aus der Schweiz. Muss mal nachschauen ob ich die nochmal finde.
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Re: FAZ-Artikel: Leergut im Steuerrecht: „Ein Schlag gegen das Pfandsystem“

#30

Beitrag von §11 »

hkpdererste hat geschrieben: Mittwoch 22. Juli 2020, 18:35 Ich bleib bei meinem Zweifel. Irgendwas kann an den Zahlen nicht stimmen.

Bei Neumaterial Alu gegen Weissblech mag letzteres noch besser dastehen, weil die energieintensive Elektrolyse hier zuschlägt. Aber beim Recycling muss Aluminium allein schon aufgrund der weit niedrigeren Schmelztemperatur besser dastehen.

Edit

Zu der Frage bezüglich der PET Flaschen: irgendwo hatte ich mal eine relativ aktuelle Umweltbilanz aus der Schweiz. Muss mal nachschauen ob ich die nochmal finde.
Bleibt dir natürlich offen die Zahlen anzuzweifeln. Das ist die Agentur die die Daten zur Verfügung stellt. https://www.ecoinvent.org/

Die Zahlen beruhen im Fall Stahl hierrauf: EU technology mix (mainly furnace with 4th hole, partly with additional evacuation of building atmosphere). An average for different alloys is represented.

Und bei Alu hierauf: Average technology for the aluminium recycled in Europe.

In beiden Fällen ist der interne Transport, das Schmelzen und das Giessen und Walzen in den Zahlen berücksichtigt.

Ich finde im Netz, für die Stahlgewinnung aus Schrott einen Wert von 450 kWh je Tonne und 700 kWh bei Aluminium
Quelle Alu: http://www.alu-menziken.com/?p=9#:~:tex ... elzprozess.
Quelle Stahl: https://eneff-industrie.info/quickinfos ... 0gebraucht.

Das ist also absolut dekend mit den obigen Zahlen
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Re: FAZ-Artikel: Leergut im Steuerrecht: „Ein Schlag gegen das Pfandsystem“

#31

Beitrag von emjay2812 »

Irgendwann sind wir beim Bier da angekommen, wo der Weinhandel schon seit langem ist:

Jeder macht individuelle Flaschen, kein Pfand, ab ins Altglas. Es lohnt sich mittlerweile für keine Kellerei geschweige den kleinen Winzer,
seine Flaschen zur Wiederbefüllung zurückzufordern. Billiger ist es direkt von der Glashütte neue Flaschen zu verwenden.

Das Pfandsystem wird zu Grabe getragen, dank ein paar Designern, denen die traditionellen Flaschen nicht mehr hip genug waren.
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Re: FAZ-Artikel: Leergut im Steuerrecht: „Ein Schlag gegen das Pfandsystem“

#32

Beitrag von hkpdererste »

Liest sich als ob es tatsächlich so wie von dir beschrieben stimmt.

Jetzt würd ichs aber echt gern verstehen.

Weißblech hat einen Schmelzpunkt von 1532°C während Aluminium mit 660°C angegeben ist. Was machen die da dann anders um so dermaßen weniger Energie zu verbrauchen?
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Re: FAZ-Artikel: Leergut im Steuerrecht: „Ein Schlag gegen das Pfandsystem“

#33

Beitrag von hkpdererste »

https://www.google.de/url?sa=t&source=w ... osRh9-7J_g

Hier wäre dann noch der Link zu der Schweizer Ökobilanz aus 2014. Hier schneiden die Aludosen besser ab als Weißblech. Und jetzt soll das noch einer verstehen. :puzz :Waa
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Re: FAZ-Artikel: Leergut im Steuerrecht: „Ein Schlag gegen das Pfandsystem“

#34

Beitrag von §11 »

hkpdererste hat geschrieben: Mittwoch 22. Juli 2020, 19:35 https://www.google.de/url?sa=t&source=w ... osRh9-7J_g

Hier wäre dann noch der Link zu der Schweizer Ökobilanz aus 2014. Hier schneiden die Aludosen besser ab als Weißblech. Und jetzt soll das noch einer verstehen. :puzz :Waa
Ein Faktor könnte das hohe Gewicht, von 31,3g sein, das für Weissblechdosen angenommen wird, ich hatte die leichtesten Dosen in meiner Rechnung. Der Unterschied beim Alu macht nur 2,6g aus aber beim Weissblech 5,3g. Da wird sich das Ergebniss entsprechend "spreizen". Dazu kommt das die Herstellungsdaten aus dem Jahr 2008 und 2001 stammen. Was ich so gelesen habe, hat sich aber gerade im Bereich des Energieverbrauchs da viel getan. Sonst ist aber die Ökobilanz natürlich wesentlich vielschichtiger und nicht nur auf GHG beschränkt wie meine Betrachtung

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#35

Beitrag von TheCK »

§11 hat geschrieben: Mittwoch 22. Juli 2020, 15:24 Ja, gibt es. Aber auch hier gilt das Gleiche. Man muss sehr genau anschauen was man betrachtet und wo.
Vor kurzem gab es im ZDF den Vergleich zwischen einem Wasser in PET, das aus Frankreich nach Deutschland kommt. Verglichen wurde es mit einem lokal abgefüllten Wasser in der Mehrwegflasche. Die Basis ist, Wasser ist ja Wasser.
Genau hier ist auch eines der Probleme, es wird - zumindest subjektiv wahrgenommen - immer mit einer bestimmten Füllung des Gebindes verglichen. Das Gebinde selbst findet man allerdings nirgends.
Mich würde eben interessieren, wie unabhängig von der Befüllung diverse Gebinde von gleichem Volumen untereinander abschneiden. Also z.B. Füllmenge von 0,5 Litern, Bilanz von Glas, PET, Alu, Weißblech, Tetrapack bei einem angenommenen gleichen Recyclinganteil (dieser lässt sich ja mit gezielten Maßnahmen wie z.B. Pfandsystem bedingt beeinflussen) über den kompletten Lebenslauf bis zur Materialermüdung oder Unwirtschaftlichkeit.
Wenn man allerdings z.B. Pfandflaschen mit einer angenommenen Wiederbefüllung von 20 Durchläufen mit Aludosen vergleicht die nach einmaliger Benutzung im Hausmüll landen ist das doch eher ein verzerrtes Bild.
Andererseits kenne ich es ja aus eigener Berufserfahrung zur Genüge: Statistiken werden so lange entsprechend geglättet und umdefiniert bis man die erwünschte Aussage erhält ...
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#36

Beitrag von Ruthard »

§11 hat geschrieben: Dienstag 21. Juli 2020, 20:47
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Du hattest ja das Thema Punkt und Komma in Excel/US und Excel/D angesprochen. Nur zum Verständnis: sind die oben zitierten Zahlen so korrekt? Ich gehe eigentlich davon aus, dass die recycelte Aludose ca. 4 NRW-Umläufen entspricht und die recycelte Stahldose etwa 182 NRW-Umläufen. Dann müsste oben nach deutscher Lesart bei Stahl der Punkt durch ein Komma ersetzt werden.

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Re: FAZ-Artikel: Leergut im Steuerrecht: „Ein Schlag gegen das Pfandsystem“

#37

Beitrag von Ruthard »

§11 hat geschrieben: Mittwoch 22. Juli 2020, 14:40 Es gab/ gibt ein System: Unica. Da sind die Kisten so ausgeschnitten das der Kunde die Etiketten der Flaschen sehen kann. Als ich bei Kaiserdom war, haben wir in Unica abgefüllt. Es gab da sogar eine Maschine nach dem Kastenpacker, der die äussere Reihe der Flaschen so gedreht hat, das das Etikett ideal sichtbar war. Leider hat hier das vermeindlich bessere Marketing vor dem "common sense" gewonnen.
Im Mineralwasserbereich funktioniert/funktionierte das prächtig. Da gibt es die in Design und Usability geniale Glasperlen-Einheitsflasche und den bräunlichen, nicht markengebundenen Einheitskasten. Leider geht auch hier der Trend zu Individualflaschen und Individualkästen.

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Re: FAZ-Artikel: Leergut im Steuerrecht: „Ein Schlag gegen das Pfandsystem“

#38

Beitrag von §11 »

Brauwolf hat geschrieben: Mittwoch 22. Juli 2020, 21:35
§11 hat geschrieben: Dienstag 21. Juli 2020, 20:47
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Du hattest ja das Thema Punkt und Komma in Excel/US und Excel/D angesprochen. Nur zum Verständnis: sind die oben zitierten Zahlen so korrekt? Ich gehe eigentlich davon aus, dass die recycelte Aludose ca. 4 NRW-Umläufen entspricht und die recycelte Stahldose etwa 182 NRW-Umläufen. Dann müsste oben nach deutscher Lesart bei Stahl der Punkt durch ein Komma ersetzt werden.

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Re: FAZ-Artikel: Leergut im Steuerrecht: „Ein Schlag gegen das Pfandsystem“

#39

Beitrag von chrisvied »

Mal von Wirtschaftlichkeit der einzelnen Verpackungsarten angesehen.
Glasflasche ist mir bei Bier am liebsten
Weißblech folgt dem
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Re: FAZ-Artikel: Leergut im Steuerrecht: „Ein Schlag gegen das Pfandsystem“

#40

Beitrag von §11 »

TheCK hat geschrieben: Mittwoch 22. Juli 2020, 20:47
§11 hat geschrieben: Mittwoch 22. Juli 2020, 15:24 Ja, gibt es. Aber auch hier gilt das Gleiche. Man muss sehr genau anschauen was man betrachtet und wo.
Vor kurzem gab es im ZDF den Vergleich zwischen einem Wasser in PET, das aus Frankreich nach Deutschland kommt. Verglichen wurde es mit einem lokal abgefüllten Wasser in der Mehrwegflasche. Die Basis ist, Wasser ist ja Wasser.
Genau hier ist auch eines der Probleme, es wird - zumindest subjektiv wahrgenommen - immer mit einer bestimmten Füllung des Gebindes verglichen. Das Gebinde selbst findet man allerdings nirgends.
Mich würde eben interessieren, wie unabhängig von der Befüllung diverse Gebinde von gleichem Volumen untereinander abschneiden. Also z.B. Füllmenge von 0,5 Litern, Bilanz von Glas, PET, Alu, Weißblech, Tetrapack bei einem angenommenen gleichen Recyclinganteil (dieser lässt sich ja mit gezielten Maßnahmen wie z.B. Pfandsystem bedingt beeinflussen) über den kompletten Lebenslauf bis zur Materialermüdung oder Unwirtschaftlichkeit.
Wenn man allerdings z.B. Pfandflaschen mit einer angenommenen Wiederbefüllung von 20 Durchläufen mit Aludosen vergleicht die nach einmaliger Benutzung im Hausmüll landen ist das doch eher ein verzerrtes Bild.
Andererseits kenne ich es ja aus eigener Berufserfahrung zur Genüge: Statistiken werden so lange entsprechend geglättet und umdefiniert bis man die erwünschte Aussage erhält ...
Das Bild wird, bei den verglichen Packstoffen, immer nur für einen bestimmten Anwendungsfall klar. Pfandsysteme spielen Ihre Stärke, per Definition, nur durch das Wiederverwenden aus und natürlich muss man das berücksichtigen. Alas Beispiel, eine Einwegglasflasche wiegt 260g während die MW NRW Flasche mit 370g zu Buche schlägt. Beachte ich die durchschnittliche Anzahl der Umläufe nicht, muss die Einwegflasche umweltfreundlicher sein, weil sie weniger wiegt, folglich weniger Rohstoffe und weniger Energie verbraucht.
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Johnny H
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Re: FAZ-Artikel: Leergut im Steuerrecht: „Ein Schlag gegen das Pfandsystem“

#41

Beitrag von Johnny H »

TheCK hat geschrieben: Mittwoch 22. Juli 2020, 15:02 Was mich in der Hinsicht mal interessiert - da ja der Trend hierzulande auch wieder Richtung Mehrweg-Glasflaschen in allen Lebenslagen geht: gibt es solche vergleichbaren Daten auch für PET? Verfechter jeder Ansicht halten sich ja mit Daten zu Alternativen leider sehr zurück und somit wird ein Vergleich für uns "Laien" ohne Zugang zu solchen Tools verunmöglicht.
Ich wollte hier noch kurz was dazu schreiben, auch wenn die Diskussion schon weitergegangen ist: auch zu diesem Thema gibt es Vergleiche und Ökobilanzen.

Bei meinem weiter oben verlinkten Artikel im Braumagazin habe ich das Thema PET aber bewusst rausgelassen, weil
PET-​Flaschen besit­zen eben­falls eine sehr güns­ti­ge Öko­bi­lanz, auf­grund der hohen Kom­ple­xi­tät des Recy­clings und der ver­wen­de­ten Sys­te­me sowie evtl. qua­li­ta­ti­ver Nach­tei­le (Sauer­stoff­durch­läs­sig­keit) soll in die­sem Arti­kel auf die Ver­wen­dung von PET nicht näher ein­ge­gan­gen wer­den
Das sage ich auch ganz bewusst als Kunststoffchemiker: mir waren da zu viele Parameter im Spiel.
hkpdererste hat geschrieben: Mittwoch 22. Juli 2020, 19:35 https://www.google.de/url?sa=t&source=w ... osRh9-7J_g

Hier wäre dann noch der Link zu der Schweizer Ökobilanz aus 2014. Hier schneiden die Aludosen besser ab als Weißblech. Und jetzt soll das noch einer verstehen. :puzz :Waa
Diese Studie habe ich auch umfangreich herangezogen für meinen Artikel. :Waa
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Re: FAZ-Artikel: Leergut im Steuerrecht: „Ein Schlag gegen das Pfandsystem“

#42

Beitrag von TheCK »

Johnny H hat geschrieben: Donnerstag 23. Juli 2020, 10:10 Bei meinem weiter oben verlinkten Artikel im Braumagazin habe ich das Thema PET aber bewusst rausgelassen, weil
PET-​Flaschen besit­zen eben­falls eine sehr güns­ti­ge Öko­bi­lanz, auf­grund der hohen Kom­ple­xi­tät des Recy­clings und der ver­wen­de­ten Sys­te­me sowie evtl. qua­li­ta­ti­ver Nach­tei­le (Sauer­stoff­durch­läs­sig­keit) soll in die­sem Arti­kel auf die Ver­wen­dung von PET nicht näher ein­ge­gan­gen wer­den
Das sage ich auch ganz bewusst als Kunststoffchemiker: mir waren da zu viele Parameter im Spiel.
Danke auf jeden Fall auch dir für die Info, den Absatz habe ich irgendwie überlesen!

Genau das meinte ich oben auch mit dem Bezug aller Bewertungen zur enthaltenen Flüssigkeit. Sauerstoff ist bei Bier z.B. problematisch, bei Limonade, Milch, Wasser ... aber unter Umständen überhaupt kein Problem. Ähnlich wird es mit der Lichtdurchlässigkeit sein, manchmal spielt das eine Rolle und manchmal nicht.
Eine objektive Beurteilung der Materialien unabhängig davon, was darin enthalten sein kann und soll habe ich eben leider noch so gut wie nirgends gesehen. Und solange nicht alle Materialien auch unter gleichen Umständen (wie z.B. einer fiktiven gleichen Recyclingquote, unabhängig ob diese aktuell schon erfüllt wird oder nicht - das ist ja maßnahmengesteuert wieviel man hier erreichen kann) bewertet werden ist es eben sehr schwierig.
Wobei die Analyse von Jan schon sehr in die richtige Richtung geht, das erlaubt zumindest mal einen Überblick und Vergleich.
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Re: FAZ-Artikel: Leergut im Steuerrecht: „Ein Schlag gegen das Pfandsystem“

#43

Beitrag von bwanapombe »

Ich habe jüngst gehört (ich hoffe, ich habe mich nicht verhört), dass die aktuellen Kunststoffbierflaschen mit Barrierren ausgestattet sind, die sie praktisch recyclingunfähig machen. Die können nur verbrannt, "thermisch verwertet" werden.

Mit dem was Jan vorhin aufgeführt hat, dass Recyclate für neue Flaschen wenig interessant sind, kann man guten Gewissens davon ausgehen, dass das Material nicht noch einmal verwendet, also nicht recyclet wird.

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Re: FAZ-Artikel: Leergut im Steuerrecht: „Ein Schlag gegen das Pfandsystem“

#44

Beitrag von Johnny H »

Das kann gut sein. Die Wissenschaft schreitet auch bei den Materialwissenschaftlern fort, und es ist möglich, dass unterschiedliche Schichten mit unterschiedlichen Funktionalitäten (Barriereeigenschaften etc.) eingebracht werden, da bin ich aber nicht nah genug dran.

Man muss bedenken, dass eine Verpackung natürlich zuallererst funktionale Zwecke (Schutz, Logistik, Marketing) hat bzw. erfüllen muss, aber für das Recycling ist das natürlich ein Albtraum.
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Re: FAZ-Artikel: Leergut im Steuerrecht: „Ein Schlag gegen das Pfandsystem“

#45

Beitrag von hkpdererste »

Man muss beim Recycling aber auch beachten, dass eine PET-Bierflasche nicht zwingend eine neue Flasche werden muss. Wenn da dann im zweiten leben z.B. Verpackungsband draus wird is die Barriereschicht auch egal.
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Re: FAZ-Artikel: Leergut im Steuerrecht: „Ein Schlag gegen das Pfandsystem“

#46

Beitrag von §11 »

Dem ist so. Es gibt natürlich Barriere Materialien. Der Einsatz ist unterschiedlich. Im Grunde unterscheidet man grob 3 verschiedene Anwendungen:

1.) Multilayer: Beim Spritzgiesen des Preform werden mittels co- injection unterschiedliche Schichten erzeugt. Oft mit PEN oder Nylon als passive Barriere für O2/ CO2. Diese Flaschen sind nicht ohne weiteres recyclingfähig.

2.) Eingemischte Barrierematerialien. Hier werden oft aktive Oxygenscavenger Substanzen zum Kunststoff gemischt um bestimmte Eigenschaften zu erzielen. Die Anwendung ist nicht ganz so „zielgerichtet“ wie multilayer, weil die Verteilung nicht überprüft werden kann. Diese Flaschen sind auch nur bedingt recyclingfähig.

Auf Grund der unterschiedlichen Schmelztemperaturen sind solche Flaschen im Recycling problematisch, da sie das Recyclingmaterial „verschmutzen“. Es ist zwar möglich diese Flaschen durch NIR Verfahren auszusortieren, aber auch hier ist die Rate nicht 100%

3.) Beschichtung: Hier wird oft SiOx verwendet. Sehr aufwendig und teuer, aber effektiv und recyclingfähig weil sich SiOx im Laugebad auflöst

Aber wie gesagt, technologisch gibt es für fast alles bereits Lösungen, nur wenn sie nicht wirtschaftlich sind, werden sie nicht im industriellen Maßstab entwickelt und angewandt.

Schöne Grüße

Jan
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Re: FAZ-Artikel: Leergut im Steuerrecht: „Ein Schlag gegen das Pfandsystem“

#47

Beitrag von §11 »

hkpdererste hat geschrieben: Donnerstag 23. Juli 2020, 12:17 Man muss beim Recycling aber auch beachten, dass eine PET-Bierflasche nicht zwingend eine neue Flasche werden muss. Wenn da dann im zweiten leben z.B. Verpackungsband draus wird is die Barriereschicht auch egal.
Dann spricht man vom Downcycling. Typisches Beispiel sind Pflanzkästen und Parkbänke. Nur wieviele brauchen wir davon und was passiert mit denen am Ende des Lebens. Das ist derzeit noch der Weg des meisten PE und PP
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Re: FAZ-Artikel: Leergut im Steuerrecht: „Ein Schlag gegen das Pfandsystem“

#48

Beitrag von §11 »

Auch hier ist vor allem der Konsument gefragt. Spannenderweise nimmt in der Auffassung des Konsumenten „recyclebar“ einem höheren Stellenwert ein als „recycled“. Nur heißt eben „recyclebar“ noch lange nicht das es recycelt wird, wärend eben der Einsatz von recycelten Material den Markt schafft, der es wirtschaftlich macht „recycelbare“ Materialien auch wirklich zu recyceln.

Gruß

Jan
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Re: FAZ-Artikel: Leergut im Steuerrecht: „Ein Schlag gegen das Pfandsystem“

#49

Beitrag von Johnny H »

Manchmal weiß es der Konsument auch nicht oder urteilt nach Schlagwörtern. Du hast erst neulich das Beispiel genannt von zwei verschiedenen Essensverpackungen bzw. Einweg-Tabletts (?): die eine aus Polyethylen o.ä. (einfach recyclebar, aber "böses" "Plastik"), die andere aus "gutem" Papier, aber beschichtet und quasi nicht recyclebar. Was kaufen die Leute? Das "gute" Papier natürlich...
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Re: FAZ-Artikel: Leergut im Steuerrecht: „Ein Schlag gegen das Pfandsystem“

#50

Beitrag von heizungsrohr »

Durch die Einfärbung der Plastikflaschen erschwert sich das Recycling auch unabhängig von Multilayer und Co. Bei Glas ist das glücklicherweise nicht der Fall.
Gruß
Magnus
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